OGH 13Os42/84

OGH13Os42/845.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Thomas A wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15, 127 Abs 1 und 2 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 23.November 1983, GZ 3 a Vr 1332/83-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lansky und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 16.September 1965 geborene derzeitige Präsenzdiener Thomas A wurde des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15, 127 Abs 1 und 2 Z 1 StGB (A) sowie des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 StGB (B I und II) schuldig erkannt. Diese Schuldsprüche bekämpft er mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge wendet sich mit dem Vorwurf einer unzureichenden Begründung gegen die Urteilsfeststellungen (zu B I und II), der Angeklagte habe eine von Johann B in einem Kaufhaus der Firma C gestohlene braune Antiklederjacke und eine von Christian D in einem Kaufhaus der Firma E gestohlene Blue-Jeans- Hose von den Genannten jeweils in Kenntnis der diebischen (bzw. deliktischen) Herkunft der Gegenstände übernommen ('...

übernahm ... in Kenntnis ihrer diebischen Herkunft ...', '... übernahm ...

wobei ihm ihre deliktische Herkunft bekannt war': S. 116, 117). Er vermißt hiebei eine Auseinandersetzung des Schöffensenats mit der Aussage des Zeugen Johann B, wonach dieser ihm 'nicht sofort' gesagt habe, daß die Jacke gestohlen sei, sowie eine Bedachtnahme darauf, daß der Zeuge Christian D zwar bekundete, ihm Mitteilung vom Diebstahl der Hose gemacht zu haben, der Zeugenaussage des Genannten aber nicht zu entnehmen sei, wann er dies mitgeteilt habe. Dies sei deshalb relevant, weil der Beschwerdeführer - wie sich aus seiner auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge ergibt - vermeint, der Tatbestand des § 164 Abs 1 Z 2 StGB

setze den Verhehlungsvorsatz bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der gestohlenen Sache voraus.

Rechtliche Beurteilung

Das gesamte Vorbringen beruht auf einer irrigen Rechtsmeinung. Richtig ist, daß auch bei der Hehlerei der Vorsatz im Zeitpunkt des tatbildmäßigen Verhaltens bestehen muß, derjenige also, der erst nach der Beendigung seines tatbildmäßigen Verhaltens von der wahren Herkunft der Sache erfährt, gemäß dem Grundsatz 'dolus superveniens non nocet' für dieses Vorsatzdelikt nicht bestraft werden kann (§ 7 Abs 1 StGB). Der Beschwerdeführer übersieht aber, daß die Hehlerei im Fall der ihm hier neben dem 'Ansichbringen' angelasteten weiteren deliktischen Begehungsform des 'Verheimlichens' (S. 114) ein Dauerdelikt darstellt, bei dem über die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustands hinaus auch dessen Aufrechterhaltung (unter Umständen diese allein) strafbar ist (Rittler 2 I S. 88). Demnach beginnt das Dauerdelikt der Hehlerei durch Verheimlichen nach Lage des Falls erst dann, wenn der (bisher dem Erwerber der Sache nicht bekannt gewesene) rechtswidrige Zustand (etwa die Verwahrung eines gestohlenen Guts) ab und trotz der nachträglich erlangten Kenntnis von der deliktischen Herkunft der Sache weiter aufrechterhalten wird (Leukauf-Steininger 2 , RN. 21 zu § 17 StGB, RN. 14 zu § 164 StGB und die dort zitierten Entscheidungen).

Es ist daher ohne Belang, wann der Angeklagte die diebische Herkunft der beiden von ihm angekauften Kleidungsstücke erfahren hat. Genug daran, daß ihm diese Provenienz - wie aus den Urteilsgründen mit hinreichender Deutlichkeit hervorgeht und auch in der Beschwerde nicht ausdrücklich bestritten wird - bei noch bestehendem und sodann dennoch aufrecht erhaltenem Gewahrsam an den Sachen zur Kenntnis gelangte (Zeuge B S. 109, 110, Zeuge D, S. 110). Daß bei einer solchen Fallgestaltung das 'Ansichbringen' der Kleidungsstücke noch nicht vom Verhehlungsvorsatz begleitet war, was diese Begehungsart ausschlösse, verschlägt nichts, weil alle im § 164 Abs 1 Z 2

StGB beschriebenen Begehungsweisen vertauschbare Spielarten eines und desselben Delikts sind und die allenfalls verfehlte Annahme des 'Ansichbringens' neben dem zutreffend bejahten 'Verheimlichen' des Diebsguts keinen Nachteil für den Verurteilten bedeutet (LSK. 1981/88).

Das Urteil ist sohin weder mit entscheidungswesentlichen Begründungsmängeln behaftet noch unterlief dem Gericht bei den angefochtenen Schuldsprüchen (B I und II) ein Rechtsirrtum (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO).

Schließlich versagt auch die Rechtsrüge, soweit sie gegen das Unterbleiben einer Anwendung des § 42 StGB gerichtet ist (§ 281 Abs 1 lit b StPO).

Angesichts dreier Fakten (A und B I, II), ferner des Werts der Windjacke (1.698 S), die der Angeklagte zu stehlen versucht hat (A), und desjenigen der von ihm verhehlten braunen Antiklederjacke (2.950 S) und Blue-Jeans-Hose (ca. 500 S) kann weder von einer geringen Schuld des Täters noch von keinen oder nur unbedeutenden Folgen der Tat die Rede sein (§ 42 Abs 1 Z 1 und 2

StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über Thomas A nach den § 28, 127 Abs 2 StGB, § 11 Z 1 JGG. eine Freiheitsstrafe von einem Monat, die es unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Dabei waren erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen und die Wiederholung der Hehlerei, mildernd hingegen, daß der Diebstahl beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung reklamiert der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe in Anwendung des § 37 StGB, die ihm das Erstgericht wegen seiner leugnenden Verantwortung verweigert hatte (S. 119). Auch der Berufung bleibt ein Erfolg versagt.

Der Angeklagte ist schon früher einmal (wegen § 125, 89 StGB) kriminell in Erscheinung getreten. Die Sachbeschädigung ist eine auf der gleichen schädlichen Neigung wie die Hehlerei und der Diebstahl beruhende Tat (§ 71 StGB: Rechtsgut des Eigentums). Die zurückhaltende Einlassung im nunmehrigen Straffall wurde von den Tatrichtern bei der Persönlichkeitsbeurteilung ersichtlich als ungünstiges Anzeichen gewertet, das eine strafrechtliche Reaktion mit einem zur Rechtschaffenheit stimulierenden Dauereffekt gebietet, wie er eben, anders als von einer unbedingten Geldstrafe, nur von einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe zumindest für die Probezeit ausgeht. Dieser Standpunkt erscheint hier durchaus vertretbar und findet deshalb die Billigung des Obersten Gerichtshofs.

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