European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00093.14G.0216.001
Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmuth D***** und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A/1 und A/2 (betreffend Helmuth D***** und Erna O*****), demzufolge auch im die Genannten betreffenden Strafausspruch und in der Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche nach § 366 Abs 2 zweiter Satz StPO aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache in diesem Umfang an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Eva Z***** und der Staatsanwaltschaft werden zurückgewiesen.
Erna O***** wird mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zum Schuldspruch A auf die kassatorische Entscheidung verwiesen, im Übrigen wird ihre Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Helmuth D***** und Erna O***** werden ebenso wie die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser beiden Angeklagten mit ihren Berufungen auf die aufhebende Entscheidung verwiesen.
Die Akten werden dem Landesgericht Innsbruck rückgemittelt, das entsprechende Aktenteile dem Oberlandesgericht Innsbruck zur Erledigung der die Angeklagte Eva Z***** betreffenden Berufungen zuzuleiten hat.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch ‑ großteils unbekämpft gebliebene ‑Freisprüche der Angeklagten von weiteren Tatvorwürfen (und überflüssig von den rechtlichen Kategorien) enthält, wurden Helmuth D***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB (A/1 und A/2), des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (B/1), Eva Z***** des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 158 Abs 1 StGB (B/2) und Erna O***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB (A/1 und A/2) sowie des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 158 Abs 1 StGB (B/3) schuldig erkannt.
Danach haben ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Relevanz ‑ in W*****, A***** und anderen Orten
A./ Helmuth (Oliver) D***** und Erna O***** als faktische Mitgeschäftsführer der m***** GmbH und demnach als deren leitende Angestellte im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter das Vermögen der m***** GmbH in einer 50.000 Euro übersteigenden Gesamthöhe verringert und dadurch die Befriedigung der Unternehmensgläubiger zumindest geschmälert, und zwar:
1./ von 9. Juli 2008 bis 31. Dezember 2009 in 14 Angriffen durch (Veranlassung der) Bezahlung von Privatverbindlichkeiten des Helmuth D***** in einer Gesamthöhe von 453.691,11 Euro (zweites Verrechnungskonto „Oliver D*****“ 2586);
2./ von 2. April 2009 bis 15. Juni 2010 in sieben Angriffen durch (Duldung der) Entnahme folgender Geldbeträge aus dem Unternehmensvermögen in einer Gesamthöhe von 147.900 Euro (Verrechnungskonto „Oliver D*****“ 2576 und Verrechungskonto „Forderung „Erna O*****“ 2575) jeweils als Barbehebungen
a./ am 2. April 2009 100.000 Euro,
b./ am 14. Oktober 2009 10.000 Euro,
c./ am 22. Oktober 2009 10.000 Euro,
d./ am 20. November 2009 2.500 Euro,
e./ am 9. Februar 2010 10.000 Euro,
f./ am 20. Mai 2010 2.400 Euro,
g./ am 15. Juni 2010 13.000 Euro;
B./ von 13. Dezember 2006 bis 6. Juli 2010
1./ Helmuth D***** nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, indem er „ca 20 bis 23 Konkursgläubigern“ im Verfahren AZ ***** des Landesgerichts Innsbruck Abschlagszahlungen anbot und Zahlungen in Höhe von
a./ 453.691,11 Euro durch die m***** GmbH und
b./ 252.700 Euro durch die P***** KEG bzw die E***** GmbH
an diese Gläubiger veranlasste;
2./ Eva Z***** dadurch, dass sie in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Helmuth D***** und dessen Konkursverfahrens als geschäftsführende Gesellschafterin der P***** KEG bzw der E***** GmbH Zahlungen im Ausmaß von 252.700 Euro als Abschlagszahlungen an ausgewählte Konkursgläubiger des Helmuth D***** durchführte, zu den oben unter Punkt B/1/b genannten Tathandlungen des Helmuth D***** beigetragen;
3./ Erna O***** dadurch, dass sie in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Helmuth D***** und dessen Konkursverfahrens die unter Punkt A/1 genannten Zahlungen in Höhe von 453.691,11 Euro als faktische „Mitgesellschafterin und“ Mitgeschäftsführerin der m***** GmbH gemeinsam mit Helmuth D***** durchführte, zu den unter oben Punkt B/1/a genannten Tathandlungen des Helmuth D***** beigetragen.
Unter anderem von dem darüber hinausgehenden Anklagevorwurf, es hätten
(C) von 13. Dezember 2006 bis 6. Juni 2010
1./ Helmuth D***** in vielen Angriffen Bestandteile seines eigenen Vermögens in einer 50.000 Euro übersteigenden Gesamthöhe von 964.410,09 Euro „(netto = ohne Umsatzsteuer)“, und zwar wirtschaftlich ihm selbst zugute gekommene Vermögensabflüsse
a./ vom Geschäfts‑(giro‑)konto der m***** GmbH in Höhe von 702.186,76 Euro und
b./ vom Geschäftskonto der A***** (bestehend aus H***** GmbH und m***** GmbH, kurz A*****) in Höhe von 262.283,33 Euro durch Inempfangnahme dieser Gelder bei der von ihm verdeckt beherrschten P***** KEG bzw E***** GmbH verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner eigenen Gläubiger zumindest geschmälert,
2./ Erna O***** als formelle Alleingeschäftsführerin, in Wahrheit aber faktische Mitgeschäftsführerin der m***** GmbH, zu den oben unter C/1 angeführten Taten des Helmuth D***** durch Veranlassung der Überweisungen, demnach Umleitung der in Rede stehenden Geldbeträge von der m***** GmbH und der A***** an die P***** KEG bzw die E***** GmbH beigetragen, sowie
3./ Eva Z***** zu den oben unter C/1 angeführten Taten des Helmuth D***** als formelle Alleinkomplementärin, später formelle Alleingeschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin der P***** KEG bzw der E***** GmbH durch Einforderung und Inempfangnahme dieser von der m***** GmbH und der A***** überwiesenen Gelder beigetragen,
wurden die Genannten gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, wobei sich Helmuth D***** (gestützt auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO) gegen die Schuldsprüche A/1 und A/2, Eva Z***** (gestützt auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, und 10a StPO) gegen den Schuldspruch B/2 und Erna O***** (gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO) gegen die Schuldsprüche A/1, A/2 und B/3 wenden, während die Staatsanwaltschaft zum Nachteil der Angeklagten (gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO) die oben dargestellten Freisprüche C/1, C/2 und C/3 bekämpft.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmuth D*****:
In der Hauptverhandlung lehnte der Verteidiger der Angeklagten Helmuth D***** und Eva Z***** am 27. November 2013 (ON 6 S 3 ff in ON 256) die Beiziehung des Sachverständigen Mag. Herbert St***** ab und beantragte auch am 4. Dezember 2013 (ON 8 S 8 in ON 256) ‑ noch vor dessen Abhörung ‑, den Genannten nicht als Sachverständigen zuzulassen, sein (schriftlich erstattetes) Gutachten nicht zu verlesen und in der Hauptverhandlung auch nicht zu erörtern.
Diese ‑ erfolglos gebliebenen ‑ Anträge be-gründete er einerseits damit, dass sich der Sachverständige der Hilfskraft Dr. Helmut I***** bedient habe, der früher ein „Vorgesetzter des Anklageverfassers Staatsanwalt Mag. Thomas S*****“ gewesen sei. Andererseits sei Mag. St***** bereits im Ermittlungsverfahren tätig und daher „Zeuge der Anklage“ gewesen, was den „Grundsätzen des fair trial nach Art 6 Abs 3 lit a“ EMRK widerspreche.
Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung dieser Anträge als Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten Helmuth D*****.
Der Erledigung derselben ist vorauszuschicken:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10. März 2015 (G 180/2014, G 216/2014, G 232/2014, G 42/2015, G 77/2015) in Stattgebung von Normprüfungsanträgen des Obersten Gerichtshofs ausgesprochen, dass die Wortfolge „Sachverständigen oder“ in § 126 Abs 4 StPO idF BGBl I 2004/19 verfassungwidrig war. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass diese Wortfolge auch in den Rechtssachen, die ‑ wie die vorliegende ‑ zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs beim Obersten Gerichtshof anhängig waren, nicht mehr anzuwenden ist (Art 140 Abs 7 B‑VG).
In seiner Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass die genannte Bestimmung insoweit im Widerspruch zu Art 6 Abs 3 lit d zweiter Fall MRK stand, als sie dem Angeklagten selbst dann verwehrte, das Vorliegen von Hinweisen auf eine „objektive“ (also strukturelle, auf dessen Tätigkeit im Ermittlungsverfahren basierende) Befangenheit des im Hauptverfahren beigezogenen Sachverständigen mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen, wenn der Sachverständige vom Staatsanwalt mit der Durchführung von Ermittlungen ‑ allenfalls auch in Form eines Erkundungsbeweises (§ 103 Abs 2 iVm § 91 Abs 2 StPO) ‑ betraut war und sich die Anklage primär auf dessen Expertise stützt (Rz 39 f des VfGH‑Erkenntnisses).
Zusätzlich hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass allein aus dem Umstand, dass ein Sachverständiger bereits im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft beigezogen worden ist, nicht generell ein Ausschluss dessen Bestellung in der Hauptverhandlung folgt. Auch in einer solchen Konstellation ist eine allfällige Befangenheit im Rahmen einer Einzelfallprüfung anhand des § 47 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 126 Abs 4 erster Satz StPO zu beurteilen (Rz 43 des genannten Erkenntnisses).
Demnach müsste ein Antrag an das Gericht, einen im Ermittlungsverfahren über Auftrag der Staatsanwaltschaft bereits tätig gewesenen Sachverständigen nicht auch im Hauptverfahren beizuziehen, Anhaltspunkte aufzeigen, die im Zusammenhang mit der konkreten Tätigkeit des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren gegen dessen völlige Neutralität sprächen (Rz 40 des Erkenntnisses).
Die Abweisung eines auf die Tätigkeit des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren (als strukturelle Befangenheit) gestützten Antrags auf dessen Nichtbeiziehung widerspräche - ausgehend von den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs ‑ Art 6 Abs 3 lit d zweiter Fall MRK, wenn der Experte (mit oder ohne Auftrag der Staatsanwaltschaft) Ermittlungen in Form eines Erkundungsbeweises durchgeführt und sich das erkennnende Gericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen „primär“ (ohne also für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen auch Kontrollbeweise heranzuziehen) auf sein Gutachten gestützt hätte (11 Os 51/11g; 11 Os 52/15d).
Dem Verteidiger der Angeklagten D***** und Z***** wurde vom Obersten Gerichtshof unter Übermittlung einer Ausfertigung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Gelegenheit gegeben, Gründe für eine strukturelle Befangenheit des Sachverständigen Mag. Herbert St***** im Sinn der vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigten Kriterien darzulegen (vgl 14 Os 145/14a; 11 Os 52/15d).
Zutreffend weist der Angeklagte D***** in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Sachverständige Mag. St***** im Ermittlungsverfahren (von der Staatsanwaltschaft) mit der Abklärung betraut war, „wodurch, allenfalls durch welches kridaträchtige Handeln wann die Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen herbeigeführt und deren Gläubigerinteressen beeinträchtigt und/oder nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch welches kridaträchtige Handeln diese Gläubigerinteressen beinträchtigt wurden“. Insbesondere sollte er „auf alle im Zusammenhang mit § 156 StGB aus sachverständiger Sicht relevanten Probleme (z.B.: wirtschaftlich nicht vertretbare Vermögensabflüsse, überzogene Aufwendungen welcher Art auch immer, Schwarzgelddepots und sonstiges Verheimlichen von Firmenvermögen) aber auch auf wirtschaftlich nennenswerte sonstige Umstände, die sich bei Befundaufnahme und Gutachtenserstellung ergeben,“ eingehen (ON 115).
Angesichts dessen ist der Sachverständige im vorliegenden Fall, wie die Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, als „Zeuge der Anklage“ im dargelegten Sinn anzusehen.
Das Gericht stützte seine (für die Beurteilung des „Gesamtverhaltens“ in Bezug auf die subjektive Tatseite zu A erkennbar erheblichen [US 61 f, 65]) Feststellungen zur wirtschaftlichen Entwicklung der m***** GmbH (US 26-28, 49, 73) und zum damit in engem Zusammenhang stehenden Schuldspruch A (A/1: US 33 f, 49, 60 ff, 73; A/2: US 2, 36, 49, 63, 73) zu einem maßgeblichen Teil auf das in Rede stehende Gutachten des Sachverständigen. Dass dieser ‑ durch andere Beweisergebnisse nicht ausreichend flankierten (so etwa 11 Os 52/15d) ‑ Expertise bei Beurteilung des (zum Teil allerdings mit Freispruch erledigten ‑ vgl US 9 ff, 35, 38, 46, 70 f) Anklagevorwurfs der betrügerischen Krida in Bezug auf Vermögen der m***** GmbH (Schuldspruch A) eine gewichtige Bedeutung zukam, ergibt sich überdies aus der Einholung eines Ergänzungsgutachtens ua zur Überprüfung der zahlenmäßigen Richtigkeit der in der Anklage angeführten Beträge und zur Frage, ob die vom Sachverständigen geprüften Unterlagen aus dessen Sicht Anhaltspunkte für eine der m***** GmbH zu Gute gekommene Verwendung der inkriminierten Entnahmen enthielten (ON 261; ON 8 S 9 ff in ON 256; US 63).
Da ein dem Angeklagten D***** nachteiliger Einfluss der Beiziehung des Sachverständigen Mag. St***** in der Hauptverhandlung auf den Schuldspruch A im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden kann (§ 281 Abs 3 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0098183; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 734, 740 ff), ist die Aufhebung dieses Schuldspruchs (A/1 und A/2) und demzufolge auch des Strafausspruchs erforderlich.
Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten erübrigt sich daher.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Eva Z*****:
Soweit die Beschwerdeführerin (die den Schuldspruch B/2 bekämpft) hinsichtlich der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 3 und 4 StPO „vollinhaltlich“ die entsprechenden Ausführungen der (im selben Schriftsatz vom gemeinsamen Verteidiger verfassten) Nichtigkeitsbeschwerde ihres Ehemanns Helmuth D***** (der sich ausschließlich gegen den Schuldspruch A/1 und A/2 wendet) zu ihrem Vorbringen „erhebt“, wird nicht klar, welchen nachteiligen Einfluss der behauptete Verfahrensmangel (Beiziehung des Sachverständigen Mag. St***** und [mittelbar] der Hilfskraft Dr. I*****) auf die Durchsetzung ihres Prozessstandpunkts zu B/2 üben hätte sollen (§ 281 Abs 3 StPO). Denn die Feststellungen des Erstgerichts dazu (US 17 f, 39 f) beruhen ausschließlich auf den Insolvenzakten zum Privatkonkurs des Helmuth D***** sowie der zu B (auch in subjektiver Hinsicht) geständigen Verantwortung des Genannten und der Beschwerdeführerin (US 17 f, 40, 66).
Die Darstellung der Diversionsrüge (Z 10a) wiederum ist ‑ unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO ‑ auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS‑Justiz RS0124801). Demgegenüber behauptet die Beschwerdeführerin bloß, dass bei einer „Gesamtwürdigung“ „aller schuld‑ und unrechtsrelevanten Umstände“ keine Gründe vorliegen würden, die ihre Bestrafung aus spezial‑ und generalpräventiven Gründen notwendig erscheinen lassen. Damit legt sie jedoch nicht dar, weshalb bei einem gegen § 158 Abs 1 StGB verstoßenden Beitrag zur Veranlassung von Geldflüssen in Höhe von immerhin 252.700 Euro an bevorzugte Gläubiger ihres Ehemanns und des mit einer solchen Vorsatztat einhergehenden erheblichen sozialen Störwerts ihre Bestrafung nicht geboten sein sollte, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl 15 Os 26/09a).
Da die Diversionsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich somit ein Eingehen auf die für das Nichtvorliegen „schwerer Schuld“ eintretenden Ausführungen der Beschwerdeführerin, mit welchen sie auf die „Offenlegung“ der inkriminierten Zahlung (auch) durch sie selbst, auf ihre Unterstützung des Ehemanns bei der Bereinigung seiner persönlichen Schulden, ihr Geständnis, ihre „bloße Beitragstäterschaft“, ihre Unbescholtenheit und auf die lange Verfahrensdauer verweist.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Erna O*****:
Schon die Aufhebung des Schuldspruchs A/1 und A/2 in Bezug auf den Mitangeklagten Helmuth D***** erfordert ein solches Vorgehen auch zu Gunsten der Beschwerdeführerin O*****, die sich in der Hauptverhandlung und in ihrem Rechtsmittel nicht gegen die Beiziehung des Sachverständigen Mag. St***** gewendet hat (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO). Auf ihre den Schuldspruch A betreffenden Beschwerdepunkte muss daher nicht weiter eingegangen werden.
Der Begründungsmangel der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) liegt vor, wenn aus objektiver Sicht nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache festgestellt wurde, aus welchen konkreten Gründen die Feststellung solcher Tatsachen erfolgte, oder wenn nicht zu erkennen ist, was das Urteil feststellen wollte (RIS‑Justiz RS0117995). Entgegen der Kritik an angeblicher Unklarheit zur „Ausführungs‑ oder Beitragshandlung“ der Beschwerdeführerin (Z 5 erster Fall) ist den Entscheidungsgründen auf der Tatsachenebene eindeutig zu entnehmen, dass Erna O***** die zu B/3 (iVm B/1/a) inkriminierten, von Helmuth D***** veranlassten Zahlungen (Überweisungen) seitens der m***** GmbH an bevorzugte Gläubiger des Genannten vornahm (US 33 ff, 39 f). Darüber hinaus lässt das Urteil klar erkennen, dass das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht zu A/1 in Bezug auf die Schuldnerin m***** GmbH (deren formelle Alleingeschäftsführerin Erna O***** war und bei der Helmuth D***** nach Ansicht des Schöffengerichts als faktischer Mitgeschäftsführer agierte) von einem bewussten und gewollten Zusammenwirken der beiden Genannten als Mittäter (§§ 12 1. Fall iVm § 161 StGB) ausging, während die oben bezeichnete Tathandlung der Beschwerdeführerin jedenfalls auch einen Beitrag (§ 12 3. Fall StGB) zur Begünstigung von bevorzugten (Privat-)Gläubigern des Schuldners Helmuth D***** zu B/3 iVm B/1/a darstellte (US 2‑4, 33 ff, 39 f, 74, 79; zur Konzeption der §§ 156 und 158 StGB jeweils als Sonderdelikt vgl Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 3 und § 158 Rz 3; zu § 156 StGB auch RIS‑Justiz RS0129627; RS0089726).
Weiters ist ‑ der Beschwerde (
Z 5 vierter Fall) zuwider - unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht beim Schuldspruch B/3 [iVm B/1/a] unter Berücksichtigung der „Gesamtumstände“ vom äußeren Verhalten auf die subjektive Tatseite schloss (vgl RIS‑Justiz RS0098671) und in diesem Zusammenhang die leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin mit Hinweis auf die Angaben des Helmuth D*****, ihr gegenüber nie behauptet zu haben, er habe seine „kleinen Gläubiger“ schon ausbezahlt, als unglaubwürdig einstufte (US 66).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Die Tatrichter gingen im Zusammenhang mit den Freisprüchen zu C davon aus, im Hinblick auf die an einzelne (bevorzugte) Privatgläubiger des Helmuth D***** (zu B/1/a [B/3] und B/1/b [B/2] der Schuldsprüche) geflossenen erheblichen Geldbeträge (453.691,11 Euro im Wege der m***** GmbH sowie 252.700 Euro im Wege der P***** KEG bzw der E***** GmbH) im Zweifel nicht feststellen zu können, dass es die Angeklagten im Zusammenhang mit den (zu C der Freisprüche) tatsächlich vorgenommenen Zahlungen von 457.987,05 Euro („netto“) vom Konto der m***** GmbH (C/1/a) und von 262.283,83 Euro („netto“) vom Geschäftskonto der A***** (C/1/b) an die von Helmuth D***** verdeckt beherrschte P***** KEG bzw die E***** GmbH ernsthaft für möglich hielten und sich damit abfanden, dass durch ihr Verhalten die Befriedigung der (Privat‑)Gläubiger des Schuldners Helmuth D***** oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert werde. Dies deshalb, weil nicht auszuschließen sei, dass ihrer Ansicht nach bei Deklaration von (verdeckt) an den Genannten ausgezahlten „Ansprüchen“ aus seiner Projektleitungstätigkeit für entsprechende und einem Fremdvergleich „statthaltende“ (gemeint: standhaltende) Leistungen, die er „offiziell“ als Angestellter der P***** KEG bzw E***** GmbH (US 22 f, 44 f) erbracht hatte, und bei Abführung entsprechender Steuern und Sozialversicherungsabgaben aus einem angemessenen und deklarierten Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit ‑ insgesamt betrachtet ‑ den (Privat‑)Gläubigern letztlich weniger Vermögen zur Verfügung gestanden wäre als bei der von den Angeklagten verfolgten Vorgangsweise der nicht unerheblichen Befriedigung von (bevorzugten) Gläubigern (zu B) seitens der von D***** beherrschten Gesellschaften (US 45 f, 69). Insofern blieben die zu C getroffenen (Negativ‑)Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten ‑ dem Beschwerdevorwurf zuwider ‑ gerade nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall).
Die Anklagebehörde erklärt in ihrer (nominell auch auf Z 5 zweiter Fall gestützten) Beschwerde zudem nicht, welche konkreten ‑ angeblich übergangenen - Verfahrensergebnisse hierzu in einem erörterungsbedürftigen Widerspruch stehen sollten (RIS‑Justiz RS0098495, RS0124172 [T5]).
Ebensowenig macht sie klar, weshalb zwischen den zu C der Freisprüche getroffenen (Negativ‑)Konstatierungen zur subjektiven Tatseite und den Feststellungen zum Schuldspruch B ein denklogischer Widerspruch (Z 5 dritter Fall; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 438 f; RIS‑Justiz RS0119089) bestehen soll. Ein Schuldner, der nur einzelne seiner Gläubiger bevorzugt befriedigt (bzw über seine Veranlassung befriedigen lässt), verringert nämlich Aktiva und Passiva um den gleichen Wert, sodass eine Vermögensverringerung im Sinn des § 156 StGB nicht eintritt, weshalb er (nur) nach § 158 StGB strafbar wird (vgl dazu: Leukauf/Steininger Komm3 § 158 RN 8; Kirchbacher in WK2 StGB § 156 Rz 10 und § 158 Rz 8; Rainer in SbgK § 156 Rz 28 und § 158 Rz 11; RIS‑Justiz RS0094835 [T3, T6 und T8]). Solcherart begründet es auch keinen Widerspruch (Z 5 dritter Fall), in Ansehung derselben Gläubiger (nämlich jener des Schuldners Helmuth D***** im Insolvenzverfahren AZ ***** des Landesgerichts Innsbruck) die subjektive Tatseite nach § 158 StGB in Bezug auf die übergangenen Gläubiger zu bejahen und zugleich die Feststellung einer inneren Intention in Richtung des § 156 StGB abzulehnen.
Angesichts der Erfolglosigkeit der Mängelrüge bedurfte die einen Feststellungsmangel reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit a), die bloß hinsichtlich der im Urteil mängelfrei verneinten subjektiven Tatbestandselemente gegenteilige Feststellungen einfordert, keiner Erwiderung.
Zusammengefasst war somit das angefochtene Urteil betreffend Helmuth D***** und Erna O***** in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Erstgenannten und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 285e StPO). Erna O***** war mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zu A auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen, im Übrigen war ihre Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Mit ihren Berufungen waren diese beiden Angeklagten wie auch die Staatsanwaltschaft hinsichtlich derselben auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Eva Z***** und der Staatsanwaltschaft waren zur Gänze in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung der Eva Z***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser Angeklagten ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zur Vermeidung von weiteren Verzögerungen waren die Akten vorerst dem Landesgericht Innsbruck zu übermitteln, das nach entsprechender Aktentrennung einerseits die Berufungen dem zuständigen Oberlandesgericht zur Erledigung vorzulegen, andererseits die neue Verhandlung für Helmuth D***** und Erna O***** anzusetzen haben wird.
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