Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 2.Februar 1973 geborene Hakan K***** und der am 6.November 1974 geborene Faruk G***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie am 9.August 1991 in Linz dem Josef H***** dadurch, daß ihm Faruk G***** von hinten seine Faust gegen den Hinterkopf preßte und äußerte, das sei eine Maschinenpistole, und ihm Hakan K***** die Brille herunterriß, einen Schlag ins Gesicht versetzte und ihm einen Geldbetrag von ca. 400 S aus den Händen riß, sohin mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit auf Z 10, der Angeklagte G***** auch auf Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.
Mit ihren Subsumtionsrügen (Z 10) streben sie die Beurteilung der Tat als bloß "minderschweren" Raub nach § 142 Abs. 2 StGB an. Diese - nach dem Gesetz mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedrohte - privilegierte Form des Raubes setzt voraus, daß die Raubtat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde, nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelt. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (Foregger-Serini5 Anm. V; Leukauf-Steininger3 RN 27 ff je zu § 142 StGB und die dort zitierte Judikatur).
Der vorliegenden Raubtat mangelt es bereits an der erstbezeichneten Voraussetzung. Demzufolge waren die vom Angeklagten G***** vermißten Urteilsfeststellungen zu den Folgen der Tat nicht (mehr) erforderlich.
Erhebliche Gewalt ist nämlich dann gegeben, wenn der Täter beachtliche physische Kraft in vehementer Weise einsetzt, wobei die Belastung des Opfers im Vergleich zu Durchschnittsfällen nicht als geringfügig einzustufen ist. Ob dies zutrifft, ist nach einem objektiv-individualisierenden (strengen) Maßstab unter Berücksichtigung aller konkreten Fallgegebenheiten, wie etwa auch des körperlichen Zustandes des Angegriffenen, zu beurteilen (SSt. 55/4 = JBl. 1985, 248; Leukauf-Steininger aaO RN 28; Kienapfel BT II2 RN 110; Zipf im WK Rz 47 je zu § 142 StGB).
Vorliegend stellte bereits das Pressen der Faust durch den Angeklagten G***** gegen den Hinterkopf des Josef H***** eine Gewaltanwendung dar, mag dieses Vorgehen auch überwiegend dazu gedient haben, der Drohung, dies sei eine (Maschinen-)Pistole, Nachdruck zu verleihen. Diese Gewaltanwendung wurde jedoch dadurch zur Erheblichkeit gesteigert, daß der Angeklagte K***** dem stark sehbehinderten Raubopfer die Brille herunterriß, ihm einen Schlag ins Gesicht versetzte und ihm das Geld aus den Händen riß. Damit lag die von den beiden Angeklagten gegenüber dem in einen hilfslosen Zustand versetzten Raubopfer angewendete Gewalt bereits deutlich über der Erheblichkeitsschwelle (vgl. EvBl. 1976/116; 11 Os 132,133/91, 15 Os 38-42/91). Daß der Beraubte durch die Gewaltanwendung offenbar nicht verletzt wurde, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern (EvBl. 1976/116 = ÖJZ-LSK 1975/189).
Soweit der Angeklagte G***** das Entreißen der Brille lediglich als Mittel zur Erschwerung der Verfolgung der Täter nach der Tat gewertet wissen will, übergeht er die Feststellung (auch) dieser Tathandlung als Mittel zum Zweck der Sachwegnahme im Urteil (US 2, 4 ff).
Die Beurteilung der festgestellten Raubtat nach § 142 Abs. 1 StGB erfolgte sohin frei von Rechtsirrtum.
Für eine vom Angeklagten G***** angestrebte vorläufige Einstellung des Verfahrens gemäß § 9 JGG schließlich (Z 9 lit. b iVm § 32 Abs. 1 JGG) war im Hinblick darauf kein Raum, daß seine - nach Strafzumessungsgrundsätzen (§ 32 StGB) zu bewertende - deliktstypische Schuld bei der ihm hier als unmittelbarem (Mit-)Täter zur Last fallenden Beteiligung an einer durch mehrfache und verschiedenartige, in ihrer Gesamtheit die Erheblichkeitsschwelle jedenfalls überschreitende Gewaltakte gegen das Opfer gekennzeichneten Raubtat, ungeachtet seines bisher ordentlichen Lebenwandels schon an sich als schwer anzusehen ist. Daran vermag das fehlende Übergewicht der Erschwerungsumstände ebensowenig zu ändern wie der Umstand, daß gemäß § 9 JGG, anders als nach § 42 Z 1 StGB, nicht das Vorliegen einer geringen Schuld gefordert wird (JBl. 1992, 197; 15 Os 105/90, 15 Os 13/92, 15 Os 48/92).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.
Das Jugendschöffengericht verurteilte die beiden Angeklagten nach § 5 JGG, § 142 Abs. 1 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je acht Monaten; die Strafen wurden unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen.
Bei der Strafbemessung wertete das Gericht bei beiden Angeklagten als erschwerend, daß sie die Leichtgläubigkeit des alkoholisierten Opfers ausnützten und zu zweit auf dieses losgegangen sind, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung als mildernd.
Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten den Ausspruch der zu verhängenden Strafe gemäß § 13 JGG für eine Probezeit vorzubehalten, jedenfalls aber die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe herabzusetzen.
Auch den Berufungen kommt nach keiner Richtung hin Berechtigung zu.
Die Voraussetzungen des § 13 JGG liegen schon deshalb nicht vor, weil angesichts der deliktstypischen Schuld bei der gemeinsam verübten Raubtat - ungeachtet der bisherigen Unbescholtenheit - eine Bestrafung jedenfalls geboten ist, um den Angeklagten das Verbotene ihres Tuns durch eine Verurteilung vor Augen zu führen und sie auf diese Weise von gleichartig motivierter Straffälligkeit abzuhalten. Ist demnach die Anwendung des § 13 JGG im gegebenen Fall schon aus spezialpräventiven Erwägungen nicht zulässig, so bedarf es keiner weiteren Erörterung der Frage, ob hier einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe - aus besonderen Gründen (§ 14 JGG) - auch Belange der Generalprävention entgegenstehen.
Schließlich geht auch das Begehren auf Strafherabsetzung fehl. Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Soweit die Berufungswerber die Tatausführung, die Beeinträchtigung des Opfers und die Tatfolgen ins Treffen zu führen suchen, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen bei Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerden verwiesen werden.
Ausgehend von den festgestellten Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) ist das - bei einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (§ 5 JGG) - in erster Instanz gefundene Strafausmaß keineswegs überhöht; dessen Reduzierung kam somit ebenfalls nicht in Betracht.
Über die Rechtsmittel der beiden Angeklagten war demnach spruchgemäß zu erkennen.
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