Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Helmut N***** wurde mit dem bekämpften Urteil, das auch einen unanfochtenen Freispruch enthält, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 2.Februar 1990 in Innsbruck Barbara B***** durch Versetzen eines Trittes, Zupacken an den Armen, Zerren von einem Raum in den anderen, Zuhalten des Mundes, Festhalten und Zubodendrücken am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt (multiple Kontusionen).
Rechtliche Beurteilung
Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er mangelnde Strafwürdigkeit der Tat (§ 42 StGB) reklamiert, kommt keine Berechtigung zu.
Geringe Schuld im Sinne des § 42 Z 1 StGB liegt nur dann vor, wenn die Schuld sowohl absolut wie auch im Vergleich zu den typischen Fällen des Deliktes als geringfügig zu werten ist, das tatbildgemäße Verhalten muß - ohne Anlegung eines extrem strengen Maßstabes (SSt. 50/45 ua) - im konkreten Fall hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleiben (vgl. SSt. 51/21; EvBl. 1986/82; 1989/171 uva; Foregger-Serini StGB5 Erl. III zu § 42; Leukauf-Steininger Komm.3 § 42 RN 14). Dabei kommt es auf die durch Handlungs- und Gesinnungsunwert gebildete Unwertgesamtheit an, während der Erfolgsunwert durch § 42 Z 2 StGB gesondert erfaßt wird (vgl. JBl. 1990, 124; Burgstaller, JBl. 1990, 69; Leukauf-Steininger aaO). Der primäre Faktor ist dabei der das tatbestandsmäßige Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert, doch darf der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der Schuld im engeren Sinn bezeichnet, nicht vernachlässigt werden. Ist dieser besonders gering, kann er einen etwas höheren Handlungsunwert durchaus in der Weise kompensieren, daß im Ergebnis auch die für § 42 Z 1 StGB maßgebende Unwertgesamtheit als gering einzustufen ist (Burgstaller, aaO).
Im gegebenen Fall mag zwar dem Angeklagten ein etwas niedrigerer Gesinnungsunwert zuzubilligen sein, hat doch Barbara B***** das Gespräch mit ihm verweigert und intime Beziehungen auch zu einem anderen Mann gepflogen. Dieser Gesinnungsunwert vermag den höheren Handlungsunwert jedoch nicht zu kompensieren. Letzterer ist nämlich durch mehrfache und verschiedenartige, sowohl im einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit die Erheblichkeitsschwelle bei weitem überschreitende Angriffe gegen die körperliche Integrität der Frau gekennzeichnet. Insbesondere zeugt der heftige Fußtritt gegen das (dadurch zur Wand geschleuderte) Opfer - im Hinblick auf die damit in der Regel verbundene größere Gefahr (§ 32 Abs. 3 StGB) für dessen körperliche
Integrität - ebenso wie das (Atemnot bewirkende) Zuhalten des Mundes und das (die Bewegungsfreiheit völlig aufhebende) Zubodendrücken von einer besonderen Intensität des Mißhandlungsvorsatzes (vgl. 9 Os 134/85). Der Unwertgehalt der Tat ist daher nicht geringfügig, sondern fällt in jenen Rahmen, den das Gesetz als strafwürdig ansieht, sodaß die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 StGB nicht erfüllt sind.
Aus diesen Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
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