European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00113.18A.0129.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Michael M***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./), der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./), der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III./), der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB (IV./) und nach § 207a Abs 3 erster Satz zweiter Fall, zweiter Satz zweiter Fall StGB (V./) sowie des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 302 Abs 1 StGB (VI./) schuldig erkannt und hierfür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.
Danach hat er
I./ in S***** mit unmündigen Personen dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er Schülerinnen veranlasste, seinen in einen Plastiksack eingehüllten und durch ein Loch in einer senkrecht aufgestellten Styroporplatte durchgeführten Penis in den Mund zu nehmen und dabei den Kopf nach vorne und zurück zu bewegen, und zwar:
A./ Mitte Oktober 2017 und am 21. November 2017 in zwei Angriffen mit der am 25. September 2006 geborenen Yamila G*****;
B./ Mitte Oktober 2017 mit der am 11. Februar 2005 geborenen Sophie R*****;
II./ in S***** außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen und von einer unmündigen Person an sich vornehmen lassen, und zwar
A./ am 16. November 2017 durch die am 10. August 2006 geborene Asli Y*****, indem er sie veranlasste, seinen in einen Plastiksack eingehüllten Penis zunächst mit einem Schwamm abzureiben und in weiterer Folge mit der Hand zu betasten;
B./ im November 2017 an der am 19. April 2006 geborenen Lea K*****, indem er sie dazu veranlasste, sich breitbeinig auf ein auf der Sitzfläche zweier Stühle aufgelegtes Rohr zu setzen, mit seinem Arm durch das Rohr fasste, seinen Finger durch ein im Bereich der Schamgegend der Unmündigen gebohrtes Loch einführte, darüber ein Plastikrohr steckte und dieses Rohr mehrfach gegen die Scheide der Unmündigen klopfte;
III./ durch die zu I./ und II./ beschriebenen Tathandlungen mit minderjährigen Personen, die seiner Ausbildung und Aufsicht unterstanden, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber diesen Personen, geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von diesen Personen an sich vornehmen lassen;
IV./ ab Sommer 2017 bis 27. November 2017 in W***** pornographische Darstellungen minderjähriger Personen hergestellt, indem er bildliche Darstellungen, deren Betrachtung – zufolge Veränderung einer Abbildung – nach den Umständen den Eindruck vermittelten, es handle sich um wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen an einer unmündigen Person bzw wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen mit mündigen Minderjährigen, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienten, indem er Bilddateien mit Realpornografie, die die Vornahme von Oralverkehr, Vaginal- und Analverkehr zeigen, solcherart veränderte, dass er die Köpfe der weiblichen Darstellerinnen durch Lichtbilder von teils mündigen, teils unmündigen Schülerinnen ersetzte und seinen eigenen Körper in Abbildungen mit zumindest mündigen Schülerinnen einfügte und solcherart den Eindruck vermittelte, es handle sich um die Vornahme von Oralverkehr, die Ejakulation auf den Mund, das Gesicht und die Brüste der Schülerinnen oder die Vornahme von Handverkehr;
V./ ab Sommer 2017 bis 27. November 2017 in W***** pornografische Darstellungen mündiger minderjähriger Personen und unmündiger Personen besessen, indem er nach Herstellung der zu IV./ beschriebenen Bilddateien diese auf seinem Rechner und einem USB‑Stick abspeicherte und weiter verwahrte;
VI./ im Sommer 2015 in S***** als Mitglied der Prüfungskommission „der Zentralmatura des Bundesgymnasiums S*****“, somit als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf „Kontrolle des gesetzmäßigen Zugangs zu Universitäten und Hochschulen zu schädigen“, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu missbrauchen versucht, indem er unter Missachtung der Prüfungsvorschriften der Schülerin Linda A***** die Maturafragen für Geographie zu übergeben versuchte, und es dadurch unterlassen hätte, die tatsächlichen Kenntnisse der Genannten festzustellen und leistungsgerecht zu beurteilen, wobei er als Gegenleistung den Austausch von Zärtlichkeiten einforderte, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil Linda A***** die angebotenen Fragen nicht annahm.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Einweisungserkenntnis aus Z 11 (teils iVm Z 5 und 5a) des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Das Schöffengericht kam aufgrund des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen im Wesentlichen zum Ergebnis, dass beim Angeklagten zu den Tatzeitpunkten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit fetischistischen, narzisstischen und sado-masochistischen Elementen vorgelegen sei, welche aber nicht zu einer „Beeinträchtigung seiner Diskretions‑ und Dispositionsfähigkeit und daher auch nicht zum Ausschluss der Zurechnungsfähigkeit“ geführt habe. Vielmehr sei der Angeklagte stets in der Lage gewesen, das Unrecht seiner Handlungen zu erkennen (US 10).
Soweit der Beschwerdeführer dazu vorbringt, dass die Annahme einer uneingeschränkten Zurechnungsfähigkeit nicht mit den Konstatierungen betreffend das Handeln und den Einfluss einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad (US 11) in Einklang zu bringen sei (Z 11 erster Fall iVm Z 5 dritter Fall, nominell auch iVm Z 5a), nimmt er nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370), auf deren Basis sich der vermeintliche Widerspruch klarstellend auflöst (RIS‑Justiz RS0117402 [T17]). Denn die Tatrichter gingen zudem von einer „die Grundmodalitäten von Wahrnehmung, Auffassung, Handlungsplanung und Selbststeuerung gravierend und anhaltend pathologisch“ verzerrenden psychischen Störung des Angeklagten aus (US 11). Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen können die Entscheidungsgründe bei verständiger Lesart nur dahin interpretiert werden, dass die Diskretions‑ und Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zwar beeinträchtigt, aber nicht aufgehoben war (vgl RIS‑Justiz RS0090528; Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 10).
Die weitere Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) geht mit ihrem die Urteilsannahmen zur Gefährlichkeitsprognose betreffenden Einwand an den – das Wahrscheinlichkeitskalkül des § 21 Abs 2 StGB tragenden – Konstatierungen vorbei, wonach beim Angeklagten ein hohes Risiko der künftigen Begehung sexueller Missbrauchshandlungen zum Nachteil unmündiger Kinder bestehe (US 11).
Aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO kritisiert der Angeklagte, dass das Erstgericht das Einweisungserkenntnis (§ 21 Abs 2 StGB) verfehlt auch auf Anlasstaten gestützt hätte, die nicht mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind (vgl RIS‑Justiz RS0090390 zu § 21 Abs 1 StGB). Für die Annahme, dass das Schöffengericht seine Sanktionsbefugnis insoweit überschritten hätte, finden sich jedoch keine Anhaltspunkte. Zwar fällten die Tatrichter über den Angeklagten auch Schuldsprüche wegen nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB beurteilter Straftaten (V./; US 4). Dass dieses Verhalten aber für das (ohne ausdrücklichen Bezug auf bestimmte Anlasstaten erfolgte) Einweisungserkenntnis (US 5) ausschlaggebend gewesen sei, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Auf den bloßen Umstand, dass neben den Anlasstaten auch nicht einweisungsrelevante Straftaten zur Aburteilung gelangten, kann die Behauptung eines Rechtsfehlers des Sanktionsausspruchs nach § 21 Abs 2 StGB somit nicht gestützt werden.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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