OGH 12Os154/07z

OGH12Os154/07z21.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Februar 2008 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Lässig, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Josef S***** und weitere Angeklagte wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Anton R***** und Harald F***** sowie der Staatsanwaltschaft und die Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 31. Mai 2006, GZ 38 Hv 146/04m-60, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Nordmeyer, der Angeklagten Mag. Josef S*****, Johann St***** und Harald F***** sowie deren Verteidiger Dr. N. Vavrovsky und Dr. Illichmann, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Anton R***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Anton R***** sowie in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Umfang des Mag. Josef S***** betreffenden Freispruchs sowie des Anton R***** betreffenden Schuldspruchs zur Gänze und des Harald F***** betreffenden Schuldspruchs wegen Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt in den Jahren 1997 und 1998 sowie im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land in den Jahren 1998 und 1999, demgemäß auch in den Anton R***** und Harald F***** betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Salzburg zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Harald F***** und der Staatsanwaltschaft sowie die darüber hinausgehende Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land werden verworfen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Anton R***** und Harald F***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Harald F***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Zweitangeklagte Anton R***** (Punkt 1. des Schuldspruchs) und der Viertangeklagte Harald F***** (Punkt 2. des Schuldspruchs) jeweils der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung als Beitragstäter nach §§ 11 dritter Fall, 33 Abs 1, Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt. Hingegen wurden der Erstangeklagte Mag. Josef S***** und der Drittangeklagte Johann St***** von der Anklage, sie hätten in Obertrum vorsätzlich durch Verschleierung von Schwarzeinkäufen zur Begehung von Abgabenhinterziehungen (zu ergänzen: der von ihnen belieferten Gastwirte als Wiederverkäufer) nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG (Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichteinbekennen von Getränkeerlösen in „ihren" Abgabenerklärungen und Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen) beigetragen, und zwar Mag. Josef S***** (Punkt 1. des Freispruchs) von 1991 bis 1999 als Inhaber der „protokollierten Firma" Josef S***** durch Anweisungen an Untergebene im Ausmaß eines Verkürzungsbetrags von insgesamt 5,333.816 S (387.623,53 EUR) und Johann St***** (Punkt 2. des Freispruchs) als Expeditleiter von 1991 bis 31. Dezember 1994 durch Anweisungen an die „Ausfahrer zum weiteren Vollzug bei den Getränkelieferungen" im Ausmaß eines Verkürzungsbetrages von insgesamt 2,193.470 S (159.405,68 EUR) „gemäß § 259 Z 3 StPO" [vgl dementgegen RIS-Justiz RS0120367; zum verfehlten Freispruch von der rechtlichen Kategorie Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1] freigesprochen (US 13).

Zusammengefasst dargestellt und auf die für das Nichtigkeitsverfahren relevanten Punkte beschränkt haben

Anton R***** (Schuldspruch 1.) von 1991 bis 1999 im Verkaufsinnendienst durch „Anweisung auf Durchführung" an seine Untergebenen zur Hinterziehung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben und Verkürzungen durch als unmittelbare Täter agierende Gastwirte im Gesamtausmaß von 8,246.176 S (599.272,98 EUR) beigetragen, darin enthalten Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge für die Veranlagungsjahre 1997 und 1998 im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt von 310.418 S (22.558,96 EUR) und im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land von 317.240 S (23.054,73 EUR) sowie verkürzte Umsatzsteuervorauszahlungen im (laut Urteilsspruch) gleichen Zeitraum (vgl aber dazu die Anklageschrift S 296/I) im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt von 375.978 S (27.323,87 EUR) und im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land von 107.265 S (7.795,25 EUR);

Harald F***** (Schuldspruch 2.) als Expeditleiter ab 1. Mai 1995 bis 1998 durch „Anweisungen zum weiteren Vollzug" an die Getränkeausfahrer zur Hinterziehung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben und Verkürzungen durch als unmittelbare Täter agierende Gastwirte im Gesamtausmaß von 4,472.073 S (324.998,22 EUR) beigetragen, darin enthalten Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge für die Veranlagungsjahre 1997 und 1998 im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt von 310.418 S (22.558,96 EUR) und verkürzte Umsatzsteuervorauszahlungen im (laut Urteilsspruch) gleichen Zeitraum von 375.978 S (27.323,87 EUR), weiters im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge für das Veranlagungsjahr 1998 von 35.419 S (2.574 EUR) und verkürzte Umsatzsteuervorauszahlungen im gleichen Zeitraum von 93.865 S (6.821,44 EUR) und für das Jahr 1999 von 13.400 S (973,82 EUR).

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Schuldsprüche richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Anton R***** und die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Viertangeklagten Harald F*****. Gegen die Freisprüche wenden sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Anton R*****:

Im Recht ist die nominell auch auf die Z 5a gestützte Kritik der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), dem angefochtenen Urteil mangle es an ausreichenden Gründen für die Feststellung, der Beschwerdeführer habe die inkriminierte Vorgangsweise nicht nur gekannt und ausdrücklich gebilligt, sondern sogar gefordert (US 16). Im Gegensatz zum Viertangeklagten, dessen Tatbeitrag detaillierter dargestellt wird (US 15), beschränkt sich das Erstgericht beim Zweitangeklagten auf den Hinweis, er habe seine Untergebenen „angewiesen" (US 2), er sei seit 33 Jahren in dem Unternehmen tätig und habe sämtliche Abteilungen „durchgemacht" (US 16 und 18). Weiters konstatierten die Tatrichter, der Rechtsmittelwerber sei seit 1988 im Bereich des Expedits tätig gewesen; dort habe es allerdings keinen direkten Leiter gegeben, weil dieser Bereich direkt dem Erstangeklagten unterstellt war. Darüber hinaus habe der Zweitangeklagte „über alle Tätigkeiten in dieser Abteilung Bescheid" gewusst. Ab 1991 sei ein Kontrollor eingestellt worden, der auch Leiter des Verkaufsinnendienstes gewesen sei, in welcher Funktion der Nichtigkeitswerber Ende März 1997 folgte (US 16 f). Woraus sich hingegen konkret ergeben soll, dass der Zweitangeklagte die Praxis der Barverkäufe - abgesehen von einem ausdrücklich konstatierten Versuch der Einschränkung dieser Vorgangsweise (US 16) - beeinflusst habe, geht aus dem Urteil nicht hervor. Dieses setzt sich zudem mit Beweisergebnissen nicht auseinander, denen zufolge der Beschwerdeführer in einem beträchtlichen Teil des schuldspruchrelevanten Zeitraums gar nicht im Bereich des Expedits tätig gewesen ist und mit den Barverkäufen somit nichts zu tun gehabt habe (S 56, 70 f und 78/III), sodass der angefochtenen Entscheidung auch der inhaltlich in der Verfahrensrüge ausgeführte Nichtigkeitsgrund nach Z 5 zweiter Fall anhaftet.

Da unter Berücksichtigung des berechtigten Beschwerdevorbringens ein Entfall der Gerichtszuständigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, war gemäß § 289 StPO der Schuldspruch und demgemäß auch der Strafausspruch in Ansehung des Zweitangeklagten zur Gänze aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Eines Eingehens auf die weiteren Einwände des Zweitangeklagten bedurfte es daher nicht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Viertangeklagten Harald F*****:

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der in der Hauptverhandlung vom 5. April 2006 gestellte (S 95 f/III) und am 31. Mai 2006 wiederholte (S 248 f/III) Antrag auf Einholung eines Buchsachverständigengutachtens zu Recht abgewiesen, woran auch die unzutreffende Begründung des Erstgerichts - sowohl in der Hauptverhandlung wie im Urteil - unter dem Aspekt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nichts ändert (vgl RIS-Justiz RS0116749). Nach dem allein maßgeblichen Wortlaut des in der Hauptverhandlung erstatteten Vorbringens (vgl RIS-Justiz RS0099618), die strafbestimmenden Wertbeträge seien „wesentlich geringer" als von den Finanzbehörden ermittelt, sie lägen „in allen Fällen unterhalb der Grenze für die Gerichtszuständigkeit", den „bisherigen Berechnungen der Privatbeteiligten könne kein Glaube mehr geschenkt werden" und schließlich, die Beträge seien in unzulässiger Weise durch Schätzung ermittelt worden, obwohl eine „Vollerhebung" möglich gewesen wäre, war dieses unsubstantiierte Begehren bloß auf die Aufnahme eines im Stadium der Hauptverhandlung unzulässigen Erkundungsbeweises gerichtet (vgl 11 Os 20/02, 15 Os 44/97 ua). Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, anlässlich der Antragstellung konkret auszuführen, aus welchen Gründen die von den Finanzämtern ohnehin offen gelegten und detailliert dargestellten (vgl insbesondere ON 41 und zuletzt ON 55 ff) Berechnungsmethoden zu unrichtigen Ergebnissen geführt haben sollen und weshalb ein gerichtlich bestellter Gutachter zu einem anderen Resultat hätte gelangen können, zumal nach den Angaben des Zeugen Rudolf L*****, auf welche sich die Argumentation des Rechtsmittelwerbers ersichtlich stützt, eine Zuordnung der Barlieferscheine zu den einzelnen Kunden (den unmittelbaren Tätern) bloß „in den meisten Fällen" möglich war (S 86/III). Überdies schränkte der Zeuge seine ursprüngliche Aussage, es seien „die kompletten Lieferscheine EDV-mäßig erfasst" worden, später (S 90/III) über ausdrückliches Befragen ein („meines Wissens ... schon"), wobei er sich auch nur auf drei Abgabenjahre bezog. Die Frage nach der - gemäß § 184 Abs 3 BAO zumindest ex-ante zufolge evidenter Unvollständigkeit der von den einzelnen Gastwirten geführten Buchhaltungen indizierten - Zulässigkeit der abgabenbehördlichen Schätzungen ist eine solche nach deren rechtlichen Voraussetzungen und sagt per se über die Richtigkeit des ermittelten Ergebnisses nichts aus.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider beschränkt sich die Begründung des Erstgerichts zur Annahme vorsätzlicher bzw wissentlicher Begehungsweise nicht bloß auf die Überlegung, wonach „der Sache nach kein anderer vernünftiger Schluss möglich" sei „als der auf Abgabenhinterziehung der Wiederverkäufer" (= der von der Brauerei belieferten Gastwirte). Vielmehr legte dass erkennende Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung hiezu ausreichend nachvollziehbar dar, dass es unter anderem auf Grund einer idS abgelegten Aussage des Drittangeklagten (US 18 f) sowie der im Einzelnen dargestellten Vorgangsweise (US 15) - insbesondere der Verwendung von Falsch- oder Phantasienamen - und auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks der zur subjektiven Tatseite leugnenden Verantwortung des Zweit- und des Viertangeklagten keinen Glauben schenkte (US 18). Mit seiner Argumentation und dem Hinweis auf isoliert herausgegriffene entgegenstehende Beweisergebnisse zeigt der Beschwerdeführer jedoch nicht auf, weshalb die tatrichterliche Beweiswürdigung auf zirkulären Überlegungen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 446 ff) beruhen bzw den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungswerten widersprechen sollte, sondern strebt für ihn günstigere Schlussfolgerungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung an. Da das Schöffengericht der Verantwortung des Beschwerdeführers in diesem Punkt generell die Glaubwürdigkeit absprach, war es nicht verhalten, sich mit Einzelheiten derselben auseinanderzusetzen (vgl 13 Os 6/91). Unvollständig iSd Z 5 zweiter Fall ist ein Urteil wiederum nur dann, wenn das erkennende Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (vgl Ratz, WK-StPO Rz 421). Ob Barverkäufe per se im maßgeblichen Zeitraum legal waren, ist ebenso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob sich Gastwirte in Fragen der Versteuerung an die Brauerei wandten oder wie der bei der Großbetriebsprüfung eingesetzte Zeuge Rudolf L***** den Wissensstand der Angeklagten einschätzte. Die strafrechtliche Relevanz des vorgeworfenen Verhaltens ergibt sich nämlich nur aus dem vom Erstgericht unter Beachtung des Gebotes zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) plausibel dargestellten Gesamtzusammenhang, weshalb die Nichtanführung der vom Beschwerdeführer zitierten Aussagen unter dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund keine Relevanz zukommt.

Entgegen dem weiteren Rechtsmittelvorbringen hat das Erstgericht auch ausreichend begründet, warum es der Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge durch die Finanzämter folgte (vgl US 19 f). Die Tatsachenrüge (Z 5a) unterlässt es, in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben. Der bloße Hinweis auf die Branchenüblichkeit und die ordnungsgemäße Erfassung der Barverkäufe in der Buchhaltung der Brauerei hat - wie bereits ausgeführt - auf die Lösung der Frage, ob die Angeklagten vorsätzlich bzw wissentlich an den Abgabenhinterziehungen Dritter mitgewirkt haben, keinen (entscheidenden) Einfluss. Gerade im Zusammenhang mit der subjektiven Tatseite zeigt der Beschwerdeführer keine Beweisergebnisse auf, aus denen hervorginge, dass die Tatrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht hätten (vgl RIS-Justiz RS0116733). Die in der Hauptverhandlung gewonnene Überzeugung des Schöffensenates von der (mangelnden) Glaubwürdigkeit der Angeklagten ist hingegen einer Anfechtung im Wege des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes entzogen (vgl RIS-Justiz RS0099649).

Gleiches gilt für den auch im Rahmen der Tatsachenrüge erhobenen pauschalen Einwand der Unrichtigkeit der abgabenbehördlichen Schätzungen. Abgesehen von der Zitierung einzelner Rechtssätze zu Voraussetzungen und Aussagekraft der auf § 184 BAO gestützten Vorgangsweise, zeigt der Viertangeklagte nicht auf, inwieweit sich im konkreten Fall aus bestimmten Beweismitteln erhebliche Bedenken etwa gegen die von den Finanzämtern gewählten Ansätze, die Methoden der Berechnung und die daraus resultierenden Ergebnisse ergeben. Der einzige substantiierte Einwand des Rechtsmittelwerbers, ihm dürften Hinterziehungsbeträge nicht angelastet werden, die auf in seinen urlaubs- oder krankenstandsbedingten Abwesenheiten vorgenommenen Barlieferungen basierten, übersieht, dass der Beschwerdeführer nach den Urteilsannahmen die Leitung des Expedits im Zeitraum vom 1. Mai 1995 bis Ende 1998 innehatte und - abgesehen von widerspruchsfrei zusätzlich angeführten, von ihm eigenhändig vorgenommenen Verhaltensweisen - auf die Durchführung der inkriminierten Barlieferungen durch seine Untergebenen Einfluss nahm (US 5, 15). Weshalb seine Anordnungen nicht auch während der Zeiten seiner (vorübergehenden) Abwesenheit fortgewirkt haben sollen, legt der Nichtigkeitswerber nicht dar. Gerade im Hinblick auf die konstatierte Leitungsfunktion des Viertangeklagten hätte es jedoch des Hinweises auf konkrete Beweisergebnisse bedurft, um zu dem - von ihm unterstellten - Schluss zu gelangen, der Beschwerdeführer hätte (ausdrücklich) verlangt, während seines Urlaubs von der inkriminierten Vorgangsweise Abstand zu nehmen.

Aus diesem Grund versagt auch die auf die gleiche Argumentation aufbauende Sanktionsrüge (Z 11, der Suche nach Z 9 lit a), zumal diese nicht dargelegt, weshalb die festgestellten Anordnungen des Viertangeklagten diesem nicht zumindest im Sinne eines psychischen Tatbeitrags (vgl Fabrizy in WK2 § 12 Rz 88 ff) zugerechnet werden können.

Soweit unter dem Aspekt der Strafzumessung auch die Richtigkeit der abgabenbehördlichen Schätzungen lediglich unsubstantiiert in Zweifel gezogen wird, kann auf die obigen Ausführungen zur Verfahrens- und Tatsachenrüge verwiesen werden.

Die unter Zitierung einzelner Urteilspassagen einen Mangel an Feststellungen zum Ausdruck bringende Rechtsrüge (Z 9 lit a) lässt die gebotene Bezugnahme auf den gesamten Entscheidungsinhalt vermissen. Aus einer Zusammenschau von Urteilsspruch und -gründen (US 2, 17 und 20) ergeben sich die Konstatierungen zu den Beitragshandlungen der vom Angeklagten F***** geförderten Abgabenhinterziehungen mit hinreichender Deutlichkeit (vgl Ratz, WK-StPO Rz 19, 571 und 584). Welche Feststellungen zum Vorliegen der subjektiven Tatseite bei den unmittelbaren Tätern angesichts der Ablehnung des Erfordernisses einer qualitativen Akzessorietät durch die hM (vgl Kienapfel/Höpfel AT12 E 4 Rz 19 und E 5 Rz 24 jeweils mwN; Fabrizy in WK2 § 12 Rz 17 und 95; RIS-Justiz RS0089535) noch zu treffen gewesen wären, lässt die Rüge offen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden war jedoch von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO), dass das Erstgericht hinsichtlich dieses Angeklagten keine ausreichenden Feststellungen zu den Schuldsprüchen betreffend die Hinterziehung von Umsatzsteuer (US 6) in den Veranlagungsjahren 1997 und 1998 im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt von 310.418 S (22.558,96 EUR) und die Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen (US 6) im (laut Urteilsspruch) gleichen Zeitraum von 375.978 S (27.323,87 EUR) sowie im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land betreffend die Hinterziehung von Umsatzsteuer (US 7) für das Veranlagungsjahr 1998 von 35.419 S (2.574 EUR) und die Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen (US 7) im gleichen Zeitraum von 93.865 S (6.821,44 EUR) traf. Damit kann nicht verlässlich beurteilt werden, ob diese verkürzten Umsatzsteuervorauszahlungen in den hinterzogenen Jahresumsatzsteuerbeträgen bereits enthalten sind oder etwa andere Abgabenschuldner bzw andere Umsätze betreffen. Da eine Doppelverurteilung des Angeklagten auf Basis der Entscheidungsgründe nicht ausgeschlossen werden kann, haftet dem Schuldspruch in diesem Ausmaß - zufolge in Bezug auf den gleichen Verkürzungsbetrag und denselben Steuerzeitraum eintretender Konsumtion des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG durch jenes nach § 33 Abs 1 FinStrG - eine vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Nichtigkeit iS eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen nach Z 10 an (vgl RIS-Justiz RS0086719; zuletzt 11 Os 23/04). Hinsichtlich der im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land für das Jahr 1999 angelasteten Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen (US 7) mangelt es überdies an Konstatierungen, aus denen - im Hinblick auf die festgestellte Beendigung der Tätigkeit des Viertangeklagten im Bereich des Expedits per Ende 1998 (US 5 und 15) - ein von diesem zu verantwortender, in den Abgabenhinterziehungen der unmittelbaren Täter sich kausal auswirkender Tatbeitrag abgeleitet werden könnte. Auch dieses Schuldspruchfaktum entbehrt somit - ebenfalls ungerügt - einer ausreichenden Feststellungsgrundlage iSd Z 9 lit a. In Ansehung des Angeklagten F***** war daher das Urteil im Schuldspruch wegen Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen im Bereich des Finanzamts Salzburg-Stadt in den Jahren 1997 und 1998 sowie im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land in den Jahren 1998 und 1999 sowie demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Soweit der Angeklagte F***** in seiner Stellungnahme zum Croquis die amtswegige Wahrnehmung von Nichtigkeitsgründen (Z 9 lit a und lit b) anregt, geht er nicht von den Feststellungen des Urteils aus. So ignoriert er bei seinem Vorbringen betreffend einen Mangel an Feststellungen zur Kausalität seines Tatbeitrags die dazu getroffenen Urteilsannahmen (US 15 und 17). Das vom Beschwerdeführer behauptete Problem einer (nach dem Vorbringen steuerlich nicht gerechtfertigter Verbuchung der Geschäftsvorgänge als „Wiederverkäuferlieferung") rechtfertigenden Pflichtenkollision stellt sich schon deswegen nicht, weil das Urteil entgegen diesen Ausführungen davon ausgeht, dass kein Barverkauf ieS vorlag, sondern eine Lieferung an verdeckte Wiederverkäufer.

Eine amtswegige Wahrnehmung der sich in Bezug auf die genannten zeitgleichen Umsatzsteuerhinterziehungen und Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen auch zum Nachteil des Angeklagten R***** auswirkenden Nichtigkeit (Z 10 StPO) erübrigt sich im Hinblick auf die gänzliche Kassation des diesen betreffenden Schuldspruchs.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land:

Zu Recht kritisiert die Finanzstrafbehörde I. Instanz in der Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall), dass das Erstgericht im Rahmen seiner den Freispruch des Erstangeklagten stützenden Beweiswürdigung zwar auf dessen leugnende Verantwortung eingeht, nicht jedoch auf seine in der Hauptverhandlung vom 5. April 2006 abgelegte Aussage, er habe „von der Problematik der Barverkäufe" selbstverständlich Bescheid gewusst (S 80/III). In Anbetracht der Feststellungen zum Zweitangeklagten (US 16), aus denen die Tatrichter dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit als Beitragstäter ableiten, handelt es sich dabei um ein erhebliches und daher zu erwägendes Verfahrensergebnis (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421). Dies umso mehr, als der Zweitangeklagte nach den ausdrücklichen Urteilsannahmen gerade im Bereich des Expedits (zumindest zeitweise) direkt dem nach eigener Einlassung in diesem Unternehmensbereich Anweisungen erteilenden Erstangeklagten unterstellt war (vgl US 16 f; vgl S 117/I iVm S 79/III).

Angesichts dieser Sachverhaltsgrundlage ist - wie die Rechtsmittelwerberin zutreffend aufzeigt - die von den erkennenden Richtern betreffend die subjektive Tatseite vorgenommene Differenzierung zwischen dem Angeklagten Mag. S***** einerseits sowie dem Zweit- und dem Viertangeklagten andererseits, die beide zwar ihre Kenntnis von der inkriminierten Vorgangsweise eingestanden, sich ansonsten jedoch ebenso leugnend verantworteten, auch unzureichend (Z 5 vierter Fall) begründet.

Demgegenüber verfehlt die in Ansehung des Freispruchs des Drittangeklagten Johann St***** erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit b, richtig lit a; vgl RIS-Justiz RS0118286) eine gesetzmäßige Darstellung. Die Nichtigkeitswerberin weist zwar zu Recht darauf hin, dass auf Basis der (rudimentären) Urteilskonstatierungen die Frage der Verjährung iSd § 31 FinStrG nicht beantwortet werden kann, weil es an einer für die Annahme dieses Strafaufhebungsgrundes entsprechenden Feststellungsgrundlage mangelt. Sie unterlässt es aber, dem grundlegenden System der Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit entsprechend auf Urteilsannahmen oder einen nicht durch Konstatierungen geklärten, aber durch darzustellende Verfahrensergebnisse indizierten Sachverhalt hinzuweisen, aufgrund dessen eine Verurteilung wegen einer bestimmt zu bezeichnenden strafbaren Handlung zu erfolgen hätte (vgl 13 Os 125/03). Feststellungen speziell zum Drittangeklagten, welche einen Tatbeitrag zu Abgabenhinterziehungen anderer Personen (Gastwirte) in objektiver wie subjektiver Hinsicht zum Ausdruck bringen, wurden vom Erstgericht infolge Bejahung der Verjährung nämlich nicht getroffen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamts Salzburg-Land war daher in Ansehung des Angeklagten St***** zu verwerfen. In teilweiser Stattgebung dieses Rechtsmittels war hingegen der Freispruch betreffend den Angeklagten Mag. S***** zur Gänze aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Mit am 6. Juni 2006 bei Gericht eingelangtem Schriftsatz meldete die Anklagebehörde fristgerecht Nichtigkeitsbeschwerde hinsichtlich der Angeklagten Mag. Josef S***** und Johann St***** an (ON 64). Das schriftliche Urteil wurde der Staatsanwaltschaft mit dem Gerichtsakt am 22. Juni 2007 zur Rechtsmittelausführung übermittelt (S 1t). Während die Angeklagten R***** und F***** eine Verlängerung der Frist für die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nach § 285 Abs 2 StPO beantragten, beschränkte sich die Anklagebehörde in ihrer hiezu abgegebenen Erklärung auf die Formulierung „dem Antrag (des Viertangeklagten) wird seitens der Staatsanwaltschaft beigetreten" (S 1t verso). Der Vorsitzende wertete dies lediglich als Zustimmung der Staatsanwaltschaft zum Antrag des Angeklagten F*****, nicht jedoch im Sinne eines eigenen Begehrens der Anklagebehörde nach § 285 Abs 2 StPO (S 291/III). Hievon erlangte diese durch Übermittlung des Aktes samt den die beiden genannten Angeklagten betreffenden Verlängerungsbeschlüssen noch innerhalb der ursprünglichen vierwöchigen Frist (§ 285 Abs 1 StPO) Kenntnis, ohne darauf mit einer Antragstellung zu reagieren (S 1u). Die sodann am 8. August 2006 beim Landesgericht Salzburg eingelangte Rechtsmittelausführung der Staatsanwaltschaft (S 1u verso) erweist sich somit als verspätet, weil nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Verlängerung der in Rede stehenden Frist und die Nichteinrechnung der Zeitspanne zwischen Antragstellung und Bekanntmachung des Beschlusses (§ 285 Abs 3 letzter Satz StPO) nur für den jeweiligen Antragsteller wirkt (vgl 11 Os 58/02). Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war somit mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung der Nichtigkeitsgründe bei der Anmeldung (auf die in der verspäteten Ausführung geltend gemachten Gründe war nicht Bedacht zu nehmen; vgl RIS-Justiz RS0100168) aus dem Grunde des § 285a Z 2 StPO zu verwerfen.

Infolge Versäumung der Ausführungsfrist war auch die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten Anton R***** und Harald F***** als unzulässig zurückzuweisen, weil der Anmeldung des Rechtsmittels (ON 64) zwar zu entnehmen ist, dass sich dieses gegen den Ausspruch über die Strafe richtet, nicht aber, ob es zu Gunsten oder zum Nachteil der Angeklagten erhoben wird (vgl Ratz, WK-StPO § 295 Rz 7).

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten R***** und Harald F***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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