Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Walter R***** wurde des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 2. Dezember 2005 in Wien Josef R***** durch einen Faustschlag gegen das Gesicht, wodurch dieser nach hinten taumelte und mit dem Hinterkopf gegen eine Therme schlug, am Körper verletzt, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gegen die Erfolgsqualifikation des § 86 StGB ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Richtig ist, dass die Zurechnung der Todesfolge an den Primärverursacher unterbleibt, wenn der Verletzte nach der Tat - über eine auffallende Sorglosigkeit hinaus - ein zum Tod führendes Fehlverhalten setzt, das für jeden vernünftigen Menschen in seiner Lage schlechthin unbegreiflich ist, so etwa, wenn der Verletzte in voller Kenntnis seines verletzungsbedingten lebensbedrohlichen Zustands und der zu gewärtigenden Konsequenzen unterlassener sofortiger lebensrettender ärztlicher Behandlung sich dieser bewusst nicht unterzieht, vorausgesetzt, dass ohne dieses Fehlverhalten die schwere Tatfolge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (vgl 9 Os 47/86, EvBl 1987/142, 505 = RZ 1987/71; vgl auch Burgstaller in WK2 § 80 Rz 81 und § 6 Rz 72; Kienapfel/Schroll BT I5 § 80 Rz 80; Fuchs AT I6 13/47; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 27 Rz 9; Triffterer in SbgK § 6 Rz 68 f; Fabrizy StGB9 § 86 Rz 2). Indem der Beschwerdeführer sich indes - übrigens ohne Hinweis auf konkrete Beweisergebnisse - darauf beschränkt, „Aufenthalte des Josef R***** in diversen Gasthäusern und die Möglichkeit, sich einer Behandlung zu unterziehen, zumal Josef R***** dem Akteninhalt zufolge von Zeugen auf seine Blutungen aus dem Ohr angesprochen worden sei" sowie den Umstand ins Treffen zu führen, dass „laut Polizeiakt sowohl die Lokalbesitzerin K*****, als auch Gerhard E***** starke Blutungen aus dem Ohr wahrgenommen" hätten, „sodass auch diese ihn animieren hätten können, unverzüglich ein Krankenhaus aufzusuchen", wird ein auf diese Kriterien bezogener Feststellungsmangel nicht geltend gemacht. Dass es aber für den Ausschluss der normativen Erfolgszurechnung genügt, wenn Dritte die Möglichkeit gehabt hätten, den Verletzten dazu zu bewegen, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen, wird mit dem Vorwurf, es seien „offensichtlich ja auch die allfälligen Bemühungen der Dritten gegenüber dem Opfer erfolglos" gewesen, weder mit Bestimmtheit behauptet noch methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet.
Bleibt anzumerken, dass ein mit Nichtigkeit bedrohter Verstoß gegen die Pflicht zu amtswegiger Sachaufklärung schon deshalb nicht vorliegt, weil es dem Angeklagten unbenommen war, zur Frage nachträglichen Fehlverhaltens des Verletzten aus seiner Sicht erforderliche Beweisanträge zu stellen (RIS-Justiz RS0114036). Nach insoweit übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung muss der Täter keineswegs alle Einzelheiten des Kausalverlaufs vorauszusehen in der Lage sein. Vielmehr genügt dessen Voraussehbarkeit in den wesentlichen Zügen. Für die subjektive Zurechenbarkeit des Erfolgs (§ 7 Abs 2 StGB) reicht es aus, wenn der Täter allgemein voraussehen kann, dass dieser in einer Weise zustande kommt, die den Anforderungen des Adaequanz- und Risikozusammenhangs genügt, wogegen die Vorhersehbarkeit des konkreten Kausalverlaufs innerhalb dieses Rahmens nicht erforderlich ist (Burgstaller in WK2 § 6 Rz 97 f; Fuchs AT I6 26/9; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 25 Rz 33).
Indem die Subsumtionsrüge einerseits das Erfordernis bloß allgemeiner Vorhersehbarkeit im Tatzeitpunkt für die Zurechnung der Todesfolge zugesteht, andererseits jedoch Feststellungen darüber vermisst, ob der Angeklagte bei seinem Faustschlag gleichwohl den konkreten Ursachenzusammenhang zwischen diesem und dem vier Tage später eingetretenen Tod seines Opfers erkennbar hätte sein müssen und zudem das Fehlen von Feststellungen darüber beklagt, ob Walter R***** durch den Sturz bedingte Blutungen aus einem Ohr seines Opfers hatte wahrnehmen können, erweist sie sich insoweit als unschlüssig. Indizien in Richtung der Beschwerdebehauptung, wonach der Eintritt des Todes als Folge eines (durch einen Faustschlag bedingten) Sturzes aufgrund eines Aufpralls des Kopfes auf ein flächenhaftes starres Objekt „völlig außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Erfahrung" liege (vgl Burgstaller in WK2 § 6 Rz 63; Kienapfel/Schroll BT I5 § 80 Rz 48 f; Fuchs AT I6 13/24 ff; Kienapfel/Höpfel AT I11 Z 25 Rz 28 ff), nennt die Beschwerde nicht.
Da zwar nicht die Kausalität, wohl aber die als Ausnahme angelegte objektive Erfolgszurechnung - prozessual gesehen - eine negative Tatbestandsvoraussetzung darstellt und daher ausdrücklicher Feststellungen nur bedarf, wenn deren Ausschluss indiziert ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602), entzieht sich der eines entsprechenden Hinweises entbehrende Vorwurf mangelnder Feststellungen dazu einer inhaltlichen Erwiderung. Ohne Hinweis auf ein übergangenes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Tatsachensubstrat kann zwar ein Rechtsfehler infolge fehlender Feststellungen, nicht aber ein Feststellungsmangel geltend gemacht werden (WK-StPO § 281 Rz 600; 14 Os 28/05g, EvBl 2005/170, 809 uva; instruktiv Schroll/Schillhammer, Rechtsmittel gegen Urteile (I), AnwBl 2006, 441 (455 ff); nicht zwischen Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen und Feststellungsmängeln differenzierend: Fabrizy StPO9 § 281 Rz 55, E. Steininger Nichtigkeitsgründe im Strafverfahren3 273 ff und Bertel/Venier8 Rz 897 ff).
Gleiches gilt für den Vorwurf fehlender Feststellungen zur Frage, ob „zum Zeitpunkt des Faustschlags gegen den Bruder überhaupt vorhersehbar war, dass dies zum tödlichen Ausgang führt."
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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