OGH 12Os177/85

OGH12Os177/8521.8.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Felix S*** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 2.August 1985, GZ 8 Vr 3112/84-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der pensionierte Landesbeamte Hofrat iR Dr. Felix S*** (I/) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und (II/) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Klagenfurt als Leiter der Abteilung für das Wohnungs- und Siedlungswesen des Amtes der Kärntner Landesregierung unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen

Gelegenheit

I/ in der Zeit von 1975 bis 1982 die ihm durch Gesetz eingeräumte Befugnis, durch die Vergabe von Wohnbauförderungsmitteln und die Gewährung einer begünstigten Rückzahlung sowie Kündigung von solchen über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch dem Land Kärnten Vermögensnachteile in einem insgesamt 100.000 S übersteigenden Betrag zugefügt, und zwar

1. in der Wohnbauförderungssache der Dr. Elisabeth H*** dadurch, daß er am 25.Juli 1979 die mangels einer regelmäßigen Wohnungsbenutzung ausgesprochene Darlehenskündigung trotz Fortbestehens der Kündigungsvoraussetzungen aufhob und der Förderungswerberin am 26.März 1980 eine im Hinblick auf die gesetzwidrige Kündigungsaufhebung unzulässige Rückzahlungsbegünstigung in der Form gewährte, daß 50 % der Darlehenssumme, somit ein Betrag von 115.859,95 S nachgelassen wurden;

2. in der Wohnbauförderungssache des Dr. Anton F*** dadurch, daß er am 16.Juli 1981 die mangels einer regelmäßigen Wohnungsbenutzung ausgesprochene Darlehenskündigung trotz Fortbestehens der Kündigungsvoraussetzungen aufheben und dem Förderungswerber am 12.Feber 1982 eine im Hinblick auf die gesetzwidrige Kündigungsaufhebung unzulässige Rückzahlungsbegünstigung in der Form gewähren ließ, daß 50 % der Darlehenssumme, somit ein Betrag von 157.318,50 S nachgelassen wurden;

3. in der Wohnbauförderungssache des Johann K*** dadurch, da er nach der durch die eigenhändige Eintragung zweier fiktiver Kinder in das schriftliche Förderungsbegehren bewilligten Erweiterung des Förderungsrahmens am 29.August 1977 einen auf Grund der tatsächlichen Kinderanzahl nicht zustehenden Annuitätenzuschuß für ein aufzunehmendes Darlehen in der Höhe von 20.000 S gewähren ließ;

4. in der Wohnbauförderungssache des Dr. Fridjolf M*** dadurch, daß er auf der Grundlage einer fiktiven, vom Förderungswerber gar nicht behaupteten zweiten Wohneinheit am 21. April 1980 ein auf Grund des tatsächlichen Bauzustandes nicht zustehendes weiteres Darlehen von 150.000 S gewähren ließ;

5. in der Wohnbauförderungssache des Walter und der Hemma W*** dadurch, daß er auf der Grundlage einer fiktiven Nutzfläche zunächst am 27.Oktober 1975 ein auf Grund der tatsächlichen Nutzfläche nicht zustehendes Darlehen von 200.000 S zusichern, dieses am 12. Jänner 1976 in einen gleichfalls nicht zustehenden Annuitätenzuschuß für ein aufzunehmendes Darlehen von 200.000 S umwandeln und schließlich am 17.Juni 1977 ein ebensowenig zustehendes weiteres Darlehen von 180.000 S gewähren ließ; II/ im August 1977 eine durch die unter I/3 angeführte Vorgangsweise, nämlich durch die eigenhändige Eintragung zweier fiktiver Kinder in das schriftliche Förderungsbegehren des Johann K***, verfälschte Urkunde durch Verwenden als Berechnungsgrundlage im Rechtsverkehr zum Beweis einer einen höheren Förderungsrahmen ermöglichenden Kinderanzahl gebraucht. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch - das Erstgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wobei es diese Strafe sowie die mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen bedingt nachsah - hat er Berufung ergriffen. Hinsichtlich der amtlichen Tätigkeit des Angeklagten traf das Erstgericht folgende, für die Beurteilung der rechtlichen Stellung des Angeklagten wesentliche Feststellungen:

Dr. S*** war seit 1970 Vorstand der Abteilung für das Wohnungs- und Siedlungswesen (Abteilung 9) des Amts der Kärntner Landesregierung. Als solcher hatte er Förderungsansuchen entgegenzunehmen, diese den entsprechenden Sachbearbeitern zuzuweisen und sodann nach Bearbeitung der Ansuchen durch die Sachbearbeiter nach Überprüfung des jeweiligen Aktes darüber zu entscheiden, ob ein Förderungsansuchen bewilligt oder abgelehnt wird und in welcher Höhe im Falle der Bewilligung ein Förderungsdarlehen gewährt wird. In jenen Fällen, in welchen ein Wohnbauförderungsdarlehen zugesichert werden konnte, wurde die Rohschrift von einem Sachbearbeiter verfaßt, ebenso der entsprechende Schuldschein; dieser wurde vom Angeklagten abgezeichnet und sodann dem zuständigen (politischen) Referenten der Landesregierung vorgelegt. Waren hingegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Förderungsmitteln nicht gegeben, so wurde die Ablehnung vom Sachbearbeiter vorerledigt und vom Angeklagten unterfertigt, ohne daß eine Vorlage an den politischen Referenten erfolgte. Aber auch in jenen Fällen, in denen das Förderungsansuchen bewilligt wurde und demnach die Vorlage an den politischen Referenten zur Unterfertigung (des Schuldscheines und der Zusicherung) durch diesen zu erfolgen hatte, war nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung der zuständige Abteilungsleiter (somit der Angeklagte) zur Gegenzeichnung verpflichtet, und zwar deshalb, damit auch der Abteilungsleiter die Verantwortung trägt; negative Bescheide hingegen wurden vom Abteilungsleiter allein unterschrieben (S 392, 393 dA). Die Verantwortung für die sachliche Erledigung aller Wohnbauförderungsansuchen lag einzig und allein im Bereich des Angeklagten, da letztendlich im Falle einer Bewilligung dem politischen Referenten nur die Schuldscheine und Zusicherungen vorgelegt wurden; Überprüfungen in sachlicher Richtung wurden vom politischen Referenten nicht mehr vorgenommen (S 395 dA). Ergänzend hiezu stellt das Erstgericht noch fest, daß nach dem Ausscheiden des Angeklagten aus dem aktiven Landesdienst die Wohnbauförderungsabteilung auf EDV umgestellt wurde und es seit dieser Umstellung nicht mehr erforderlich ist, daß bei Gewährung der Wohnbauförderung die Schuldscheine auch vom politischen Referenten unterfertigt werden; diesem werden vielmehr nur mehr Listen mit Namen und Beträgen zur Verfügung gestellt, während die Akten selbst monatlich dem Wohnbauförderungsbeirat vorgelegt werden (S 397 f dA). Soweit der Angeklagte in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit. a) bestreitet, in allen ihm unter Punkt I/ des Schuldspruchs zur Last liegenden Fällen befugt gewesen zu sein, über fremdes (nämlich des Landes Kärnten) Vermögen zu verfügen (oder das Land Kärnten zu verpflichten), sodaß er nicht Deliktssubjekt einer (zum Nachteil des Landes Kärnten begangenen) Untreue sein könne, so übersieht er zunächst, daß er als Leiter der Abteilung 9 des Amtes der Kärntner Landesregierung jedenfalls (allein) befugt war, über die Kündigung von Wohnbauförderungsdarlehen sowie über die Rücknahme solcher Kündigungen, über die Gewährung begünstigter Rückzahlungen (Urteilfakten I/1 und 2) sowie über die Ablehnung von Förderungsansuchen zu entscheiden. In Ansehung der ihm in diesen Belangen angelasteten mißbräuchlichen Ausübung seiner Befugnisse kann demnach kein Zweifel an seiner Stellung als Machthaber (und damit am Vorliegen der von § 153 StGB geforderten besonderen persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse des Täters) bestehen, wie dies auch die Generalprokuratur zutreffend hervorhebt. Richtig ist, daß derjenige, der Entscheidungen anderer bloß vorzubereiten hat, ohne eine eigene rechtliche (Mit-)Entscheidungsbefugnis eingeräumt erhalten zu haben, nicht (unmittelbarer) Täter des Delikts nach § 153 StGB sein kann, eben weil er nicht in jenem besonderen Pflichtenverhältnis steht, auf das dieses Delikt abstellt (vgl. Kienapfel BT II § 153 Rz. 12, 13, 32, 33; Leukauf-Steininger Komm. 2 § 153 RN 2, 7; ÖJZ-LSK 1977/295 ua). Daß der Angeklagte in jenen Fällen, in denen (unzulässig) Wohnbauförderungsdarlehen bzw. Annuitätenzuschüsse bewilligt wurden (Urteilsfakten I/3, 4 und 5), als Vorstand der Abteilung 9 des Amtes der Kärntner Landesregierung, mithin als leitender Beamter dieses Amtes in Ausübung privatwirtschaftlicher Agenden des Landes, keine eigene rechtliche (Mit-)Entscheidungsbefugnis hatte, sondern nur mit der Vornahme (bloß) manipulativer oder vorbereitender Akte betraut war, kann nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen in Verbindung mit den zu den Tatzeiten geltenden Organisationsvorschriften des Amtes der Landesregierung nicht gesagt werden. Zuständig für die Gewährung der Wohnbauförderung ist gemäß § 28 Wohnbauförderungsgesetz 1968 die Landesregierung als das oberste Organ des Landes als Träger von Privatrechten (§ 1 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Kärntner Landesregierung LGBl. 1975/79). Da die in Rede stehenden Agenden nicht der kollegialen Beschlußfassung durch die Landesregierung bedürfen (§ 3 der zit. Geschäftsordnung), sind sie (gemäß § 4 Abs. 2 der zit. Geschäftsordnung) von dem nach der getroffenen Referatseinteilung zuständigen Mitglied der Landesregierung (Referent) selbständig zu erledigen. Inwieweit sich dieser (politische) Referent durch Beamte (des Amtes der Landesregierung) vertreten lassen kann, wird durch die Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung bestimmt (§ 5 der Geschäftsordnung der Landesregierung). Diese wiederum (Geschäftsordnung des Amtes der Kärntner Landesregierung LGBl. 1971/81 idF LGBl. 1972/21) sieht vor, daß die Bearbeitung der vom Amt der Landesregierung zu besorgenden Aufgaben in den Abteilungen zu erfolgen hat (§ 5), wobei die Abteilungsvorstände das nach der Referatseinteilung zuständige Mitglied der Landesregierung in den auf die Abteilung aufgeteilten Geschäften zu vertreten haben, sofern in der Geschäftsordnung oder durch Weisung nichts anderes bestimmt ist (§ 6 Abs. 2). Der Abteilungsvorstand hat den Dienstbetrieb seiner Abteilung zu leiten und insbesondere für die ordnungsgemäße Erledigung der Arbeiten zu sorgen (§ 6 Abs. 4 und 5). Grundsätzlich ist er, soweit sich nicht der politische Referent die Genehmigung der Erledigung vorbehalten hat, befugt, die Erledigungsentwürfe seiner Abteilung (allein) zu genehmigen (§ 11 Abs. 8 iVm Abs. 3). Daraus folgt aber, daß dem Abteilungsvorstand hinsichtlich aller in den Zuständigkeitsbereich seiner Abteilung fallenden Agenden eine rechtliche Entscheidungsbefugnis (kraft Verordnung) eingeräumt ist, die er allerdings, soweit sich der nach der Referatseinteilung der Landesregierung zuständige politische Referent Genehmigungsakte vorbehalten hat, nicht allein ausüben darf. Da zum Geschäftskreis der Abteilung 9, als deren Vorstand der Angeklagte fungierte, (unter anderem) die Wohnbauförderung ressortierte (Geschäftseinteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung LGBl. 1975/81), erstreckte sich die Entscheidungsbefugnis des Angeklagten auf alle diese Materie betreffenden Angelegenheiten. Daß sich der zuständige politische Referent (hier: Landeshauptmannstellvertreter F***) die Unterfertigung der Zusicherung des Darlehens und des Schuldscheines vorbehalten hat (vgl. S 395 dA), vermag daran nichts Entscheidendes zu ändern, weil es für das Vorhandensein der rechtlichen (Mit-)Entscheidungsbefugnis des Angeklagten keine Rolle spielt, daß an seinen Vollziehungsaufgaben als leitender Landesbeamter noch andere Organe des Landes mitzuwirken hatten (JBl. 1980, 49 f). Zwar trifft es - entgegen der Rechtsmeinung des Schöffengerichtes - nicht zu, daß die Unterfertigung der Zusicherung und des Schuldscheines durch den politischen Referenten (Landeshauptmannstellvertreter F***) bloß ein "reiner Formalakt" gewesen sei (S 441 dA); im Ergebnis richtig erkannt hat aber das Erstgericht, daß dem Angeklagten (nach dem oben Gesagten) zufolge seiner dienstlichen Stellung als Abteilungsvorstand der Abteilung 9 (auch) in den Urteilsfakten I/3, 4 und 5 eine rechtliche Verfügungsmacht im Sinn des § 153 StGB eingeräumt war, sodaß er für deren Mißbrauch als unmittelbarer Täter haftet, womit sich aber ein Eingehen auf die von der Generalprokuratur aufgeworfene Frage seiner allfälligen Haftung (bloß) als Bestimmungs- oder Beitragstäter erübrigt.

Rechtliche Beurteilung

Berechtigt ist die Beschwerde (Z 9 lit. a) hingegen, soweit sie den Ausspruch des Gerichtes bekämpft, die rechtswidrige Bewilligung von Förderungsmitteln habe einen Vermögensschaden des Landes Kärnten zur Folge gehabt. Das Erstgericht ist nämlich davon ausgegangen, daß dem Machtgeber ein Vermögensnachteil auch in jenen Fällen erwachsen sei, in denen den Förderungswerbern Wohnbauförderungsdarlehen gewährt worden sind; in der Wohnungsförderungssache des Dr. Fridjolf M*** sei durch Vergabe eines weiteren Darlehens von 150.000 S für eine zweite fiktive Wohneinheit und in der Wohnungsförderungssache des Walter und der Hemma W*** durch Gewährung eines Zusatzdarlehens von 180.000 S zu dem für ein Darlehen von 200.000 S bereits gewährten Annuitätenzuschuß für eine den Förderungsbedingungen nicht entsprechende Wohnung mit einer 130 m 2 übersteigenden Nutzfläche dem Land Kärnten ungeachtet der späteren Rückzahlung der Darlehen zumindest ein ziffernmäßig nicht feststellbarer Schaden in Form von Zinsenverlusten und im Fall W*** auch ein Schaden in Höhe der rechtswidrig gewährten Annuitätenzuschüsse zugefügt worden (S 434, 438 dA). Durch die gesetzwidrige Verteilung von Wohnbauförderungsmitteln an einen an sich kreditwürdigen Förderungswerber ist zwar eine Zweckentfremdung öffentlicher Mittel bewirkt worden und es sind im Hinblick auf die im Wohnbauförderungsgesetz bzw. im Kärntner Landesgesetz vom 17.Dezember 1971, mit dem ein Wohn- und Siedlungsfonds für das Land Kärnten errichtet wurde, vorgesehene Zweckbestimmung konkrete Rechte des Landes Kärnten beeinträchtigt worden. Damit ist aber - wirtschaftlich betrachtet - nicht (zwangsläufig) auch eine effektive Vermögenseinbuße auf Seiten des Darlehensgebers verbunden. Abgesehen davon, daß nach den Urteilsannahmen die Wohnbauförderungsmittel des Landes Kärnten stets zur Gänze ausgeschöpft worden sind (vgl. S 397 dA), sodaß für eine zinsbringende Anlegung gar keine Förderungsmittel vorhanden gewesen wären, hat nämlich die Zuteilung von Förderungsmitteln an einen rückzahlungswilligen und rückzahlungsfähigen, formell aber nicht berechtigten Darlehensnehmer (für sich allein) noch keinen Vermögensschaden des Darlehensgebers zur Folge. Wohl aber könnte dem Angeklagten, worauf im zweiten Rechtsgang Bedacht zu nehmen wäre, eine in Beziehung auf ein Amtsgeschäft begangene Täuschung nach § 108 Abs. 1 und Abs. 2 StGB angelastet werden, falls er durch sein Verhalten dem Land Kärnten absichtlich einen Schaden an konkreten Rechten zugefügt haben sollte.

Anders verhält es sich bei Förderungen durch Annuitätenzuschüsse. Da solche Zuschüsse von den Förderungswerbern der öffentlichen Hand nicht zurückerstattet werden müssen, erleidet der Rechtsträger, wenn solche gesetzlich gebundenen Förderungsmittel ihrer Bestimmung entzogen werden, einen Verlust an Vermögenssubstanz in Höhe der rechtswidrig ausbezahlten Zuschüsse (vgl. 13 Os 93/84). In der Wohnbauförderungssache des Walter und der Hemma W*** hatte demnach die Gewährung von Annuitätenzuschüssen aus Mitteln des Wohn- und Siedlungsfonds für das Land Kärnten einen Schaden von 75.556 S zur Folge (S 437 dA). In der Wohnbauförderungssache Johann K*** würde bei Anwendung dieser Grundsätze der Vermögensschaden des Landes Kärnten dem Betrag der Annuitätenzuschüsse für jene 20.000 S aus dem Hypothekardarlehen der R*** F*** IM R*** (S 418 dA) entsprechen, um welche der laut den - für Förderungen nach dem Wohnbauförderungsgesetz und aus dem Wohn- und Siedlungsfonds des Landes Kärnten gleicherweise

geltenden - Richtlinien des Wohnbauförderungsbeirates für das Land Kärnten (§ 24 WFG und § 12 des Gesetzes vom 17.Dezember 1971, Ktn.LGBl. 7/1972, Richtlinien für die Förderung von Eigenheimen des Wohnbauförderungsbeirates vom 19.Dezember 1974, Punkt A) zulässige Gesamtförderungsrahmen von insgesamt 380.000 S überschritten worden ist (vgl. S 423 f dA). Die Annahme eines Schadens in der Höhe von 20.000 S statt in der Höhe der Annuitätenzuschüsse für ein Darlehen von 20.000 S ist hingegen rechtsirrig.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer des weiteren (und insbesondere), daß das Erstgericht zum Schuldspruch wegen Untreue (I/ des Spruches) keine Feststellungen darüber getroffen hat, daß der Angeklagte mit dem Vorsatz gehandelt hat, dem Land Kärnten einen Vermögensnachteil zuzufügen.

Zunächst hat sich das Erstgericht in keiner Weise mit der Frage befaßt, ob der Angeklagte bei der gesetzwidrigen Aufhebung der Kündigung der Wohnbauförderungsdarlehen der Dr. Elisabeth H*** und des Dr. Anton F*** und bei der darauffolgenden Gewährung von Schuldnachlässen in Höhe von 50 % der Darlehenssummen (Urteilsfakten I/1 und 2) eine Schädigung des Landes Kärnten in seinen Vorsatz aufgenommen hat. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß die Rücknahme einer Kündigung einerseits und die Bewilligung einer Sonderbegünstigung für die vorzeitige Darlehensrückzahlung gemäß dem Bundesgesetz vom 16.Juli 1971, BGBl. Nr. 336, andererseits zwei voneinander getrennte Rechtsakte darstellen. Den Urteilsannahmen zufolge sind die Kündigungen der beiden genannten Darlehen gemäß § 13 Abs. 1 lit. a und d WFG zu Recht erfolgt und vom Angeklagten (unbeschadet einer strafrechtlichen Mitverantwortlichkeit eines allfälligen Weisungsgebers oder Weisungsberechtigten) als Machthaber des Landes Kärnten unter bewußter Mißachtung der gesetzlichen Bestimmungen rückgängig gemacht worden. Dieser Mißbrauchsakt hatte jedoch zunächst noch keinen Vermögensnachteil des Machtgebers zur Folge; der Darlehensgeber ist auf diese Weise nur daran gehindert worden, zufolge der Kündigungen vorzeitig zurückzuerstattende Wohnbauförderungsdarlehen anderweitig zu vergeben, sodaß durch die Vorgangsweise des Angeklagten lediglich Dritte in ihren Förderungsansprüchen verkürzt worden sein konnten. Ein Schaden kann dem Land Kärnten erst durch den mit der vorzeitigen Darlehensrückzahlung verbundenen Nachlaß von 50 % des Kapitalbetrages erwachsen sein. Die Höhe eines solchen, allenfalls eingetretenen Schadens ist jedoch nicht gleich der nachgelassenen Darlehensschuld, es müßte vielmehr der Zinsenvorteil durch die vorzeitige Rückzahlung eines Teiles des Darlehens angerechnet werden. Eine begünstigte Rückzahlung darf gemäß § 1, 2 und 5 des Bundesgesetzes vom 16.Juli 1971 über die einmalige Gewährung einer Sonderbegünstigung für die vorzeitige Rückzahlung von Wohnbaudarlehen der öffentlichen Hand, BGBl. 336, in Verbindung mit § 8 Abs. 2 WFG nicht gewährt werden, wenn das Darlehen vom Darlehensgeber aus einem der in den §§ 12 und 13 WFG genannten Gründen gekündigt wird. Daraus folgt, daß eine Bewilligung der genannten Sonderbegünstigung grundsätzlich zulässig gewesen ist, sobald die Kündigung weggefallen war. Für sich allein betrachtet wäre daher in der Gewährung der begünstigten Darlehensrückzahlung nach einer Rücknahme der Kündigung, wie in der Beschwerde an sich zutreffend aufgezeigt wird, auch dann kein Befugnismißbrauch gelegen, wenn die Kündigung bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen aufrechtzuerhalten gewesen wäre. Stellen doch die Verfügungen des Angeklagten, mit welchen die ausgesprochenen Kündigungen rückgängig gemacht worden sind, zwar gesetzwidrige, doch rechtswirksame, den Machtgeber bindende Rechtshandlungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (vgl. 12 Os 73/82 = JBl. 1983, 443) dar.

Der aus den gewährten Schuldnachlässen allenfalls resultierende Vermögensnachteil des Landes Kärnten könnte deshalb dem Angeklagten nur dann angelastet werden, wenn er schon im Zeitpunkt der mißbräuchlichen Kündigungsrücknahmen auch geplant hat, den Darlehensnehmern die Vorteile der vorzeitigen Darlehensrückzahlung zukommen zu lassen, und somit beide Rechtshandlungen von einem einheitlichen Vorsatz des Angeklagten umfaßt gewesen sind. Konstatierungen, wonach die rechtswidrige Rücknahme der Kündigungen und die den betreffenden Erklärungen folgende, an sich gesetzeskonforme Gewährung der begünstigten Darlehensrückzahlungen vom Angeklagten in Verfolgung eines einheitlichen Tatplanes verfügt worden sind, und der Angeklagte demnach schon bei Setzung des ersten Rechtsaktes durch künftige Schuldnachlässe auch einen Vermögensnachteil seines Machtgebers herbeiführen wollte, sind vom Schöffengericht jedoch nicht getroffen worden, obwohl insbesondere in der Wohnungsförderungssache des Dr. Anton F*** (Punkt I/2 des Schuldspruches) durch Verfahrensergebnisse das Vorliegen eines auch schon die Zufügung eines Vermögensschadens des Landes Kärnten umfassenden Gesamtvorsatzes indiziert gewesen ist; hat doch Dr. Anton F*** - im Unterschied zu

Dr. Elisabeth H*** - Ansuchen um Gewährung der vorzeitigen Rückzahlung seines Wohnbauförderungsdarlehens beim Amt der Kärntner Landesregierung bereits am 25.April 1980 und am 10.Dezember 1980, mithin zu einem Zeitpunkt gestellt, als die vom Angeklagten ausgesprochene Kündigung dieses Wohnbauförderungsdarlehens noch aufrecht gewesen ist (vgl. S 410 ff dA).

Das Erstgericht hat es darüber hinaus aber überhaupt unterlassen, festzustellen, ob der Angeklagte mit dem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) gehandelt hat, dem Machtgeber, also dem Land Kärnten, einen Vermögensschaden zuzufügen. Bei den Feststellungen zu den einzelnen Fakten (I/1 bis 5) wird zu dieser Frage keine Stellung genommen. Lediglich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wird (global) ausgeführt, daß die "Schädigungsabsicht" gegeben sei, weil dem Angeklagten bewußt war, daß durch die rechtswidrige Bewilligung von Förderungsmitteln ein Schaden zum Nachteil des Darlehensgebers eintritt (S 441 dA). Dieses Wissen des Angeklagten um die Möglichkeit der Deliktsverwirklichung reicht zur Annahme vorsätzlichen Handelns nicht aus. Die gewählte Formulierung erfaßt nur die Wissenskomponente, nicht aber auch die Willenskomponente des (bedingten) Vorsatzes (vgl. Leukauf-Steininger aaO RN 16 und 17 zu § 5 StGB), denn im Gegensatz zur bewußten Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 2 StGB) erfordert vorsätzliches Handeln auch, daß sich der Täter mit der Verwirklichung des Tatbildes abfindet. Auch läßt die zitierte Urteilspassage nicht eindeutig erkennen, ob sie auch die Bewilligung von Annuitätenzuschüssen und nicht nur die von Förderungsdarlehen umfaßt, weil das Erstgericht nur vom "Schaden zum Nachteil des Darlehensgebers" spricht.

Mangels ausreichender Feststellungen zur subjektiven Tatseite war somit eine Aufhebung des (gesamten) Schuldspruchs wegen des Verbrechens der Untreue (Urteilsfaktum I/) unvermeidlich. Die Strafbarkeit der dem Angeklagten angelasteten Urkundenfälschung (Urteilsfaktum II/) würde isoliert betrachtet verjährt sein, sodaß der Schuldspruch wegen dieser weiteren Tat nicht für sich allein bestehen bleiben kann. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers käme aber bei einem Schuldspruch wegen Untreue in Ansehung zeitlich nachfolgender Tathandlungen § 58 Abs. 2 StGB sehr wohl zum Tragen, weil eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Straftat (§ 71 StGB) auch dann anzunehmen sein würde, wenn diese auf einen gleichartigen verwerflichen Beweggrund zurückzuführen wäre. In diesem Fall stünde der Strafaufhebungsgrund der Verjährung einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung nicht entgegen. Richtig ist allerdings, daß die Verhaltensweise des Angeklagten nicht den Tatbestandsmerkmalen des Abs. 2 des § 223 StGB, sondern jenen des ersten Absatzes der genannten Gesetzesstelle entspricht, weil der Gebrauch einer unechten oder verfälschten Urkunde voraussetzt, daß die Urkunde entweder dem Beweisadressaten zugänglich gemacht wird, oder daß der Täter, in dessen unmittelbarem Machtbereich sich die Urkunde befindet, sich auf diese beruft und durch deren rechtserhebliche Verwendung, mag diese auch bloß im behördeninternen Bereich geschehen (vgl. 13 Os 4/79 = ÖJZ-LSK 1979/227), eine rechtserhebliche Reaktion eines anderen bezweckt (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 223 RN 33), also einen anderen durch Täuschung über die Echtheit der Urkunde zu einem bestimmten Verhalten im Rechtsverkehr veranlassen will (vgl. Kienapfel im WK, § 223 Rz. 225). Mit der bloßen Heranziehung der eigenmächtig vorgenommenen Ergänzung des Förderungsbegehrens des Johann K*** als eigene Entscheidungsgrundlage bei der Bewilligung eines dem Förderungswerber nicht zustehenden erhöhten Darlehensbetrages hat der Angeklagte daher die von ihm durch eigenhändige Eintragung zweier nicht existenter Kinder verfälschte Urkunde nicht im Rechtsverkehr gebraucht.

Es war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285 e StPO der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sofort Folge zu geben, das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte