European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00144.17V.1214.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter K***** des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 1 StGB (I./) und des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 4. Juli 2017 in K*****
I./ fremde Sachen beschädigt, unbrauchbar gemacht und zerstört, indem er
1./ den PKW des Robert Kö***** mit dem Kennzeichen ***** mit einem mitgebrachten Taschenmesser auf der Fahrer‑ und Beifahrerseite zerkratzte, somit beschädigte;
2./ eine Packung Aufstrich im Verkaufswert von zwei Euro gegen einen Flaschenautomaten schleuderte und damit unbrauchbar machte;
3./ zwei Gesangsbücher anzündete und damit zerstörte;
4./ in der S***** Kirche das Altartuch anzündete, somit eine dem Gottesdienst gewidmete Sache zerstörte;
II./ fremde bewegliche Sachen, nämlich vier Dosen Whisky‑Cola im Verkaufswert von insgesamt 7,96 Euro der Sp*****‑AG mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen Petra L***** anwendete, um sich oder einem Dritten die weggenommenen Sachen zu erhalten, indem er sie mit (zumindest) einer Hand fest vom Geschäftseingang wegstieß.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Das Nichtvorliegen der Qualifikation des § 131 erster Fall StGB stützt die Subsumtionsrüge (Z 10) darauf, dass „die Ausführungen des Erstgerichts zur Bagatellschwelle nicht ausreichend“ seien, zumal der Angeklagte Petra L***** lediglich mit der linken Hand weggedrückt und weder zum Torkeln oder zum Stürzen gebracht habe. Sie übergeht jedoch die – eingangs der Beschwerde im Wesentlichen noch korrekt wiedergegebenen – Urteilsfeststellungen, wonach der (1,70 m große) Beschwerdeführer die (1,47 m große) Zeugin, die ihn am Verlassen des Geschäfts hindern wollte, mit einer Hand kräftig zur Seite stieß, wodurch sie einen Schritt zurück machen musste (US 6, vgl auch US 8). Sie verfehlt damit den gerade im Urteilssachverhalt gelegenen
Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Dass es für die Subsumtion von Bedeutung sein sollte, dass der Angeklagte selbst keinen sicheren Stand hatte und alkoholisiert war, leitet die Beschwerde nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116569).
Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass für die Bejahung der Frage, ob der gegen eine Person gerichtete Kraftaufwand des widerstrebenden Täters die für den Gewaltbegriff maßgebliche Erheblichkeitsschwelle überschreitet, weder eine besondere körperliche Kraftanstrengung noch die Unwiderstehlichkeit der vom Täter aufgewendeten physischen Kraft, deren Überlegenheit gegenüber jener des Opfers oder die tatsächliche Wirksamkeit des Krafteinsatzes erforderlich sind. Vielmehr genügt es, dass es gerade der tätergewollte Krafteinsatz ist, der das Opfer dazu veranlasst, von seinem Bestreben, die weggenommene Sache wieder zu erlangen, Abstand zu nehmen und der solcherart dazu führt, dass der Dieb den Gewahrsam an der Diebesbeute aufrecht erhalten kann (12 Os 76/16t mwN).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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