OGH 13Os134/10w

OGH13Os134/10w12.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Mai 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Resch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ralf H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ralf H***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 6. April 2010, GZ 21 Hv 129/09b‑320, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Sperker, des Angeklagten Ralf H***** und dessen Verteidiger Mag. Wiederkehr zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft, nicht aber jener des Angeklagten Ralf H*****, wird Folge gegeben und die ausgesprochene Freiheitsstrafe gemäß § 31 StGB als Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf die Strafbefehle des Amtsgerichts Kleve vom 21. September 2009, AZ 702 Js 539/09, und vom 24. November 2009, AZ 702 Js 1090/08, auf

vier Jahre

erhöht.

Dem Angeklagten Ralf H***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtlich verfehlten (RIS-Justiz RS0115553; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 523, 563) Subsumtionsfreispruch enthält, wurde ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ Ralf H***** jeweils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3 StGB (1) sowie der Weitergabe und des Besitzes nachgemachten oder verfälschten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er am 21. Jänner 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Dietmar B*****

(1) in R***** „mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, Mitarbeiter der V***** R***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich unverfälschte und werthaltige Papiere einzureichen, zu einer Handlung zu verleiten, die diese oder einen anderen am Vermögen schädigen sollte, wobei sie den Betrug begingen, indem sie zur Täuschung falsche oder verfälschte Urkunden, nämlich (zumindest) drei Totalfälschungen angeblicher US‑amerikanischer Silberzertifikate sowie 201 total gefälschte oder verfälschte Banknoten mit einer(m) Nominale von je 1 Mio US-Dollar, benützten und der durch die Tat herbeigeführte Schaden EUR 50.000,- übersteigen, nämlich 204 Mio US-Dollar erreichen sollte“;

(2) verfälschtes Geld mit dem Vorsatz, dass es als echt und unverfälscht ausgegeben werde, eingeführt und befördert, indem sie 292 echte US-Dollarnoten, deren Nominale jeweils von einem auf eine Million US-Dollar verändert worden war, von der Schweiz über Deutschland nach Österreich transportierten, wobei sie die Tat an verfälschtem Geld im Nennwert von mehr als 50.000 Euro begingen.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5, 5a, 9 (lit a) und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ralf H***** ist nicht berechtigt.

Zum Argument der Verfahrensrüge (Z 4), der Vorsitzende habe dem Beschwerdeführer nicht ermöglicht, der Anklage „in freier Rede eine zusammenhängende Darstellung der Anklage entgegenzusetzen“, genügt der Hinweis auf den unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Beschluss über die Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls (ON 369; vgl 13 Os 61/09h): Demnach hat der Beschwerdeführer einen darauf gerichteten Antrag in der Hauptverhandlung nicht gestellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312).

Die weitere Verfahrensrüge (Z 4) reklamiert, der Beschwerdeführer sei aufgrund des durch Beschluss des Schöffengerichts (ON 297a S 3) ihm zugewiesenen Sitzplatzes in seinem Recht auf ein faires Verfahren beschnitten worden. Er habe „unmittelbar vor den Zuschauern“ in mehreren Metern Entfernung von seinem Verteidiger und „hinter dem Platz, auf dem die Zeugen bzw informierten Vertreter (Sachverständigen) vernommen wurden“ sitzen müssen, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, sich mit seinem Verteidiger zu besprechen und die Reaktionen der vernommenen Personen zu beobachten.

§ 245 Abs 3 StPO gewährt dem Beschwerdevorbringen zuwider kein Recht auf jederzeitige Besprechung zwischen Verteidiger und Angeklagtem (vgl Kirchbacher, WK-StPO § 245 Rz 69 f). Dass das Erstgericht dem Beschwerdeführer eine Beratung mit seinem Verteidiger über sein Prozessverhalten oder etwa eine Unterbrechung der Hauptverhandlung zu diesem Zweck tatsächlich verweigert hätte, behauptet die Rüge gar nicht.

Davon abgesehen enthält § 249 Abs 1 StPO das ‑ durch die kritisierte Beschlussfassung als solches nicht beschränkte (vgl ON 297a S 3) ‑ Recht des Angeklagten, selbst (zusätzlich zu seinem Verteidiger) Fragen an jede zu vernehmende Person zu stellen. Ein Anspruch, dieses Fragerecht in bestimmter Form, insbesondere von einem bestimmten Sitzplatz aus (vgl allgemein zur Sitzordnung im Gerichtssaal: Danek, WK-StPO Vor §§ 228-279 Rz 6) wahrzunehmen, ist jedoch weder aus dieser Bestimmung, noch aus Art 6 Abs 3 lit d MRK abzuleiten. Dieser gewährt dem Angeklagten nach Rechtsprechung des EGMR zwar ein Recht auf „Konfrontation“ mit zu vernehmenden Personen (vgl Grabenwarter, EMRK4 § 24 Rz 113), worunter jedoch nicht unbedingt eine physische Gegenüberstellung („von Angesicht zu Angesicht“), sondern eine sachlich-inhaltliche in Form einer aktiven Befragung dieser Personen und eines Infragestellens ihrer Aussage zu verstehen ist (vgl Walther, Zur Frage eines Rechts des Beschuldigten auf „Konfrontation von Belastungszeugen“, GoltdArch 2003, 204 [206, 214 ff]; Esser, Auf dem Weg zu einem europäischen Strafverfahrensrecht 643 f, jeweils mwN). Dass durch die kritisierte Vorgangsweise des Erstgerichts Verfahrensgrundsätze missachtet worden wären, deren Einhaltung grundrechtlich zur Sicherung eines (insgesamt) fairen Verfahrens geboten gewesen wären (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 57 und 337), vermag die Rüge somit nicht darzulegen, zumal eine Beeinträchtigung der Befragungsmöglichkeit durch den Verteidiger (vgl dazu: EGMR 26. 3. 1996, Nr 20524/92, Doorson gg Niederlande [Z 68, 74]; 23. 4. 1997, Nr 21363/93, van Mechelen gg Niederlande [Z 64]) gar nicht behauptet wird.

Ob ein Versuch nach Art der Ausführungshandlung als untauglich iSd § 15 Abs 3 StGB zu qualifizieren ist, betrifft ‑ wie das Erstgericht zutreffend erkannte (ON 319 S 31) ‑ eine Rechtsfrage. „Absolute“ Versuchsuntauglichkeit liegt nur dann vor, wenn gemessen am Tatplan die Verwirklichung des angestrebten Erfolgs aus ex-ante-Sicht bei generalisierender Betrachtung (somit losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls) geradezu denkunmöglich ist (RIS-Justiz RS0115363). Dem Antrag auf „Durchführung praktischer Einlöseversuche mit den verfahrensgegenständlichen Wertpapieren bei einer repräsentativen Anzahl der österreichischen Banken“ sowie auf „Durchführung einer empirischen Befragung“, um solcherart absolute Versuchsuntauglichkeit anhand einer ex‑post‑Betrachtung von Einzelfällen „unter Beweis“ zu stellen (ON 319 S 30 f), ist das Schöffengericht daher zu Recht nicht nähergetreten (RIS-Justiz RS0099342).

Weiters moniert der Beschwerdeführer die Abweisung seines ‑ nur mit dem Hinweis auf eine angebliche „Veränderung der Anklage“ begründeten ‑ Antrags auf Vertagung der Hauptverhandlung, nachdem die Anklage im Punkt 1 in der Hauptverhandlung am 6. April 2010 auf Benützung von „201 Totalfälschungen oder Verfälschungen von Noten“ (neben jener von drei „Silberzertifikaten“) „ausgedehnt“ worden sei (ON 319 S 31 f). Zu einer Beschuldigung des Angeklagten wegen einer anderen Tat (vgl zum Begriff: Lewisch, WK-StPO § 262 Rz 22 ff) ist es vorliegend jedoch nicht gekommen, denn die betrügerische Vorlage ge- oder verfälschter „Silberzertifikate“ und Banknoten war bereits Gegenstand der ursprünglichen Anklage (vgl ON 249 S 1 f und 7).

Die Mängelrüge erblickt Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) hinsichtlich des Schuldspruchs 2 in der unterlassenen Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen Walter M*****, wonach es sich bei den inkriminierten „Silberzertifikaten“ und Banknoten mit einem Nennwert von je einer Million US-Dollar um „reine Fantasienoten“ gehandelt habe (ON 297a S 28). Diese Aussage enthält jedoch aus folgenden Gründen kein erhebliches (für die Feststellung entscheidender Tatsachen bedeutendes) Beweisergebnis und war solcherart nicht erörterungsbedürftig (RIS-Justiz RS0118316):

Tatobjekt der §§ 232, 233 und 236 StGB ist Geld. Als „Geld“ sind die in der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vorgesehenen gesetzlichen Zahlungsmittel, also insbesondere die auf Euro lautenden Banknoten sowie auf Euro oder Cent lautenden Münzen, geschützt (§ 1 Eurogesetz). Nach den zuvor genannten Bestimmungen ist auch zu bestrafen, wer dort pönalisierte Handlungen in Beziehung auf in § 237 StGB (taxativ) aufgezählte, besonders geschützte Wertpapiere (unter anderem Banknoten oder Geldmünzen, die nicht gesetzliche Zahlungsmittel sind) setzt. § 241 StGB erweitert diesen strafrechtlichen Schutz auf Geld, (besonders geschützte) Wertpapiere, Wertzeichen sowie zur Ausgabe als gesetzliches Zahlungsmittel bestimmte Banknoten und Geldmünzen „des Auslands“, also auf Geld eines nicht der Wirtschafts- und Währungsunion zugehörigen Staates oder nichtösterreichische Wertpapiere (Schroll in WK2 § 241 Rz 3).

Geld ist nachgemacht, wenn die Fälschung den Anschein gültigen echten Geldes erweckt. Maßstab für diesen Anschein ist die Verwechslungstauglichkeit des Falsifikats, eine demselben objektiv anhaftende Eigenschaft. An die Ähnlichkeit mit echtem Geld dürfen nicht allzu hohe Anforderungen gestellt werden; nur wenn die Fälschung unter gar keinen Umständen geeignet ist, von irgendjemandem als echtes Geld angesehen zu werden, kann von einer den Anschein echten Geldes nicht erweckenden (und daher zur Vortäuschung von echtem Geld ungeeigneten) Fälschung gesprochen werden (RIS-Justiz RS0095642). Die Existenz einer bestimmten, als Zahlungsmittel gesetzlich vorgesehenen Banknote als Vorbild ist keine Voraussetzung des Nachmachens. Das Falsifikat muss aber, um den Anforderungen an die Verwechslungstauglichkeit zu genügen, im Wesentlichen die von der Allgemeinheit (den Teilnehmern am Zahlungsverkehr) als für ein gesetzliches Zahlungsmittel wesensbestimmend angesehenen Merkmale aufweisen (vgl 13 Os 53/89; zum weiten Begriff der [unrechtmäßigen] „Reproduktion“ von Euro-Banknoten: Art 2 des Beschlusses der Europäischen Zentralbank, EZB/2003/4, ABl L 2003/78, 16). Deshalb kommt ‑ unter der Voraussetzung der Verwechslungstauglichkeit ‑ auch sogenanntes „Fantasiegeld“, also wie hier etwa Falsifikate mit gesetzlich nicht vorgesehenem Nennwert als Deliktsobjekt der §§ 232, 233, 236 und 241 StGB in Frage (Oshidari SbgK § 232 Rz 18; Kienapfel/Schmoller, BT III2 § 232 Rz 9; in diesem Sinn zur deutschen Rechtslage: BGH, 1 StR 681/94 und 1 StR 85/81; statt vieler: Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB28 § 146 Rz 5; ebenso für die Schweizer Rechtslage etwa: Lentjes Meili/Keller, Basler Kommentar2 Art 240 Rz 12). Die gegenteilige Ansicht, die Tatbildlichkeit in derartigen Fällen verneint (Schroll in WK2 § 232 Rz 9), übersieht, dass es sich beim Nennwert nur um eines von mehreren Grundmerkmalen einer Banknote (vgl zu Euro-Banknoten: Art 1 des Beschlusses der Europäischen Zentralbank, EZB/2003/4, ABl L 2003/78, 16) handelt, und Verwechslungstauglichkeit im zuvor dargestellten Sinn bei Abweichungen bloß hinsichtlich eines dieser Merkmale nicht schlechthin verneint werden kann.

Im Hinblick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) war das Erstgericht ‑ der weiteren Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider ‑ nicht gehalten, die ohnehin erörterte (US 27 ff) Verantwortung des Beschwerdeführers, er sei nicht von Dollarnoten, sondern ausschließlich von „Silberzertifikaten“ ausgegangen, bei denen es sich nicht um gesetzliche Zahlungsmittel handle (vgl ON 12 S 53), in allen Details wiederzugeben. Davon abgesehen vermag die Rüge ‑ im Hinblick auf die (strafrechtliche) Gleichstellung von besonders geschützten Wertpapieren, etwa auch von Banknoten, die nicht gesetzliche Zahlungsmittel sind (§ 237 StGB) ‑ nicht darzulegen, inwieweit es sich dabei überhaupt um erhebliche und daher erörterungsbedürftige Verfahrensergebnisse handeln soll (RIS-Justiz RS0118316).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus im Urteil zum konstatierten Wissen des Beschwerdeführers von der Fälschung oder Verfälschung der inkriminierten Scheine (US 14 f) angeführten Prämissen (vgl zu den ins Treffen geführten Aussagen der Zeugen Jutta Be*****: US 24 f, Bernd T*****: US 19 f, Christian C*****: US 22 f und Werner H*****: US 28 sowie zu mehreren, dieses Thema betreffenden E-Mails und zur diesbezüglichen Verantwortung des Beschwerdeführers: US 26 f und 29) aufgrund eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdestandpunkt günstigere Schlussfolgerungen zieht, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung in unzulässiger Weise (RIS-Justiz RS0099674).

Der Hinweis auf die Feststellung, der Beschwerdeführer habe daran gedacht, die Polizei zu verständigen, falls Christian C***** den Termin zur Übergabe der Dollarnoten und „Silberzertifikate“ nicht einhalten sollte (US 13), bezieht sich nicht auf aktenkundige Beweismittel (RIS-Justiz RS0118780).

Die Kritik an der Konstatierung, derzufolge der Beschwerdeführer (nach Vorlage von zumindest fünf Scheinen mit einem Nennwert von je einer Million US-Dollar) weitere 199 derartige Scheine zum Zweck des Umtauschs präsentierte (US 15), spricht keine für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache an.

Soweit die Rechtsrüge (Z „9“, gemeint: lit a) der Sache nach dahingehend argumentiert, die zufolge des Schuldspruchs 2 eingeführten und beförderten Banknoten seien kein „Geld“ iSd § 233 StGB, leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb es sich bei den hier gegenständlichen echten Dollarnoten, die durch Verändern des Nennwerts verfälscht worden waren (vgl US 14 iVm ON 112 S 27 ff) nicht um taugliche Deliktsobjekte handeln soll (vgl RIS-Justiz RS0119772 zu § 232 Abs 1 zweiter Fall StGB). Dass in Bezug auf so genanntes „Fantasiegeld“ gesetztes Verhalten (iSd §§ 232 ff StGB) tatbildlich sein kann, wurde im Übrigen bereits in Beantwortung der Mängelrüge dargelegt.

Der Einwand, zum Schuldspruch 1 liege „absolut“ untauglicher Versuch vor, weil „jedes Kind“ wisse, „dass es keine 1-Million-Dollar-Banknote gibt“, eine solche „ausschließlich Spaßfunktion“ haben und die Möglichkeit deren Einwechslung niemals angenommen werden könne, übergeht prozessordnungswidrig die Feststellungen, wonach dieser Tat ein längerer Zeitraum voranging, währenddessen die Angeklagten und mit ihnen in Verbindung stehende Personen versuchten, Echtheit und Werthaltigkeit der Falsifikate zu klären und dabei unterschiedliche Auskünfte erhielten. So sei den Angeklagten ‑ bevor sie über den Umstand der Fälschung aufgeklärt worden seien (US 14) ‑ unter anderem mitgeteilt worden, es gebe „Scheine“ (gemeint: „Silberzertifikate“) „im Nennwert von 100.000 USD, die als Zahlungsmittel noch in Umlauf wären“ (US 8) oder die vorgelegten „Papiere könnten bis zu 60 % des Nominalwertes verkauft werden“ (US 9). Weshalb davon ausgehend das Gelingen der zum Schuldspruch 1 inkriminierten Handlung ex-ante geradezu denkunmöglich erscheinen sollte (vgl RIS-Justiz RS0115363), legt die Rüge nicht dar.

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) wendet ein, das Erstgericht habe zu Unrecht eine Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Untreue (nach § 266 Abs 1 dStGB) zu einer Geldstrafe durch das Amtsgericht Kleve (Deutschland) vom 19. Jänner 2005 (vgl die Auskunft aus dem deutschen Zentralregister vom 27. Jänner 2009, ON 50 S 3 ff) als erschwerend gewertet. Nach § 7 TilgG steht diese ausländische Verurteilung (wegen einer auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbaren Tat) einer inländischen gleich, weshalb ihre Tilgung nach dem österreichischen TilgG zu beurteilen ist (11 Os 12/06h; 11 Os 31/01). Die fünfjährige (§ 3 Abs 1 Z 2 TilgG) Tilgungsfrist beginnt gemäß § 7 Abs 2 TilgG ‑ in Ermangelung einer (Ersatz-)Freiheitsstrafe ‑ mit Rechtskraft der Verurteilung, also am 21. Juli 2005 (vgl ON 50 S 3). Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils (am 6. April 2010) war die ausländische Verurteilung daher der Sanktionsrüge zuwider noch nicht getilgt. Deren auf die deutsche Rechtslage rekurrierende Argumentation übersieht, dass das Gesetz (§ 7 Abs 3 TilgG) auf eine Tilgung nach dem Recht des Urteilsstaates nur dann abstellt, wenn sie durch eine - hier nicht vorliegende ‑ öffentliche Urkunde bescheinigt ist (vgl auch Kert, WK-StPO TilgG § 7 Rz 16).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bleibt der Vollständigkeit halber (mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) anzumerken:

Die von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite sind den Entscheidungsgründen bei vernetzter Betrachtungsweise mit hinreichender Deutlichkeit (RIS-Justiz RS0117228) zu entnehmen:

Zum Schuldspruch 1 ergibt sich der auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Vorsatz ‑ unter verdeutlichender Heranziehung (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580) des insofern unmissverständlichen Urteilstenors (US 3) ‑ aus der Konstatierung, wonach es Ziel der Angeklagten gewesen sei, im Wissen um die Wertlosigkeit der eingereichten Falsifikate, den Erlös aus deren Eintausch auf von ihnen eröffnete Konten gutschreiben zu lassen (US 16).

Da der Plan zu dieser Vorgangsweise nach den Feststellungen im Zeitpunkt des Beförderns der Falsifikate von der Schweiz über Deutschland nach Österreich (Schuldspruch 2) bereits gefasst war, und die Angeklagten beim Transport „entsprechend ihrem geplanten Vorhaben“ handelten (US 12 und 14), enthalten die Entscheidungsgründe auch eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die Annahme des vom Tatbestand des § 233 Abs 1 Z 1 StGB vorausgesetzten (überschießenden) Vorsatzes, das beförderte und eingeführte Geld als echt und unverfälscht auszugeben (vgl abermals zur Verdeutlichung: US 3).

Wer falsches oder verfälschtes Geld weitergibt, erfüllt in der Regel neben der jeweiligen strafbaren Handlung des 13. Abschnitts (§ 233 Abs 1 Z 2 oder § 236 StGB) auch den Tatbestand des Betrugs. Idealkonkurrierende Verwirklichung der in Rede stehenden Tatbestände ist begrifflich nicht ausgeschlossen, weshalb Exklusivität (zum Begriff: Geerds, Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht 159 f; vgl 13 Os 52/10m [verst Senat], EvBl 2011/28, 181) ausscheidet (aA mit Überlegungen zu den geschützten Rechtsgütern: Schroll in WK2 Vor §§ 232-241 Rz 3, § 232 Rz 33, § 233 Rz 26 und § 236 Rz 14; Oshidari SbgK Vor §§ 232-241 Rz 11, § 232 Rz 59, § 233 Rz 50 und § 236 Rz 24; ebenso wohl [ua mit Verweis auf die Höhe der Strafdrohungen]: Kienapfel/Schmoller BT III2 Vor §§ 232 ff Rz 5 und § 232 Rz 39).

Das Verhältnis der in Rede stehenden Tatbestände ist daher nach den Grundsätzen der Scheinkonkurrenz zu lösen (9 Os 150/84; vgl 11 Os 41/01; SSt 48/77; EvBl 1962/404; idS auch: Leukauf/Steininger 3 § 232 Rz 15; Hinterhofer, BT II4 § 232 Rz 11; Fabrizy, StGB10 § 233 Rz 5), wobei Spezialität mangels vollständiger Überdeckung eines Tatbestands (Gattung) durch einen ‑ weitere Elemente enthaltenden ‑ anderen (Art) ausscheidet (vgl RIS-Justiz RS0091146).

Der 13. Abschnitt des StGB schützt primär die Sicherheit des Verkehrs mit gültigem Geld (oder besonders geschützten Wertpapieren) und das darauf gerichtete Vertrauen der Allgemeinheit; allenfalls beeinträchtigtes fremdes Vermögen (eines gutgläubigen Falschgeldempfängers) wird im Schrifttum als mitgeschützt angesehen (vgl Schroll in WK2 Vor §§ 232-241 Rz 1 und § 232 Rz 4; Oshidari SbgK Vor §§ 232-241 Rz 8 ff). Dass dieser Schutz des Individualrechtsguts jedenfalls nicht umfassend ist, zeigt sich bereits am Fehlen einer dem Ausmaß der Schädigung fremden Vermögens Rechnung tragenden Abstufung der Strafdrohung in § 236 StGB. Wie dieser setzt auch § 233 Abs 1 Z 2 StGB Entgeltlichkeit der Ausgabe (Weitergabe) ‑ somit einen Vermögensschaden des Falschgeldempfängers und intendierte unrechtmäßige Bereicherung des Täters ‑ nicht voraus (Schroll in WK2 § 233 Rz 10 und § 236 Rz 4; Oshidari SbgK § 233 Rz 32 und § 236 Rz 8; Kienapfel/Schmoller BT III2 § 233 Rz 7 und § 236 Rz 6). Die „Nennwertqualifikation“ des § 233 Abs 2 StGB, die zudem die Begehungsweisen des Abs 1 Z 1 und jene der Z 2 gleichermaßen erfasst, ist daher nicht (primär) als besonderer Schutz gegen eine größere Beeinträchtigung individuellen Vermögens, sondern als Barriere gegen das Einschleusen größerer Geldmengen in den Wirtschaftskreislauf zu sehen (vgl Kienapfel/Schmoller BT III2 § 233 Rz 2, wonach Vermögen „als nur mitgeschütztes Rechtsgut“ „weder im Rahmen der Auslegung noch der Konkurrenzen ins Gewicht“ falle).

Demnach kommt vorliegend Verdrängung des nach § 147 Abs 3 StGB schadensqualifizierten Betrugs durch Weitergabe nachgemachten Geldes nach § 233 Abs 1 Z 2 und Abs 2 oder § 236 StGB unter dem Aspekt einer sogenannten typischen Begleittat nicht in Betracht (Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 172; vgl grundlegend zur Konsumtion: Geerds, Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht 216 ff; Burgstaller, JBl 1978, 393 ff [459 f]; Ratz in WK2 Vor §§ 28-31 Rz 57 ff; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB28 Vor §§ 52 ff, §§ 124 ff).

Die angestellte Betrachtungsweise ist auch unter Berücksichtigung grenzüberschreitender Kriminalität und vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung in Nachbarländern (vgl zu Deutschland und zur Schweiz, wo Rechtsprechung und ganz herrschende Lehre echte Konkurrenz von Geldfälschungs- und Vermögensdelikten annehmen: BGH 1 StR 98/83; Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB28 § 146 Rz 29, § 147 Rz 14; BGE 133 IV 256; Lentjes Meili/Keller, Basler Kommentar2 Art 242 Rz 33) sowie europarechtlicher Vorgaben (vgl Art 3 Abs 1 lit b iVm Art 6 Abs 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 29. Mai 2000 über die Verstärkung des mit strafrechtlichen und anderen Sanktionen bewehrten Schutzes gegen Geldfälschung im Hinblick auf die Einführung des Euro, ABl L 2000/140, 1, wonach „betrügerisches Inumlaufbringen von falschem oder verfälschtem Geld“ „mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen“ zu bedrohen sind) angezeigt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Subsumtion des von Punkt 1 des Schuldspruchs erfassten Verhaltens auch unter § 233 Abs 1 Z 2 und Abs 2 oder § 236 StGB zum Vorteil der Angeklagten ‑ und damit unter dem Aspekt amtswegiger Korrektur materieller Nichtigkeit unbeachtlich ‑ unterblieben ist.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Ralf H***** nach § 147 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 (zu ergänzen:) Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und wertete dabei das Zusammentreffen zweier Verbrechen und eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe als erschwerend, den Umstand, dass es teilweise (zu Punkt 1 des Schuldspruchs) beim Versuch geblieben ist, hingegen als mildernd (US 32).

Dem Berufungsvorbringen zuwider ist die vom Erstgericht als erschwerend gewertete Verurteilung des Amtsgerichts Kleve vom 19. Jänner 2005, AZ 702 Js 3/04 - wie übrigens aus einer vom Obersten Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren eingeholten Auskunft aus dem deutschen Zentralregister hervorgeht - nicht getilgt. Der Erschwerungsgrund des § 33 Z 2 StGB liegt daher weiterhin vor.

Der Berufungswerber wurde zudem jeweils vom Amtsgericht Kleve (seit 2. August 2010 rechtskräftig) mit Strafbefehl vom 21. September 2009, AZ 702 Js 539/09, des (vom 14. September 2006 bis 21. September 2009 hinsichtlich eines Betrags von 4.990,29 Euro begangenen) Vergehens der Untreue nach § 266 Abs 1 dStGB und mit Strafbefehl vom 24. November 2009, AZ 702 Js 1090/08, des Vergehens des „Missbrauchs von Berufsbezeichnungen“ nach § 132a Abs 1 Z 2 dStGB (wegen der Führung der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ im Zeitraum 13. März bis 3. Dezember 2008) schuldig erkannt. Mit Beschluss dieses Gerichts vom 2. August 2010, AZ 702 Js 539/09 12 Cs 157/10, wurden „die Einzelstrafen aus dem Strafbefehl vom 21.09.2009 und 24.11.2009“ auf eine bedingt nachgesehene „Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr zurückgeführt“. Auf diese beiden Verurteilungen ist gemäß § 31 Abs 1 und 2 StGB Bedacht zu nehmen.

Von einem ‑ auch nur teilweisen ‑ reumütigen Geständnis des Berufungswerbers (vgl § 34 Abs 1 Z 17 StGB) ist nicht auszugehen, weil der Berufungswerber durchgehend Kenntnis vom Umstand der Fälschung oder Verfälschung sowie Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz in Abrede stellte (vgl ON 12 S 6; ON 297a S 73 ff, 78, 81 f und 89; ON 319 S 2). Weshalb sich angesichts der unmissverständlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 14 ff) angeblich mangelndes Fachwissen des Angeklagten Ralf H***** „in Sachen Wertpapieren und/oder Banknoten“ mildernd auswirken soll, vermag die Berufung nicht darzulegen.

Hingegen weist die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung zutreffend darauf hin, dass die exorbitante, ein Vielfaches der Qualifikationsgrenze (§ 147 Abs 3 StGB) betragende Höhe des angestrebten Schadens massiv zum Nachteil (vgl § 32 Abs 3 StGB) des Angeklagten Ralf H***** ausschlägt (RIS-Justiz RS0099961). Erschwerend (§ 33 Z 4 StGB) ist zudem die diesem Angeklagten insbesondere bei Ausführung des Betrugs im Verhältnis zum Mitangeklagten zukommende führende Rolle (vgl US 12 f, 15 f, 24 f) zu berücksichtigen.

Davon ausgehend erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als zu niedrig und war daher ‑ gemäß § 31 StGB als Zusatzstrafe ‑ auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß zu erhöhen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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