European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00141.22K.0223.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte B* B* jeweils eines Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 3 vierter Fall StGB (A./I./), des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A./II./) und der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 3 und 4 zweiter Fall StGB (B./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er
A./ im zweiten Halbjahr 2008 in W* seine Ehegattin L* B*
I./ unter Anwendung schwerer Gewalt, indem er ein von ihm abgeschnittenes Kabel eines Wasserkochers im Badezimmer ansteckte und ca. ein bis zwei Sekunden gegen ihren Brustbereich hielt, als sie nach dem Duschen nass und nackt in der Badewanne stand, wodurch sich ihr Körper versteifte, sie in der Badewanne umstürzte und zu zittern begann, zu einer Handlung, nämlich zum Zugeständnis, ihrer Schwester ihre aktuelle Adresse in W* mitgeteilt zu haben, zu nötigen versucht;
II./ durch die unter I./ geschilderte Tat zu töten versucht;
B./ im Zeitraum von 1. Juni 2009 bis 5. Juni 2021, somit längere Zeit hindurch, gegen seine Ehegattin L* B* fortgesetzt Gewalt ausgeübt, wobei er durch das Verbot, die Wohnung ohne seine Erlaubnis alleine zu verlassen, dieser nur während von ihm vorgegebener Zeiträume fernzubleiben, sowie die Ansichnahme ihrer Bankomatkarte eine erhebliche Einschränkung ihrer autonomen Lebensführung für einen Zeitraum von über einem Jahr bewirkte, indem er
I./ ihr zunächst zumindest einmal pro Woche sowie ab 2019 im Durchschnitt alle 14 Tage Ohrfeigen, Faustschläge ins Gesicht sowie gegen den Körper versetzte, sie zu Boden stieß, trat und würgte;
II./ sie widerrechtlich längere Zeit, nämlich zumindest einige Stunden, gefangen hielt, indem er sie regelmäßig zumindest durchschnittlich einmal im Monat mehrfach auch die ganze Nacht in der Wohnung einsperrte und die Schlüssel an sich nahm;
III./ sie zumindest einmal im Monat durch wiederholte gefährliche Drohungen, nämlich die sinngemäßen Äußerungen, sie werde es bereuen, wenn sie die Polizei rufe, wenn sie etwas sage, werde sie es nicht überleben, wenn die Polizei vor der Türe stehe, sei sie schon tot, bevor diese hereinkomme, zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von einer Anzeigenerstattung gegen ihn, nötigte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge wurden durch die Abweisung von Beweisanträgen Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt:
[5] Das Begehren auf „Einvernahme des zuständigen Kriminalbeamten bei der Amtshandlung am 25. 11. 2019, zum Beweis dafür, dass der Beamte nicht aus dem Grund des Alters die Aussage der Bl* für nicht glaubwürdig befunden hat, sondern aufgrund des Inhaltes und aufgrund seines Eindruckes, den er sich davon gemacht hat, dies zum Beweis dafür, dass die Bl* im Zuge dieser Amtshandlung am 25. 11. 2019, sowie das auch andere Institutionen beschreiben, eine Falschaussage gemacht hat“ (ON 179 S 13), bezog sich auf bloße Schlussfolgerungen, die aber kein Gegenstand einer Zeugenaussage sind (vgl RIS‑Justiz RS0097540).
[6] Ebenso erfolgte die Abweisung des mit der Behauptung eines abgesprochenen Aussageverhaltens verbundenen Antrags auf „Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Aussagefähigkeit der Kinder“ (ON 179 S 14) zu Recht, obliegt doch die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen grundsätzlich gerichtlicher Beweiswürdigung. Dass es ausnahmsweise der Hilfestellung durch einen Sachverständigen bedurft hätte (wie das etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten der Fall ist – vgl RIS‑Justiz RS0120634), behauptete der Antragsteller indes nicht. Ebensowenig legte er dar, weshalb anzunehmen sei, dass sich die Zeugen zur Befundaufnahme bereitfinden und ihre gesetzlichen Vertreter das Einverständnis hiezu erklären würden (vgl RIS‑Justiz RS0118956).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (verfehlt auch als „Beschwerde“ gegen das Einweisungserkenntnis [§ 21 Abs 2 StGB] bezeichnete) Berufung (§§ 344, 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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