OGH 12Os20/14d

OGH12Os20/14d8.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannes K***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 26. November 2013, GZ 24 Hv 50/13p‑38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch des Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Hannes K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Frühjahr 2010 in F***** Bestandteile seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen geschmälert, indem er im Verfahren AZ ***** des Bezirksgerichts F***** die im Verlassenschaftsverfahren nach seiner am 22. September 2009 verstorbenen Tante Rosemarie K***** (AZ ***** desselben Gerichts) angefallene Erbschaft im Umfang des Verkaufserlöses von Inhaberaktien der O***** AG im Ausmaß von 9.000 Euro nicht angab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 5a und „9“ stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Deren Erledigung ist, weil der Angeklagte unter beiden Nichtigkeitsgründen darauf Bezug nimmt, voranzustellen, dass Zeitpunkt des Erbfalls, der stets mit dem Tod des Erblassers zusammenfällt, der Zeitpunkt der Entstehung des Nachlasses ist, Zeitpunkt des Erbanfalls ist hingegen der der Entstehung des subjektiven Erbrechts (RIS‑Justiz RS0041415). Nur bei ‑ hier nicht gegebener ‑ Erbeinsetzung unter aufschiebender Bedingung (§ 703 ABGB) fallen Erbfall und Erbanfall auseinander. Der Zeitpunkt des Erbanfalls ist in der Regel ebenfalls der Tod des Erblassers, ab dem die Erbschaft zum Vermögen des Erben auch im Sinn des § 156 StGB zählt (RIS‑Justiz RS0094495). Schon vor Einantwortung der Verlassenschaft, mit welchem Zeitpunkt der Eigentumserwerb des Erben erfolgt, wird das Erbrecht ein für den Erben vermögenswertes Recht und damit Teil seines Vermögens, über das er unbeschränkt verfügen kann (RIS‑Justiz RS0012252).

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0099455, RS0119583; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449, 488 ff).

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz hätte abgeleitet werden sollen (RIS-Justiz RS0117247; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584).

Das ‑ im Übrigen wie dargelegt verfehlte ‑ rechtliche Vorbringen der Tatsachenrüge, dass im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Angeklagten am 19. April 2010 sowie einer Tagsatzung zum Zweck der Abstimmung über den Zahlungsplan am 13. Oktober 2010 mangels Vorliegens einer Erbantrittserklärung oder eines Einantwortungsbeschlusses die Erbschaft nach Rosemarie K***** noch nicht „angefallen“ gewesen sei, entspricht weder den dargelegten Kriterien der Z 5a noch jenen der Rechtsrüge, weil nicht an den Feststellungen des Erstgerichts (insb US 6) festgehalten und auf dieser Basis argumentiert wird (RIS‑Justiz RS0099810).

Soweit der Beschwerdeführer mit der Behauptung, er habe seine Verpflichtungen im Insolvenzverfahren mit Hilfe eines Darlehens seiner Schwester erfüllt und dessen Rückzahlung mit Mitteln aus der Verlassenschaft vorgenommen, weswegen die Gläubiger ohnehin keine höheren Beträge erzielen hätten können, die subjektive Tatseite bestreitet, bekämpft er bloß ‑ in dieser Form unzulässig ‑ die erstrichterliche Beweiswürdigung. Er übergeht überdies einerseits die erstgerichtliche Annahme, wonach die Gläubiger dem Zahlungsplan mit einer Quote von 7 % zustimmten, weil sie vom „Vorliegen keiner weiteren Vermögenswerte ausgegangen sind“ (US 7), sowie andererseits den Umstand, dass die Tat bereits mit der Quotenfestsetzung im Schuldenregulierungsverfahren des Bezirksgerichts F***** vollendet war (vgl 11 Os 28/11v, 11 Os 58/12g). Die These, dass die Gläubiger bei Kenntnis der Erbschaft dem Sanierungsplan ebenfalls zugestimmt hätten, wendet sich erneut bloß gegen die Beweiswürdigung ohne den Versuch zu unternehmen, aus den Akten erhebliche Bedenken abzuleiten.

Die mit dem Fehlen einer Verpflichtung zur Bekanntgabe des „möglichen Erbes“ im Insolvenzverfahren argumentierende Rechtsrüge leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die mit dem Tod der Erblasserin angefallene Erbschaft erst nach Abgabe der Erbantrittserklärung zum Vermögen des Angeklagten zählen sollte (vgl Kirchbacher in WK² § 156 Rz 7).

Das weitere Vorbringen, das Ausgleichserfordernis von 45.000 Euro im Schuldenregulierungsverfahren sei von der Schwester des Angeklagten darlehensweise zur Verfügung gestellt worden, sodass von einer Schädigung der Gläubiger und einem bezughabenden Vorsatz „keine Rede“ sein könne, orientiert sich nicht an den Urteilskonstatierungen (US 6‑8) und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung der materiell‑rechtlichen Nichtigkeit.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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