OGH 15Os114/04

OGH15Os114/0421.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jaroslav I***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Jaroslav I***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 18. Mai 2004, GZ 22 Hv 57/04d-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jaroslav I***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (A I) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A II), der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (A III) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er am 29. Februar 2004

A) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Tomas M*****

I.1. bis 3. in drei im Urteil näher bezeichneten Fällen mehreren Personen fremde bewegliche Sache in einem 2.000 Euro übersteigenden Wert (Autoradios, Bargeld, ein Handy, eine Brille, eine Fernbedienung und CDs) durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen von PKW, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei sie die Diebstähle in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

II. im Zuge der im Urteil zu I.2. angeführten Tathandlung erbeutete Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich ein Sparbuch mit Losungswort "sowie eine Bankomatkarte" und einen Reisepass dadurch, dass sie diese an sich brachten und sodann wegwarfen, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

III. im Zuge der im Urteil zu I.2. angeführten Tathandlung andere dadurch geschädigt, dass sie fremde bewegliche Sachen aus deren Gewahrsam dauernd entzogen, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen, indem sie erbeutete Handtaschen samt einer Personalausweishülle und einer Ledergeldbörse sowie erbeutete Lederhandschuhe wegwarfen;

B) Jaroslav I***** in Wullowitz und Gmünd einen durch Auswechseln des Lichtbildes verfälschten tschechischen Reisepass, somit eine verfälschte ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, bei der Einreise nach und der (versuchten) Ausreise aus Österreich jeweils durch Vorlage bei der Grenzkontrolle zum Beweis eines Rechtes, nämlich der Berechtigung zum Grenzübertritt, gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Übersehen wurde bei der Subsumtion des unter II. genannten Verhaltens, dass Bankomatkarten unter den seit 1. Mai 2004 in § 74 Abs 1 Z 10 StGB verankerten Begriff der unbaren Zahlungsmittel fallen (309 BlgNR 22. GP 6, 10; Fabrizy StGB8 ErgH 2004 § 74 Rz 5) und daher Tatobjekt des neu geschaffenen § 241e StGB sind. Die Strafbestimmung des § 241e Abs 3 StGB enthält die gleiche Strafdrohung wie § 229 Abs 1 StGB. Sie wäre gemäß §§ 1 und 61 StGB auf die konstatierte Unterdrückung der Bankomatkarte anzuwenden gewesen. Zu § 241e Abs 3 StGB steht § 229 Abs 1 StGB im Verhältnis stillschweigender Subsidiarität. Daher wäre die Unterdrückung der Bankomatkarte nicht unter die zuletzt genannte Bestimmung, sondern unter § 241e Abs 3 StGB zu subsumieren gewesen (vgl 309 BlgNR 22. GP 10, 17; Fabrizy StGB8 ErgH 2004 § 241a Rz 7 und § 241e Rz 10).

Dieser - in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht genannte - Fehler bei der rechtlichen Beurteilung war ohne Nachteil für den Angeklagten, weshalb er auf sich zu beruhen hat (vgl § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Entgegen der Verfahrensrüge zählt § 120 zweiter Satz StPO nicht zu den von Z 3 erfassten Vorschriften (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 193).

Dem weiteren Vorbringen (Z 4) zuwider wurde ein Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschers für die slowakische Sprache bei der Vernehmung des Angeklagten oder der Beweisaufnahme oder zu sonstigen Vorgängen in der Hauptverhandlung nicht gestellt (vgl S 435).

Auch die Mängelrüge ist nicht zielführend.

Die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tendenz des Angeklagten (US 7) wurden mit Erwägungen über die Professionalität der Vorgangsweise, das Mitbringen des Werkzeuges aus dem Ausland und das einschlägig getrübte Vorleben im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen begründet (US 11; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444). Auf die Angaben des Tomas M*****, dass er während der Vernehmung unter Medikamenteneinfluss gestanden sei, wurde im Urteil der Beschwerde zuwider Bedacht genommen (US 10). Von den behaupteten Begründungsmängeln (Z 5 zweiter und vierter Fall) kann daher keine Rede sein.

Der trotz eingehender Erwägungen der Tatrichter (US 9 ff) nicht konkretisierte Einwand, dass die im Urteil zur Feststellung der Tatbegehung (auch) durch den Angeklagten genannten Gründe keinen "eindeutigen Schluss" auf seine Täterschaft zuließen, entzieht sich mangels Substanziierung einer argumentationsbezogenen Erörterung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) strebt die Ableitung erheblicher Bedenken vor allem aus dem Beschwerdeführer nicht genehmen Beweiswürdigungsargumenten an. Ohne direkten Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial bloß aus Erwägungen der Tatrichter Bedenken abzuleiten, ermöglicht die Tatsachenrüge aber nicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487 mwN).

Mangelnde Sachverhaltsaufklärung kann aus Z 5a nur geltend gemacht werden, wenn die Tatsachenrüge deutlich macht, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (WK-StPO § 281 Rz 480). Derartiges ist aber dem Vorbringen nicht zu entnehmen.

Die übrigen Einwände der Tatsachenrüge sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Dies gilt für die ins Treffen geführte Übereinstimmung in den Aussagen der beiden Angeklagten ebenso wie für den Hinweis auf die vom Erstgericht ohnedies berücksichtigte Darstellung des Tomas M*****, bei der Vernehmung unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden zu sein.

Der unter Z 5 erhobene Einwand, dass "keinerlei Feststellungen" zu "Art und Umfang der Beteiligung des Berufungswerbers an den vorgeworfenen Delikten" vorlägen, läuft der Sache nach auf die Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen hinaus (Z 9 lit a), geht aber an den zu allen Taten getroffenen Konstatierungen (US 5 ff) vorbei.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - entgegen den ihre Berechtigung nur allgemein behauptenden Stellungnahme des Verteidigers - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte