OGH 12Os134/12s

OGH12Os134/12s13.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fruhmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Halil D***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Halil D*****, Muhammed Ö*****, Hasan A***** und Tolga K***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendgeschworenengericht vom 6. Juli 2012, GZ 41 Hv 30/12m‑250, weiters über die Beschwerde des Angeklagten Hasan A***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, der Angeklagten Halil D*****, Muhammed Ö*****, Hasan A***** und Tolga K*****, der Verteidiger Dr. Lechenauer, Dr. Wampl, Dr. Reichl und Mag. Fischer, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Hochwimmer sowie des Dolmetschers Mag. Aytekin

I. zu Recht erkannt:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Hasan A***** und Muhammed Ö***** sowie der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch dieser Angeklagten (einschließlich der Vorhaftanrechnung), demzufolge auch der Hasan A***** betreffende Beschluss gemäß § 494a StPO aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Hasan A***** und Muhammed Ö***** werden für die Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 12 dritter Fall, § 87 Abs 1 sowie § 12 dritter Fall, § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB, Muhammed Ö***** darüberhinaus für das Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 87 Abs 2 StGB, Hasan A***** unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG und des § 28 StGB, Muhammed Ö***** unter Anwendung der §§ 28 und 36 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar

Muhammed Ö***** zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünfeinhalb Jahren,

Hasan A***** zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von dreieinhalb Jahren.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Muhammed Ö***** im Übrigen sowie die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Halil D***** und Tolga K***** werden verworfen.

Mit ihren Berufungen werden Hasan A***** und Muhammed Ö***** auf die Strafneubemessung verwiesen.

Der Berufung des Hasan A***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben.

Die Anrechnung der Vorhaft wird das Erstgericht vorzunehmen haben.

Den Berufungen der Angeklagten Halil D***** und Tolga K***** wird nicht, hingegen jener der Staatsanwaltschaft (in Betreff des Tolga K*****) Folge gegeben und die verhängte Strafe auf neun Jahre erhöht.

Den Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2012:0120OS00134.12S.1213.000

 

Spruch:

Vom Widerruf der Hasan A***** zu AZ 33 Hv 71/10d des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht wird abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen ‑ auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden ‑ Urteil wurden Halil D***** der Verbrechen des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB (I./1./) und nach § 75 StGB (I./2./), Muhammed Ö***** der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 (II./1./a./) und nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (II./1./b./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (II./2./), Hasan A***** der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 StGB (III./1./) und nach §§ 12 dritter Fall, 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (III./2./) sowie Tolga K***** der Verbrechen des Mordes nach §§ 12 dritter Fall, 15 Abs 1, 75 StGB (IV./1./) und nach §§ 12 dritter Fall, 75 StGB (IV./2./) schuldig erkannt.

Danach haben ‑ verkürzt wiedergegeben ‑ am 12. September 2011 in M*****

I./ Halil D***** andere vorsätzlich getötet und zu töten versucht, und zwar

1./ Birol Du***** durch Versetzen von acht wuchtigen Messerstichen mit einem etwa 32 cm langen Küchenmesser mit einer etwa 19 cm langen, vorne spitz zulaufenden Klinge gegen den linken Bauchraum und hinteren linken Brustkorb, wodurch eine Eröffnung des Bauchraums samt zahlreicher tiefer, die Muskulatur langstreckig kanalartig durchsetzender Verletzungen erfolgte, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

2./ Hicabi Du***** durch Versetzen von mindestens sieben wuchtigen Messerstichen mit einem etwa 32 cm langen Küchenmesser mit einer etwa 19 cm langen, vorne spitz zulaufenden Klinge gegen den Rumpf, die Arme und den Hals, wodurch es zu einer Kombination aus Verbluten nach außen und zentraler Lähmung bei stichbedingter Durchtrennung der linken Drosselvene und gemeinsamen Halsschlagader in Verbindung mit einer stichbedingten Ausbildung einer Luftbrust (Pneumothorax) kam;

II./ Muhammed Ö*****

1./ dazu beigetragen, anderen absichtlich eine schwere Körperverletzung zuzufügen, wobei die Tat den Tod des Hicabi Du***** zur Folge hatte, und zwar

a./ Birol Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können, wobei er selbst Birol Du***** mehrere Faustschläge und Fußtritte gegen den Kopf und den übrigen Körper versetzte;

b./ Hicabi Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können, wobei er selbst Hicabi Du***** auch einen Schlag mit einer Stahlrute gegen den Kopf versetzte;

2./ eine Stahlrute, somit eine verbotene Waffe (§ 17 Abs 1 Z 6 WaffG), unbefugt besessen;

III./ Hasan A***** dazu beigetragen, anderen absichtlich eine schwere Körperverletzung zuzufügen, wobei die Tat den Tod des Hicabi Du***** zur Folge hatte, und zwar

1./ Birol Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können, wobei er selbst Birol Du***** mehrere Faustschläge und Fußtritte gegen den Kopf und den übrigen Körper versetzte;

2./ Hicabi Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können;

IV./ Tolga K***** dazu beigetragen, andere vorsätzlich zu töten und zu töten zu versuchen, und zwar

1./ Birol Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

2./ Hicabi Du*****, indem er gemeinsam mit Halil D***** zum Tatort fuhr und sich dort auf seine Anweisung versteckte, um nötigenfalls eingreifen zu können, wobei er selbst mit erhobener Hand, in welcher er einen unbekannten Gegenstand hielt, unmittelbar gegen den Halsbereich des Hicabi Du***** losging.

Gegen dieses Urteil richten sich Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen sämtlicher Angeklagter sowie der Staatsanwaltschaft, wobei sich der Erstangeklagte Halil D***** auf Z 8, der Zweitangeklagte Muhammed Ö***** auf Z 3, 5, 8 und 13, der Drittangeklagte Hasan A***** auf Z 13, der Viertangeklagte Tolga K***** auf Z 6, 9 erster Fall und 10a und die Staatsanwaltschaft auf Z 13 jeweils des § 345 Abs 1 StPO stützen.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Angeklagte Muhammed Ö***** mit Verfahrensrüge (Z 3 und 5) gegen die Verlesung der Vernehmungsprotokolle der vor der Polizei als Zeugen befragten Angeklagten Muhammed Ö*****, Tolga K***** und Hasan A***** sowie gegen die Verwertung der Protokolle im Urteil wendet, übersieht er, dass keine nichtige Beweisaufnahme im

Ermittlungsverfahren vorliegt, weil die Genannten ohnedies gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO belehrt wurden (vgl ON 2 S 31 [Tolga K*****]; ON 14 S 21 [Muhammed Ö*****]; ON 14 S 47 [Hasan A*****]) und selbst das Unterlassen einer rechtzeitigen Information über das Aussageverweigerungsrecht gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO nicht zu den vom Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichneten Akten zählt (§ 159 Abs 3 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0124907, RS0099344; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 176). Schließlich spricht auch das zum Antrag auf „Nichtverlesung der Zeugenaussagen von Tolga K***** (ON 2 S 27 ff), Muhammed Ö***** (ON 14 S 17 ff) und Hasan A***** (ON 14 S 53 ff)“ erstattete Vorbringen, diese seien zum Zeitpunkt ihrer ersten Befragung bereits eines Körperverletzungsdelikts verdächtig gewesen und hätten daher als Beschuldigte unter Belehrung über ihr Aussageverweigerungsrecht vernommen werden müssen, keinen schweren Vernehmungsfehler (§ 166 Abs 1 Z 2 StPO) an, der ein Beweisverbot iSd § 166 Abs 2 StPO bewirkt (Michel‑Kwapinski, WK‑StPO § 166 Rz 16 ff; Kirchbacher, WK‑StPO § 246 Rz 99 f).

Soweit der Nichtigkeitswerber Tolga K***** eine Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) darin erblickt, dass zur ihn betreffenden Hauptfrage 2 eine Eventualfrage „in Richtung der §§ 105, 106 StGB“ unterblieben sei, stützt er sich nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Tatsachen, die Grundlage für die Stellung einer Eventualfrage nach § 314 Abs 1 StPO sein könnten. Die von ihm relevierten ‑ bloß isoliert wiedergegebenen ‑ Aussagepassagen des Zeugen Birol Du***** (anlässlich der Tatrekonstruktion vom 11. Jänner 2012 [ON 161, S 10 ff]: „Ich habe diese Bewegung gesehen, also die Position gesehen. Ich habe nicht gesagt, dass er zugestochen hat …“ [S 10] „Die Stiche habe ich nicht gesehen …“ [S 16] „Ich weiß nicht, wer zugestochen hat oder nicht, das habe ich nicht gesehen …“ [S 17] „Vielleicht, dass sie ihm Angst einjagen wollen, ihn ängstigen wollen, dass er dann wegläuft. Ich dachte, da man mich hier mit dem Messer gestochen hat, dass man ihm nichts mehr tun würde. Deshalb habe ich nicht eingegriffen …“ [S 17 f] „Ich bin davon ausgegangen, dass sie ihm nichts tun bzw getan hätten und habe mich hinaus gerettet …“ [S 24] und in der Hauptverhandlung vom 23. Mai 2012: „Ich dachte nicht, dass die ihn umbringen würden, ich dachte, dass sie ihn irgendwie ängstigen oder das nur so hergezeigt haben …“ [ON 241 S 86]) geben keine Tatsachenwahrnehmung wieder, welche ein für die Stellung der vermissten Eventualfrage geeignetes Verfahrensergebnis sein kann. Die bloß subjektiven Einschätzungen des Genannten und Wertungen, welche ‑ wie Schlussfolgerungen, rechtliche Beurteilungen oder ähnliche intellektuelle Vorgänge ‑ grundsätzlich auch nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein können, stellen daher die erforderliche Basis nicht her (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 435; RIS‑Justiz RS0097540).

Da Gegenstand einer Instruktionsrüge (Z 8) nicht der auf die Sanktionsfrage bezogene Inhalt der in §§ 321, 323 Abs 1 und 327 StPO genannten Belehrungen ist (RIS‑Justiz RS0100873; Philipp, WK‑StPO § 321 Rz 21; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 21 und 53), versagt die von den Nichtigkeitswerbern Halil D***** und Muhammed Ö***** erhobene Behauptung einer unrichtigen Rechtsbelehrung der Geschworenen über den Strafsatz des § 87 Abs 2 zweiter Fall StGB.

Dem Beschwerdevorwurf des Tolga K***** (Z 9) zuwider bewirkte die bei der Fragenbeantwortung durch die Laienrichter erfolgte Streichung der Tatmodalität der „Verwendung eines Messers“ unter gleichzeitiger Annahme des Einsatzes eines „unbekannten Gegenstandes“ bei Bejahung der ihn betreffenden Hauptfrage 2 keine Undeutlichkeit des Wahrspruchs (betrifft IV./2./). Denn durch die (einen Teil des Verdikts darstellende) Eliminierung der betreffenden Passage aus der zweifelsfrei positiven Beantwortung der in Rede stehenden Hauptfrage ist im Wahrspruch jenes Tatsachensubstrat, demzufolge dem Angeklagten in rechtlicher Hinsicht das Verbrechen des vollendeten Mordes als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 75 StGB zur Last gelegt wurde, einwandfrei zu entnehmen.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) des Tolga K***** vermag insgesamt keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Laufen doch die ‑ unter Hinweis auf Aussagepassagen der Angeklagten, des Zeugen Erdogan S***** und auf Ausführungen des Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. Harald M***** ‑ angestellten Überlegungen (zu IV./2./) des Genannten insgesamt bloß auf den Versuch hinaus, eine relative Aufwertung der Glaubwürdigkeit seiner Einlassung im Vergleich zu der ihn belastenden Tatversion des Birol Du***** zu erreichen, um die von den Geschworenen bejahte Annahme von (mit Tötungsvorsatz gesetzten) Tätlichkeiten gegenüber Hicabi Du***** nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in Frage zu stellen.

Ebenfalls nicht zielführend ist das weitere Vorbringen des Tolga K*****

(Z 10a), mit dem er den Tötungsvorsatz (zu IV./1./) bestreitet und nachzuweisen trachtet, dass von ihm vielmehr (bloß) „eine Schlägerei“ geplant gewesen sei. Mit eigenen Überlegungen zum möglichen Bedeutungsinhalt von Drohungen und zum Ablauf des Tatgeschehens zeigt er gleichfalls keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der

Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen (vor allem des von den

Geschworenen konstatierten Tötungsvorsatzes) auf, sondern bekämpft solcherart bloß in unzulässiger Weise die gemäß Art 91 Abs 2 B‑VG ausschließlich den

Geschworenen zugewiesene Beweiswürdigung, die sich insofern vor allem auf die von Birol Du***** geschilderten Morddrohungen des Tolga K***** und die (dem Vorfall vorangegangenen) Absprachen der Angeklagten stützen konnten.

Zu Recht hingegen kritisieren die Angeklagten Muhammed Ö*****, Hasan A***** und die Staatsanwaltschaft (Z 13), dass das Geschworenengericht bei Ausmittlung der über Muhammed Ö***** und Hasan A***** verhängten Strafen einen unzutreffenden Strafrahmen („von 5 bis 15 Jahren“) für den insofern maßgeblichen Strafsatz des § 87 Abs 2 zweiter Fall StGB zugrunde gelegt hat (US 19). Dies bewirkt Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z 13 erster Fall StPO (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 667), ungeachtet dessen, dass die konkret verhängten Strafen innerhalb des zulässigen Strafrahmens liegen (vgl RIS‑Justiz RS0099762; RS0116127).

Demgemäß war in Stattgebung bzw in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den Strafaussprüchen der Angeklagten Muhammed Ö***** und Hasan A***** (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie demzufolge auch der Hasan A***** betreffende Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO aufzuheben.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Halil D***** und Tolga K***** sowie jene des Angeklagten Ö***** im Übrigen waren hingegen ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen den hiezu erstatteten Äußerungen der Verteidiger des Zweit‑ und Viertangeklagten ‑ zu verwerfen.

Bei der durch die Aufhebung der Strafaussprüche erforderlichen Neubemessung der Strafen war bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend zu berücksichtigen, bei Muhammed Ö***** darüberhinaus auch jenes mit einem Vergehen, bei Hasan A***** weiters das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe, während als mildernd bei Muhammed Ö***** der bisher ordentliche Lebenswandel und das Alter unter 21 Jahren, bei beiden Angeklagten auch ein geringfügiger Beitrag zur Wahrheitsfindung zu werten war. Von einer ‑ im Rahmen der Berufung ins Treffen geführten ‑ untergeordneten Tatbeteiligung des Muhammed Ö***** kann angesichts aktiver Tätlichkeiten gegen beide Opfer nicht die Rede sein. Demnach war bei Muhammed Ö***** unter Anwendung des § 36 StGB eine Freiheitsstrafe vonfünfeinhalbJahren, bei Hasan A***** unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG eine solche von dreieinhalb Jahren als dem Unrecht der Taten entsprechend und ihrer Schuld angemessen zu verhängen. Die Gewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht ‑ wie in der Berufungsausführung des Angeklagten Hasan A***** begehrt ‑ kommt vor allem im Hinblick auf die bereits erfolgte einschlägige Vorverurteilung aus spezialpräventiver Sicht nicht in Betracht.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten Muhammed Ö***** und Hasan A***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die zum Teil nicht vom Schuldspruch ausgehende Berufung des Hasan A***** in Ansehung des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche kann den nachvollziehbaren Ausführungen des Erstgerichts hiezu (US 22 f) nichts Substanzielles entgegensetzen, zumal der Vorsatz im Sinn des § 1302 ABGB sich nicht auf den vollen Schadenserfolg erstrecken, sondern nur auf eine Rechtsverletzung oder Schädigung gerichtet sein muss, um die Haftung auch für weitere Schäden zu begründen (vgl RIS‑Justiz RS0112574, RS0026610).

Die Vorhaftanrechnung war dem Erstgericht zu überlassen.

Der Berufung des Angeklagten Halil D***** war ein Erfolg zu versagen. Ausgehend von den vom Erstgericht zutreffend herangezogenen Strafzumessungsgründen erweist sich die ausgesprochene Sanktion als durchaus angemessen, zumal von einer einseitigen Provokation des Halil D***** durch Birol Du***** nicht die Rede sein kann.

Der Staatsanwaltschaft ist hingegen beizupflichten, dass dem Angeklagten Tolga K***** zu Unrecht die untergeordnete Tatbeteiligung angesichts aktiv geführter Tätlichkeiten gegen den Getöteten Hibaci Du***** mildernd angerechnet wurde. Demgemäß war unter Beachtung des erheblichen Handlungsunrechts und der Persönlichkeit sowie des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die Freiheitsstrafe auf neun Jahre zu erhöhen. Letztlich war ‑ mit Blick auf die nunmehr verhängte Freiheitsstrafe ‑ vom Widerruf der Hasan A***** gewährten bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 33 Hv 71/10d des Landesgerichts Salzburg abzusehen und die Probezeit im Hinblick auf die gleichgelagerte Delinquenz auf fünf Jahre zu verlängern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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