OGH 12Os212/10h

OGH12Os212/10h25.1.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Michel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kevin P***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 5. Oktober 2010, GZ 16 Hv 81/10w-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kevin P***** von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe am 13. März 2010 in St. U***** im Wohnhaus der Stadtgemeinde St. A*****, St. U*****, somit an einer fremden Sache, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er am Dachboden dieses Hauses an zwei Stellen Teppichreste und Isoliermaterial entzündete, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Staatsanwaltschaft macht (nominell aus Z 9 lit b, der Sache nach Z 9 lit a; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 562) geltend, nach den Urteilsfeststellungen liege der Strafaufhebungsgrund des (freiwilligen) Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB nicht vor.

Gründet das Gericht einen Freispruch auf die Annahme eines Strafaufhebungsgrundes, ohne ausreichende Feststellungen hinsichtlich sämtlicher objektiver und subjektiver Merkmale des Ausgangstatbestands zu treffen, so genügt es zur erfolgreichen Urteilsanfechtung nicht, dass sich die Staatsanwaltschaft ausschließlich gegen die rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts zum Strafaufhebungsgrund wendet. Vielmehr muss sie zur Erwirkung der Aufhebung des freisprechenden Erkenntnisses darüber hinaus hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, deren Feststellung für einen Schuldspruch notwendig ist, zu denen das Urteil aber keine Konstatierungen enthält, obwohl aufgrund des in der Hauptverhandlung Vorgekommenen Anlass zu entsprechenden Feststellungen bestand, aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO einen Feststellungsmangel geltend machen.

Dazu hat die Staatsanwaltschaft vorzubringen, dass konkrete, in der Hauptverhandlung vorgekommene - durch die Angabe der Fundstelle in den Akten zu bezeichnende (vgl RIS-Justiz RS0124172) - Verfahrensergebnisse Feststellungen indizieren, die im angefochtenen Urteil nicht getroffen wurden, auf deren Basis der Angeklagte aber eines bestimmten Vergehens oder Verbrechens schuldig zu erkennen wäre (vgl RIS-Justiz RS0118580, insbesondere 13 Os 18/10m, EvBl-LS 2010/137).

Soweit kein Anlass zu entsprechenden Feststellungen bestand, wäre eine auf Abweisung darauf bezogener Anträge gestützte Verfahrensrüge (Z 4) zu ergreifen.

Dadurch, dass die Rechtsmittelwerberin fallbezogen ihr Beschwerdevorbringen auf Ausführungen zu den Voraussetzungen des vom Erstgericht - ihrer Ansicht nach rechtsfehlerhaft - angenommenen Strafaufhebungsgrundes des Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 dritter Fall StGB beschränkt, keinen Feststellungsmangel in Ansehung von Tatbestandsmerkmalen reklamiert, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält (Z 9 lit a), und auch keine diesbezügliche Verfahrensrüge (Z 4) ausführt, wird ihre Nichtigkeitsbeschwerde den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht.

Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführerin eventualiter aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO einen Schuldspruch wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB anstrebt. Denn ohne Geltendmachung eines Feststellungsmangels in Ansehung des nach diesem Tatbestand erforderlichen Vorsatzes geht auch hier die Argumentation ins Leere, die Voraussetzungen tätiger Reue nach § 167 Abs 4 StGB lägen mangels rechtzeitiger vollständiger Schadensgutmachung nicht vor.

Daher erübrigt sich ein Eingehen auf die Kritik, wonach dem Schöffengericht bei der Annahme strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch der Brandstiftung ein Rechtsfehler unterlaufen sei. Das trifft auch auf den Einwand zu, „aus dem Akt“ ergäbe sich, dass die durch die Mutter des Angeklagten geleistete Schadensgutmachung erst nach der Ermittlungsaufnahme durch die Polizei - und damit verspätet - erfolgt wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war demnach in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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