OGH 12Os144/23b

OGH12Os144/23b16.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * P* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen sowie im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des Genannten und anderer Betroffener in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * P*, * S* und * Sp* gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Jugendgeschworenengericht vom 14. September 2023, GZ 11 Hv 61/23h‑222, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00144.23B.0516.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Jugendstrafsachen

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S* und Sp* sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den sämtliche Angeklagte betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) und in den Anordnungen der strafrechtlichen Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB sowie der Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsicht betreffend den Angeklagten Sp* aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Leoben verwiesen.

Mit den auf die Sanktionsaussprüche bezogenen Teilen ihrer Nichtigkeitsbeschwerden und ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden im Übrigen werden zurückgewiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen – auf den Wahrsprüchen der Geschworenen beruhenden – Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurden

* P* zweier Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4, 12 zweiter Fall StGB (A./I./ und C./), des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A./II./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (A./III./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./IV./) sowie jeweils eines Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B./) und nach § 142 Abs 1 und 2 StGB (D./),

* S* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (A./I./), des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A./II./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (A./III./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./IV./) sowie des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B./) und

* Sp* zweier Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (A./I./ und C./), des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A./II./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (A./III./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./IV./) sowie des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt und jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt.

[2] Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde die Unterbringung der Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum angeordnet.

[3] Danach haben in K*

A./ * P*, * S* und * Sp* in einverständlichem Zusammenwirken

I./ zwischen 17. Juni 2022 und 21. Juni 2022 * H* am Körper verletzt und dadurch vorsätzlich eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der Genannten herbeizuführen versucht, indem sie ihr Schläge und Tritte gegen den Körper versetzten und * S* ihr, als sie zu flüchten versuchte, einen kräftigen Fußtritt gegen den Rücken versetzte, sodass sie zu Boden fiel und einige Minuten regungslos liegen blieb;

II./ um den 22. Juni 2022 * H* zu töten versucht, indem sie ihr fortgesetzt zahlreiche wuchtige Faustschläge, teils unter Verwendung eines Feuerzeugs gegen Kopf und Körper versetzten, ihr mit den Füßen gegen den Rücken sprangen und sie traten und, als sie am Boden lag, mit den Füßen wuchtig von oben herab auf ihren am Asphalt liegenden Kopf stampften, bis sie regungslos am Boden liegen blieb, wobei die Genannte eine traumatische Subarachnoidalblutung, Hämatome und blutende Wunden im Gesichtsbereich erlitt;

III./ am 23. Juni 2022 * M* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper, nämlich der Zufügung massiver Verletzungen durch Faustschläge und Tritte in Form von Prellungen, Hämatomen und Knochenbrüchen, zur Unterlassung der Anzeige der zu B./I./ und B./II./ geschilderten Vorfälle zu nötigen versucht, indem sie ihm sinngemäß telefonisch androhten, er werde (genauso) wie die Obdachlose zusammengeschlagen werden, sollte er zur Polizei gehen;

IV./ am 24. Juni 2022 * M* mit einer Verletzung am Körper, und zwar der Zufügung massiver Verletzungen durch Schläge und Tritte in Form von Prellungen, Hämatomen und Knochenbrüchen, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem sie ihm Sprachnachrichten mit dem Inhalt: „Am Montag oder am Dienstag werden wir Dich suchen und finden. Wir werden Dich krankenhausreif schlagen. Ich fordere Dich zu einem eins-gegen-eins-Kampf heraus. Ich ficke Dich morgen behindert“ übermittelten und ihm darin Schläge androhten;

B./ * P*, * S* und * Sp* am 18. August 2022 in einverständlichem Zusammenwirken mit einem weiteren Mittäter mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) * E* eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, indem sie auf den Genannten zugingen, ihn umzingelten, ihn aufforderten, ihnen sein Geld zu geben, ansonsten würden sie ihn schlagen, woraufhin er ihnen 5 Euro übergab, und ihm nachliefen, als er fliehen wollte, ihn von hinten an seinem Rucksack packten, ihn umstellten, erneut Geld forderten, ihn durchsuchten und dabei festhielten, woraufhin er ihnen letztlich weitere 20 Euro übergab;

C./ * Sp* und * P* am 1. August 2022 * E* vorsätzlich am Körper verletzt und dadurch vorsätzlich eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) des Genannten herbeizuführen versucht, indem ihn * Sp* am Körper erfasste und zu Boden warf, wodurch er mit dem Kopf am Asphalt aufschlug, und sodann noch zwei Mal gegen die Hüfte des am Boden Liegenden trat, wodurch dieser eine Schädelprellung und eine Hüftkontusion erlitt, wobei * P* ihn hierzu aufforderte; und

D./ * P* am 21. Juli 2022 * J* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er ihm mehrfach Schläge und Tritte androhte, sollte er ihm keine 0,50 Euro geben, wobei er die Tat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen hat, die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen und es sich um keinen schweren Raub gehandelt hat.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen dieses Urteil richten sich Nichtigkeitsbeschwerden, die die Angeklagten P* auf Z 6, 8, 10a und 13, S* auf Z 6, 8, 9, 10a, 11 lit a und b, 12 und 13 und Sp* auf Z 6, 8, 10a, 12 und 13, jeweils des § 345 Abs 1 StPO, stützen.

I./ Zum berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten S* und Sp* sowie zur amtswegigen Maßnahme:

[5] Die Sanktionsrüge (der Sache nach § 345 Abs 1 Z 13 StPO iVm § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) des Angeklagten S* wendet zu Recht ein, dass sich das Erstgericht hinsichtlich der Voraussetzungen für eine strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB auf bloße Tatsachenfeststellungen beschränkte, ohne dafür jedoch Gründe anzugeben (vgl RIS‑Justiz RS0113980).

[6] Im Ergebnis zutreffend rügt der Angeklagte Sp* (aus Z 13 zweiter Fall), dass das Urteil keine Sachverhaltsannahmen (vgl US 22) zu in der Person des Rechtsbrechers gelegenen Umständen für die Befürchtung der Prognosetaten enthält. Damit wurden nicht sämtliche vom Gesetz vorgegebenen Erkenntnisquellen berücksichtigt (RIS‑Justiz RS0118581; Haslwanter in WK2 StGB § 21 Rz 24).

[7] Gleiches gilt in Ansehung des Angeklagten P* (vgl US 21 f) und war daher insoweit von Amts wegen aufzugreifen (§§ 344, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

[8] Kassation der Unterbringungsanordnungen (§§ 344, 285e erster Fall StPO) und – wegen des untrennbaren Zusammenhangs (§§ 344, 289 StPO) auch – der Strafaussprüche (vgl RIS‑Justiz RS0115054) wie im Spruch ersichtlich ist die Folge. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Sanktionsrügen im Übrigen.

 

II./ Zum verbleibenden Teil der Nichtigkeitsbeschwerden:

1./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*:

[9] Die Fragenrüge (Z 6) macht angesichts dessen, dass den Angeklagten gerade keine Mehrtäterschaft (vgl RIS‑Justiz RS0089369; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 24), sondern bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) in der Anklageschrift (ON 162) zur Last gelegt wurde, nicht deutlich, weshalb in der (in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB gestellten) Eventualfrage und zur Hauptfrage nach Mord (§§ 15, 75 StGB) in Bezug auf jeden einzelnen Angeklagten der „Tatbeitrag“ und die „innere Tatseite“ getrennt anzuführen gewesen wären. Entsprechendes gilt, soweit die Rüge das Unterbleiben einer Fragestellung hinsichtlich des „gemeinsamen Tatplans“ kritisiert. Bleibt lediglich der Vollständigkeit halber zu erwähnen, dass Mittäterschaft keine Verabredung vor der Tat im Sinne eines Tatplans voraussetzt (RIS‑Justiz RS0089608) und überdies jedem Mittäter die Beiträge des anderen zugerechnet werden (RIS‑Justiz RS0089808; vgl zum Ganzen Fabrizy/ Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 12 Rz 6 f).

[10] Soweit die Beschwerde vorbringt, dass in die erwähnte Eventualfrage verfehlt auch eine Mehrzahl von Hämatomen und Rissquetschwunden statt jeweils einer solchen Verletzungsfolge aufgenommen wurde, wird nicht klar, inwieweit dadurch die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage betroffen sein soll (vgl RIS‑Justiz RS0127264).

[11] Die Behauptung der Instruktionsrüge (Z 8), die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung sei (entgegen § 321 Abs 1 StPO) dem Protokoll über die Hauptverhandlung nicht angeschlossen worden, ist einerseits nicht nachvollziehbar (vgl die zu ON 221.6 einliegende Rechtsbelehrung) und bezieht sich andererseits auf keinen unter Nichtigkeitssanktion stehenden Umstand (Lässig, WK‑StPO § 321 Rz 4; 13 Os 64/86).

[12] Schon vor dem Hintergrund der Behauptung der Beschwerde, die schriftliche Rechtsbelehrung nicht zu kennen („so es eine solche gegeben haben sollte“), präsentieren sich die weiteren – weitgehend nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung – erhobenen Einwände als bloße Spekulation, die keiner Beantwortung zugänglich ist. Im Übrigen verlangt die prozessordnungsgemäße Ausführung der Instruktionsrüge den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichem Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS‑Justiz RS0119549; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 56 ff).

[13] Die Tatsachenrüge (Z 10a) weckt mit der erneuten Forderung nach Tatsachenfeststellungen zum Tatplan und zum jeweiligen „Tatbeitrag“ (vgl dazu im Übrigen die Erledigung der Fragenrüge) ebenso wenig erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen wie mit ihren eigenständigen Beweiswerterwägungen zum angeblich fehlenden Tötungsvorsatz des Beschwerdeführers.

 

2./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*:

[14] Der Erledigung der Fragenrüge (Z 6) ist voranzustellen, dass die Hauptfragen hinsichtlich des konkreten Sachverhalts mit der Anklage übereinstimmen müssen (§ 312 Abs 1 StPO; Kirchbacher, StPO15 § 312 Rz 2). Abweichende Beweisergebnisse können etwa zu Streichungen der Geschworenen (im Rahmen des § 330 Abs 2 StPO) oder zur Stellung von Eventual- oder Zusatzfragen (§§ 313, 314 StPO) führen, begründen aber keine Nichtigkeit der jeweils gestellten Hauptfrage, was die Beschwerde konsequent übergeht.

[15] Davon ausgehend zeigt die Fragenrüge (Z 6) mit ihren (eigenständig beweiswürdigenden) Einwänden, wonach der Beschwerdeführer nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, keine Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) vorliege und sich die Taten in Bezug auf Modalitäten sowie Verletzungsfolgen anders abgespielt hätten, keine Fehler der den Geschworenen gestellten Hauptfragen auf. Insoweit kann auf die Erledigung der Fragenrüge des Angeklagten P* verwiesen werden.

[16] Entsprechendes gilt für den gegen die Hauptfrage nach dem Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (Schuldspruch A./IV./) erhobenen Einwand gegen die (anklagekonforme) Wiedergabe des Wortlauts der inkriminierten Äußerung sowie die Kritik, die dort angedrohten Konsequenzen stünden nicht in Übereinstimmung mit den Verletzungsfolgen des Opfers * H*.

[17] Das Vorbringen, „die hier konkrete Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z. 6 StPO ist im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht erörterungsbedürftig, dies im Gegensatz zum schöffengerichtlichen Verfahren“, lässt das allenfalls Gemeinte nicht erkennen.

[18] Der pauschale Einwand, es sei eine Fragestellung unterblieben, „ob die Verletzungsfolge eine schwere oder leichte ist“, stellt keinerlei Bezug zu den vorliegend den Geschworenen gestellten Fragen her und entzieht sich schon deshalb einer sachbezogenen Erwiderung.

[19] Gleiches gilt für den Vorwurf, die von der Anklage abweichenden Verfahrensergebnisse hätten durch „Eventualfragen berücksichtigt werden müssen“.

[20] Weshalb das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in einem anderen Verfahren Nichtigkeit nach sich ziehen sollte, gibt der Beschwerdeführer nicht bekannt.

[21] Der Einwand, die „Anklageerhebung hinsichtlich sämtlicher Fakten gegen alle 3 Angeklagten als gemeinschaftliche Täter“ bewirke den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO, ist unverständlich.

[22] Soweit die Instruktionsrüge (Z 8) pauschal auf das zur Fragenrüge (Z 6) erstattete Vorbringen verweist, übersieht sie, dass die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS‑Justiz RS0115902).

[23] Darüber hinaus geht die Beschwerde daran vorbei, dass Gegenstand der Rechtsbelehrung nach § 321 Abs 2 StPO nur abstrakte rechtliche Umstände sein können, nicht aber solche, die sich in concreto aus dem Beweisverfahren ergeben (RIS-Justiz RS0109476). Das übersieht die Kritik, die Geschworenen hätten über „Differenzierungen hinsichtlich der einzelnen Tathandlungen durch die einzelnen Angeklagten bzw. Täter“, die „Differenzierung von Verletzungsfolgen in der Einzahl oder Mehrzahl“ und den möglichen Bedeutungsinhalt der teils in der „Wir-Form“, teils in der „Ich-Form“ ausgesprochenen Drohung (vgl Schuldspruch A./IV./) belehrt werden müssen.

[24] Der weiteren Rüge zuwider wurden die Laienrichter ohnedies hinsichtlich des erforderlichen Beweismaßes (ON 221.6, S 1), des Wesens der Einheitstäterschaft (ON 221.6, S 9 ff) und der rechtlichen Differenzierung zwischen leichter und schwerer Körperverletzung (ON 221.6, S 19 f) instruiert.

[25] Weshalb der Nichtigkeitsgrund der Z 9 „vollendet“ sein soll, weil der Wahrspruch der Geschworenen in Bezug auf die bejahte Mittäterschaft aller Angeklagten hinsichtlich mehrfach abgegebener Drohungen, die nur zum Teil in der „Ich-Form“ ausgesprochen wurden (Hauptfrage 4), widersprüchlich sei, macht die Beschwerde nicht klar.

[26] Die Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich in einem unbeachtlichen Angriff auf die den Geschworenen vorbehaltene Beweiswürdigung, indem sie einzelne (für die Tatbeurteilung nach §§ 15, 75 StGB im Übrigen irrelevante) Verletzungsfolgen bezweifelt und die Mittäterschaft in Bezug auf die gefährliche Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (Hauptfrage 5) bestreitet sowie erneut den Tötungsvorsatz des Beschwerdeführers nach Maßgabe eigenständiger Beweiswerterwägungen in Abrede stellt.

[27] Die Rechtsrüge (Z 11 lit a und b) verfehlt den im Wahrspruch der Geschworenen gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (vgl RIS‑Justiz RS0099810), indem sie den Tötungsvorsatz in Frage stellt und – nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 10a) – vorbringt, der Schwurgerichtshof hätte den beigezogenen Sachverständigen aufzufordern gehabt, eine „neuerliche detaillierte Exploration“ des Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen nachgewiesener geistige Behinderung durchzuführen.

[28] Der pauschale Einwand der Subsumtionsrüge (Z 12), die dem Wahrspruch 1 (§§ 15, 75 StGB) zugrunde liegende Tat sei rechtlich als „versuchte absichtliche (schwere oder leichte) Körperverletzung“ zu beurteilen, erschöpft sich in einer (im Übrigen nicht nachvollziehbaren) Rechtsbehauptung.

 

3./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sp*:

[29] Sowohl mit der Fragen- (Z 6), als auch der Instruktionsrüge (Z 8) kann das Rechtsmittel auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P* verwiesen werden. Denn auch dieser Beschwerdeführer moniert das Unterbleiben einer Differenzierung nach den jeweiligen Tathandlungen und ‑folgen in der Fragestellung an die Geschworenen sowie die angeblich fehlende Aktenkundigkeit der den Laienrichtern erteilten Rechtsbelehrung (vgl erneut ON 221.6).

[30] Die Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich in einer bloßen Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, indem sie auf Basis der beim Opfer eingetretenen Verletzungsfolgen der Verantwortung des Beschwerdeführers, nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt zu haben, zum Durchbruch zu verhelfen sucht.

[31] Die Subsumtionsrüge (Z 12) entfernt sich prozessordnungswidrig von den im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen, indem sie abermals den Tötungsvorsatz des Angeklagten Sp* bestreitet.

[32] Die Niederschrift nach § 331 Abs 3 StPO gehört nicht zum Wahrspruch. Ihr Inhalt kann daher nicht zum Gegenstand einer Rechtsrüge nach § 345 Abs 1 Z 12 StPO gemacht werden (RIS‑Justiz RS0100846).

[33] Insoweit waren die Nichtigkeitsbeschwerden – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).

[34] Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die Aufhebung zu verweisen.

[35] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO. Sie bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme.

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