European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00057.15D.0630.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang Z***** mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er „im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel im Rahmen seines unter der Steuernummer 10-333/2892 geführten Einzelunternehmens bzw als Betreiber des Lokals 'G*****' in I*****, mit den darin aufgestellten Glücksspiel-Automaten fortgesetzt, in mehreren Teilhandlungen und vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abgabe von den § 59 Abs 3 Glücksspielgesetz entsprechenden Abrechnungen für die Glücksspielabgabe an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten (20. des Folgemonats), nämlich durch die Nichterfassung eines Teiles der vereinnahmten Einspielergebnisse, welche durch das Aufstellen und den Betrieb von Glücksspiel-Automaten erzielt wurden, in diesen Abrechnungen bei gleichzeitiger Nichtentrichtung der diesbezüglich darauf entfallenden Glücksspielabgabe für die Abrechnungszeiträume von Jänner 2011 bis einschließlich Mai 2012 eine Verkürzung der Glücksspielabgabe in der Höhe von 142.856 Euro bewirkt habe, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Sie gibt Anlass zu amtswegigem Vorgehen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), kann doch die sachverhalts- und betragsmäßige Zusammenfassung der vom Angeklagten bewirkten Verkürzung an Glücksspielabgabe für die Monate Jänner bis Dezember 2011 (102.302,40 Euro) sowie Jänner bis Mai 2012 (40.553,60 Euro; US 5) den Schuldspruch nicht tragen:
Gemäß § 59 Abs 3 GSpG haben die Schuldner (ua) der Abgabe nach § 57 Abs 3, Abs 4 GSpG diese jeweils für einen Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über den abzuführenden Betrag vorzulegen, die als Anzeige gilt.
Selbständige Tat (§ 21 Abs 1 FinStrG; zum finanzstrafrechtlichen Tatbegriff Lässig in WK2 Vor FinStrG Rz 7 ff) im Bereich der Glücksspielabgabe ist demnach das Unterlassen der auf einen bestimmten Kalendermonat bezogenen Abgabenabfuhr unter Verletzung der korrespondierenden Anzeigepflicht.
Durch die im Urteil erfolgte Zusammenfassung der Verkürzungsbeträge für mehrere Abrechnungszeiträume werden die einzelnen Taten hingegen nicht hinreichend konkretisiert.
Infolgedessen kann auch nicht abschließend beurteilt werden, ob in jedem einzelnen dieser Zeiträume Abgaben tatsächlich verkürzt wurden, der strafbestimmende Wertbetrag also für jedes der real konkurrierenden Finanzvergehen mehr als null beträgt (vgl RIS‑Justiz RS0124713; Lässig in WK2 Vor FinStrG Rz 13).
Aufgrund der aufgezeigten (von der Beschwerde nicht relevierten) Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) war ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ der Schuldspruch von Amts wegen aufzuheben, womit auch der Strafausspruch keinen Bestand hat (§ 290 Abs 1 zweiter Satz iVm § 285e StPO).
Das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde kann daher auf sich beruhen.
Bleibt für den zweiten Rechtsgang anzumerken, dass das Erstgericht verfehlt (§ 4 Abs 2 FinStrG; Lässig in WK2 FinStrG § 4 Rz 4) § 38 Abs 1 FinStrG in der geltenden Fassung (und nicht idF BGBl I 2010/104) angewendet hat.
Bei Prüfung einer Subsumtion nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG (idF BGBl I 2010/104), Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrags (§ 53 Abs 1 iVm § 33 Abs 5 FinStrG) und neuerlicher Strafbemessung wird überdies zu beachten sein:
1. Die Glücksspielabgabe für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten (§ 57 Abs 3, Abs 4 GSpG) bemisst sich nach den Bruttospieleinnahmen (dh den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewinne [§ 57 Abs 5 GSpG]) vermindert um die gesetzliche Umsatzsteuer (vgl demgegenüber US 4, 5: „tatsächliche Einnahmen“). Sie beträgt davon 30 % (§ 57 Abs 3 GSpG), im Fall von Glücksspielautomaten nach § 5 GSpG 10 % (§ 57 Abs 4 GSpG; dazu Strejcek/Bresich, GspG 19892 § 57 Rz 8).
Von der Glücksspielabgabe befreit sind allerdings Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs 2 GSpG idF vor BGBl I 2010/73 (§ 57 Abs 6 Z 2 GSpG; siehe auch die Übergangsbestimmung des § 60 Abs 25 Z 4 GSpG; dazu Strejcek/Bresich, GspG 19892 § 57 Rz 6, 13).
2. Nach den Urteilsannahmen wurde der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer für „im selben Tatzeitraum Jänner 2011 bis Mai 2012“ erzielte „Einnahmen des Lokals“ „vom Spruchsenat des Finanzamtes Innsbruck im Jänner 2015 verurteilt“ (US 6). Entgegen dem ‑ einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot einwendenden ‑ Beschwerdevorbringen wären solche Taten keineswegs mit den vom angefochtenen Schuldspruch erfassten ident (zum Verbot der Doppel- oder Mehrfachbestrafung nach Art 4 Abs 1 7. ZPMRK in diesem Zusammenhang Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 31 mwN); dadurch verwirklichte Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG stünden zu diesen vielmehr in Realkonkurrenz, weil sie eine andere Steuerart beträfen (vgl RIS‑Justiz RS0124712 [T4]). Im Fall eines neuerlichen Schuldspruchs wird es jedoch ‑ um Nichtigkeit aus Z 11 erster Fall zu vermeiden ‑ einer zur Prüfung der Voraussetzungen für die Verhängung einer Zusatzstrafe (§ 21 Abs 3, Abs 4 FinStrG) tauglichen Feststellungsbasis bedürfen (vgl RIS‑Justiz RS0085974, RS0090610, RS0108371).
Da die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aufgrund der amtswegigen Maßnahme gegenstandslos geworden ist, trifft ihn auch keine Kostenersatzpflicht (RIS‑Justiz RS0101558 [T1]).
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