Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther W*** (zu I/A) des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 "Abs 1 und" Abs 3 Z 1 und 3 StGB (aus der irrigen Zitierung auch des Abs 1 ist dem Angeklagten nach Lage des Falles ein Nachteil nicht erwachsen; vgl. EvBl 1986/23), (zu I/B) des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, (zu I/C) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (die irrige Bezeichnung "215" beruht offenkundig auf einem Schreibfehler), (zu I/D) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (zu II/) des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft mit seiner auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich den Schuldspruch zu Punkt II/ des Urteilssatzes; er vermeint, sein Tatverhalten erfülle nicht den Begriff des "Zuführens" im Sinn des § 215 StGB, weshalb er zu Unrecht dieses Vergehens schuldig erkannt worden sei.
Die Rüge versagt.
Das in Rede stehende Vergehen wurde dem Beschwerdeführer deshalb angelastet, weil er im September 1984 in Lustenau im vorsätzlichen Zusammenwirken mit dem deshalb bereits rechtskräftig abgeurteilten (Mittäter) Erich R*** die Birgit O*** dadurch der
gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt hat, daß er ihr hiefür sein Geheimbordell zur Verfügung stellte, wo sie über seine Veranlassung von Ines W*** in die Gebräuche des Unzuchtsgewerbes in Lustenau eingeführt wurde, wobei er (überdies) dafür sorgte, daß Erich R*** (auch) ihre Überwachung und "Information" auf dem Straßenstrich (Warnung vor dem Herannahen von Gendarmeriebeamten) wahrnahm.
Unter "Zuführen" im Sinn des § 215 StGB ist (anders als in den §§ 213, 214 StGB) jede Tätigkeit zu verstehen, durch welche das Schutzobjekt mittels einer gezielten und aktiven Einflußnahme zur Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht in einem Umfang veranlaßt wird, daß dessen gesamte Lebensführung in jene einer Prostituierten umgewandelt wird (vgl. SSt. 48/15 ua). Hiefür genügt zwar ein bloßes Überreden zur Prostitution ebensowenig wie ein Behilflichsein in untergeordneter Weise; erforderlich ist vielmehr, daß der Täter (darüber hinaus) Aktivitäten entfaltet, die ein Hinwenden des Schutzobjekts zu dem im allgemeinen mit der Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht verbundenen asozialen Lebenswandel bewirken (EvBl 1979/245; EvBl 1980/108 uam; ebenso Leukauf-Steininger Kommentar2 § 216 RN 4 und 5; Pallin im Wr. Kommentar § 215 Rz. 3 und 4). Eben diesem Erfordernis entspricht aber das dem Beschwerdeführer angelastete, im Zusammenwirken mit dem Mittäter R*** gesetzte Tatverhalten (Zurverfügungstellung des Geheimbordells; Veranlassung der Einführung in die Gebräuche der Prostitution; Überwachung auf dem Straßenstrich).
Der Umstand, daß sich Birgit O*** schon durch eine Anregung des Erich R*** zur Geheimprostitution entschlossen hatte, ändert - der Beschwerde zuwider - nichts an der Ursächlichkeit zwischen den konstatierten Tathandlungen des Beschwerdeführers und dem strafgesetzwidrigen Erfolg. Denn der Beschwerdeführer haftet auf Grund des im Urteil festgestellten gemeinsamen Tatplanes mit R*** für die konkrete Mitwirkung in der Ausführungsphase der (gemeinsamen) Tat als unmittelbarer (Mit-)Täter (§ 12 erster Fall StGB) für den gesamten Deliktserfolg, mag dieser auch erst durch das sukzessive Zusammenwirken der mehreren unmittelbaren Täter verwirklicht worden sein (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 12 RN 10 und 12).
Mit dem Einwand schließlich, die Lebensweise der Birgit O*** als Prostituierte hätte nicht länger dauern sollen, entfernt sich die Beschwerde vom Urteilssachverhalt (demzufolge die Genannte aus der Prostitution eine fortlaufende Einnahme erzielen wollte und erzielt hat) und bringt daher den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Was letztlich den Beschwerdehinweis auf die Entscheidung zu 11 Os 102/86 (RZ 1987/27) betrifft, so wird übersehen, daß es in dem dort entschiedenen Fall nicht um das Delikt des § 215 StGB, sondern um jenes nach § 214 StGB gegangen ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach als verfehlt, weshalb sie zu verwerfen war.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 109 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr. Dabei wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Deliktshäufung und die zweifache Qualifikation hinsichtlich des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 3 StGB; als mildernd hielt es dem Angeklagten dessen weitgehendes Geständnis zum Vergehen nach § 215 StGB und den Umstand zugute, daß die Nötigung beim Versuch geblieben ist.
Gegen den Strafausspruch haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ergriffen; ersterer strebt die Herabsetzung der Strafe, letztere dagegen deren Erhöhung an. Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Der Angeklagte vermag mit seinen Berufungsausführungen keine zusätzlichen mildernden Umstände aufzuzeigen. Soweit er darauf verweist, daß die Nötigung lediglich beim Versuch geblieben ist, so darf nicht übersehen werden, daß dieser Nötigungsversuch immerhin gegen zwei Personen gerichtet gewesen ist. Wird weiters bei der Gewichtung seiner Strafzumessungsschuld entsprechend berücksichtigt, daß ihm eine Mehrzahl von Delikten zur Last liegt und daß er mehrfach einschlägig vorbestraft ist, so erweist sich das über ihn in erster Instanz verhängte Strafmaß keineswegs als überhöht. Andererseits bedarf es aber auch nicht der vom öffentlichen Ankläger angestrebten Erhöhung der Strafe. Mag auch der Angeklagte der Urheber der unter Punkt I/ des Urteilssatzes angeführten strafbaren Handlungen gewesen sein, wobei allerdings - entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft - von einem Handeln aus besonders verwerflichen Beweggründen, wie sie § 33 Z 5 StGB im Auge hat, nach Lage des Falles nicht gesprochen werden kann, so entspricht doch eine einjährige Freiheitsstrafe der Schuld des Angeklagten und seiner Täterpersönlichkeit, womit auch den von der Anklagebehörde herausgestellten Belangen der Generalprävention hinreichend Genüge getan ist, zumal bei der Ausmessung der verwirkten Strafe Präventionsbelange nur im Rahmen der konkreten personalen Tatschuld Berücksichtigung finden dürfen. Mithin war beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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