Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Text
Gründe:
Der zuletzt keiner geregelten Beschäftigung nachgegangene Christian B*** ist des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB. schuldig erkannt und über ihn nach § 147 Abs 3 StGB. sowie gemäß § 31 StGB. unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11.September 1984, 9 Vr 1218/84-70, eine Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt worden.
Rechtliche Beurteilung
In seiner auf § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Angeklagte, der Gerichtshof habe bei dem Ausspruch über die Strafe für deren Zumessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt und in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen. Mit dem oben angeführten Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz sei nämlich wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148, 2. Fall, und 15 StGB. für 15 Fakten mit einem effektiven Schaden von 425.806,76 S und einem versuchsweise angestrebten Schaden von 4,560.170 Schilling (DM- und FF-Beträge), insgesamt also für einen strafrechtlich relevanten Schaden von beinahe 5 Millionen (4,985.976) Schilling, nach § 147 Abs 3 StGB. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren ausgesprochen worden, während nunmehr ein Betrugsversuch mit einem angestrebten Schaden von (rund) 567.000 S und ein vollendeter Betrug mit einem Schaden von 23.000 S, insgesamt also ein strafrechtlich relevanter Schaden von bloß 590.000 S, zu einer Zusatzstrafe von sechs Monaten geführt habe. Wären die gegenständlichen Fakten schon dem Schuldspruch vom 11. September 1984 unterzogen worden, so hätte sich bei einer dann um (richtig) 11.85 Prozent höheren Schadenssumme und bei teilweise sogar gleichartigen Betrügereien gewiß kein um 25 Prozent höheres Ausmaß der Freiheitsstrafe (also 2 1/2 Jahre statt 2 Jahre) ergeben. Die abschließende Bemerkung des Beschwerdeführers, daß es keinesfalls statthaft sei, im Weg einer Zusatzstrafe einen zu niedrig empfundenen Strafausspruch in einem rechtskräftigen früheren Urteil durch Verhängung einer besonders strengen Zusatzstrafe zu korrigieren (S. 489), scheint anzudeuten, daß dies hier so geschehen sein könnte.
Die Beschwerde versagt.
Sie leitet die angebliche Fehlerhaftigkeit der nunmehrigen Sanktion nur aus dem Vergleich mit der in einer anderen Strafsache früher geschöpften Unrechtsfolge ab, zeigt mit dieser früheren Sanktion aber keine konkreten, fallbezogenen Strafzumessungstatsachen auf, die in Bemessung der nunmehr angefochtenen Strafe unrichtig beurteilt oder nicht berücksichtigt worden wären.
Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß durch die Ungleichheit der Relation: Gewicht der Straftaten zu den dafür auferlegten Sanktionen in den beiden im Verhältnis des § 31 StGB. stehenden Urteilen, in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen worden wäre. Das vom Beschwerdeführer aufgestellte Postulat einer annähernd gleichen Proportion von Straftat zu Sanktion in den beiden kraft § 31 StGB. aufeinander bezogenen Urteilen scheitert schon daran, daß das Unrecht eines Vermögensdelikts nicht nur in absoluten Zahlen des Schadensbetrags zu messen ist, sondern auch nach der relativen Größe der vom Geschädigten erlittenen Vermögenseinbuße (SSt. 46/71; Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, Rz. 28 u.a.). Mit anderen Worten: Die Größe der Schädigung bemißt sich auch nach den persönlichen Verhältnissen des Opfers (12 Os 33/78). Die reklamierte Parallelität in den Proportionen von Straftat und Unrechtsfolge findet zudem im Gesetz schon deshalb keine Deckung, weil dieses sogar das völlige Absehen von einer Zusatzstrafe vorsieht (§ 40, letzter Satz, StGB.), was, wie auch das im § 28 Abs 1 StGB. verankerte Absorpitonsprinzip überhaupt, eine solche Verhältnismäßigkeit schlechthin ausschließt.
Die Strafbemessung bei nachträglicher Verurteilung richtet sich nach der Norm des § 40 StGB., wonach bei nachträglicher Verurteilung die Zusatzstrafe innerhalb der im § 31 StGB. bestimmten Grenzen so zu bemessen ist, daß die Summe der Strafen jener Größe entspricht, die bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen gewesen wäre. Gedanklich hat daher das erkennende Gericht auch die bereits rechtskräftig abgeurteilten Straftaten in seine eigene Bewertung aller im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegenden Strafzumessungsgründe einzubeziehen (SSt. 46/17, 47/28). Hiebei können im Zusammenhalt die schon im früheren Urteil bewerteten Strafzumessungstatsachen mehr oder weniger Gewicht erhalten und sich daher bei der Gesamtbewertung nach § 40 StGB. unterschiedlich auswirken. Wenn bei dieser Bewertung ein (vom Rechtsmittelgericht zu korrigierender) Ermessensfehler unterlaufen sollte, macht dies den Strafausspruch noch nicht nichtig. Stellt doch der materielle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 nicht darauf ab, ob eine Unrechtsfolge ad hoc unvertretbar oder unangemessen ist (was nach wie zuvor der Anfechtung mit Berufung unterliegt), sondern darauf, ob gegen die "Bestimmungen" über die Strafbemessung verstoßen wurde, d. h. ob das Gericht laut Urteilsbegründung für den Strafausspruch Kriterien heranzog, die den im Gesetz normierten Strafbemessungsvorschriften (§§ 32 ff. StGB., insbesondere auch §§ 40, 43 bis 56 StGB.) in unvertretbarer Weise widersprechen (11 Os 44/88, 12 Os 78/88, 12 Os 60/88, 11 Os 64/88, 13 Os 68/88). Die im Rahmen der Bestimmung des § 31 StGB., auf die im § 40 StGB. ausdrücklich Bezug genommen wird, geschöpfte Sanktion entspricht in Wahrung dieses Rahmens der fundamentalen gesetzlichen Regelung über die Straffestsetzung bei nachträglicher Verurteilung. Erst das Überschreiten der Grenzen des § 31 StGB.
bewirkt - unbeschadet einer Nichtigkeit aus anderen Gründen - wie schon bisher (Leukauf-Steininger2 RN. 27 bei § 31 StGB.) eine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z. 11 StGB.; es sei denn, daß das Gericht eine bereits rechtskräftig verhängte Unrechtsfolge durch eine Zusatzstrafe (§ 31 StGB.) erklärtermaßen korrigieren wollte und auch erkennbar korrigiert hat und damit in Verletzung des im XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Verfahrensgrundsatzes der materiellen Rechtskraft (res iudicata, ne bis in idem) in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen hätte (§ 281 Abs 1 Z. 11, dritter Fall, StPO.). Dies trifft indes hier inhaltlich der Urteilsgründe (S. 477) und der faktischen Strafenrelation nicht zu. Ansonsten ist die allein aus dem Vergleich der Sanktionen in im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Urteilen abgeleitete Unangemessenheit einer Unrechtsfolge im Einzelfall, wie gesagt, nur der Anfechtung mit Berufung zugänglich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z. 2 StPO. n.F.). Über die Berufungen der beiden Prozeßparteien wird das Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden haben (§ 285 i StPO.).
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