Spruch:
Der Fristsetzungsantrag wird abgewiesen.
Text
Gründe:
In dem von der Staatsanwaltschaft Wien seit August 2007 zu AZ 608 St 1/08w gegen Julius M***** sowie mehrere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der in J***** domizilierten M*****, der M***** Ltd, der Julius M***** AG und anderer Unternehmen wegen der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und der Untreue nach §§ 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall, 12 StGB sowie der Vergehen nach „§ 48b BörseG, nach § 255 AktG und der Verletzung der Prospektpflicht nach § 15 KMG“ geführten Ermittlungsverfahren wies die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 11. Oktober 2013, AZ 334 HR 436/08g-4728, den mit Schriftsatz vom 17. Juli 2013 (ON 4619) erhobenen Einspruch des Beschuldigten Georg K***** wegen Rechtsverletzung durch Verweigerung der Akteneinsicht hinsichtlich der ON 331, AS 1-133, 350, 352, 355, 356, AS 219-319, AS 345‑411, AS 417-447 und AS 451-495; 524, ON 879, AS 35-37, 69-73 und 94-95; ON 904, AS 3-13, 17-31, 35-39, 43-53 und 57-59; ON 909, 928, 946, 3038, AS 9-11, ON 4029 und 4048 zurück; in Ansehung der ON 356 AS 193-217 und AS 321-343, ON 387, 878, 879 AS 5-19, ON 903, ON 937, 977 und ON 4003 wurde dem Einspruch nicht Folge gegeben.
Mit Fristsetzungsantrag vom 22. Jänner 2014 (eingelangt beim Oberlandesgericht Wien am 23. Jänner 2014) macht Georg K***** Säumnis des Oberlandesgerichts Wien bei der Entscheidung über seine dagegen am 25. Oktober 2013 erhobene (bislang unerledigte) Beschwerde geltend und begehrt, dem Beschwerdegericht hiefür eine angemessene Frist zu setzen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 91 Abs 1 GOG setzt der Erfolg eines Fristsetzungsantrags voraus, dass das betroffene Gericht mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung säumig ist.
Nach Maßgabe von § 9 Abs 1 StPO und § 91 Abs 3 GOG muss das Beschwerdegericht über ein Rechtsmittel innerhalb eines angemessenen Zeitraums entscheiden, wobei bei Überprüfung der Angemessenheit auch die Komplexität der zu beurteilenden Materie und der Umfang der Akten ins Kalkül zu ziehen sind (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0059248 [T3]).
Vorliegend wurde die Beschwerde ‑ nach Übermittlung an die Staatsanwaltschaft Wien per Boten (ON 1 S 879; vgl § 89 Abs 5 StPO) ‑ samt den bezughabenden Aktenteilen dem Oberlandesgericht Wien am 8. November 2013 zur Entscheidung vorgelegt (vgl den Aktenvermerk am Vorlagebericht, unjournalisiert im Akt 22 Bs 355/13m des Oberlandesgerichts Wien).
Noch am selben Tag leitete das Beschwerdegericht die Akten gesetzeskonform (§§ 21 Abs 1, 24 StPO; vgl dazu auch Ratz, Änderung der Rechtslage durch § 89 Abs 1 StPO; ÖJZ 2009/19) „zur Einsicht und Antragstellung“ an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weiter, die am 27. Jänner 2014, sohin fünf Tage nach Einbringung des Fristsetzungsantrags und etwa zweieinhalb Monate nach Einlangen der Beschwerde, eine ausführliche Stellungnahme abgab.
Säumnis des Oberlandesgerichts bei der Entscheidung über das Rechtsmittel, die demnach nur in unterlassener Urgenz der Aktenrückmittlung bei der Oberstaatsanwaltschaft und ‑ bei weiterer Untätigkeit der Anklagebehörde ‑ allenfalls in unterbliebener Beschlussfassung vor Einlangen deren Stellungnahme bestehen könnte (vgl auch RIS-Justiz RS0125694 sowie zur Verpflichtung der Gerichte, auf Verletzungen des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen durch die Staatsanwaltschaft wirksam zu reagieren, auch RIS-Justiz RS0124006), liegt (noch) nicht vor, weil zum Zeitpunkt der Einbringung des Fristsetzungsantrags ‑ mit Blick auf den hier aktuellen exorbitanten Umfang des (222 Bände mit - zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ‑ 4758 Ordnungsnummern enthaltenden) Ermittlungsakts und der Vielzahl der von der angefochtenen Entscheidung umfassten Aktenteile - auch der Oberstaatsanwaltschaft eine Verzögerung des Verfahrens durch Säumigkeit bei Erstatten ihrer Äußerung nicht vorzuwerfen war.
Daran ändert ‑ wie der Vollständigkeit halber anzumerken bleibt ‑ auch die vom Antragsteller hervorgehobene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 1. Oktober 2013, AZ 14 Os 43/13z, 115/13p, 116/13k, über einen im selben Verfahren eingebrachten Erneuerungsantrag (§ 363a StPO) des Beschuldigten Julius M***** und eine aus deren Anlass von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nichts, weil selbst die darin erfolgte Klärung grundsätzlicher Fragen in Zusammenhang mit dem Recht des Beschuldigten, in sämtliche der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungs- (und des Haupt-)verfahrens Einsicht zu nehmen (§ 51 Abs 1 und Abs 2 StPO), die aktuell befassten Behörden nicht von der Verpflichtung enthebt, die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Einsicht in (teilweise andere) Aktenteile in Bezug auf den Beschuldigten Georg K***** bei der hier vorliegenden komplexen Materie nach gründlicher Erarbeitung der (umfassenden) Entscheidungsgrundlagen zu prüfen.
Mangels Säumnis des Beschwerdegerichts war der Antrag daher abzuweisen.
Nach nunmehr erfolgter Stellungnahme durch die Oberstaatsanwaltschaft wird das Oberlandesgericht Wien jedoch umgehend über die Beschwerde zu entscheiden haben.
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