OGH 13Os95/95

OGH13Os95/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann W***** und Paul K***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 16.Dezember 1994, GZ 12 b Vr 1094/91-153, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr.Bassler, des Angeklagten Johann W***** und der Verteidiger Dr.Podovsovnik und DDr.Fürst, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Paul K***** und des Privatbeteiligtenvertreters zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung des Angeklagten Johann W***** gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche Folge gegeben, der Zuspruch von 2,000.000 S an die Privatbeteiligte Stadtgemeinde ***** aufgehoben und diese mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Johann W***** und Paul K***** wurden mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten W***** enthaltenden) Urteil des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB, Paul K***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Johann W***** hat darnach als Verwaltungsdirektor des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses ***** in wiederholten Angriffen die durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Stadtgemeinde ***** zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch der Stadtgemeinde ***** einen Vermögensnachteil zugefügt, indem er

für Dialysekapillaren der Systeme F 6, F 8 und F 60 keine jährliche öffentliche Ausschreibung vornahm und die Weisung gab, diese Dialysekapillaren ausschließlich bei der Firma ***** Handels GesmbH zu bestellen, welche stark überhöhte Verkaufspreise verrechnete, wodurch er in den Jahren 1985 bis 1991 einen Schaden von 13,675.200 S herbeiführte (I./A) sowie

nach vorheriger Vereinbarung mit Paul K***** insbesondere die sachliche Richtigkeit auf unberechtigten Rechnungen der Firma ***** Handels GesmbH selbst bestätigte oder trotz Kenntnis der nicht erfolgten Lieferung bestätigen ließ und die Anweisung zur Auszahlung gab, wodurch er in den Jahren 1986 bis 1991 einen Schaden von insgesamt 9,065.931,05 S herbeiführte (I./B).

Paul K***** hat in den Jahren 1985 bis 1991 als Geschäftsführer der ***** Handels GesmbH in wiederholten Angriffen durch Erstellung und Vorlage der den Vorgängen zu oben I./A und B zugrundeliegenden Rechnungen zur Ausführung der dort beschriebenen strafbaren Handlungen des Johann W***** beigetragen (II.).

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen die sie treffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, Johann W***** aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO, Paul K***** aus Z 5, 5 a und 9 lit b leg. cit.; indes zu Unrecht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann W*****:

Die gemeinsam ausgeführte Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) geht ins Leere. Damit werden weder formelle Begründungsmängel entscheidungswesentlicher Urteilsfeststellungen aufgezeigt, noch auf Aktengrundlage Beweisergebnisse dargetan, die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidungsrelevanter Urteilskonstatierungen hervorrufen könnten (was die gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme der Generalprokuratur abgegebene Äußerung des Angeklagten vernachlässigt).

Entgegen den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen ist der Schöffensenat bei seiner Beweiswürdigung nicht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer straffrei geblieben wäre, hätte ihn Paul K***** nicht belastet. Das Schöffengericht vergleicht in diesem Zusammenhang das vom Beschwerdeführer behauptete Motiv, daß sich K***** durch sein Geständnis das Wohlwollen der Vertreter der Gemeinde erkaufen wollte, um dadurch im Geschäft bleiben zu können (US 18), mit den drohenden Folgen einer mit dieser Darstellung (S 199/I) verbundenen Selbstbelastung (US 19) und kommt in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zum Schluß, daß dem Erklärungsversuch des Beschwerdeführers kein Glauben zu schenken ist (US 18); dies trotz des (vom Erstgericht entgegen der Beschwerde ohnedies berücksichtigten, US 22) Umstandes, daß der Angeklagte K***** zumindest am 25.Oktober 1991 noch hoffte, weiter Kapillaren an das Krankenhaus liefern zu können (neuerlich US 22). Damit haften den entscheidungswesentlichen Urteilsfeststellungen weder formelle Begründungsmängel an noch blieben in diesem Zusammenhang Beweisergebnisse unberücksichtigt.

Die Feststellung, der Beitragstäter K***** habe fehlende Lieferungen zumeist vom Oberarzt der Dialysestation Dr.N***** bestätigten lassen, von dem er wußte, daß dieser selbst nicht kontrolliere (US 10 und 21), widerspricht weder aktenkundigen Beweisergebnissen noch der Argumentation des Schöffensenates. Von insgesamt vierzehn Scheinrechnungen wurden sieben von Dr.N***** gezeichnet, drei überhaupt nicht, weitere drei liegen nicht vor und zum letzten enthält das Urteil keine Angaben (US 21 und 22). Das Beschwerdevorbringen, die vom Schöffensenat konstatierte Vorgangsweise sei auf Grund der im Krankenhaus herrschenden Schlamperei weder notwendig noch sinnvoll gewesen, sondern hätte nur das Risiko einer Entdeckung völlig unnötig erhöht, sodaß aus der Verantwortung des Angeklagten K***** fast zwingend der Schluß zu ziehen wäre, zwischen dem Genannten und dem Beschwerdeführer habe keine kriminelle Vereinbarung bestanden, vielmehr sollte der Beschwerdeführer selbst durch diese Unterschrift getäuscht werden, was auch tatsächlich gelang, erweist sich als im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.

Ebensolches gilt für die Ausführungen zur permanenten Änderung der Tatschilderungen des Mitangeklagten, die "stets opportunistische Züge" trage und "das Bestreben zeige, aus den jeweiligen Aussagen den größtmöglichen Nutzen zu ziehen", und den Versuch, unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dkfm.B***** aus Geldtransaktionen des Mitangeklagten den Schluß abzuleiten, daß dieser die angeblich Johann W***** übergebenen Gelder in Wahrheit bei sich behalten habe (S 279 und 287/VII). Im Kern erweisen sich die umfangreichen Ausführungen zur Verantwortung des Beitragstäters insgesamt als eine im Rahmen der Behauptung vorliegender Urteilsnichtigkeit unstatthafte Kritik an den schöffengerichtlichen Erwägungen zum Beweiswert der Verfahrensergebnisse.

Schließlich vernachlässigt die Beschwerde mit dem Einwand, die Tatrichter hätten die Verantwortung des Beschwerdeführers, er sei davon ausgegangen, daß die Firma ***** die in Rede stehenden Kapillaren am günstigsten anbiete, durch die Aussagen des Zeugen Dr.S***** für widerlegt erachtet, wonach die Preise der Firma F***** kein Geheimnis seien, die tatsächlich in diesem Zusammenhang angestellten Urteilserwägungen (S 289/VII). Der Schöffensenat schränkte nämlich diese Argumentation ausdrücklich auf die im Offert aus dem Jahr 1984 nicht enthaltenen Kapillaren F 60 und die Zeit von 1985 bis April 1986 (Abschluß der Alleinvertretungsvereinbarung zwischen der Firma F***** und der Firma *****) ein (US 24 und 25). Der Beschwerdeführer berücksichtigt somit weder den gesamten Urteilsinhalt noch die tatsächliche Argumentation des Erstgerichtes, womit erneut keiner der geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgründe dargestellt wird.

Den Feststellungen über die Jagdpacht wiederum kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (siehe bereits US 26 und 27). Mit dem Hinweis auf die diesbezüglichen Zeugenaussagen (Ing.P***** und G*****) und der Behauptung, diese seien nicht ausreichend erörtert worden, wird weder eine Mängel- noch eine Tatsachenrüge prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Auch in diesem Zusammenhang kann auf das zur Anfechtung der Beweiswürdigung eines in erster Instanz urteilenden Richtersenates bereits mehrfach Ausgeführte verwiesen werden.

Auch die Aussage des Zeugen Dr.W*****, die städtische Vergabeordnung sei nicht praktikabel, bedurfte im Urteil keiner weiteren Erörterung, weil der Schöffensenat ausreichend und mit den Gesetzen der Logik im Einklang ausführte (US 23 bis 25), warum auch das Unterbleiben dieser Ausschreibungen eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers darstellte (US 28).

Das Erstgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt, daß die Verwendung der vom Beschwerdeführer erhaltenen Schmiergelder nicht nachgewiesen werden konnte. Aus diesem Umstand ergeben sich jedoch keine wesentlichen Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidungswesentlichen Erhaltes der Zahlungen.

Letztlich stellt auch der Schluß aus der festgestellten Vorgangsweise (einschließlich des konstatierten Wissens um die Verrechnung überhöhter Preise bzw der Fakturierung und Bezahlung nicht erfolgter Lieferungen) auf wissentlichen Befugnismißbrauch den Beschwerdeausführungen zuwider keine bloße Scheinbegründung dar, sondern folgte nach Lage des Falles ebenso den Gesetzen logischen Denkens.

Mängel- sowie Tatsachenrüge der Beschwerde verfehlen somit ihr Ziel.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) berücksichtigt nicht alle entscheidungsrelevanten Urteilsprämissen und erfüllt damit nicht die prozeßrechtlich zur Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlichen Voraussetzungen.

Der Beschwerdeführer übergeht die Urteilsfeststellung, wonach er als Verwaltungsdirektor des Krankenhauses ***** für die technischen und finanziellen Angelegenheiten des Krankenhauses und das Wirtschaftspersonal zuständig war und ihm im Rahmen dieser Tätigkeit auch die Bestellung von medizinischen Gebrauchsgütern oblag (US 6). Weiters setzt er sich über die Urteilsannahme hinweg, daß zum laufenden Betrieb der Dialysegeräte Kapillaren benötigt werden, die auf Grund einer beschränkten Ausschreibung für das zweite Halbjahr 1984 von der damals bestbietenden Firma ***** geliefert wurden, und er es aus Gewinnsucht unterließ, die nach der Vergabeordnung des Magistrats der Stadt ***** gebotene weitere Ausschreibung insbesondere der Kapillaren vom Typ F 60, die im ersten Anbot der Firma ***** nicht enthalten waren, zu veranlassen, sondern vielmehr in Kenntnis der starken Preisüberhöhung die Anweisung gab, dieses Produkt weiter von der Firma ***** zu beziehen (US 7). Daß die letzte Entscheidung darüber, ob eine Anschaffung getätigt wird, von den Organen der Stadt ***** nicht getroffen wurde (US 6), ist somit unerheblich. Denn der Angeklagte setzte nach den Urteilsfeststellungen durch das Unterlassen einer weiteren Ausschreibung und die Anweisung, die Kapillaren F 60 weiter von der Firma ***** zu beziehen, die (allenfalls auch für die Anschaffung von zum Betrieb der 1983 eingerichteten und 1987 erweiterten Dialysestation erforderlichen Gebrauchsgüter zuständigen) Organe der Stadt ***** gar nicht in die Lage, eine ihnen möglicherweise zustehende Entscheidung zu treffen. Solcherart hat er durch die ihm ermöglichte Ausschaltung der entscheidungsbefugten Organe und die (ausdrückliche) Anweisung, Bestellungen weiterhin bei der Firma ***** vorzunehmen, seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, (wissentlich) mißbraucht.

Zum Schuldspruch I./B moniert die Beschwerde (unter Hinweis auf 10 Os 48/82 = SSt 53/57), es gehöre nicht zum Aufgabenbereich eines Machthabers, fingierte Rechnungen zu bestätigen bzw zur Auszahlung zu bringen, sodaß insoweit ein Machtmißbrauch vorliege. Damit wird verkannt, daß auch darin der ihm angelastete Befugnismißbrauch zu erblicken ist, zumal solche Rechnungen hätten zurückgewiesen werden müssen. Anders als ein (wie zu 10 Os 48/82) nur mit der qualitäts- und mengenmäßigen Kontrolle betrauter Leiter einer Warenübernahmestelle (eines Großkaufhauses) hatte der Beschwerdeführer festgestelltermaßen sehr wohl die rechtliche Befugnis zu einer vermögensrechtlichen Verpflichtung seines Dienstgebers, diese jedoch nach den mängelfreien Urteilskonstatierungen wissentlich mißbraucht. Dabei ist unerheblich, ob er (in jedem Fall) fingierte Bestellungen vornahm oder (bloß) ihm zugekommene, auf unrichtigen Lieferscheinen beruhende fingierte Rechnungen akzeptierte, als sachlich richtig abzeichnete und an die Buchhaltung des Krankenhauses zur Auszahlung weiterleitete (US 10 und 11). Denn auch dadurch hat er seine Befugnis zu Warenbestellungen, die zu dem Verpflichtungsgrund für die von der Stadt ***** geleisteten Zahlungen und demnach zum Eintritt des Vermögensschadens führten, mißbraucht (was auch die gemäß § 35 Abs 2 StGB abgegebene Äußerung übersieht).

Der Schädigungsvorsatz des Angeklagten ergibt sich bei der vorliegenden Fallgestaltung bereits als Korrelat zu der von ihm angestrebten eigenen Bereicherung (US 7, 8, 10).

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) wendet gegen den auf § 20 Abs 1 StGB gestützten Verfall eines Betrages von 3,000.000 S ein, davon wären nur körperliche Sachen bedroht, die der Täter noch besitze. Einerseits ist jedoch auch ein Geldbetrag eine körperliche, dem Verfall unterliegende Sache (EvBl 1991/13), andererseits vernachlässigt dieser Einwand die Urteilsfeststellungen, wonach der Beschwerdeführer (und zwar neben der Bezahlung der Jagdpacht durch den Geschenkgeber, US 8), ab Anfang 1987 (bis 1991) Geldsummen empfangen hat (US 11). Für die Beschwerdeannahme, der Angeklagte besitze das Geldgeschenk (im Ausmaß des für verfallen erklärten Betrages) nicht mehr, findet sich in den Feststellungen hingegen keine Grundlage. Damit weicht die Rechtsrüge unzulässigerweise vom Urteilssachverhalt ab.

Die in der Äußerung (§ 35 Abs 2 StPO) zur Stellungnahme der Generalprokuratur erstmals angestellte Überlegung, der Angeklagte könnte die Geldgeschenke schon mit anderem Geld vermengt haben, erweist sich als im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Neuerung (s auch zur Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO des Angeklagten K*****) weswegen sich eine weitere Erörterung des nach § 20 Abs 2 ff StGB gebotenen Vorgehens erübrigt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul K*****:

Die Beschwerde wendet sich (unter Bezugnahme auf die Erklärung des Angeklagten vom 7.Oktober 1991) ausschließlich gegen die Nichtannahme des Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue nach § 167 Abs 2 Z 2 StGB. Die Tatrichter stellten dazu im wesentlichen fest, daß sich der Beschwerdeführer in einer Besprechung mit Organen der Stadt ***** vom 7. Oktober 1991 dazu bereit erklärte, den der Stadtgemeinde durch Verrechnung überhöhter Preise für Dialysebedarf zugefügten Schaden nach gemeinsamer Feststellung der Schadenssumme gutzumachen. Er unterfertigte auch ein diesbezügliches schriftliches Anerkenntnis (US 13, 29; S 199/I). Am 12.Dezember 1991 erkannte er schriftlich eine Schadenshöhe von 7,632.590 S an und bot die Rückzahlung von 3,230.537,28 S an. Nach weiteren Besprechungen verpflichtete er sich, die gesamte von ihm anerkannte Schadenshöhe teils durch Verrechnung mit offenen Geldforderungen, teils durch Bezahlung von 1,3 Mio S sowie den Rest durch monatliche Ratenzahlungen zu je 100.000 S zu begleichen (US 13, 14, 21). Dieses Anbot wurde vom Gemeinderat der Stadt ***** in einer Sitzung vom 28.Oktober 1992 angenommen.

Der Angeklagte kam seiner Verpflichtung zunächst nach. Am 14.Juni 1994 wurde zwischen ihm und der Stadt ***** ein Vergleich über den zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Restbetrag von 3,932.590 S abgeschlossen. Auch den daraus resultierenden Verpflichtungen kam er in der Folge nach (US 14).

Die Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) bekämpft, daß das Schöffengericht aus dem Umstand der Konkurseröffnung (nach den Urteilsfeststellungen im Sommer 1994, nach der Beschwerde am 21. Oktober 1994; S 312/VII) über das Vermögen der ***** Handels GesmbH geschlossen hat, dem Angeklagten wären derzeit (zum Tag der Urteilsfällung) weitere Zahlungen nicht möglich (US 14, 28). Wie die Beschwerde selbst vorbringt (S 317/VII) langte die Anzeige des Magistrates der Stadt ***** bei der Staatsanwaltschaft am 9.Oktober 1991 ein (S 7/I).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) bekämpft, daß die Tatrichter die Annahme tätiger Reue mit der Begründung ablehnten, die Erklärung des Beschwerdeführers vom 7.Oktober 1991 erfasse nicht den gesamten, sondern nur den aus der Verrechnung überhöhter Preise für Dialysebedarf entstandenen Schaden. Überdies sei der Erklärung keine Frist für die Schadensgutmachung zu entnehmen, wozu komme, daß der Beschwerdeführer infolge seines Konkurses nicht in der Lage war, die vereinbarten Ratenzahlungen einzuhalten (US 29, 30).

Beschwerdeführer und Erstgericht übersehen jedoch, daß tätige Reue, soferne sie nicht in unverzüglicher Schadensgutmachung besteht (§ 167 Abs 2 Z 1 und Abs 3 StGB), eine vertragliche Verpflichtung voraussetzt, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutmachung zu leisten (§ 16 Abs 2 Z 2 StGB). Auf die Gewährung von Zahlungserleichterungen (Stundung, Ratenzahlungen) wegen einer fälligen Forderung hat niemand, schon gar nicht der Täter einer strafbaren Handlung, Anspruch. Dazu bedarf es der Zustimmung des Geschädigten. Es ist daher müßig, die für die Stadt ***** nicht realisierbare, über die grundsätzliche Anerkennung einer Verpflichtung zum Schadenersatz (§ 1324 ABGB) und der Bekundung einer Bereitschaft zur Schadensgutmachung auch nicht hinausgehende Erklärung des Angeklagten vom 7.Oktober 1991 unter dem Gesichtspunkt tätiger Reue einer ernsthaften Prüfung zu unterziehen, steht doch in tatsächlicher Beziehung unbekämpft fest, daß die Stadt ***** zunächst das (erste konkrete) Angebot des Beschwerdeführers vom 12.Dezember 1991, rund die Hälfte des mit 7,632.590 S bezifferten Schadens gutzumachen, ablehnte und erst das nach weiteren Besprechungen verbesserte Angebot über die Zahlung des Vollbetrages in der Sitzung des Gemeinderates vom 28.Oktober 1992 annahm. Die vertragliche Verpflichtung zur Gutmachung des Schadens lag erst mit Anbotannahme an diesem Tag vor. Der Grund für den späten Vertragsabschluß ist den Beschwerdeausführungen zuwider nicht auf die Schwerfälligkeit der demokratischen Abstimmungsmechanismen beim Vertragspartner zurückzuführen (siehe S 318/VII). Er lag vielmehr darin, daß der Beschwerdeführer nach Ablehnung seines ursprünglichen Angebotes, nur etwa die Hälfte des einvernehmlich festgestellten Schadens zu bezahlen, erstmals im Juni/Juli 1992 Bezahlung des vollen Betrages anbot (siehe Schreiben Dris.Johannes E***** vom 13.Juni und 13.Juli 1992, Beilage ./1 zum Hauptverhandlungsprotokoll).

Mit Rücksicht auf die bereits am 9.Oktober 1991 bei der Staatsanwaltschaft ***** eingelangte Anzeige mangelt es bereits an der Rechtzeitigkeit der Schadensgutmachung (vgl Leukauf-Steininger, Komm3, § 167 RN 45 f), sodaß alle weiteren Beschwerdeerwägungen ins Leere gehen.

Die im wesentlichen die Beschwerdeausführungen wiederholende, teilweise auch (unbeachtliche, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht; Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 285 E 36) Umdeutungen dieser Ausführungen enthaltende Äußerung des Angeklagten gemäß § 35 Abs 2 StPO zur Stellungnahme der Generalprokuratur vermag daran nichts zu ändern, hat das Erstgericht doch (im Ergebnis zu Recht) die Voraussetzungen für den vom Angeklagten für sich reklamierten Strafaufhebungsgrund als nicht gegeben erachtet (US 30), ohne in eine weiter Prüfung etwa der Rechtzeitigkeit einzutreten.

Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe und gegen den Zuspruch an die Privatbeteiligte:

Das Schöffengericht verurteilte nach §§ 29, 153 Abs 2 zweiter Strafsatz StGB Johann W***** (unter Anrechnung der Vorhaft) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, Paul K***** zu einer solchen von drei Jahren, wobei bei diesem gemäß §§ 43 Abs 1, 43a Abs 4 StGB ein Strafteil von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Dabei wertete es als mildernd bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel, beim Angeklagten K***** das volle, reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung, als erschwerend hingegen bei beiden Angeklagten die Begehung der Straftat durch einen längeren Zeitraum und das Überschreiten der strafsatzbestimmenden Wertgrenze um ein Vielfaches.

Ferner verurteilte es Johann W***** gemäß § 366 Abs 2 StPO zur Bezahlung von 2,000.000 S an die Privatbeteiligte Stadtgemeinde*****.

Beide Angeklagten bekämpfen die sie jeweils treffenden Strafaussprüche mit Berufung, Johann W***** auch den Zuspruch an die Privatbeteiligte.

Johann W***** reklamiert für sich zusätzlich den Milderungsgrund nach § 34 Z 18 StGB, strebt damit Strafherabsetzung und in weiterer Konsequenz die Anwendung der §§ 43 Abs 1 bzw 43 a Abs 3 StGB an. Paul K***** macht das Vorliegen auch der Milderungsgründe nach § 34 Z 4, 6, 9, 16 bis 18 StGB für sich geltend und begehrt auf dieser Basis die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung.

Die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe sind unberechtigt.

Der (auch) vom Angeklagten Johann W***** verlangte Milderungsgrund nach § 34 Z 18 StGB, das längere Zurückliegen der Taten (letzte - fingierte - Rechnung laut Urteilsfeststellungen 24.Juli 1991, US 12, Anzeige vom 9.Oktober 1991) scheidet angesichts des Umfanges der Delikte und des für ihre Aufklärung notwendigen Zeitaufwandes als mildernd aus (Mayerhofer-Rieder, StGB4, § 34 E 56 a).

Gleiches gilt in diesem Zusammenhang für den Angeklagten Paul K*****. Im Hinblick auf die Vielzahl der Tathandlungen, den längeren Deliktszeitraum, die gemeinsam sorgfältig geplante Vorgangsweise sowie den großen Nutzen, den auch dieser Angeklagte aus den Untreuehandlungen gezogen hat, kann ernstlich auch nicht angenommen werden, er hätte seine Tatbeiträge durch Einwirkung eines Dritten begangen (Mayerhofer-Rieder, aaO, E 22 f). Keinesfalls war Paul K*****, der alle Rechnungen erstellte und die Beträge kassierte, bei der Deliktsverwirklichung nur in untergeordneter Weise tätig, es lag auch keine besonders verlockende Gelegenheit vor, der ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte. Unter Berücksichtigung der Sachverhaltsdarstellung durch den Magistrat der Stadt ***** an die Staatsanwaltschaft kann von einer Selbststellung des Angeklagten bei den Behörden ebensowenig die Rede sein. Der wesentliche Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung letztlich ist vom Schöffengericht ausreichend berücksichtigt worden.

Unter Abwägung der vom Erstgericht im wesentlichen vollständig festgestellten Strafzumessungsgründe erweisen sich die verhängten Strafen auch unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) insbesondere im Hinblick auf den langen Deliktszeitraum und die die Wertgrenze zur Strafsatzbestimmung weit (mehr als vierzig Mal) übersteigende Schadenshöhe, als keineswegs überhöht und einer Reduzierung nicht zugänglich, weswegen auch die Berufungen wegen des Ausspruches über die Strafe versagen mußten.

Hingegen ist der Angeklagte Johann W***** mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Privatbeteiligtenansprüche im Recht, weil die gemäß § 365 Abs 2 StPO als dem Grundsatz des beiderseitigen Gehörs Rechnung tragende Voraussetzung der für den Zuspruch an die Privatbeteiligten zwingend vorgeschriebene Anhörung des Angeklagten nur zu den wechselseitigen Ansprüchen der beiden Angeklagten erfolgte (S 183/VII), zur Forderung der Privatbeteiligten Stadtgemeinde ***** jedoch unterblieben ist (16 Os 1 und 18/89, 13 Os 108/90, 12 Os 86,87/93 uva). Dieses Erkenntnis war deshalb zu kassieren und insoweit gemäß § 366 Abs 2 StPO mit Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg vorzugehen.

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