Spruch:
Ibrahim Halil D***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Gemäß § 8 GRBG wird dem Bund der Ersatz der Beschwerdekosten von 700 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer auferlegt.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Innsbruck der Beschwerde des Beschuldigten Ibrahim Halil D*****, gegen den (mangels der Möglichkeit der an sich begehrten Auslieferung des österreichischen Staatsbürgers [§ 12 Abs 1 ARHG]) beim Landesgericht Innsbruck die Voruntersuchung wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB geführt wird, wider die über Antrag der Staatsanwaltschaft (S 1) vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Innsbruck am 9. Dezember 2006, GZ 30 Ur 386/06m-9, über ihn verhängte Untersuchungshaft nicht Folge und erachtete ersichtlich - wenngleich nicht spruchgemäß ausgedrückt - diesen Beschluss als gesetzmäßig (§ 179 Abs 6 StPO).
Bei dieser Entscheidung ging das Beschwerdegericht davon aus, dass der Beschwerdeführer im dringenden Verdacht steht, am 12. Juni 2006 in Kovancilar (Türkei) bei der vorsätzlichen Tötung des Celal S***** (als Mit- oder Beitragstäter) mitgewirkt zu haben. Begründet wurde diese Annahme mit einem Bericht von Interpol Ankara (S 11 f), mit der Sachverhaltsdarstellung im Auslieferungsersuchen der Generalstaatsanwaltschaft Kovancilar (S 33 ff) und ist dem Haftbefehl des Amtsgerichtes Kovancilar (S 41).
Rechtliche Beurteilung
Die Grundrechtsbeschwerde bezeichnet diese Begründung zutreffend als unzureichend.
Dringender Tatverdacht nach § 180 Abs 1 StPO setzt - anders als die hinreichenden Gründe für die Annahme der Begehung einer der Auslieferung unterliegenden strafbaren Handlung nach § 29 Abs 1 ARHG (vgl RIS-Justiz RS0087119) - einen höheren Grad von Wahrscheinlichkeit (im Sinne des aktenmäßig gedeckten, somit der nachvollziehenden richterlichen Prüfung zugänglichen Vorliegens einer qualifiziert substrathaften Indikation) voraus, dass der Beschuldigte das ihm angelastete Delikt begangen hat (vgl RIS-Justiz RS0040284, zuletzt 11 Os 31/06b).
Eine solche gesteigerte Anschuldigungslage lässt sich indes mängelfrei (§ 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO) mit den vom Oberlandesgericht herangezogenen Unterlagen nicht begründen. Diese erwähnen nämlich lediglich namentlich nicht bekannte Tatzeugen „dieser Tötung", die Ibrahim Halil D***** „durch Photos" wiedererkannt haben sollen (S 35). Der genaue Inhalt der Aussagen dieser angeblichen Tatzeugen, die Herkunft der ihnen gezeigten Photos, im Besonderen deren Qualität, sind nicht aktenkundig. Weitere den leugnenden Beschwerdeführer (S 91) belastende Beweismittel lagen im Zeitpunkt der Verhängung der Untersuchungshaft nicht vor, ja fehlen im Übrigen trotz entsprechender, im Wege von Interpol weitergeleiteter Anforderungen durch den Untersuchungsrichter (S 111, 261) auch weiterhin.
Die den - einen Türkeiaufenthalt zusammen mit einem in Deutschland lebenden Bruder im Juni 2006 zugebenden (S 87), ein Zusammentreffen mit Celal S***** hingegen bestreitenden (S 89) - Beschuldigten belastenden Angaben der erwähnten Zeugen lassen zwar - im Zusammenhang mit der Festnahme eines weiteren Bruders des Rechtsmittelwerbers, der im Zuge eines früheren Streites mit S***** durch diesen verletzt worden sein soll (S 13), in der Türkei - einen die Voruntersuchung rechtfertigenden Tatverdacht zu, sind jedoch nicht geeignet, ohne Ergänzung durch verfahrensmäßig nicht gedeckte Annahmen den für die Verhängung der Untersuchungshaft notwendigen dringenden Tatverdacht zu begründen.
In Übereinstimmung mit der Generalprokuratur war daher in Stattgebung der Grundrechtsbeschwerde die Verletzung des Ibrahim Halil D***** in seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf persönliche Freiheit (§ 2 Abs 1 GRBG) festzustellen und der angefochtene Beschluss unter Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) aufzuheben (§ 7 Abs 1 GRBG).
Der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Innsbruck ist dadurch - trotz zwischenweilig unangefochtener Fortsetzung der Untersuchungshaft (ON 18, 19) - verpflichtet, unverzüglich den der Rechtsanschauung des Obersten Gerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 7 Abs 2 GRBG).
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das vorliegende Erkenntnis bei entsprechender Verdichtung der Verdachtslage und Fortbestehen der Voraussetzungen des § 180 Abs 7 (iVm Abs 2 Z 1) StPO einer (neuerlichen) Verhängung der Untersuchungshaft nicht entgegensteht.
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