European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00080.20D.1008.000
Spruch:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Gründe:
Der Strafsache AZ 34 Hv 119/17y des Landesgerichts Leoben liegen mehrere Strafanträge ua gegen Bernhard L***** wegen Verbrechen der Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 15 StGB, Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB undder dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB zugrunde.
Der Angeklagte Bernhard L***** bringt im Erneuerungsantrag vom 3. August 2020 vor, dass über einen am 28. September 2011 zu AZ 102 BAZ 1648/11k der Staatsanwaltschaft Wien gegen ihn wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB erhobenen (zwischenweilig in das oben angeführte Verfahren einbezogenen) Strafantrag nach wie vor nicht entschieden worden wäre.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass für einen – wie hier – nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag (RIS‑Justiz RS0122228), bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, alle gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und Art 35 MRK sinngemäß gelten (RIS-Justiz RS0122737, RS0128394).
Demnach hat – weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 13 Rz 16) – auch ein Erneuerungsantrag deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]). Zu einem solchen Antrag sind also ua Personen berechtigt, welche behaupten, trotz Ausschöpfung des Instanzenzugs gegen eine Konventionsverletzung weiterhin deren Opfer zu sein (vgl 13 Os 51/15x mwN).
Dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung wird entsprochen, wenn von allen effektiven Rechtsbehelfen durch die in der innerstaatlichen Rechtsordnung vorgesehenen Instanzen Gebrauch gemacht wurde (vertikale Erschöpfung) und die geltend gemachte Konventionsverletzung zumindest der Sache nach und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften vor diesen Instanzen vorgebracht wurde (horizontale Erschöpfung; vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK 6 § 13 Rz 19, 31).
Nach der Rechtsprechung des EGMR ist der Fristsetzungsantrag gemäß § 91 GOG ein wirksamer und ausreichender Rechtsbehelf zur Verhütung einer unangemessen langen Dauer des Verfahrens bzw zur Hintanhaltung ungebührlicher Verzögerungen (RIS-Justiz RS0121231, RS0123544, RS0122737 [T7]).
Ist eine rasche Erledigung einer gegen ihn erhobenen Anklage aber unabhängig vom Ausgang des Verfahrens schon deshalb im Interesse des Angeklagten gelegen, weil dadurch der ihn belastende Schwebezustand beendet wird, ist ihm bei Untätigkeit des zur Entscheidung berufenen Erstgerichts zur Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs die Einbringung eines Fristsetzungsantrags gemäß § 91 GOG abzuverlangen (vgl zum Ganzen 12 Os 125/08m), wozu der Erneuerungsantrag, der im Übrigen die zahlreichen weiteren, teils umfangreichen Strafanträge gegen L***** und weitere Angeklagte übergeht, kein Vorbringen enthält.
Der abschließend gestellte „Antrag“ (vgl aber RIS‑Justiz RS0125705), aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und dem Landesgericht Leoben aufzutragen, „die Hauptverhandlung vom 21. 1. 2020 abzuberaumen“, ist damit obsolet – er konterkariert im Übrigen die davor erstattete Kritik.
Die Anträge waren demnach zurückzuweisen.
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