European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00137.18S.0509.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den den Angeklagten Reinhard E***** betreffenden Freisprüchen zu B./I./a./ bis c./, d./iii./2./ und C./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der Beschluss auf Absehen vom Widerruf der zu AZ 604 Hv 8/12t des Landesgerichts Korneuburg gewährten bedingten Strafnachsicht aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird verworfen.
Mit dem den Angeklagten Reinhard E***** betreffenden Teil ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.
Der gegen die Angeklagte Renate E***** gerichteten Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten Reinhard E***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen – auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche beider Angeklagter enthaltenden – Urteil wurden Reinhard und Renate E***** von der Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, es haben
Reinhard E***** als leitender Angestellter nach § 161 StGB „einen Bestandteil des Vermögens der nachgenannten natürlichen bzw juristischen Personen beiseite geschafft, verheimlicht oder deren Vermögen sonst wirklich verringert, indem er die nachgenannten Vermögenswerte der folgenden Gesellschaften dem Vermögen der Gesellschaften entzog, den Masseverwaltern Forderungen der Gesellschaften verschwieg bzw sonst kridaträchtig agierte und dadurch die Befriedigung der Gläubiger vereitelte bzw schmälerte, und zwar
2./ im Zeitraum 2011 bis 2016 im Konkurs/Liquidationsverfahren der CBL ***** AG, Verfahren 2016204 des Konkursamts Z***** […]
i./ zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt, vermutlich im Jahr 2013, insgesamt 257.963 Euro beiseite geschafft, indem er diesen Betrag für Verbindlichkeiten der RLP ***** gegenüber der Firma R***** GmbH verwendete bzw die Forderung gegenüber der RLP ***** dem Masseverwalter im weiteren Konkurs verheimlicht;
ii./ vermutlich im Jahr 2014 22.192 Euro für den Kauf eines BMW X3 der RLP ***** beiseite geschafft bzw die Forderung gegenüber Reinhard E***** bzw der RLP ***** dem Masseverwalter im weiteren Konkurs verheimlicht;
iii./ im Zeitraum 13. September 2012 bis 2016 weitere zumindest 350.000 Euro beiseite geschafft, indem er Privatentnahmen, Gewinne und sonstige Vermögenswerte in dieser Höhe in bar entnahm oder diese Mittel von den Konten der Gesellschaft in der Schweiz auf andere Konten überwies;
B./I./ teils als leitender Angestellter nach § 161 StGB einen Bestandteil des Vermögens der nachgenannten natürlichen und juristischen Personen verheimlicht, indem er den Masseverwaltern und dem Schweizerischen Konkursamt in Z***** im Rahmen des Konkursverfahrens nichts über das Vorliegen dieser Vermögenswerte mitteilte, und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt oder geschmälert und einen noch festzustellenden, insgesamt 300.000 Euro, aber jedenfalls übersteigenden Gesamtschaden herbeigeführt, und zwar
a./ im Zeitraum Herbst 2015 bis Anfang 2016 im Konkurs der RLP ***** GmbH, AZ ***** des Landesgerichts Korneuburg, Forderungen aus Kaufverträgen zwischen der RLP ***** GmbH und Liegenschaftskäufern im Gesamtausmaß von zumindest 243.629,27 Euro, und zwar
i./ 107.059,36 Euro inkl Zinsen gegenüber Filomena D***** und Giovanni D***** aus dem Kaufvertrag B*****;
ii./ 136.569,91 Euro inkl Zinsen gegenüber Claudio P***** aus dem Kaufvertrag S*****;
b./ im Zeitraum 2015 bis 2016 im Konkurs/Liquidationsverfahren der CBL ***** AG, Verfahren 2***** des Konkursamtes Z*****, Forderungen aus Kaufverträgen zwischen der CBL ***** AG“ und im Urteil einzeln genannten (i./–iv./) „Liegenschaftskäufern im Gesamtausmaß von rund 924.700 Euro, Schaden für die Gläubiger des Unternehmens zumindest rund 737.000 Euro;
c./ im Jahr 2016 im Konkurs der RLM ***** GmbH, 36 S ***** des Landesgerichtes Korneuburg, Forderungen aus Kaufverträgen zwischen der RLM ***** GmbH und Liegenschaftskäufern hinsichtlich der Liegenschaft A*****, M*****, im Gesamtausmaß von rund 59.300 Euro“;
d./ „im Zeitraum Ende 2015 bis 2016 in seinem Privatkonkurs 11 S ***** des BG G*****,
i./ Inhaberpapiere der CBL ***** AG in einem noch festzustellenden Gesamtwert, die in seinem wirtschaftlichen Eigentum standen;
ii./ Unternehmensanteile an der RJE ***** GmbH, der ERE ***** und der RER ***** in einem noch festzustellenden, 300.000 Euro aber jedenfalls weit übersteigenden Gesamtwert, die in seinem wirtschaftlichen Eigentum standen;
iii./ Einkommen als Geschäftsführer
1./ der RLM ***** GmbH im Zeitraum zwischen seiner Konkurseröffnung am 7. September 2015 bis zu deren Konkurs am 15. Jänner 2016 zur Gänze;
2./ der RJE ***** GmbH im Zeitraum zwischen deren Gründung am 15. Jänner 2016 bis zum 4. November 2016 zur Gänze und dann bis zu seiner Inhaftierung am 28. Dezember 2016 in einem wirtschaftlich realen Ausmaß;
3./ der ERE ***** GmbH und der RER ***** GmbH im Zeitraum zwischen deren Gründung am 29. April 2016 bis zu seiner Inhaftierung am 28. Dezember 2016;
C./ im Zeitraum 2015 bis Anfang 2016 ein Gut, das ihm anvertraut worden war, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er 3.377,60 Euro, die Vivian Pr***** als Mieterin der Liegenschaft H*****, dem Andreas K***** und Andreas K***** dem Reinhard E***** anvertraut hatte, nicht dem Vermieter Armenio Pu***** weitergab, sondern sich zueignete;“
Renate E***** zu folgenden strafbaren Handlungen beigetragen, und zwar
„zu A./I./2./ der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 5. Dezember 2017, ON 82 in Band 71, indem sie im Zeitraum 13. September 2012 bis zum 29. Juni 2012 bzw 4. Juli 2016 als Mitglied des Verwaltungsrates dort genannte Tathandlungen des Reinhard E***** zuließ bzw bewilligte;
zu B./I./d./ii./ der Anklageschrift ON 489 in Band 49, indem sie diese treuhändig für ihn [Reinhard E*****] übernahm und hielt;
zu B./I./d./iii./2./ bis 3./ der Anklageschrift ON 489 in Band 49, indem sie als Treuhänderin dieser Gesellschaften zuließ, dass Reinhard E***** der Masse die real zu erzielenden Einkünfte verschwieg“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus Z 1, 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie ist teilweise im Recht.
Zu B./I./a./ bis c./ sprach das Schöffengericht den Angeklagten Reinhard E***** vom Vorwurf der Verheimlichung von Forderungen gegenüber Liegenschaftskäufern in den Konkursverfahren der Gesellschaften RLP ***** GmbH, CBL ***** AG und RLM ***** GmbH frei, weil es nicht feststellen konnte, dass er diese noch für einbringlich hielt und es somit nicht ernstlich für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, durch das Nichterwähnen der Forderungen gegenüber den in den jeweiligen Insolvenz- bzw Liquidationsverfahren Vertretungsbefugten die Befriedigung der Gläubiger der genannten Gesellschaften zu vereiteln oder zu schmälern (US 32 f).
Dem steht jedoch – wie die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zutreffend aufzeigt – schon die im Urteil unerwähnt gebliebene Verantwortung des Angeklagten selbst entgegen, wonach er diese Forderungen sehr wohl für einbringlich gehalten habe (ON 322 S 23). Weiters habe er zwei Liegenschaftskäufern mitgeteilt, dass sie ihm noch Geld schulden würden (ON 350 S 15).
Den Freispruch zu B./I./d./iii./2./ (Verschweigen von Einkommen als Geschäftsführer der RJE ***** GmbH im Privatkonkurs) gründete das Erstgericht darauf, dass insoweit kein über dem Existenzminimum liegendes Einkommen feststellbar gewesen sei (US 34).
Dabei ließ das Gericht jedoch das – damit in erörterungsbedürftigem Widerspruch stehende – Beweisergebnis unberücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), wonach dieses Unternehmen am 8. Februar 2016, somit während des anhängigen Privatkonkurses, eine Liegenschaft in B***** (Anklagefakten A./I./p./i./ bis iv./), um einen ca 1 Mio Euro über dem Ankaufspreis liegenden Verkaufspreis veräußert hatte (ON 84) und in den Folgemonaten Entnahmen im Ausmaß von ca 65.000 Euro aus dem Unternehmen über das Verrechnungskonto E***** erfolgten (ON 526; Blg ./3 und ./4 zu ON 690).
Vom Vorwurf der Veruntreuung einer zur Weiterleitung an den Vermieter Armenio Pu***** anvertrauten Mietkaution (C./) sprach das Erstgericht den Angeklagten Reinhard E***** frei, weil es im Hinblick auf offene Forderungen gegenüber dem Vermieter einen auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz nicht festzustellen vermochte (US 34 ff, 47 f). Auch insoweit hätten sich die Tatrichter mit der Verantwortung des Angeklagten, er hätte das Geld Armenio Pu***** übergeben müssen (ON 552 S 52 ff), und seiner Einlassung, wonach das Geld dem Vermieter gehöre und er dafür Sorge tragen werde, dass dieser das Geld bekomme (ON 461 S 11), auseinandersetzen müssen. Solcherart hat sich der Angeklagte nämlich nicht damit verantwortet, die Kaution zu Recht einbehalten zu haben.
Damit erweisen sich die die Freisprüche zu B./I./a./ bis c./, d./iii./2./ und C./ begründenden Sachverhaltsannahmen als mangelhaft im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO.
Indem die Beschwerde hinsichtlich sämtlicher Tatbestandselemente, zu denen der Schöffensenat im Hinblick auf die (den Freispruch begründenden) Urteilsannahmen keine Aussage getroffen hat, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse Feststellungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) geltend macht, entspricht sie auch den Kriterien erfolgreicher Freispruchsanfechtung (RIS‑Justiz RS0127315; Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 9.137).
Insoweit war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Urteilsaufhebung unvermeidbar (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO), womit sich ein Eingehen auf die weitere Beschwerdeargumentation der Staatsanwaltschaft erübrigt.
Darüber hinaus schlägt die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch fehl.
Soweit die Besetzungsrüge (Z 1) auf die „umfangreichen Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Stammakt“ verweist, ist sie nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Denn das Verfahrensrecht sieht nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vor, in der die Nichtigkeitsgründe durch deutliche und bestimmte Bezeichnung geltend zu machen sind (vgl RIS‑Justiz RS0100172). Im Übrigen zeigt die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, die Vorsitzende habe das Verfahren im Hinblick auf die Stellung von Suggestivfragen, das Unterbleiben einer ausführlicheren Befragung und die Abweisung von Beweisanträgen einseitig geführt, eine Ausgeschlossenheit dieser Richterin nicht auf. Denn diese Umstände allein lassen nicht erkennen, dass sich die Vorsitzende schon eine Meinung über den Fall gebildet hätte, von der sie auch angesichts gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht bereit gewesen wäre, abzugehen (vgl RIS‑Justiz RS0096733; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 12).
Was die gegen die Abweisung zahlreicher Beweisanträge gerichtete Verfahrensrüge (Z 4) anbelangt, so sei die Beschwerdeführerin zunächst an die (von ihr mehrfach vernachlässigte) Vorschrift des § 55 StPO erinnert (vgl Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 6.47 ff).
Auf die kritisierte Ablehnung von Beweisbegehren im Zusammenhang mit dem (schweizerischen) Insolvenzverfahren der CBl ***** AG (ON 691 S 49 f) war angesichts der mit Mängelrüge (siehe unten) erfolglos bekämpften Verneinung der subjektiven Tatseite zu diesem Faktenkomplex nicht näher einzugehen. Denn sämtliche (im Übrigen bloßen Erkundungscharakter aufweisende) Anträge wurden lediglich zum Beweis des Unterbleibens der Bekanntgabe der jeweiligen Vermögenswerte im Insolvenzverfahren oder des Bestehens von Forderungen gestellt.
Soweit die Rechtsmittelwerberin die Abweisung ihrer das Bestehen von – ohnedies festgestellten (US 25, 30) – Forderungen des Finanzamts gegenüber der CBL ***** AG betreffenden Beweisanträge (ON 691 S 50) rügt, genügt der Verweis auf § 55 Abs 2 Z 3 StPO.
Der Antrag auf „ergänzende Sachverständigenbestellung des Mag. Thomas S***** […] oder eines anderen geeigneten Sachverständigen“ zum „Wert der Anteile des Reinhard E***** an der CBL ***** AG“ (ON 691 S 51) ließ wie auch der „formell doch“ gestellte Antrag auf Beischaffung der Buchhaltungsunterlagen der CBL ***** AG (ON 691 S 52) nicht erkennen, weshalb trotz der offensichtlich erfolglosen Versuche über den ehemaligen Steuerberater der CBL ***** AG (ON 77 in ON 619), der versuchten Beischaffung im Rechtshilfeweg (ON 49) und der diesbezüglichen Ausführung des Sachverständigen zur Ungewissheit, welche Unterlagen noch vorhanden sind (ON 691 S 5 f, S 12 f), eine Durchführung der Beweise möglich sein sollte (§ 55 Abs 2 erster Satz dritter Fall StPO). Soweit der Antrag auch „das Ausmaß des Konkurses der CBL ***** AG und der […] kridaträchtigen Verhaltensweisen […] insbesondere buchhalterische Erfassung der 'Jahresforderungen' und von den Privatentnahmen, Forderungen gegenüber RLP“ umfasst, bezieht er sich ohnedies auf erwiesene Tatsachen (US 30).
Der Wert der „ERE, der RER und der RJE“ (ON 691 S 51 Punkt 2./) war mit Blick darauf, dass das Schöffengericht nicht feststellen konnte, dass der Angeklagte Reinhard E***** der wirtschaftliche Eigentümer dieser Unternehmen ist (US 33 f), für die Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung (§ 55 Abs 2 Z 1 StPO). Soweit der Antrag auf Bestellung des Sachverständigen auch die Ermittlung verschwiegener Geschäftsführereinkünfte aus diesen Unternehmen betrifft, lässt er eine Begründung vermissen, inwiefern aus den Büchern der genannten Gesellschaften Schlüsse über Geschäftsführereinkünfte während des Privatkonkurses des Angeklagten Reinhard E***** gezogen werden hätten können, obwohl das Konkursverfahren gegen diesen am 7. September 2015 eröffnet wurde (US 25) und der Sachverständige angab, dass die Buchhaltungen nur bis spätestens September 2015 geführt wurden (ON 598 S 4 f).
Der Antrag auf Beischaffung von Konkursakten „zum Beweis für die Kridahandlungen“ (ON 691 S 51), ließ überhaupt jeden Hinweis darauf vermissen, welche konkreten Erkenntnisse aus diesen gewonnen hätten werden sollen.
Die beantragte Beischaffung des Aktes AZ 2 S ***** des Handelsgerichts Wien „zum Beweis dafür, dass die CBL ***** AG der D***** R***** diese 260.000 Euro bezahlt hat und daher eine Forderung gegenüber der RLP hat“ (ON 691 S 52), erübrigte sich (vgl erneut § 55 Abs 2 Z 3 StPO) ebenso wie die zum vergleichbaren Beweisthema begehrte Vernehmung mehrerer Zeugen (ON 691 S 50), weil eine derartige Forderung der CBL ***** AG gegen die RLP wegen deren Verbindlichkeiten gegenüber der R***** D***** GmbH ohnedies festgestellt wurde (US 30).
Hinsichtlich des – im Übrigen neuerlich zur bloßen Erkundung gestellten – Antrags auf Beischaffung von „sämtlichen Beschlüssen“ des Bezirksgerichts Baden betreffend den Versuch von Eintragungen von Darlehens- und Pfandbestellungsurkunden (ON 691 S 52) ist auf die Aufhebung der Freisprüche B./I./a./ bis c./ zu verweisen.
Das die Beweisanträge ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde ist unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (vgl RIS‑Justiz RS0099618).
Der gegen die Freispruchsfakten 2./i.–iii./ gerichteten Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider haben die Tatrichter das Vorliegen einer Gläubigermehrheit im Sinn des § 156 Abs 1 StGB hinreichend deutlich gemacht, indem sie auf die (österreichische) „Finanz“ „als einzige bekannte und relevante Gläubigerin“ der Immobiliengesellschaft CBL ***** AG verwiesen und auch in Bezug auf die subjektive Ausrichtung des Angeklagten auf die Befriedigung „der Gläubiger“ abstellten (US 30). Abgesehen davon ging das Schöffengericht auch davon aus, dass gegen diese Gesellschaft Schadenersatzforderungen mehrerer Liegenschaftskäufer gerichtet waren (US 32).
Hinsichtlich der Gläubigerbenachteiligung verneinte der Schöffensenat einen Vorsatz des Angeklagten, weil die Forderungen des österreichischen Fiskus erst – zeitlich nach den inkriminierten Tathandlungen – im September und Oktober 2016 bescheidmäßig festgesetzt wurden (US 30, 41 f). Mit dem Einwand, wonach die Steuerschuld im Hinblick auf die von der CBL ***** AG erwirtschafteten Gewinne schon in den Jahren 2012 und 2013 entstanden sei, bekämpft die Beschwerdeführerin bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Die Kritik an der (illustrativen) Erwähnung eines im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschlusses des Oberlandesgerichts (US 42 iVm ON 672) geht schon deshalb ins Leere, weil diese Entscheidung ersichtlich keine notwendige Bedingung für die Feststellung entscheidender Tatsachen darstellte (RIS‑Justiz RS0116737).
Schließlich kann auch der Einwand fehlender Feststellungen betreffend das (zu 2./i./ und ii./ inkriminierte) Verheimlichen von Vermögensbestandteilen auf sich beruhen. Denn die Tatrichter haben – von der Beschwerde erfolglos bekämpft – einen auf Gläubigerbenachteiligung gerichteten Vorsatz des Angeklagten pauschal (dh ohne Bezugnahme auf bestimmte Kridahandlungen) verneint (US 41 f).
Der zum Freispruchsfaktum B./I./d./i./ ergriffenen Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider ist dem Urteil deutlich zu entnehmen, dass der Angeklagte Reinhard E***** über Gesellschaftsanteile an der CBL ***** AG verfügte (vgl US 33: „die Firmenanteile des Reinhard E*****“, „seiner Beteiligung“).
Ebensowenig liegt die in Bezug auf die Daten der Insolvenzverfahren des Angeklagten E***** und der CBL ***** AG behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) vor. Die daraus vom Erstgericht abgeleiteten – im Übrigen einwandfreien (zur zeitlichen Überschneidung dieser Verfahren siehe US 25; vgl auch ON 691 S 14) – Schlussfolgerungen, wonach die Insolvenzverfahren „zeitnah“, „gleichzeitig“ oder „in etwa zeitgleich“ waren (US 33, 45), sind einer Kritik wegen Aktenwidrigkeit nicht zugänglich (vgl RIS‑Justiz RS0099431).
Dass die Masseverwalterin Dr. J***** bereits vor Einleitung des Liquidationsverfahrens über die CBL ***** AG von dieser Gesellschaft Kenntnis erlangte, steht den zum Freispruch getroffenen Feststellungen nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegen.
Soweit die Beschwerde einzelne Begründungselemente des Urteils in Bezug auf die fehlende subjektive Tatseite, wie die Beurteilung des Werts der Anteile des Angeklagten Reinhard E***** an der CBL ***** AG durch die Masseverwalterin Dr. J*****, isoliert herausgreift, orientiert sie sich nicht an den Anfechtungskategorien einer Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0119370, RS0116737; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 410).
Dem weiteren Rechtsmitteleinwand zuwider haben die Tatrichter nicht festgestellt, dass der Angeklagte Reinhard E***** erst durch die Bescheide des Bundesministeriums für Finanzen im September 2016 von den Finanzschulden erfahren habe, sondern dass diese zu diesem Zeitpunkt bescheidmäßig festgesetzt wurden (vgl US 30). Die auf diesem urteilswidrigen Einwand aufbauende, Widersprüchlichkeit behauptende Kritik (Z 5 dritter Fall) ist daher einer Beantwortung nicht zugänglich.
Zu B./I./d./ii./ kritisiert die Staatsanwaltschaft die Konstatierungen, wonach wirtschaftliches Eigentum des Angeklagten Reinhard E***** an den jeweiligen Gesellschaften nicht festgestellt werden konnte (US 33 f), bloß nach Maßgabe eigener Beweiswerterwägungen zur Herkunft des Stammkapitals, dem Gründungsvorgang der RJE, zur Abwicklung von Geschäften über dieses Unternehmen und zur Korrespondenz zwischen dem Angeklagten Reinhard E***** und dessen Sohn. Solcherart verfehlt die Beschwerdeführerin den Anfechtungsrahmen einer Mängelrüge. Gleiches gilt für die spekulative Argumentation, wonach es für die Annahme, dass die Unternehmen der Angeklagten Renate E***** gehörten, „irgendeine Vereinbarung, etwa einen Schenkungsvertrag oder einen Darlehensvertrag“ geben müsste.
Ihren ursprünglich angegebenen Vermögensstand hat die Angeklagte bereits bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 19. April 2017 (ON 378) korrigiert, anlässlich der sie Unternehmensanteile der RER, ERE, RJE ***** als ihr Vermögen deklarierte. Der Rechtsmitteleinwand, Renate E***** hätte „während des gegenständlichen Verfahrens laufend angegeben, über keine Unternehmensanteile zu verfügen“, trifft daher nicht zu.
In bloß unbeachtlicher Beweiswürdigungskritik erschöpft sich das gegen den Freispruch B./I./d./iii./ gerichtete Vorbringen, indem die Beschwerdeführerin bloß spekulative Erwägungen zur Mittelaufbringung für Miete, Strom, Heizung und dergleichen anstellt.
Mit dem gegen die argumentative Heranziehung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 27. April 2018 (ON 672) gerichteten Vorbringen ist die Rechtsmittelwerberin auf die Erledigung der Mängelrüge zu den Freisprüchen 2./i./–iii./ zu verweisen.
Die weitere Argumentation der Beschwerdeführerin bezieht sich allein auf das (von der Kassation betroffene) Faktum (B./I./d./iii./2./), sodass sich diesbezüglich eine Antwort erübrigt.
Betreffend die Angeklagte Renate E***** verweist die Anklagebehörde lediglich darauf, dass „die im Rahmen der obigen Ausführungen zu §§ 281 (1) 4, 5 und 9 lit a vorgebrachten Argumente insbesondere zur inneren Tatseite […] zur Vermeidung von Wiederholungen sinngemäß auch zur Mittäterschaft von Renate E***** erhoben werden“. Solcherart werden diese Angeklagte betreffende Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt angesprochen (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0115902).
Im dargelegten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft daher zu verwerfen.
Zu der die Angeklagte Renate E***** betreffenden Berufung der Staatsanwaltschaft:
Das Schöffengericht erkannte Renate E***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB schuldig (B./II./).
Danach hat sie zur strafbaren Handlung des Reinhard E*****, der im Zeitraum Dezember 2015 bis Jänner 2016 in G***** und an anderen Orten als leitender Angestellter (§ 161 StGB) einen Bestandteil des Vermögens der RLM ***** GmbH beiseite schaffte und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelte oder schmälerte, indem er 5.050 Euro auf das Konto der Renate E***** überwies, dadurch beigetragen, dass sie ihr Konto zur Verfügung stellte.
Das Schöffengericht verhängte über Renate E***** nach § 156 Abs 1 StGB eine – für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene (§ 43 Abs 1 StGB) – Freiheitsstrafe von acht Monaten.
Dabei wertete es als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) und die untergeordnete Beteiligung an der strafbaren Handlung (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB), als erschwerend keinen Umstand (US 50 f). Zu der begehrten Erhöhung der Freiheitsstrafe sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst. Denn die Staatsanwaltschaft beruft sich allein auf die „mangelnde Verantwortungsübernahme“ der Angeklagten und bringt solcherart überhaupt kein taugliches Argument für eine Verschärfung des Strafmaßes vor (vgl RIS‑Justiz RS0090897).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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