OGH 13Os114/04

OGH13Os114/041.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Kristian K***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Juni 2004, GZ 161 Hv 106/04w-34, nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Seidl, und in Anwesenheit des Angeklagten Kristian K***** und seines Verteidigers Mag. Auner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch die Ausfertigung eines Ausscheidungsverfügung nach § 57 StPO enthält) wurde der Angeklagten Kristian K***** der Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A), des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB (B/I), des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (B/II) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (C) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (D) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

zu A) im Jänner 2004 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), dem Ivan Kr***** fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe 90 Euro mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit einer Verletzung am Körper, nämlich, er werde ihn zusammenschlagen, drohte;

zu B) gewerbsmäßig

I) fremde bewegliche Sachen in einem 2.000 Euro übersteigenden Wert

Nachgenannten durch Bankomatbehebungen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

  1. 1) in der Zeit vom 1. bis 5. März 2003 der Marija B***** 8.500 Euro,
  2. 2) von 28. bis 30. April 2003 dem Clemens P***** zumindest 3.440 Euro;

    II) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern (zusammengefasst) beginnend zwischen März 2003 und Dezember 2003 insgesamt 7 Personen durch die Täuschung, ihnen die gewährten Darlehensbeträge in angemessener Zeit zurückzuzahlen, in vielfachen Angriffen zur Ausfolgung von Bargeld sowie teilweise elektronischen Geräten, sohin zu Handlungen verleitet, die die Genannten um einen insgesamt 2.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten (wobei der Schaden an Geld 9.100 Euro betragen hat);

    zu C) im Februar 2004 Markus Ka***** durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, nämlich der Androhung von Schlägen zur Unterlassung der Rückforderung der ihm gewährten Darlehen genötigt;

    zu D) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, zur Ansichnahme und Behalten unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

  1. 1) seit 1. März 2003 die Bankomatkarte der Marija B***** und
  2. 2) seit 28. April 2003 die Bankomatkarte des Clemens P*****.

Rechtliche Beurteilung

Festzuhalten ist, dass die Unterdrückung der Bankomatkarten nicht unter § 229 Abs 1 StGB, sondern (BGBl I 2004/15) unter § 241e Abs 3 StGB zu subsumieren gewesen wäre (vgl 309 BlgNR 22. GP 6, 10, 17;

Fabrizy StGB8 ErgH 2004 § 74 Rz 5, § 241a Rz 7 und § 241e Rz 10;

eingehend 15 Os 114/04). Die vorgenommene Subsumtion war jedoch ohne Nachteil für den Angeklagten, weshalb sie auf sich zu beruhen hat (vgl § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A) richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch unbegründet ist. Die auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rüge strebt die Beurteilung der zu A beschriebenen Tat bloß als minderschwerer Raub nach § 142 Abs 2 StGB an, weil der geraubte Betrag von 90 Euro unter Berücksichtigung der allgemeinen Verteuerung des Lebensunterhaltes die Geringwertigkeitsschwelle nicht überschritten habe, und auch die übrigen in der genannten Bestimmung aufgezählten Voraussetzungen vorliegen würden.

Dazu ist zu erwägen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat sich die Beurteilung der Geringfügigkeit auch nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Empfindlichkeit des Schadens für den Betroffenen zu orientieren, somit ist ein objektiv-individueller Maßstab anzulegen.

Da nach den Feststellungen das Tatopfer mit der geraubten Summe jedoch einen Monat lang sein Auslangen hätte finden müssen (US 8), stellt der Verlust einen empfindlichen Schaden für den Genannten dar, sodass schon deshalb nicht von einem geringen Wert der Beute gesprochen werden kann und somit eine Privilegierung der Tat nach § 142 Abs 2 StGB ausscheidet.

Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Angaben des Zeugen Ivan Kr***** die Unterstellung des Sachverhaltes unter § 144 Abs 1 StGB fordert, orientiert er sich nicht an den - allein maßgeblichen - Urteilsannahmen und bringt damit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung. Die teils unbegründete, teils nicht prozessordnungsgemäße ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 142 Abs 1 StGB unter Anwendung der §§ 36 und 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die fortgesetzte Begehung strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art über längere Zeit sowie die einschlägige Vorstrafe, als mildernd das überwiegende Geständnis, die ungünstigen Erziehungsverhältnisse und das Alter unter 21 Jahren. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes an, indes zu Unrecht.

Das Schöffengericht hat nämlich die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig und richtig (insbesondere auch ohne Verstoß gegen ein Doppelverwertungsverbot) aufgezeigt und auch zutreffend gewichtet, sodass die Freiheitsstrafe dem Unrechtsgehalt der Taten und der personalen Täterschuld entspricht. Demgemäß war für eine Herabsetzung der Strafe kein Raum.

Zu einem Vorgang nach § 290 Abs 1 StPO in Bezug auf der hier (in dem mit Urteil abgeschlossenen Verfahren) verfehlten Ausspruch nach § 34 SMG bestand mangels effektiven Nachteils für den Angeklagten kein Grund.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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