Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl K***** und - hinsichtlich des Angeklagten Franz R***** - teils (betreffend den Schuldspruch II) aus deren Anlass, teils (betreffend den Schuldspruch III) gemäß § 289 StPO wird das Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde wird der Angeklagte Franz R***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Karl K***** und Franz R***** (dieser als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (I/1 und 2 sowie II), Letzterer überdies des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (III) schuldig erkannt. Danach haben in Graz
(I) Karl K***** vom 5. September bis 27. November 2006 die ihm als gerichtlich bestelltem Sachwalter durch behördlichen Auftrag, nämlich die gerichtliche Anordnung, den Verkauf der Liegenschaft EZ ***** GB ***** durchzuführen, eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der Betroffenen Anna H***** den 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil von insgesamt 295.000 Euro teils zugefügt, teils zuzufügen versucht, indem er 1/ Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** von Franz R***** auffordern ließ, die Liegenschaft um den „offiziellen" Kaufpreis von 570.000 Euro zu erstehen und zusätzlich eine „Schwarzgeldzahlung" von zumindest 150.000 Euro, die nicht der Liegenschaftseigentümerin Anna H***** zukommen sollte, zu leisten, wobei die Vollendung der Tat nur deswegen unterblieb, weil dieses „Angebot" abgelehnt wurde,
2/ der D***** GesmbH die genannte Liegenschaft um den Betrag von 705.000 Euro in Kenntnis des Umstandes verkaufte, dass Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** zum Erwerb der Liegenschaft um einen Preis von 850.000 Euro bereit waren; (II) Franz R***** am 5. und 6. September 2006 in Kenntnis des Tatplanes des Karl K***** zu der unter Punkt I/1 genannten strafbaren Handlung dadurch beigetragen, dass er nach vorhergehender Absprache mit diesem Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** aufforderte, die Liegenschaft um den „offiziellen" Preis von 570.000 Euro zu erstehen und eine Schwarzgeldzahlung von 200.000 Euro, die er in der Folge auf 150.000 Euro reduzierte, zu leisten und das gegenüber dem Pflegschaftsgericht gelegte Kaufanbot über 900.000 Euro zurückzuziehen;
(III) Franz R*****, Ing. Alfred F*****, Ing. Gerhard S***** und Ing. Alfred P***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er diese einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 153 (zu ergänzen: Abs 1 und 2 zweiter Fall) StGB, falsch verdächtigte, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch war, indem er am 17. August 2007 vor Beamten des Landespolizeikommandos Steiermark und am 9. Oktober 2007 vor dem Untersuchungsrichter in dem vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz zu 23 Ur 92/07v geführten Strafverfahren behauptete, die Genannten hätten ihm 150.000 Euro angeboten, um den Sachwalter (beim Verkauf der unter Punkt I genannten Liegenschaft) zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die - aus Z 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO erhobene - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl K***** und die - auf die Z 5, 5a und 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz R*****, wobei ersterer Berechtigung zukommt. Zutreffend macht der Angeklagte Karl K***** nämlich mit seiner Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) unter anderem geltend, dass die - lediglich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (US 22 f) und bloß im Hinblick auf den Grundtatbestand, nicht jedoch auf die Wertqualifikation des § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB getroffenen - Feststellungen zur subjektiven Tatseite jegliche Begründung vermissen lassen. Das erfordert die gänzliche Kassation des diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruchs (I/1 und 2) schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 1 StPO), ohne dass es dazu näherer Ausführungen bedürfte.
Da der Schuldspruch II - neben dem Konstatierungsdefizit zur Wertqualifikation (US 23) - mit dem gleichen, vom davon betroffenen Angeklagten Franz R***** jedoch nicht geltend gemachten Begründungsmangel zur subjektiven Tatseite behaftet ist, war insofern mit amtswegiger Aufhebung gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz (zweite Alternative) StPO vorzugehen.
Infolge des engen beweismäßigen Zusammenhangs zwischen dem diesem Angeklagten angelasteten Beitrag zur (versuchten) Untreue und dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Verleumdung war auch dieser Teil des Schuldspruchs (Punkt III) gemäß § 289 StPO zu kassieren (RIS-Justiz RS0100072; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 3).
Zur Klarstellung sei mit Blick auf den zweiten Rechtsgang angemerkt, dass entgegen der Rechtsrüge des Angeklagten Karl K***** Untreue nach herrschender Lehre und gefestigter Rechtsprechung keineswegs alleinige Vertretungsmacht voraussetzt, daher die (bloße) Mitentscheidungsbefugnis oder das Erfordernis der Zustimmung eines weiteren (übergeordneten) Entscheidungsträgers - unabhängig von einer (hier nicht in Rede stehenden) allenfalls bloß versuchten Deliktsverwirklichung im Falle der Verweigerung nachträglicher Genehmigung - keinen Einfluss auf die Eigenschaft eines Machthabers als Befugnisträger hat, der den Tatbestand des § 153 StGB demgemäß als unmittelbarer Täter verwirklichen kann (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 5 und 18; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 153 Rz 36 und 64). Bei dolos, durch Verschweigen wesentlicher Umstände erwirkter Zustimmung der übrigen Vertretungsbefugten (Zustimmungsberechtigten) wird übrigens nicht Betrug, sondern Untreue verwirklicht (RIS-Justiz RS0094442). Davon ist die vom Beschwerdeführer (insbesondere mit missverständlicher Berufung auf Pfeifer SbgK § 153 Rz 9 und 21; vgl auch Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 12) angesprochene Frage bloß mittelbarer (indirekter) Stellvertretung zu unterscheiden, die sich vorliegend jedoch nicht stellt. Denn das Erfordernis einer Zustimmung des Pflegschaftsgerichts - bis zu deren (rückwirkender) Erteilung ein Vertrag schwebend unwirksam mit Bindung beider Vertragsteile ist - ändert nichts daran, dass der Sachwalter selbst (und nicht etwa das Pflegschaftsgericht) die Vertretungshandlungen mit unmittelbarer (bindender) Wirkung für den Betroffenen setzt (zur zivilrechtlichen Konstruktion: RIS-Justiz RS0049181, RS0053275; Stabentheiner in Rummel3, § 154a Rz 16 ff; Hopf in KBB2 § 154 Rz 13, jeweils mwN). Vor diesem Hintergrund kann auch die unterlassene Weiterleitung eines vom Machthaber von dritter Seite letztlich zu Lasten des Machtgebers (Betroffenen) geforderten Vermögensvorteils oder die Nichtannahme eines verbindlichen, günstigen Kaufangebots (das solcherart als Anwartschaftsrecht einen konkreten Wert im Vermögen des Machtgebers darstellt) das Tatbild erfüllen (RIS-Justiz RS0094716; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 31 f; Kienapfel/Schmoller, Studienbuch BT II § 153 Rz 89).
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