European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120NS00036.22Y.0822.000
Spruch:
Für die Durchführung des Strafverfahrens ist das Landesgericht für Strafsachen Wien zuständig.
Gründe:
[1] Im Verfahren AZ 28 U 69/22d des Bezirksgerichts Salzburg legt die Staatsanwaltschaft Salzburg mit Strafantrag vom 29. März 2022 (AZ 56 BAZ 400/22w) * P*, geboren am 14. Dezember 2003, * A*, geboren am 1. Jänner 2006, und * M*, geboren am 11. März 2005, jeweils als Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB beurteilte, am 20. November 2021 in S* verübte Taten zur Last (AS 1). Am 12. April 2022 ordnete das Bezirksgericht die Hauptverhandlung an, wobei es diese für den 1. Juli 2022 anberaumte.
[2] Am 28. April 2022 brachte die Staatsanwaltschaft Eisenstadt bei der Einzelrichterin des Landesgerichts Eisenstadt zu AZ 11 Hv 28/22x einen Strafantrag gegen * P* ein, in welchem sie ihm Straftaten anlastete, die sie als jeweils ein Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (I./A./), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./B./) und des (richtig) schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB (II./) subsumierte.
[3] Am 29. Mai 2022 ordnete die Einzelrichterin mit „Beschluss“ (ON 8; vgl aber RIS-Justiz RS0130527: prozessleitende Verfügung) die Einbeziehung des Verfahrens AZ 28 U 69/22d des Bezirksgerichts Salzburg gemäß § 37 Abs 3 StPO an, sprach die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichts Eisenstadt aus (§ 485 Abs 1 Z 1 StPO) und trat das Verfahren (zur bloß formlosen Überweisung vgl § 38 erster Satz; Oshidari, WK‑StPO § 38 Rz 1) mit Blick auf das Zusammentreffen einer Jugendstrafsache mit einer Strafsache gegen einen Erwachsenen an das ihrer Ansicht nach sonderzuständige (§§ 29, 34 Abs 1 JGG) Landesgericht Salzburg ab.
[4] Das Landesgerichts Salzburg legte die Akten, weil es seine Zuständigkeit bezweifelte, dem Obersten Gerichtshof nach § 38 letzter Satz StPO vor.
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
[5] Gemäß § 37 Abs 3 erster Halbsatz StPO sind Verfahren zu verbinden, sofern zu einem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein weiteres Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist. Die Verbindung konnexer Verfahren setzt solcherart die Rechtswirksamkeit der jeweiligen Anklagen voraus (RIS‑Justiz RS0123444, RS0123445 [T7]). Das ist hier aufgrund der Anordnung der Hauptverhandlung durch das Bezirksgericht Salzburg (AZ 28 U 69/22d) und der nachfolgenden Einbeziehung dieses Verfahrens durch das Landesgericht Eisenstadt anlässlich der Fassung des Unzuständigkeitsbeschlusses (GZ 11 Hv 28/22x‑8) der Fall.
[6] Im Verfahren AZ 28 U 69/22d des Bezirksgerichts Salzburg handelte es sich in Bezug auf sämtliche Angeklagten um eine Jugendstrafsache (§ 1 Abs 1 Z 2 bis 4 JGG), womit der gewöhnliche Aufenthalt der Angeklagten zur Zeit des Beginns des Strafverfahrens zuständigkeitsbegründend ist (§ 29 JGG).
[7] Zu diesem Zeitpunkt lag der gewöhnliche Aufenthalt des * A* in S* sowie jener des * M* und des * P* in W*, sodass auch nur diese beiden Gerichte für das verbundene Verfahren zuständig sein können.
[8] Bei der Beurteilung der Zuständigkeit sind gemäß § 31 JGG die allgemeinen Konnexitätsregeln des § 37 StPO zu beachten (Schroll in WK2 JGG § 29 Rz 9 ff; Oshidari, WK‑StPO § 36 Rz 14), sodass primär das höhere Gericht zur Verfahrensführung berufen ist (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO).
[9] Demnach kommt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Zuständigkeit für die gemeinsame Verfahrensführung dem (höherrangigen) Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu, weil * A* und * M* ausschließlich das Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs 2 erster Fall StGB zur Last liegt, * P* darüber hinaus aber auch ein in die sachliche Zuständigkeit des Einzelrichters des Landesgerichts (§ 31 Abs 4 Z 1 StPO) fallendes Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB angelastet wird.
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