Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Konrad K***** sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Konrad K***** auf die Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung der Angeklagten Elfriede F***** werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche enthält, wurde Elfriede F***** (richtig) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG (I/1 und 2) sowie nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (I/3), Konrad K***** (richtig) jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a (aF) und 13 FinStrG (III/1/a und b), nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a (aF) FinStrG (III/1/c) sowie nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a (aF) FinStrG schuldig erkannt.
Danach haben
(I) Elfriede F***** als unternehmensrechtliche Geschäftsführerin der C***** GmbH im einverständlichen Zusammenwirken mit Konrad K***** vorsätzlich
1) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2004 Verkürzungen von Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, zu bewirken versucht, nämlich an Umsatzsteuer für 2001 um 51.711,23 Euro, für 2002 um 123.648,99 Euro und für 2003 um 126.639,47 Euro sowie an Körperschaftsteuer für 2001 um 12.804,32 Euro, für 2002 um 23.936,80 Euro und für 2004 um 98.813,45 Euro,
2) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Nichtabgabe einer Steuererklärung die Verkürzung einer Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen war, nämlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2004, um 139.166,59 Euro bewirkt und
3) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis August 2005 um 98.832,28 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten,
(III) Konrad K***** gewerbsmäßig vorsätzlich
1) als faktischer Geschäftsführer der C***** GmbH im einverständlichen Zusammenwirken mit Elfriede F*****
a) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2004 Verkürzungen von Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, zu bewirken versucht, nämlich an Umsatzsteuer für 2001 um 51.711,23 Euro, für 2002 um 123.648,99 Euro und für 2003 um 126.639,47 Euro sowie an Körperschaftsteuer für 2001 um 12.804,32 Euro, für 2002 um 23.936,80 Euro und für 2004 um 98.813,45 Euro,
b) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch Nichtabgabe einer Steuererklärung die Verkürzung einer Abgabe, die bescheidmäßig festzusetzen war, nämlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2004, um 139.166,59 Euro bewirkt und
c) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis August 2005 um 98.832,28 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten sowie
2) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2003 Verkürzungen von Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, bewirkt, nämlich an Umsatzsteuer für 2001 um 26.015,57 Euro, für 2002 um 51.054,73 Euro und für 2003 um 45.770,37 Euro sowie an Einkommensteuer für 2001 um 48.985,12 Euro, für 2002 um 104.230,24 Euro und für 2003 um 92.445,30 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Von den dagegen aus Z 1, 3, 5, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen, gemeinsam ausgeführten (und demnach im Folgenden gemeinsam beantworteten) Nichtigkeitsbeschwerden ist jene des Angeklagten Konrad K***** teilweise im Recht.
Indem die Besetzungsrüge (Z 1) aus angeblicher staatsanwaltlicher Tätigkeit des Vorsitzenden des erkennenden Senats in einem in den Jahren 2001 bis 2003 gegen den Zweitangeklagten geführten Strafverfahren richterliche Ausgeschlossenheit abzuleiten trachtet, entzieht sie sich mangels (rechtzeitiger) Erfüllung der Rügeobliegenheit einer inhaltlichen Erwiderung.
Bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit der Rüge eines behaupteten Besetzungsmangels ist nämlich auf objektive Kriterien, konkret auf die Zugänglichkeit des relevanten Tatsachensubstrats abzustellen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 136). Da der Verteidiger (ebenso wie der Angeklagte) schon durch die Ladung zur Hauptverhandlung über die Person des Vorsitzenden informiert wird, hätte der angeblich Nichtigkeit begründende Umstand unter Heranziehung des dargelegten (objektiven) Prüfungsmaßstabs somit zu Beginn der Hauptverhandlung, also am 6. Oktober 2011 (ON 90 S 1), gerügt werden müssen, womit die erst im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde vorgenommene Rüge verspätet ist.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die eingewendete Tätigkeit als Staatsanwalt in einem anderen (wenn auch gegen denselben Angeklagten geführten) Verfahren den Ausschließungsgrund des § 43 Abs 1 Z 1 StPO nicht herstellt, weil dieser an die Ausübung bestimmter Prozessrollen in der jeweiligen Sache anknüpft (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 3). Ein die allfällige Annahme der Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO tragendes Vorbringen enthält die Rüge nicht. Die substratlose Behauptung subjektiver Parteilichkeit des vorsitzenden Richters stellt insoweit keine tragfähige Basis dar, weil die subjektive Unparteilichkeit nach ständiger Judikatur des EGMR bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 13 mwN).
Staatsanwaltliche Tätigkeit des Vorsitzenden im gegenständlichen Verfahren wird in der Beschwerde überhaupt (aktenfremd und) bloß spekulativ vorgebracht.
Zu dem auf die Verwendung der Ergebnisse einer Telefonüberwachung bezogenen Vorbringen der Verfahrensrüge (Z 3) ist eingangs festzuhalten, dass die angesprochene Überwachung nach der Aktenlage im Jahr 2003 stattfand (ON 10), womit die Einhaltung der diesbezüglichen Voraussetzungen an der Gesetzeslage vor BGBl I 2004/19 zu messen ist.
Verfehlt ist die Rechtsansicht, die Ergebnisse der relevierten Telefonüberwachung hätten deshalb nicht verwendet werden dürfen, weil im gegenständlichen Verfahren keine richterliche Bewilligung vorliege (Reindl-Krauskopf, WK-StPO § 140 Rz 12). Dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Überwachung im bezughabenden Parallelverfahren nicht gegeben gewesen wären, wird aber nicht behauptet.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass insoweit nach der Aktenlage sehr wohl eine entsprechende Anordnung des (damals) Untersuchungsrichters vorgelegen ist (ON 10 S 65).
Der Einwand der Verlesung einer nichtigen Zeugenaussage (Z 2, nominell verfehlt auch Z 5) geht schon im Ansatz fehl, weil in Bezug auf die damit angesprochene Vernehmung der Zeugin Halyna Z***** im Vorverfahren ein Nichtigkeit begründender Umstand (§§ 151 Abs 1, 152 Abs 5 StPO idF vor BGBl I 2004/19 [nunmehr §§ 155 Abs 1, 159 Abs 3 StPO]) nicht behauptet wird.
Insbesonders wird in diesem Zusammenhang nicht klar, weshalb angebliche (im Übrigen nicht durch Bezugnahme auf bestimmte Aussageinhalte konkretisierte) Sprachdefizite der genannten Zeugin einen mit Nichtigkeit bewehrten Umstand begründet haben sollen.
Welcher „Aktenvermerk (ON 48, AS 221)“ in der Hauptverhandlung gesetzwidrig verlesen worden sein soll, ist nicht ersichtlich, weil sich in der bezeichneten Aktenpassage kein Aktenvermerk, sondern die erste Seite des die C***** GmbH betreffenden Umsatzsteuerbescheids für das Jahr 2001 findet.
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn - nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht - nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, mithin sowohl für den Beschwerdeführer als auch das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder auch aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist.
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ.
Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können. Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen.
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419, 421, 437-439, 444 und 467).
Soweit die Mängelrüge (Z 5) die beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter zur Glaubwürdigkeit (§ 258 Abs 2 erster Satz StPO) des Zeugen Michael H***** in Zweifel zu setzen trachtet, die Feststellungen zu den Geldzuflüssen an den Zweitangeklagten unsubstantiiert als unrichtig bezeichnet, aktenfremde Spekulationen zum Rechtsverhältnis zwischen der C***** GmbH und den für diese tätigen Prostituierten anstellt, darauf hinweist, dass eines der gegenständlichen Konten nominell nicht der C***** GmbH zuzurechnen war, und die Konstatierungen zur österreichischen Steuerpflicht des Zweitangeklagten bestreitet, orientiert sie sich nicht an den dargelegten Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Die Beschwerde hält zutreffend fest, dass faktische Geschäftsführer, also solche, die - ohne förmlich bestellt zu sein - maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen (RIS-Justiz RS0119794), unmittelbare Täter (§ 11 erster Fall FinStrG) im Sinn des Finanzstrafgesetzes sein können, wenn sie auch die abgabenrechtlichen Agenden de facto wahrnehmen (RIS-Justiz RS0086711, insbesondere SSt 40/56, SSt 51/32 und 12 Os 52/95, ÖStZB 1996, 447). Der Mängelrüge zuwider sind aber die Urteilsannahmen hiezu, wonach der Zweitangeklagte als faktischer Geschäftsführer weisungsungebunden und „keinerlei“ Kontrolle unterworfen (US 8) sowie auf den Unternehmenskonten zeichnungsberechtigt (US 21) war, Buchhaltungsunterlagen der C***** GmbH an seinem Wohnort sichergestellt wurden und er für die Belegsammlung sowie für „Buchhaltungsaufgaben“ verantwortlich (US 22) und Kontaktperson zum Finanzamt, zum Magistrat sowie zum Steuerberater der Gesellschaft war (US 24, 26 und 27), keineswegs undeutlich (Z 5 erster Fall).
Auch widersprechen die Konstatierungen, nach denen der Zweitangeklagte zwar nicht Gesellschafter, wohl aber faktischer Geschäftsführer der C***** GmbH gewesen ist, einander nicht (Z 5 dritter Fall).
Die vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) für die Feststellungen zur Position des Zweitangeklagten (als faktischer Geschäftsführer der C***** GmbH) findet sich auf den US 21 bis 27.
Inwieweit die Entscheidungsgründe diesbezüglich unvollständig (Z 5 zweiter Fall) sein sollen, lässt die Beschwerde nicht erkennen.
Zurückgehend auf ein Erkenntnis eines verstärkten Senats aus dem Jahr 1991 (EvBl 1992/16) judiziert der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass einem Abgabenbescheid als dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens die Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des im diesbezüglichen Finanzstrafverfahren aktuellen Finanzvergehens zukommt (RIS-Justiz RS0087030). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) folgt daraus, dass das erkennende Gericht die abgabenrechtlichen Erhebungsergebnisse - sofern sie in der Hauptverhandlung vorgekommen sind (§ 258 Abs 1 StPO) - seinen Feststellungen prinzipiell zu Grunde legen kann. Zielt eine Nichtigkeitsbeschwerde darauf, eine auf einem Abgabenbescheid - wie hier den Denkgesetzen entsprechend - basierende Urteilsbegründung zu erschüttern, muss sie demnach aus konkreten Details der Tatsachengrundlagen des Bescheids im Beweisverfahren unausgeräumt gebliebene Mängel ableiten (vgl RIS-Justiz RS0087030). Diesem Erfordernis wird die Beschwerde durch die teils unsubstantiierte, teils auf aktenfremde Überlegungen gestützte Behauptung der Unrichtigkeit der abgabenbehördlichen Berechnungen, eigene Beweiswerterwägungen zu verschiedenen Zeugenaussagen und den Hinweis darauf, dass die Abgabenbescheide noch nicht rechtskräftig sind, nicht gerecht.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 10) einwendet, die Erlöse aus der Vermietung von Unterkünften an Prostituierte seien nicht der C***** GmbH zuzurechnen, erschöpft sie sich in der (substratlosen) Bestreitung der gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 12) und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).
Entsprechendes gilt für die in diesem Zusammenhang erhobene Behauptung eines Tatbildirrtums, durch die das Vorliegen des dem Tatbestand entsprechenden Vorsatzes bestritten wird (Höpfel in WK² § 9 Rz 7; Steininger SbgK § 5 Rz 25 und § 9 Rz 39), wogegen die Tatrichter vorsätzliches Handeln ausdrücklich feststellten (US 18 f).
Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) wendet Rechtsirrtum im Sinn des „§ 9 StGB“ (gemeint: § 9 FinStrG) ein, ohne - durch den bei (wie hier) umfangreichem Aktenmaterial gebotenen Hinweis auf die entsprechende Fundstelle in den Akten (RIS-Justiz RS0124172) bezeichnete - Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die in die Richtung des angesprochenen Schuldausschließungsgrundes weisende Feststellungen indizieren würden, und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602).
Der Ansatz der Subsumtionsrüge (Z 10), der Zweitangeklagte sei nicht für die abgabenrechtlichen Agenden der C***** GmbH verantwortlich gewesen (der Sache nach Z 9 lit a), geht nicht von den diesbezüglichen - großteils bereits in Beantwortung der Mängelrüge angeführten - Urteilsannahmen (US 8, 10, 21 bis 24, 26, 27) aus und verfehlt demnach ebenfalls die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Mit der - im Übrigen (wie zur Mängelrüge dargelegt) nicht zutreffenden - Behauptung der fehlerhaften Annahme von unmittelbarer Täterschaft (§ 11 erster Fall FinStrG) anstelle von Beitragstäterschaft (§ 11 dritter Fall FinStrG) wird nicht die Subsumtion angesprochen und demnach kein aus Z 10 relevanter Fehler vorgebracht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 646).
Der Einwand, das Erstgericht habe den Zweitangeklagten zu Unrecht (§ 265 Abs 1p FinStrG) nach der Qualifikationsnorm des § 38 FinStrG idF BGBl I 2010/104 schuldig gesprochen, entfernt sich vom Urteilsinhalt. Der Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) erfolgte insoweit nämlich (zu sämtlichen Fakten) nach § 38 Abs 1 „lit a“ FinStrG (US 4 f), womit zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, dass das Erstgericht die angesprochene Qualifikationsnorm nicht in der Fassung der FinStrG-Novelle 2010 (BGBl I 2010/104) angewendet hat. Dies wird weiter verdeutlicht durch die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts, wonach der 4. Juni 2004, also das Datum der Kundmachung der Änderung des § 38 FinStrG durch das SteuerreformG 2005 BGBl I 2004/57, insoweit die wesentliche Zäsur darstelle (US 52 f). Der Umstand, dass dabei in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) hinsichtlich § 38 FinStrG in der bis dahin geltenden Fassung BGBl I 1999/28 - offenbar irrtümlich - das Nennen der „lit a“ des Abs 1 dieser Gesetzestelle unterblieb, vermag am auch insoweit - wie dargelegt - rechtsrichtigen Schuldspruch nichts zu ändern.
Mit dem Vorbringen des Fehlens von Feststellungen zur gewerbsmäßigen Intention des Zweitangeklagten hält die Beschwerde erneut nicht an den Urteilskonstatierungen fest, wonach dieser - rund viereinhalb Jahre hindurch (US 12 bis 17) - laufend Abgaben hinterzog, um sich dadurch eine ständige Einnahmequelle zu verschaffen und solcherart über Jahre seinen laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten (US 19, 50).
Soweit die Rüge aus der Prämisse, der Zweitangeklagte sei Gesellschafter der C***** GmbH gewesen, verschiedene abgabenrechtliche Schlüsse ableitet (der Sache nach Z 9 lit a), argumentiert sie einmal mehr nicht auf der Basis der tatrichterlichen Feststellungen (US 7).
Die Behauptung, das Erstgericht habe den Geschäftsführerbezug des Zweitangeklagten zwar bei diesem steuererhöhend, nicht jedoch bei der C***** GmbH steuermindernd veranschlagt (der Sache nach Z 11 erster Fall), entfernt sich vom Urteilsinhalt (US 44).
Aus welchem Grund Bezüge aus einem freien Dienstvertrag nicht der Umsatzsteuer unterliegen sollen (der Sache nach Z 9 lit a), wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Wesen des freien Dienstvertrags gerade darin liegt, dass der (freie) Dienstnehmer (selbständiger) Unternehmer ist, womit seine Einnahmen - sofern (wie hier) die jeweils geltenden Steuerfreigrenzen überschritten werden - sehr wohl umsatzsteuerpflichtig sind (§ 1 Abs 1 Z 1 UStG iVm § 2 Abs 1 UStG).
Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11, nominell verfehlt auch Z 10) sprach das Erstgericht zu Recht keine Zusatzstrafe (§ 21 Abs 3 FinStrG) zu der mit (seit 9. Jänner 2008 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. September 2006 über den Zweitangeklagten wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG verhängten Geldstrafe aus. Nach den - aktenkonformen (ON 70 S 3 in 38 Hv 50/06x des Landesgerichts Salzburg) - Urteilskonstatierungen (US 7; die auch die Beschwerde [prozessordnungskonform] ihren Erwägungen zugrunde legt) erging diese Verurteilung nämlich unter Bedachtnahme auf eine am 17. Juli 2005 erfolgte Bestrafung durch das Finanzamt Salzburg-Stadt (§ 21 Abs 4 FinStrG), was mit Blick auf den hier gemäß § 21 Abs 1 erster Satz UStG am 15. Oktober 2005 endenden Tatzeitraum (US 4) die angestrebte Bedachtnahme ausschloss (RIS-Justiz RS0112524, Ratz in WK² § 31 Rz 5).
Soweit die Beschwerde unter Bezugnahme auf die Entscheidung SSt 62/87 einwendet, Ersatzfreiheitsstrafen seien stets in (vollen) Tagen zu bemessen, verkennt sie, dass die angesprochene Entscheidung eine nach dem StGB und solcherart auf der Basis des Systems der Tagessatzgeldstrafe (dazu Lässig in WK² § 19 Rz 1 bis 3) verhängte Sanktion betraf. Demgegenüber droht das FinStrG Geldsummenstrafen an (vgl Art VII StRAG), womit diesbezügliche Ersatzfreiheitsstrafen zwar in vollen Tagen messbar sein müssen (vgl SSt 48/40), aber auch in größeren Zeiteinheiten (Wochen, Monaten oder Jahren) bestimmt werden können.
Im bisher behandelten Umfang waren die (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Im Ergebnis zutreffend ist hingegen der Einwand der Sanktionsrüge (Z 11) des Zweitangeklagten, wonach die Urteilsfeststellungen die Bemessung der neben der Geldstrafe (§ 16 FinStrG) verhängten Freiheitsstrafe (§ 15 FinStrG) nach § 38 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 2004/57 (US 56) nicht tragen. Diese Bestimmung sieht bei einem 500.000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag (§ 53 Abs 1 FinStrG) eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, wogegen § 38 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 1999/28 (wertbetragsunabhängig) eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren zuließ. Da das SteuerreformG 2005 (BGBl I 2004/57) mit 5. Juni 2004 in Kraft trat, ist die mit diesem Gesetz vorgenommene Erhöhung der Freiheitsstrafdrohung des § 38 Abs 1 FinStrG nur dann anwendbar, wenn auf die ab diesem Datum begangenen Finanzvergehen ein die in Rede stehende Wertgrenze (500.000 Euro) übersteigender strafbestimmender Wertbetrag entfällt.
Da die angefochtene Entscheidung diesbezüglich keine ausdrücklichen Feststellungen enthält, liegen fallbezogen die Tatzeitpunkte nur hinsichtlich der Verkürzungen der von der C***** GmbH in den Jahren 2004 und 2005 geschuldeten Körperschaft- und Umsatzsteuer (zusammen 336.812,32 Euro) zweifelsfrei nach dem 4. Juni 2004.
Hinsichtlich der übrigen (teils versuchten) Abgabenverkürzungen ist dies hingegen fraglich, womit nicht klar wird, ob der für die allfällige Anwendung der erhöhten Freiheitsstrafdrohung des § 38 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 2004/57 maßgebende Wertbetrag (500.000 Euro) insgesamt überschritten ist.
Der aufgezeigte Rechtsfehler schlägt übrigens auch unmittelbar auf die Ersatzfreiheitsstrafe durch, weil § 20 Abs 2 FinStrG in der durch das SteuerreformG 2005 BGBl I 2004/57 geänderten Fassung bei einem 500.000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag ebenfalls eine gegenüber der vorherigen Gesetzeslage erhöhte Strafdrohung vorsieht.
Der den Zweitangeklagten betreffende Strafausspruch war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO).
Im zweiten Rechtsgang werden die Veranlagungsakten beizuschaffen, allenfalls informierte Vertreter des Finanzamts Salzburg-Stadt zu befragen und nach Vorhalt der diesbezüglichen Beweisergebnisse an den Zweitangeklagten die erforderlichen Feststellungen zu den Tatzeiten zu treffen sein. Mit Blick auf die aktuell maßgebende zeitliche Zäsur (5. Juni 2004) wird dabei besonderes Augenmerk auf die Umsatzsteuererklärung der C***** GmbH für das Jahr 2003 (strafbestimmender Wertbetrag 126.639,47 Euro) sowie auf die Einkommen- und die Umsatzsteuererklärung des Zweitangeklagten für das selbe Jahr (strafbestimmender Wertbetrag zusammen 138.215,67 Euro) zu legen sein.
Bei der Straffestsetzung wird zu beachten sein, dass mangelnde Schuldeinsicht keine tragfähige Basis für die Ablehnung bedingter Strafnachsicht darstellt (12 Os 31/07m; vgl demgegenüber US 55, 56).
Die Entscheidung über die Berufung der Erstangeklagten (deren Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze zurückgewiesen wurde) kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Die Berufung des Zweitangeklagten ist aufgrund der Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs gegenstandslos.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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