OGH 13Os29/12g

OGH13Os29/12g5.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Temper als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Huei Y***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach §§ 35 Abs 2, 38 Abs 1 lit a FinStrG (idF vor BGBl I 2010/104) über die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. November 2011, GZ 123 Hv 28/11f-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Huei Y***** von der Anklage freigesprochen, „sie habe im Zeitraum 13. Mai 2008 bis 11. November 2009 in Genua, Sterzing und Wien in mehreren Angriffen unter vorsätzlicher Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben im Betrag von 762.491,23 Euro (inklusive 10 % USt) bewirkt, indem sie

(I) als Geschäftsführerin der A***** s.r.l. (Allium ampeloprasum) 500 Tonnen Knoblauch (allium sativum) mit einem Zoll laut Tarif von 9,6 % zuzüglich einem Gewichtszoll von 120 Euro pro 100 kg mit einem Zoll laut Tarif von 6,9 % vorsätzlich falsch als Ackerlauch deklarierte;

(II) Christiano C***** und unbekannt gebliebene Mitarbeiter der AC***** s.r.l. hiezu bestimmt hat, wobei es ihr darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde verfehlt ihr Ziel.

Das Erstgericht ging zur subjektiven Tatseite in tatsächlicher Hinsicht davon aus, die Angeklagte habe weder hinsichtlich der Verletzung zollrechtlicher Verpflichtungen in Form der angelasteten Falschdeklaration noch in Bezug auf die Verkürzung von Eingangsabgaben vorsätzlich gehandelt. Diese Feststellung stützten die Tatrichter - knapp, aber im Einklang mit Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen - auf die Verantwortung der Angeklagten und verschiedene (einzeln angeführte) Urkunden (US 6). Die Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich im Ergebnis darin, die Beweiswürdigung des Schöffensenats mit eigenständigen Erwägungen zu isoliert herausgegriffenen Verfahrensergebnissen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen. In Bezug auf angeblich „nicht gewürdigte Beweise“ (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) werden - soweit sie die Tatrichter nicht ohnehin erörtert haben (US 6 iVm ON 7 S 3) - als übergangen reklamierte Beweisergebnisse nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (vgl RIS-Justiz RS0118316 [T5]).

Gründet im Übrigen das Gericht - wie hier - einen Freispruch auf die Verneinung der inkriminierten Willensausrichtung der Angeklagten (US 6 zweiter Absatz), ohne eine Aussage zu sämtlichen Tatbestandselementen zu treffen, reicht es für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde nicht hin, einen Begründungsmangel (Z 5) bloß in Ansehung der getroffenen Urteilsannahme (der Negativfeststellung zur inneren Tatseite) aufzuzeigen. Vielmehr ist hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das angefochtene Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen; fehlen die dafür nötigen Indizien, bedarf es der Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4. Wurden die fehlenden Tatbestandsmerkmale verneint, ist insoweit ein Begründungsmangel geltend zu machen (jüngst 13 Os 3/12h).

Im gegebenen Fall enthält das Urteil keine Feststellungen zum Unterbleiben einer fristgerechten Abfuhr von Eingangsabgaben mit einer die gerichtliche Zuständigkeit begründenden Höhe des dadurch bewirkten Verkürzungsbetrags. Einen diesbezüglichen Feststellungsmangel hat die Finanzstrafbehörde nicht geltend gemacht.

Daher geht das Beschwerdevorbringen, das aus Z 5 allein auf die innere Tatseite Bezug nimmt und sich aus Z 9 lit a gegen einen - nach dem ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll (ON 16 S 57) gar nicht erfolgten - Freispruch nach § 259 Z 3 StPO wendet, fehl.

Im Übrigen ist nach Maßgabe des Gesetzeswortlauts (§ 214 Abs 2 FinStrG) ohnedies jeder Freispruch vom Vorwurf eines Finanzvergehens als ein solcher nach § 214 FinStrG anzusehen (14 Os 116/05y, SSt 2005/76; RIS-Justiz RS0120367; jüngst 13 Os 124/11a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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