OGH 12Os53/19i

OGH12Os53/19i9.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Mario H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 18. Jänner 2019, GZ 27 Hv 134/18v‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00053.19I.0509.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mario H***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Danach hat er am 14. November 2018 im o*****, also auf deutschem Hoheitsgebiet (§ 64 Abs 1 Z 7 StGB [ON 7, 34]), unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhte, nämlich einer paranoiden Schizophrenie ICD F20, einhergehend mit psychotischem Geschehen, Mag. Angelina A***** durch die während einer Zugfahrt an diese gerichtete Äußerung „Handy weg, sonst bringe ich dich um“, somit durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, nämlich zur Wegnahme des von ihr am Mitteltisch abgelegten Handys, zu nötigen versucht, daher eine Tat begangen, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB zuzurechnen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausspruch bekämpft der Betroffene mit einer (nominell) auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Soweit die eine Todesdrohung bestreitende Subsumtionsrüge (nominell Z 10, inhaltlich Z 9 lit a) den Bedeutungs- oder Sinngehalt der inkriminierten Äußerung und damit die Tatfrage (Jerabek/Reindl‑Krauskopf/Ropper/Schroll in WK2 StGB § 74 Rz 34) releviert, orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht am festgestellten Sachverhalt des gerade in der Drohung mit dem Tod gelegenen Sinns der Äußerung (US 3; RIS-Justiz RS0099810).

Dass rein verbale Todesdrohungen nicht die Qualifikation nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB erfüllen könnten, wird ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz bloß behauptet (RIS-Justiz RS0116565). Die vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (AZ 14 Os 42/07v und 11 Os 59/07x) treffen diese Aussage nicht.

Indem der Rechtsmittelwerber die Eignung der inkriminierten Drohung bestreitet, dem Tatopfer begründete Besorgnisse in Richtung einer Tötung einzuflößen, legt er nicht dar, weshalb bei gebotener Gesamtbetrachtung der getroffenen Feststellungen (US 2 f, vgl auch US 5 vorletzter und letzter Absatz) – wonach dieses den mit „kaltem und leerem Blick“ auftretenden Betroffenen ebenso wenig kannte wie dessen Beweggründe für seine Äußerung – dieses bei unbefangener Betrachtung der Situation nach dem objektiven Maßstab eines besonnenen

Durchschnittsmenschen unter Mitberücksichtigung der in seiner Person gelegenen besonderen Umstände die Verwirklichung des angedrohten Übels nicht erwarten, dh keinesfalls den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei willens und in der Lage, diese Folgen, wenngleich nicht unbedingt genau unter den angekündigten Modalitäten, tatsächlich herbeizuführen (RIS-Justiz RS0092753 [T8]; Jerabek/Reindl‑Krauskopf/Ropper/Schroll in WK2 StGB § 74 Rz 33; Schwaighofer in WK² StGB § 106 Rz 2).

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

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