OGH 12Os65/14x

OGH12Os65/14x27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krampl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bernd L***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Bernd L***** und Angy C***** G***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 14. März 2014, GZ 14 Hv 4/14k‑213, sowie über die Beschwerde des Bernd L***** gegen den unter einem gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO gefassten Beschluss nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, der Angeklagten und ihres Verteidigers Dr. Kier

I./ zu Recht erkannt:

1./ In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt,

a./ in der rechtlichen Annahme mehrerer „Verbrechen“ der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG beim Schuldspruch A./III./,

b./ in der Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 SMG und des § 28 Abs 4 SMG beim Schuldspruch B./I./ sowie

c./ in der Nichtvornahme der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch B./II./ erfassten Taten zur Gänze unter § 27 Abs 2 SMG,

demgemäß im Strafausspruch gegen beide Angeklagte, in der Vorhaftanrechnung und in der Entscheidung über die Verlängerung einer Probezeit beim Angeklagten Bernd L***** (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO), weiters im Einziehungserkenntnis hinsichtlich des „Netbook Acer Aspire One“ (ON 175 S 173 ‑ Pos 2) und „unbekannter Substanzen“ (ON 175 S 173 ‑ Pos 14 und 15, ON 205 S 3 ‑ Pos 1a), im Konfiskationserkenntnis sowie im Verfallserkenntnis betreffend Angy C***** G***** zur Gänze und betreffend Bernd L***** soweit es bei ihm einen 5.999,98 Euro übersteigenden Betrag umfasst, aufgehoben und

a./ in Ansehung des Angeklagten Bernd L***** in der Sache selbst erkannt:

Bernd L***** hat durch die zu A./III./ geschilderten Taten das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG begangen und wird hiefür sowie für das ihm weiters zur Last liegende Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sowie jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG und der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Satz, Abs 4 Z 1 und 3 lit a und b StGB unter Anwendung des § 28 StGB nach § 28a Abs 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

b./ Im darüber hinausgehenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

2./ Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

3./ Mit ihrer Berufung gegen das Verfallserkenntnis werden beide Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung verwiesen.

4./ Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden der Angeklagte Bernd L***** auf die Strafneubemessung und die Angeklagte Angy C***** G***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

5./ Beiden Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

6./ Über die Anrechnung der Vorhaft hat das Erstgericht zu entscheiden.

II. den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00065.14X.1127.000

 

Spruch:

Vom Widerruf der Bernd L***** zu AZ 10 Hv 34/12i des Landesgerichts Leoben gewährten bedingten Strafnachsicht wird abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Mit seiner Beschwerde wird der Angeklagte Bernd L***** auf diesen Beschluss verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das hinsichtlich der Angeklagten Angy C***** G***** auch einen Freispruch enthält, wurden Bernd L***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./I./), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (A./II./), der (richtig:) Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (zweiter Satz) SMG (A./III./) sowie jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./IV./) und der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Satz, Abs 4 Z 1 und 3 lit a und b StGB (C./) sowie Angy C***** G***** des (richtig: der) Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (zweiter Satz) SMG als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB (B./I./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall „teils iVm Abs 2“ SMG (B./II./) schuldig erkannt.

Danach haben

„A./ Bernd L***** im Zeitraum von März 2007 bis Ende Mai 2011 und von Mitte Oktober 2011 bis 3. August 2013 in S*****, K*****, G*****, W***** und anderen Orten des Bundesgebiets mit von vornherein auf eine kontinuierliche Tatbegehung sowie den daran geknüpften Additionseffekt gerichtetem Vorsatz vorschriftswidrig Suchtgift

I./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er in wiederholten Angriffen Cannabis‑Pflanzen in mehreren Indooranlagen anbaute, bis zur Erntereife aufzog und daraus

a./ im Zeitraum März 2008 bis August 2008 in der Wohnung ***** in S***** eine nicht näher bekannte Menge Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % erntete;

b./ im Zeitraum Mitte August 2008 bis Mitte August 2010 in der Wohnung ***** in S***** eine nicht näher bekannte, jedoch die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge Delta‑9‑THC‑hältiges Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % erntete;

c./ im Zeitraum Sommer 2010 bis Mitte April 2011 in der Wohnung ***** in K***** eine nicht näher bekannte, jedoch die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge Delta‑9‑THC‑hältiges Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % erntete;

d./ im Zeitraum November 2011 bis 3. August 2013 in der ***** in K***** zumindest 1.249 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 7,43 % (Reinsubstanz 92,8 g Delta‑9‑THC), 3.562 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 3,66 % (Reinsubstanz 130,37 g Delta‑9‑THC), 76,9 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 12,57 % (Reinsubstanz 9,66 g Delta‑9‑THC) sowie zumindest 8.900 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % (Reinsubstanz 423,64 g Delta‑9‑THC) erntete (zumindest 32,8‑fache Überschreitung der Grenzmenge);

II./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er von der unter Punkt A./I./ angeführten Menge Delta‑9‑THC‑hältiges Marihuana und amphetaminhältiges Speed nachstehenden Personen in mehreren Angriffen teils mit Gewinnaufschlag verkaufte, teils im Zuge des gemeinsamen Suchtgiftkonsums unentgeltlich zur Verfügung stellte, nämlich

‑ (im Zeitraum von Anfang Jänner bis 3. August 2013; vgl US 15) zumindest 76,9 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 12,57 % (Reinsubstanz 9,66 g Delta‑9‑THC) sowie 3.923,1 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 4,76 % (Reinsubstanz 186,74 g Delta‑9‑THC) an Michael D*****;

‑ zumindest 300 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % (Reinsubstanz 14,28 g Delta‑9‑THC) an John C***** G*****;

‑ eine nicht näher bekannte Menge Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4,76 % an David B*****;

‑ 150 Gramm Speed mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10 % (Reinsubstanz 15 g Amphetamin) an nicht näher bekannte Personen;

‑ eine nicht näher bekannte Menge Marihuana und Speed an nicht näher bekannte Personen;

III./ mit Ausnahme des unter den Punkten I./ und II./ angeführten Suchtgifts Cannabispflanzen zum Zwecke der Erzeugung von Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 28b SMG) mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, angebaut, indem er zumindest 184 Cannabis‑Pflanzen zum Zwecke der Erzeugung von THC‑hältigem Marihuana in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich von 3.122 Gramm mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10 %, in einer Indoorplantage anpflanzte;

IV./ mit Ausnahme des unter den Punkten I./ bis III./ angeführten Suchtgifts zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, indem er im Tatzeitraum in wiederholten Angriffen Kokain, amphetaminhältiges Speed und MDMA‑hältige Ecstasy‑Tabletten

1./ vom abgesondert verfolgten Michael D***** und weiteren Personen teils kaufte, teils unentgeltlich zur Verfügung gestellt erhielt,

2./ im Zuge des Suchtgiftkonsums sowie der Lagerung tatsächlich inne hatte;

B./ Angy C***** G*****

I./ zu den unter Punkt A./I./ und III./ genannten Tathandlungen mit von vornherein auf eine kontinuierliche Tatbegehung sowie den daran geknüpften Additionseffekt gerichtetem Vorsatz beigetragen, zumindest in Ansehung einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Menge (§ 28b SMG), indem sie für Bernd L***** die genannten Wohnungen zum Zwecke der Suchtgifterzeugung anmietete und die Strombezugsverträge abschloss sowie beim Verbringen der Suchtgiftutensilien von einer Wohnung in die andere behilflich war;

II./ im Zeitraum Anfang 2006 bis zumindest 4. Oktober 2011 mit Ausnahme des unter Punkt B./I./ angeführten Suchtgifts in S*****, K*****, P*****, G***** und anderen Orten des Bundesgebiets vorschriftswidrig Suchtgift teils zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben, besessen und anderen überlassen, indem sie Delta‑9‑THC‑hältiges Marihuana

1./ von Bernd L***** und nicht näher bekannten Personen teils kaufte, teils im Zuge des gemeinsamen Suchtgiftkonsums unentgeltlich zur Verfügung gestellt erhielt;

2./ im Zuge des Suchtgiftkonsums sowie der Lagerung tatsächlich inne hatte;

3./ Bernd L***** im Zuge des gemeinsamen Suchtgiftkonsums unentgeltlich zur Verfügung stellte;

C./ Bernd L***** im Zeitraum 10. Juli 2011 bis 3. August 2013 in S***** und anderen Orten des Bundesgebiets als unmittelbarer Täter in wiederholten Angriffen pornographische Darstellungen mündiger und unmündiger minderjähriger Personen, und zwar wirklichkeitsnahe Abbildungen von geschlechtlichen Handlungen an einer unmündigen wie auch einer mündigen Person und einer mündigen sowie unmündigen Person an sich selbst, überdies wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien und der Schamgegend Minderjähriger, wobei es sich bei Letzteren sowie bei der Darstellung der mündigen Minderjährigen um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, nämlich zumindest 15 Bild‑ und 10 Video‑Dateien, auf welchen unter anderem Geschlechts- und Oralverkehr zwischen mündigen und unmündigen Minderjährigen, Masturbationshandlungen von mündigen und unmündigen Minderjährigen, Aufnahmen der entblößten Genitalien von mündigen und unmündigen Minderjährigen abgebildet und dargestellt sind, verschafft und besessen, indem er diese über den Internet‑Anbieter F***** und andere, nicht näher bekannte Anbieter aus dem Internet herunterlud und auf der Festplatte des Netbooks Acer Aspire One S/N ***** abspeicherte."

Rechtliche Beurteilung

Den von den Angeklagten Bernd L***** und Angy C***** G***** dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 10 und 11, von Letztgenannter auch aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt teilweise Berechtigung zu:

Die Subsumtionsrüge (Z 10) der Zweitangeklagten remonstriert zu Recht, dass die den Urteilsfakten B./II./ zugrunde liegenden Taten nicht zur Gänze unter den Privilegierungstatbestand des § 27 Abs 2 SMG subsumiert wurden, obwohl die im Urteil dazu getroffenen Konstatierungen (US 17) ‑ ebenso wie das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; US 4) ‑ durchwegs Tatbegehung „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch“ beschreiben, der (so wie hier zu B./II./3./) auch im uneigennützigen Überlassen an einen anderen zu dessen persönlichem Gebrauch liegen kann (RIS‑Justiz RS0124624; Litzka/Matzka/Zeder, SMG2 § 27 Rz 70, Schwaighofer in WK2 SMG § 27 Rz 57, Fabrizy, Suchtmittelrecht5 § 27 Rz 17, jeweils mwN). Eines Eingehens auf das weitere dieses Faktum betreffende Vorbringen bedarf es daher nicht.

Berechtigt ist auch der (ebenfalls aus Z 10 erhobene und gerade noch erkennbar auf die Geltendmachung eines Feststellungsmangels hinauslaufende) Einwand dieser Angeklagten zum Urteilsfaktum B./I./, wonach ‑ mit Blick auf die Privilegierung des § 28 Abs 4 SMG bzw des § 28a Abs 3 SMG ‑ Feststellungen über eine allfällige Gewöhnung der Beschwerdeführerin an Suchtmittel sowie darüber indiziert gewesen wären, dass sie zu den Taten des Angeklagten Bernd L***** „vorwiegend deshalb“ beigetragen habe, „um sich für ihren persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu verschaffen“, zumal bei ihr ‑ anders als bei Bernd L***** (US 12, 14 f und 27) ‑ weder ein auf die Verbesserung ihres Einkommens gerichteter Vorsatz noch tatsächlich erlangte Gewinne angenommen wurden.

In seiner Sanktionsrüge (nominell Z 11 zweiter Fall; der Sache nach Z 10) zeigt der Angeklagte Bernd L***** zutreffend auf, dass das Erstgericht den zum Schuldspruch A./III./ umschriebenen Sachverhalt rechtsirrig unter mehrere „Verbrechen“ (US 5), statt (richtig:) ein Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (zweiter Satz) SMG subsumiert hat (RIS‑Justiz RS0119836, RS0128234).

Auch die weitere (aus Z 11 zweiter Fall erhobene) Kritik beider Beschwerdeführer, Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB setze Feststellungen voraus, wonach die vorbeugende Maßnahme aufgrund der besonderen Beschaffenheit der betroffenen Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken, ist berechtigt (vgl RIS‑Justiz RS0121298). Urteilsannahmen zu einer solchen besonderen „Deliktstauglichkeit“ (Ratz in WK2 StGB § 26 Rz 6, 12) wurden weder zum „Netbook Acer Aspire One“ (US 6; ON 175 S 173 ‑ Pos 2) noch zu ‑ nicht näher umschriebenen - „unbekannten Substanzen“ (US 7; ON 175 S 173 ‑ Pos 14 und 15, ON 205 S 3 ‑ Pos 1a) getroffen.

Während das Urteil ausreichende Feststellungen zum Eigentum der beiden Angeklagten an den der Konfiskation unterliegenden Gegenständen (US 27) enthält, machen die Beschwerdeführer zu Recht geltend, dass angesichts eines seit März 2007 währenden Deliktszeitraums keine ausreichenden Konstatierungen getroffen wurden (vgl US 19), ob sämtliche betroffenen Gerätschaften auch nach Inkrafttreten von § 19a StGB mit 1. Jänner 2011 zur Deliktsbegehung Verwendung fanden (vgl 13 Os 51/11s). Weiters zeigen sie zutreffend auf, dass die nach § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung unterblieben ist (RIS‑Justiz RS0088035).

Im Übrigen kommt den (großteils gleichlautenden) Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten keine Berechtigung zu.

Die Mängelrügen (Z 5 vierter Fall) monieren die Berücksichtigung in der Hauptverhandlung nicht wörtlich verlesener Aktenteile im Urteil, lassen damit aber den in der Beschwerde nur verkürzt (und demnach inhaltlich unzutreffend) wiedergegebenen Inhalt des Protokolls der Hauptverhandlung vom 14. März 2014 unbeachtet, wonach die dort bezeichneten Aktenstücke nicht nur „einvernehmlich verlesen“ wurden, sondern auch auf deren „wörtliche Verlesung einvernehmlich verzichtet“ wurde (ON 212 S 33). Damit wird ‑ dem Beschwerdestandpunkt zuwider ‑ die Zustimmung auch zum zusammenfassenden Vortrag der betreffenden Aktenstücke gemäß § 252 Abs 2a StPO hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht (vgl Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 143).

Entgegen dem weiteren Vorbringen wurden die im Urteil (US 22) verwerteten Aussagen des Zeugen Alexander B***** vor der Polizei (ON 175 S 625 ff) zwar nicht gemäß § 252 Abs 2 StPO (ON 212 S 34), aber ‑ bereits zuvor ‑ gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO einverständlich verlesen (ON 212 S 33). Außerdem berührt dieser Einwand ‑ ausschließlich gegen II./ gerichtet ‑ keinen die Zweitangeklagte betreffenden Schuldspruchpunkt.

Die vom Beschwerdeführer Bernd L***** vermisste Begründung für die konstatierte Überlassung einer „nicht näher bekannte[n] Menge Marihuana und Speed an nicht näher bekannte Personen“ (Urteilsfaktum A./II./ 5. Punkt) findet sich hinsichtlich Marihuana auf US 21 und betreffend „Speed“ auf US 22.

Mit der zum Schuldspruch A./II./ (Punkt 4./) erhobenen Kritik, der Erstangeklagte wäre vom Erstgericht nicht über die Gerichtsnotorietät des angenommenen Reinheitsgehalts von 150 Gramm „Speed“ mit „zumindest 10 %“ (Amphetamin) in Kenntnis gesetzt worden, wird übersehen, dass sich der Beschwerdeführer in seiner teilweise geständigen (wenngleich eine geringere Suchtgiftmenge betreffenden) Verantwortung in der Hauptverhandlung selbst auf einen solchen zumindest zehnprozentigen Reinheitsgehalt von „Speed“ bezogen hat (ON 212 S 14). Im Übrigen tangiert die Qualität dieses Suchtgifts angesichts der weiteren vom Nichtigkeitswerber überlassenen Mengen keine entscheidende Tatsache.

Indem der Angeklagte Bernd L***** in seiner Subsumtionsrüge (Z 10) zum Urteilsfaktum A./III./ nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts in seiner Gesamtheit argumentiert, insbesondere die (auch für den Anbau von Cannabispflanzen ab „Ende der ersten Jahreshälfte 2013“ [US 15] relevanten) Urteilsannahmen außer Acht lässt, wonach er Ende 2012 den Entschluss zum gewinnbringenden Verkauf des von ihm erzeugten Marihuanas gefasst hatte, „um sein Einkommen aufzubessern“ (US 14 f; vgl auch US 12 zum Tatzeitraum ab März 2007), sowie durch Suchtgiftverkäufe von Anfang Jänner 2013 bis 3. August 2013 tatsächlich „ein Vermögen in der Höhe von zumindest 26.000 € erlangt hat“ (US 15 iVm US 27), und indem er ‑ ohne deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) einen Feststellungsmangel (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 600 ff) geltend zu machen ‑ auf Basis eigener Schlussfolgerungen die (urteilsfremde) Behauptung aufstellt, er hätte die dem Schuldspruch A./III./ zugrunde liegenden Taten „vorwiegend deshalb“ begangen, „um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu verschaffen“, verfehlt er den gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 593).

Aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO wird das als erschwerend angenommene „Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen“ (US 25) gerügt, weil dem Erstangeklagten damit hinsichtlich des Urteilsfaktums A./IV./ „die Begehungsform des Erwerbs neben der des Besitzes zweifach angelastet“ würde. Der Beschwerdeführer übersieht damit, dass ihm zu diesem Faktum wiederholte Angriffe in Bezug auf verschiedene Suchtgifte ‑ und damit zu Recht mehrfache Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG ‑ angelastet werden und er darüber hinaus auch mehrere Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Satz, Abs 4 Z 1 und Z 3 lit a und b StGB (C./) zu verantworten hat.

Soweit die Angeklagte Angy C***** G***** sowohl Feststellungen (Z 9 lit a) zu einer Beitragstäterschaft „zur Überlassung von Speed“ (in einer nicht näher bekannten Menge an nicht näher bekannte Personen) als auch deren Begründung (Z 5 vierter Fall) vermisst, ist sie darauf hinzuweisen, dass diese Tathandlungen nur dem gegen den Angeklagten Bernd L***** ergangenen Schuldspruch A./II./ (Punkte 4./ und 5./) zugrunde liegen, während ihr ein Beitrag bloß zu den Schuldsprüchen A./I./ und A./III./ (betreffend die Erzeugung von Delta‑9‑THC‑hältigem Marihuana und den Anbau von Cannabispflanzen; US 12 ff, siehe auch US 2 ff) angelastet wird (B./I./).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden (§

290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch von einer bloß mit Berufung geltend gemachten, den Angeklagten jedoch zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (Z 11 erster Fall; RIS‑Justiz RS0114233) hinsichtlich des Ausspruchs über den

Verfall überzeugt:

Lediglich in Ansehung der bei Bernd L***** sichergestellten Geldbeträge in Höhe von insgesamt 5.999,98 Euro ‑ und insoweit von der Berufung nicht angefochten ‑ geht aus dem Ersturteil zweifelsfrei hervor, dass ausschließlich der Erstangeklagte vom Verfallserkenntnis betroffen ist.

Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags haben die Tatrichter nicht klargestellt, wem gegenüber der Verfall ausgesprochen wurde. Auch fehlen eindeutige Feststellungen dazu, ob der für verfallen erklärte Pkw im Alleineigentum eines/einer der beiden Angeklagten oder in deren Miteigentum steht. Da nicht konstatiert wurde, dass auch die Zweitangeklagte (im Gegensatz zu Bernd L*****; vgl US 15) durch die Begehung der mit Strafe bedrohten Handlungen Vermögenswerte erlangte, fehlt somit eine hinreichende Entscheidungsgrundlage, ob und gegebenenfalls hinsichtlich welcher angeklagte Person ein 5.999,98 Euro übersteigender Betrag inklusive des Autos rechtsrichtig für verfallen erklärt wurde.

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur jeweils in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Bernd L***** und Angy C***** G***** in der rechtlichen Annahme mehrerer „Verbrechen“ der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (zweiter Satz) SMG beim Schuldspruch A./III./, in der Nichtannahme der Privilegierung des § 28a Abs 3 SMG und des § 28 Abs 4 SMG beim Schuldspruch B./I./ und in der Nichtvornahme der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch B./II./ erfassten Taten zur Gänze unter § 27 Abs 2 SMG, demgemäß im Strafausspruch gegen beide Angeklagten sowie in der Vorhaftanrechnung und in der Entscheidung über die Verlängerung einer Probezeit (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO), weiters im Einziehungserkenntnis hinsichtlich des „Netbook Acer Aspire One“ (US 6; ON 175 S 173 ‑ Pos 2) und „unbekannter Substanzen“ (US 7; ON 175 S 173 ‑ Pos 14 und 15, ON 205 S 3 ‑ Pos 1a), im Konfiskationserkenntnis sowie im Verfallserkenntnis betreffend Angi C***** G***** zur Gänze und betreffend Bernd L*****, soweit es bei ihm einen 5.999,98 Euro übersteigenden Betrag betrifft, aufzuheben.

In Ansehung des Angeklagten Bernd L***** war wie aus dem Spruch ersichtlich gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen, dass dieser durch die vom Schuldspruch A./III./ erfasste Tat das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 SMG begangen hat.

Unter Einbeziehung des unberührt gebliebenen Schuldspruchs wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sowie jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG und der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 erster und zweiter Satz, Abs 4 Z 1 und 3 lit a und b StGB war bei der demnach hinsichtlich Bernd L***** erforderlichen Strafneubemessung von folgenden Erwägungen auszugehen:

Das Erstgericht verhängte über Bernd L***** eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und zehn Monaten, wobei es das letzten Endes umfassende Geständnis sowie die Sicherstellung des Suchtgifts als mildernd und das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen, den raschen Rückfall, die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens, eine einschlägige Vorstrafe, die gewinnbringende Weitergabe, den langen Deliktszeitraum und die Tatbegehung während offener Probezeit als erschwerend wertete.

Diese grundsätzlich zutreffenden und vom Obersten Gerichtshof übernommenen Strafzumessungs-erwägungen waren jedoch ‑ worauf auch der Berufungswerber hinweist ‑ um den Milderungsgrund der Gewöhnung an Suchtmittel zu ergänzen (vgl Litzka/Matzka/Zeder, SMG2 § 27 Rz 109). Über den Erstangeklagten war daher eine Freiheitsstrafe von drei Jahren als dem Unrecht der Taten entsprechend und seiner Schuld angemessen zu verhängen.

Die bedingte Nachsicht eines Teils der verhängten Strafe gemäß § 43a Abs 4 StGB kam schon angesichts des sofortigen Rückfalls nicht in Betracht.

Zum weiteren Vorbringen der Berufung sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass der Umstand, die Tathandlungen hätten keine „harten Drogen“ zum Gegenstand gehabt, schon deshalb als Milderungsgrund nicht in Betracht kommt, weil dies schon im Wege der ‑ je nach der von den jeweiligen Sustanzen für das Leben oder die Gesundheit von Menschen ausgehenden Gefahr (vgl § 28b SMG) ‑ unterschiedlichen Grenzmengen nach der Suchtgift-Grenzmengenverordnung (SGV) Berücksichtigung findet (vgl RIS‑Justiz RS0102874).

Im darüber hinausgehenden Umfang der Aufhebung war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Im Übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten zu verwerfen.

Mit ihrer Berufung gegen das Verfallserkenntnis waren beide Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.

Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe waren der Angeklagte Bernd L***** auf die Strafneubemessung und die Angeklagte Angy C***** G***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Vorhaftanrechnung war dem Erstgericht zu überlassen.

Letztlich war ‑ mit Blick auf die nunmehr verhängte Freiheitsstrafe ‑ vom Widerruf der Bernd L***** gewährten bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 10 Hv 34/12i des Landesgerichts Leoben abzusehen und die Probezeit im Hinblick auf die gleichgelagerte Delinquenz auf fünf Jahre zu verlängern. Mit seiner impliziten Beschwerde gemäß § 498 Abs 3 StPO war der Erstangeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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