OGH 12Os48/19d

OGH12Os48/19d7.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2019 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sysel als Schriftführer in der Strafsache gegen Georg M***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 9. Jänner 2019, GZ 80 Hv 36/18k‑12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00048.19D.1107.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg M***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 18. April 2018 in W***** Lisa Maria K***** außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung, und zwar einer nicht bloß flüchtigen sexualbezogenen Berührung des Vaginal- und Brustbereichs, zu nötigen versucht, indem er ihr Gesäß kräftig zusammendrückte und, als diese zu flüchten versuchte, sie mit einer Hand am Handgelenk erfasste und in seine Richtung zog, während er ihr mit der anderen Hand den Mund zuhielt und sie aufforderte leise zu sein, wobei er trotz ihrer heftigen Gegenwehr erst von ihr abließ, als sich ein Fahrzeug näherte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge behauptet unter dem Titel der Unvollständigkeit die offenbar unzureichende Begründung (der Sache nach Z 5 vierter Fall) der Konstatierung der darauf gerichteten Absicht des Angeklagten, das Tatopfer gewaltsam zur Duldung fortgesetzter Betastungen zu verhalten, wobei er es durchaus nicht mit Betastungen des Gesäßes bewenden lassen wollte, sondern auch andere sexualbezogene Berührungen des Vaginal‑ bzw Brustbereichs vorgenommen hätte (US 3), und vermeint, dass den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen sei, wie sich durch das Ergreifen des Armes und durch Zuhalten des Mundes ein Vorsatz auf eine versuchte geschlechtliche Nötigung ergebe. Sie übergeht jedoch prozessordnungswidrig die Gesamtheit der im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl RIS‑Justiz RS0116732, RS0118317) stehenden tatrichterlichen Erwägungen (RIS‑Justiz RS0119370), wonach sich die angenommene Intention des Beschwerdeführers insbesondere aus dem bereits erfolgten intensiven Betasten des Gesäßes, dem Zuhalten des Mundes bei gleichzeitiger Aufforderung, leise zu sein, und der letztlich getätigten Äußerung, er würde wiederkommen, mit dem Opfer also noch keineswegs „fertig“ zu sein, und daraus ergebe, dass er von diesem erst abgelassen habe, als sich das Fahrzeug der Ulrike G***** genähert habe (US 5).

Dem weiteren Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider stellt es keine erhebliche und nur solcherart erörterungsbedürftige Tatsache (RIS‑Justiz RS0116877, RS0118316 [T1, T7]) dar, dass Lisa Maria K***** in der Hauptverhandlung die Ermächtigung zur Strafverfolgung für den Fall einer Qualifikation nach § 218 Abs 1a StGB erteilte (ON 11 S 9), weil dieser Umstand keinerlei Rückschluss auf die Intention des Nichtigkeitswerbers zum Tatzeitpunkt zulässt.

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) im Ergebnis im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen die tatrichterlichen Feststellungen bestreitet und aus diesen Überlegungen mangelnde Versuchsstrafbarkeit ableitet (vgl zum Beginn des Versuchsstadiums Philipp in WK 2 StGB § 202 Rz 18, § 201 Rz 40 ff) und eine Beurteilung des Tatgeschehens nach §§ 105 Abs 1, 218 Abs 1a StGB begehrt, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen

Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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