OGH 11Os79/15z

OGH11Os79/15z7.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juli 2015 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger als Vorsitzende und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zechner als Schriftführer in der Strafsache gegen Amin Z***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 17. März 2015, GZ 27 Hv 117/14p‑66, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich gemäß § 494a StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00079.15Z.0707.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Amin Z***** mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (A), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (B) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C) schuldig erkannt.

Danach hat er in I***** und andernorts vorschriftswidrig

(A) vom 9. Oktober 2013 bis zum 14. April 2014 gewerbsmäßig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich 1.365,1 g Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt an Delta‑9‑THC von 5 % den im Urteil genannten Personen durch Verkauf überlassen, wobei er schon einmal, und zwar zuletzt am 18. September 2012 vom Landesgericht Innsbruck zu AZ 27 Hv 93/12f (US 5) wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist;

(B) Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar

1. am 8. November 2013 7 g Cannabisharz mit einer Reinsubstanz von 0,35 g Delta‑9‑THC;

2. am 11. November 2013 99 g Cannabisharz mit einer Reinsubstanz von 4,95 g Delta‑9‑THC;

3. am 14. April 2014 305 g Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von 30,99 Delta‑9‑THC;

(C) zwischen 9. Oktober 2013 und 14. April 2014 Suchtgift, nämlich wiederholt Cannabiskraut zum persönlichen Gebrauch erworben und bis zum Eigenkonsum (US 7) besessen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zu B/2 eine unzureichende Begründung der Feststellungen zur Zuordnung des Suchtgifts zum Angeklagten behauptet, dabei aber nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß nimmt, sondern die Erwägungen der Tatrichter übergeht, wonach das Suchtgift am (nur) von Amin Z***** eingeschlagenen Fluchtweg sichergestellt werden konnte (vgl US 14), verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0119370).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen

Vergleich mit dem darauf

anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Diesen Anforderungen wird die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht gerecht, indem sie einwendet, die vom Schuldspruch C umfassten Suchtgiftmengen könnten von den zu A bzw zu B/3 angelasteten Mengen mitumfasst sein, dabei aber sowohl die zu C getroffenen Feststellungen zum Konsum der zum persönlichen Gebrauch erworbenen Suchtgifte (US 7) als auch die vom Erstgericht für glaubwürdig befundene geständige Verantwortung des Beschwerdeführers übergeht, wonach die zu B/3 angeführten Mengen für den Verkauf bestimmt gewesen seien (US 12, 15).

Auch die weitere Kritik (Z 10), das Erstgericht habe den Sachverhalt zu Unrecht der Qualifikationsnorm des § 28a Abs 2 Z 1 SMG unterstellt, legt mit bloßem Verweis auf § 5 Z 10 JGG weder aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb die nicht auf den Strafsatz, sondern auf Rechtsfolgen (vgl dazu Ratz in WK 2 StGB § 27 Rz 1 und Schroll in WK 2 JGG § 5 Rz 53) abzielende Sonderbestimmung für Jugendliche hier zur Anwendung gelangen sollte (RIS‑Justiz RS0127375) noch aus welchem Grund diese überhaupt subsumtionsrelevant sein könnte, obwohl § 28a Abs 2 Z 1 SMG auf das Vorliegen einer Verurteilung nach § 28a Abs 1 SMG, nicht aber auf eine dieser zu Grunde liegende Tatbegehung durch Erwachsene abstellt (vgl zum Unterschied zwischen Strafsatz und Strafrahmen auch RIS‑Justiz RS0119249) und bringt damit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger

Darstellung (RIS‑Justiz RS0116565).

Weshalb es für die rechtliche Beurteilung einer Subsumtion unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG weiterer Feststellungen dazu bedurft hätte, „ob die bisherigen Verurteilungen nach § 28a Abs 1 SMG Jugendstraftaten waren“ (Z 10) lässt die Rüge gleichfalls offen.

Mit dem Einwand, das Erstgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB ausgegangen, macht der Beschwerdeführer keinen Subsumtionsfehler, sondern Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO geltend, lässt aber auch dabei den Vergleich der Behauptung mit dem Gesetz vermissen. Aufgrund der festgestellten mehrmaligen Verurteilungen des Angeklagten zu Freiheitsstrafen wegen Taten nach dem SMG, also wegen solchen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, und der konstatierten Verbüßung von Teilen davon bis 9. Oktober 2013 (US 4 f), ist das Erstgericht beim am 30. Jänner 1994 geborenen Beschwerdeführer im Übrigen zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der Strafschärfung des § 39 Abs 1 StGB vorliegen.

Die prozessordnungskonforme Darstellung der Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial (§ 258 Abs 1 StPO) unter konkreter Bezugnahme auf solches anhand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erhebliche Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten. Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Sanktionsrüge (nominell Z 10 iVm Z 5a, der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5a), wenn sie den auf das eingeholte anthropologische Gutachten und die eigene Einschätzung gestützten beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter zu einem Alter des Beschwerdeführers zwischen 19 und 21 Jahren (US 9) lediglich eigene Beweiswerterwägungen entgegensetzt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte