European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00029.17G.0518.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Daniel S***** und Günther H***** jeweils des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie am 10. Februar 2016 in K***** im einverständlichen Zusammenwirken Markus G***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, nämlich durch die Äußerungen: „Gib uns einen Tschick“ und „sollen wir dir deine Brieftasche wegnehmen?“, wobei Daniel S***** Markus G***** ein ca 20 Zentimeter langes Messer vorhielt, fremde bewegliche Sachen, nämlich Zigaretten und eine Brieftasche samt Bargeld, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abzunötigen versucht.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die Daniel S***** auf Z 5 und Z 5a, und Günther H***** auf Z 5, Z 5a, Z 9 lit a, Z 10 und Z 11, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen. Sie schlagen fehl.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Daniel S*****:
Deren Erledigung ist voranzustellen, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden (zu § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO siehe RIS‑Justiz RS0116733) und daher gesondert geltend zu machen sind, wobei der Nichtigkeitswerber unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen hat, durch die er sich für beschwert erachtet (vgl RIS‑Justiz RS0115902). Unklarheiten, die durch die von ihm selbst gewählte Art der gemeinsamen Ausführung der Mängel‑ (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) bedingt sein könnten, gehen demnach zu seinen Lasten (vgl § 285a Z 2 StPO).
Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, dass sich das Schöffengericht im Zusammenhang mit der Urteilsannahme, wonach beim Raubgeschehen ein Messer zum Einsatz gelangt sei (US 4), nicht mit der im (Parallel-)Verfahren gegen das Opfer Markus G***** getroffenen Konstatierung des (in der Hauptverhandlung am 23. Jänner 2017 gemäß § 252 Abs 2a StPO vorgetragenen [ON 27 AS 12]) Urteils des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. Juni 2016, AZ 72 Hv 5/16i, auseinandergesetzt habe. Dieser zufolge konnte nicht festgestellt werden, „ob eine der beiden Personen tatsächlich ein Messer in der Hand hatte“.
Die Beschwerdekritik geht daran vorbei, dass sich eine derartige Erörterungspflicht bloß auf (gerichtliche oder verwaltungsbehördliche) Entscheidungen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 430) beziehen kann, nicht aber in freier richterlicher Beweiswürdigung getroffene Feststellungen.
Mit der als übergangen reklamierten (Z 5 zweiter Fall) Aussage des Zeugen Richard P***** (ON 27 AS 11), wonach der Beschwerdeführer bei seiner polizeilichen Vernehmung am 19. Juli 2016 (vgl ON 4 AS 9 ff) kein Messer bei sich hatte, musste sich der Schöffensenat schon deshalb nicht befassen, weil dieser Umstand der Annahme, dass der Angeklagte einen solchen Gegenstand zur Tatzeit (am 10. Februar 2016) bei sich trug, nicht entgegensteht.
Dass aus der in der Hauptverhandlung vorgeführten Videoaufzeichnung auch andere als die von den Tatrichtern – auf Basis vernetzter Betrachtung mit den Angaben des Opfers logisch und empirisch einwandfrei – gezogenen Schlüsse möglich gewesen wären, bildet kein Begründungsdefizit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO (RIS‑Justiz RS0098362).
Soweit der Beschwerdeführer nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 5a) die unterbliebene Auswertung der Videoaufzeichnung durch einen Sachverständigen kritisiert, legt er nicht dar, wodurch er an diesbezüglicher Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (vgl RIS‑Justiz RS0115823).
Die kritisierte Annahme, wonach das beim Raub verwendete Messer 20 cm lang war, findet sich nur im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO (US 1) und ist daher kein Anfechtungsgegenstand einer Mängelrüge aus § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 14 f, 392). Im Übrigen spricht das Rechtsmittel insoweit auch keinen entscheidenden Umstand an.
Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) wird Nichtigkeit aus Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO nicht aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162).
Der (auf Basis eigenständiger Schlussfolgerungen erhobene) Beschwerdeeinwand, das Erstgericht hätte die– nach eigenen Angaben des Opfers „nicht sehr starke“ (ON 27 AS 9) – Alkoholisierung berücksichtigen müssen (Z 5 zweiter Fall), zumal diese „dermaßen stark“ gewesen sei, dass die den Vorfall aufnehmende Polizeibeamtin von seiner sofortigen Vernehmung in der Tatnacht abgesehen habe, geht schon deshalb ins Leere, weil sich ein – in Richtung des behaupteten Alkoholisierungsgrades weisendes – Verfahrensergebnis im bezughabenden (in der Hauptverhandlung vorgekommenen) Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos Klagenfurt vom 10. März 2016 (ON 2 in ON 2 AS 8 iVm AS 15 ff; vgl auch ON 10 in ON 2 AS 4) nicht findet.
Aus welchem Grund Erinnerungsschwächen dieses Zeugen bei seiner Aussage in der Hauptverhandlung aufgrund des seit dem Vorfall verstrichenen längeren Zeitraums erörterungsbedürftig gewesen sein sollten, macht die Beschwerde nicht deutlich.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther H*****:
Soweit die Mängelrüge (Z 5) der leugnenden Verantwortung des Angeklagten Günther H***** auf Basis eigener Beweiswerterwägungen zum Durchbruch zu verhelfen trachtet, bekämpft sie bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Zur Kritik (Z 5 zweiter Fall) an der unterbliebenen Berücksichtigung von Ergebnissen des Verfahrens AZ 72 Hv 5/16i des Landesgerichts Klagenfurt genügt der Verweis auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Daniel S*****.
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) bloß erneut versucht, durch eigenständige Interpretation der Beweisergebnisse die Urteilsannahme, wonach beim Raubgeschehen ein Messer zum Einsatz gelangte, in Zweifel zu ziehen, weckt sie keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen.
Die die Ausschaltung der Qualifikation nach § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10, nominell auch Z „9a“) gibt nicht bekannt, aus welchem Grund die Konstatierungen zur Kenntnis und zur konkludent während der Tatausführung erfolgten Billigung des Waffeneinsatzes durch den Angeklagten Daniel S***** (US 4) für die vorgenommene Zurechnung nicht hinreichen sollten (vgl Eder‑Rieder in WK² StGB § 143 Rz 14 mwN). Solcherart lässt die Beschwerde eine methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz vermissen (vgl RIS‑Justiz RS0116569).
Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) übersieht, dass das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 25. November 2016, GZ 79 Hv 81/16t‑48, auch Straftaten zum Gegenstand hat, die nach dem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 5. April 2016 (auf welches die angefochtene Entscheidung zutreffend Bedacht genommen hatte), GZ 13 Hv 18/16t‑11, nämlich am 20. April 2016 (Schuldspruchpunkt III./1./b./) und am 17. Mai 2016 (I./) begangen wurden und damit ihrerseits nicht durch das in § 31 Abs 1 StGB beschriebene Verhältnis verknüpft sind. Auf dieses Urteil hat das Erstgericht daher zu Recht nicht Bedacht genommen (vgl RIS‑Justiz RS0112524; Fabrizy StGB12 § 31 Rz 11).
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Daniel S***** und Günther H***** waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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