OGH 11Os66/79

OGH11Os66/798.6.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A und andere wegen des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Rudolf A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 16.Jänner 1979, GZ 22 Vr 1251/78-57, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Polak, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 17.Juni 1946 geborene, zuletzt als Hilfsarbeiter tätig gewesene Rudolf A der Vergehen der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach dem § 215 StGB (Punkt A/1. des Urteilssatzes), der Zuhälterei nach dem § 216 StGB (Punkt A/2.), der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB (Punkt A/3. und C/1.) und der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde als Beteiligter nach den §§ 12, 289 StGB (Punkt C/2.) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt nach dem Inhalt der ihn treffenden Schuldsprüche zur Last, in Linz zu Punkt A/1.: im April und Mai 1978 die (damals 21-jährige) Karin B dadurch der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt zu haben, daß er sie zur Geheimprostitution überredete, ihr Männerbekanntschaften vermittelte und ein (zur Ausübung der Geheimprostitution) geeignetes Zimmer besorgte;

zu Punkt A/2.: im Mai 1978 seinen Unterhalt zumindest zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Karin B durch deren Ausbeutung dadurch zu gewinnen gesucht zu haben, daß er das von ihr für die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs zu fordernde Entgelt festsetzte und die (von ihr solcherart erzielten) Geldbeträge entweder selbst einkassierte oder sie zur Ablieferung derselben an ihn veranlaßte;

zu Punkt A/3.: im Mai (und Juni) 1978 Karin B durch wiederholtes Versetzen von Schlägen sowie durch die Äußerung, sie im Weigerungsfall krankenhausreif zu schlagen, sohin mit Gewalt und durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung, nämlich zur weiteren Ausübung der Geheimprostitution, genötigt zu haben; ferner in gemeinsamem Zusammenwirken mit dem am 21.Mai 1941 geborenen Mitangeklagten Ewald C als Mittäter am 5.Juli (richtig: Juni) 1978 Karin B zu Punkt C/1.: durch die Äußerung, wenn sie ihre bei der Polizei gemachten Angaben aufrechthalte, sei sie 'dran', sohin durch gefährliche Drohung, mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich zur Änderung ihrer bei der Anzeigeerstattung am 31.Mai 1978 gemachten Angaben genötigt und zu Punkt C/2.: durch die zu Punkt C/1. angeführten Tathandlungen (gleichzeitig) dazu bestimmt zu haben, vor einer Verwaltungsbehörde, nämlich der Bundespolizeidirektion Linz, als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 4, 5, 9 (lit. a) und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A, die sich jedoch zur Gänze als nicht berechtigt erweist. Seinem Beschwerdevorbringen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund, mit dem er Protokollierungsmängel behauptet, weil das Hauptverhandlungsprotokoll nach seiner Darstellung verschiedene (von ihm im einzelnen näher bezeichnete) Vorgänge in der Hauptverhandlung nicht wiedergebe und demnach unvollständig geblieben sei, ist, abgesehen von der inzwischen vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes mit Beschluß vom 9.April 1979 erfolgten Abweisung seines Antrages auf Protokollsberichtigung (bzw. -ergänzung), vgl. S. 321 a, entgegenzuhalten, daß gemäß dem § 271 Abs 1 StPO nur das gänzliche Fehlen eines Hauptverhandlungs-Protokolles (oder das Fehlen der Unterschrift des Vorsitzenden und Schriftführers auf diesem) mit Nichtigkeit bedroht ist;

Protokollierungsmängel stehen hingegen nicht unter Nichtigkeitssanktion (SSt. 29/13, EvBl. 1948/32, 1953/339 u.a.;

siehe auch Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, E. Nr. 22 bis 28 zu § 271 StPO), sodaß schon aus diesem Grund der vom Beschwerdeführer behauptete Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO nicht vorliegt.

Auch die unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer die Unterlassung der Einvernahme der Kriminalbeamten D und E sowie des Josef F und der Christine G als Zeugen releviert und dem Erstgericht überdies zum Vorwurf macht, nicht von Amts wegen eine psychiatrische Begutachtung der Hauptbelastungszeugin Karin B veranlaßt zu haben, versagt, weil es hier schon an der zur erfolgreichen Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlichen formellen Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung (durch den Angeklagten oder seinen Verteidiger) in der Hauptverhandlung mangelt. Denn nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles wurde auf die Einvernahme der (zur Hauptverhandlung nicht erschienenen) Zeugen F und G einverständlich (somit auch vom Beschwerdeführer) verzichtet (S. 214). Eine Antragstellung des Beschwerdeführers (oder seines Verteidigers) in der Hauptverhandlung auf Vernehmung des Kriminalbeamten D (dessen Einvernahme der Angeklagte A nur im Vorverfahren beim Untersuchungsrichter begehrte, vgl. S. 101 a, ohne aber diesen Antrag in der Hauptverhandlung zu wiederholen) sowie des Kriminalinspektors E - der über Antrag des Verteidigers des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommene Inspektor der Bundespolizeidirektion Linz, Friedrich E, vgl. S. 225/226, soll nach der Behauptung des Angeklagten A mit dem Kriminalbeamten E nicht identisch sein - läßt sich dem Hauptverhandlungsprotokoll ebensowenig entnehmen wie eine solche auf eine (weitere) psychiatrische Begutachtung der Zeugin Karin B. Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Verfahrensrüge dem Erstgericht sinngemäß zum Vorwurf macht, durch die Unterlassung dieser Beweisaufnahmen nicht alle möglichen Beweisquellen ausgeschöpft zu haben, bringt er mangels einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1

StPO gleichfalls nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Aber auch die nach Meinung des Beschwerdeführers in einer Undeutlichkeit, Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit, Aktenwidrigkeit und (offenbar) unzureichenden Begründung des Ersturteils im Ausspruch über entscheidende Tatsachen gelegenen Begründungsmängel haften dem angefochtenen Erkenntnis nicht an. Ein Großteil der im Rahmen der Mängelrüge von ihm bekämpften Urteilsfeststellungen, so etwa die Feststellung, er sei seit seiner Entlassung aus der letzten Strafhaft Ende März 1978 ebenso wie Karin B keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen und habe auch über keine feste Unterkunft verfügt oder Karin B habe nach ihrer endgültigen Trennung von ihm durch ihre Mutter eine Stelle als Küchengehilfin in Reutte/Tirol erhalten, betrifft keine für seine Schuldsprüche wegen der Vergehen nach den §§ 215, 216, 105 Abs 1 und 12, 289 StGB entscheidenden Umstände.

So steht vor allem die durch das eigene Geständnis des Beschwerdeführers vor der Polizei (S. 17) gestützte Urteilsannahme, er habe in der kritischen Zeit Gelegenheitsarbeiten verrichtet (S. 239), der Feststellung, daß er seinen Unterhalt zumindest teilweise aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Karin B (durch deren Ausbeutung) zu gewinnen suchte (vgl. S. 240/241, 246, 248), keineswegs entgegen. Daß Karin B aber vor ihrer Bekanntschaft mit dem Beschwerdeführer nicht der Geheimprostitution nachging (S. 240), findet entgegen dem Beschwerdevorbringen in deren vom Erstgericht für glaubwürdig erachteten und auch durch die übrigen Verfahrensergebnisse gestützten zeugenschaftlichen Darstellung (vgl. S. 219 und 222), denen zufolge in diesem Belang für sie nichts Nachteiliges zutage kam, volle Deckung (vgl. S. 245 bis 247; ferner die negativen Aussagen der zu diesem Beweisthema vom Beschwerdeführer geführten Zeugen Georg H, S. 226, Friedrich E, S. 227, und Klaus I, S. 229/230), sodaß der Beschwerdeführer auch insoweit keinen Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bewirkenden formalen Begründungsmangel aufzuzeigen vermag. Dasselbe gilt auch für die vom Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge bekämpfte Urteilsannahme, Karin B habe am 5.Juni 1978 vor der Polizei in Gegenwart des Beschwerdeführers ihre belastenden Angaben in der Anzeige widerrufen, denn auch diese Feststellung findet in den Verfahrensergebnissen ausreichende Deckung (vgl. S. 15 b verso und die Aussage der Zeugin B, S. 80 und 221). Es steht dem Beschwerdevorbringen zuwider auch die Aussage der Zeugin Karin B, bis zu ihrer (am 31.Mai 1978 erfolgten;

vgl. S. 15 a und 15 b) Anzeigeerstattung vom Angeklagten Rudolf A nicht bedroht worden zu sein (S. 220), mit den entsprechenden Konstatierungen im Ersturteil keineswegs im Widerspruch, weil danach der Beschwerdeführer die Zeugin B bis zu deren Anzeigeerstattung am 31. Mai 1978 nur durch tätliche Angriffe (nämlich durch Reißen an den Haaren und Versetzen von Ohrfeigen), demnach nur mit Gewalt (und nicht auch durch Drohungen), zur weiteren Ausübung der Geheimprostitution genötigt hatte (vgl. S. 241) und sie erst nach diesem Zeitpunkt (31.Mai 1978), als er sie unter Schlägen von Enns wieder nach Linz zurückholte, auch mit der Äußerung, er schlage sie krankenhausreif, falls sie mit ihm nicht nach Linz zurückkehre (und dort weiterhin die Prostitution ausübe), wörtlich bedroht hatte (vgl. S. 241/242). Daran vermag auch die ungenaue Bezeichnung der Tatzeiten zu Punkt A/3.

des Urteilsspruches (dort wird als Tatzeit nur der Mai 1978 und nicht auch Anfang Juni 1978 angeführt) nichts zu ändern. Im übrigen ist im Ersturteil nur davon die Rede, daß sich Karin B nach der Anzeigeerstattung am 31.Mai 1978 etwa eine Woche bei ihrer Freundin in Enns aufgehalten habe. Da sie nach den weiteren Urteilsfeststellungen bereits am 5.Juni 1978 vor der Polizei in Linz ihre den Beschwerdeführer belastenden Angaben bei der Anzeigeerstattung widerrief, steht die an sich gar keinen entscheidungswichtigen Umstand berührende Dauer ihres (im Ersturteil nur ungefähr angegebenen) zwischenzeitlichen Aufenthaltes in Enns mit ausreichender Deutlichkeit fest.

Die weiteren umfangreichen Beschwerdeausführungen zur Mängelrüge, mit denen der Beschwerdeführer vor allem unter Bezugnahme auf das Gutachten des der Hauptverhandlung beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen Univ. -Prof.

Dr. Klaus J im wesentlichen den Angaben der Zeugin Karin B die Eignung zur Widerlegung seiner leugnenden Verantwortung abzusprechen und darzulegen versucht, das Erstgericht habe die Darstellung dieser Belastungszeugin zu Unrecht als Feststellungsgrundlage herangezogen, stellen sich nach Inhalt und Zielsetzung derselben als eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung dar. Mit dem Hinweis auf das vorerwähnte Sachverständigengutachten ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil dieser Sachverständige ausdrücklich erklärt hat, über eine Konfabulierungstendenz bei Karin B keine sichere Aussage treffen zu können, zumal sich aus dem anläßlich ihres Aufenthaltes im Wagner-Jauregg-Krankenhaus vom 5.Dezember 1974 bis 20. Jänner 1975 vorliegenden Befund in dieser Richtung nichts entnehmen lasse (S. 218). Im übrigen ist das Gericht gemäß dem § 270 Abs 2 Z 5 StPO keineswegs verhalten, in den Urteilsgründen alle durch das Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände einer Erörterung zu unterziehen und etwa auf alle Einzelheiten einer Zeugenaussage einzugehen und zu allen Punkten einer Aussage Stellung zu nehmen, vor allem wenn diese keine entscheidenden Tatsachen betreffen. Es genügt vielmehr, wenn im Urteil in gedrängter Darstellung die für die Unterstellung unter ein bestimmtes Strafgesetz entscheidenden Tatsachen bezeichnet werden, die das Gericht als erwiesen annimmt, und die Gründe angeführt werden, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben. Dieser Verpflichtung ist das Erstgericht im ausreichenden Maß nachgekommen. Somit erweist sich auch die Mängelrüge des Beschwerdeführers als nicht stichhältig.

Soweit er in Ausführung der Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs 1 StPO (wobei er der Sache nach nur den erstangeführten Nichtigkeitsgrund releviert) von urteilsfremden Annahmen, so etwa davon ausgeht, Karin B sei bereits vor seiner Bekanntschaft mit ihr der Prostitution nachgegangen, und den Urteilsfeststellungen lediglich seine vom Erstgericht jedoch auf Grund der für glaubwürdig bezeichneten Darstellung der Zeugin B für widerlegt erachtete (leugnende) Verantwortung entgegenhält und u.a. das Vorliegen eines zur Verwirklichung der Vergehenstatbestände nach den §§ 215 und 216 StGB in subjektiver Hinsicht erforderlichen Vorsatzes bestreitet, bringt er die behaupteten materiellen Nichtigkeitsgründe, die zu ihrer prozeßordnungsgemäßen Darstellung einen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz erfordern, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Ein 'Zuführen' im Sinne des § 215 StGB setzt zwar - abweichend von dem Begriffsinhalt dieses auch in den Tatbeständen der §§ 213, 214 StGB aufscheinenden Wortes -

voraus, daß der Täter entsprechend seinen Intentionen beim Opfer durch gezielte Einflußnahme eine Umgestaltung der gesamten Lebensführung in jene einer Prostituierten bewirkt und sie solcherart zur gewerbsmäßigen Ausübung der unzüchtigen Tätigkeit mit ihrem Körper veranlaßt (ÖJZ-LSK. 1977/147).

Dem Beschwerdeeinwand, ein bloßes Überreden (Verleiten) zur Prostitution (etwa durch Anregen oder Auffordern hiezu) würde dem im § 215 StGB enthaltenen Begriff des 'Zuführens' in dem vorerwähnten Sinn noch nicht entsprechen, ist zwar beizupflichten, denn der Täter muß darüber hinaus noch eine weitere aktive Tätigkeit entfalten, die ein Hinwenden des (durch die Strafdrohung des § 215 StGB geschützten) Tatobjektes zu jenem im allgemeinen mit der Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution verbundenen asozialen Lebenswandel bewirkt, sodaß das Opfer dadurch in eine nach den allgemeinen Wertvorstellungen verpönte Lebensform gedrängt wird, aus der es sich nur schwer lösen kann. Denn gerade darin liegt der besondere den Täter treffende Schuldvorwurf (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/332). Im vorliegenden Fall erschöpft sich nach den bezüglichen - mängelfrei begründeten - Urteilsannahmen das Tatverhalten des Beschwerdeführers keineswegs darin, Karin B zur Ausübung der Prostitution bloß überredet zu haben.

Er stand ihr darüber hinaus bei der Verwirklichung dieses von ihm initiierten Vorhabens nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen nicht nur mit Rat (indem er etwa den von ihr für die geschlechtliche Hingabe zu verlangenden Preis festsetzte), sondern auch mit der Tat zur Hand, indem er ihr regelmäßig auch die Männer zuführte, mit ihr verschiedene Lokale aufsuchte, um dort für sie Kunden anzuwerben (vgl. S. 240) und sie auf diese Weise bei der Ausübung der Prostitution tatkräftig unterstützte. In Anbetracht dieser Urteilsfeststellungen ist dem Ersturteil bei der rechtlichen Unterstellung dieses als erwiesen angenommenen Tatverhaltens des Beschwerdeführers unter dem Begriff des 'Zuführens' in seiner - wie bereits dargelegt - sich aus der Bestimmung des § 215 StGB ergebenden spezifischen Bedeutung kein Rechtsirrtum unterlaufen. Daß sich Karin B zunächst freiwillig zur Ausübung der Prostitution bereit fand, steht der Verwirklichung des Tatbestandes nach dem § 215 StGB durch den Beschwerdeführer keinesfalls entgegen; der später von ihm ihr gegenüber (durch Gewalt und gefährliche Drohung) ausgeübte Druck zur Aufrechterhaltung des Lebenswandels einer Prostituierten wurde ihm vielmehr rechtsrichtig als weiteres Vergehen der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB (Punkt A/3. des Urteilssatzes) angelastet.

Soweit der Beschwerdeführer - sich gegen den Schuldspruch zu Pkt. A/3. des Urteils wendend - der Sache nach in weiterer Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9

lit. a des § 281 Abs 1 StPO ein auf Ausbeutung des Opfers ausgerichtetes Tatverhalten mit dem Hinweis verneint, er sei mit dem von Karin B aus der Prostitution erworbenen Geld für deren Unterhalt und Bekleidung aufgekommen, übergeht er die weiteren Urteilsfeststellungen, denen zufolge er sie dadurch ausbeutete, daß er das für die Durchführung des Geschlechtsverkehrs jeweils erzielte Entgelt teils sofort selbst einkassierte und für sich behielt, teils ihr nachher abnahm (vgl. S. 240, 241 und 248/249) und ihr regelmäßig nur einen Betrag von 100 S für den Fall einer polizeilichen Kontrolle überließ, den sie aber nicht verbrauchen durfte (S. 241), jedoch die übrigen von ihr auf diese Weise aus der Prostitution erzielten Geldbeträge für sich verbrauchte, soweit er damit nicht für ihre Verpflegung und Kleidung und für die Wohnungsmiete aufkam (S. 241). Wohl setzt ein 'Ausbeuten' im Sinne des § 216 StGB ein rücksichtsloses, gegen vitale Interessen der Prostituierten gerichtetes Ausnützen voraus. Darunter fällt aber jedenfalls die Wegnahme ihres ganzen Verdienstes, vor allem wenn - so wie vorliegend - das solcherart ausgebeutete Mädchen vom Täter in der weiteren Folge sogar mit Gewalt und durch gefährliche drohung zur weiteren Ausübung der Prostitution genötigt wird (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/117). Gerade das liegt aber dem Beschwerdeführer nach den Urteilsannahmen zur Last, denn danach nahm er Karin B die gesamten - und einzigen -

Einnahmen aus der von ihr teilweise unter Zwang ausgeübten Prostitution ab; er überließ ihr nur jeweils einen geringfügigen Betrag (von 100 S), den sie überdies gar nicht für sich verbrauchen durfte, und kam sonst nur für die zur Befriedigung ihrer nötigsten Bedürfnisse (wie Verpflegung und Kleidung) erforderlichen Ausgaben auf. Daß die durch das Verhalten des Zuhälters solcherart ausgenützte Frau in eine wirtschaftliche Bedrängnis oder gar in eine Notlage gerät, verlangt hingegen der Begriff der Ausbeutung nicht (vgl. JA., 32). Selbst das Bestehen einer Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs 2 StGB zwischen dem Beschwerdeführer und Karin B könnte, wie auch im Ersturteil zutreffend hervorgehoben wird, eine strafrechtliche Haftung desselben wegen Vergehens der Zuhälterei nach dem § 216 StGB nicht ausschließen (Foregger-Serini2, S. 367). Es schlägt aber auch der weitere im Rahmen der Rechtsrüge zum Urteilsfaktum C/1. vorgebrachte Beschwerdeeinwand nicht durch, die gegenüber Karin B gemachte Äußerung, sie sei 'dran', stelle keine eine Verletzung am Körper enthaltende gefährliche Drohung (im Sinne des § 74 Z 5 StGB), sondern nur eine in dem hier in Betracht kommenden Milieu geläufige Redewendung ohne konkreten Aussageinhalt dar.

Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen fiel nämlich diese vom Beschwerdeführer und dem Mitangeklagten Ewald C gegenüber Karin B abgegebene Äußerung zugleich mit mehreren Ohrfeigen, welche die beiden Angeklagten dem Mädchen versetzten (S. 242), sodaß nach der vom Erstgericht unter den gegebenen Tatumständen dieser Äußerung beigelegten Bedeutung einer Drohung mit einer Verletzung am Körper mit Recht deren objektive Eignung bejaht wurde, im Hinblick auf die Verhältnisse (Zuhältermilieu) und die Wichtigkeit des angedrohten Übels (Körperverletzung) der Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, konnte - bei unbefangener Betrachtung der Situation - diese doch ernstlich die Verwirklichung des angedrohten Übels erwarten und angesichts der ihr von den beiden Angeklagten versetzten Schlägen den Eindruck gewinnen, sie seien willens und auch in der Lage, die mit dieser Äußerung sinngemäß in Aussicht gestellte Körperverletzung auch tatsächlich herbeizuführen. Das Erstgericht bejahte schließlich aber auch mit Recht ein eintätiges Zusammentreffen der im Urteilssatz unter Punkt C/1. umschriebenen Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB

mit dem Vergehenstatbestand der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde durch Bestimmungstäterschaft im Sinne der §§ 12 (zweiter Fall), 289 StGB (Punkt C/2. des Urteilssatzes), denn eine wertende Betrachtung zeigt, daß der Unrechtsgehalt des dem Beschwerdeführer (und dem Mitangeklagten Ewald C) zur Last gelegten Tatverhaltens vom 5.Juni 1978 allein durch dessen Unterstellung unter den Tatbestand der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB nicht voll erfaßt wäre, wurde doch hiebei neben dem durch die vorgenannte Gesetzesstelle geschützten Rechtsgut der Willensfreiheit (Selbstbestimmung) auch noch das weitere unter den Schutz des § 289 StGB fallende Rechtsgut der Integrität der Rechtspflege beeinträchtigt. Eine vom Beschwerdeführer behauptete Konsumtion des Vergehenstatbestandes nach den §§ 12, 289 StGB durch den des § 105 Abs 1 StGB kommt hier demnach nicht zum Tragen.

Nur der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, daß auch ungeachtet der Einstellung des Verfahrens gegen Karin B wegen des Vergehens nach dem § 289 StGB (vgl. dazu S. 3 e verso) im Hinblick auf den nicht akzessorischen Charakter der - vorliegendenfalls gelungenen - Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers (und des Angeklagten Ewald C) gegen deren Schuldspruch nach den §§ 12, 289 StGB (Punkt C/2. des Urteilssatzes) keine rechtlichen Bedenken bestehen (vgl. dazu u.a. 12 Os 125/78, 12 Os 36/79).

Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Rudolf A nach dem § 215 StGB unter Anwendung des § 28 StGB

eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei der Strafbemessung berücksichtigte es die zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten, dessen rasche neuerliche Straffälligkeit sowie das Zusammentreffen mehrerer Straftaten gleicher und verschiedener Art als erschwerend, hingegen keinen Umstand als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der genannte Angeklagte unter Hinweis auf seiner Meinung nach zu Unrecht nicht angenommene Milderungsgründe die 'erhebliche' Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Entgegen dem Berufungsvorbringen beging der Angeklagte A die Vergehen nach den §§ 215, 216 StGB nicht durch eine 'verlockende Gelegenheit'. Die 'freiwillige Ausübung der Prostitution', nachdem Karin B dieser durch den Berufungswerber im Sinne des § 215 StGB zugeführt worden war, stellt ebenso keinen Milderungsgrund dar wie der Umstand, daß der Genannte 'im Zusammenhang mit Zuhälterei und Prostitution nicht vorbestraft' ist. Die Behauptung, der Berufungswerber sei bis zu seiner Verhaftung in der vorliegenden Strafsache in Arbeit gestanden, widerspricht den Urteilsfeststellungen (siehe Seite 239). Der - vom Angeklagten A reklamierte - Milderungsgrund des § 34 Z 2 StGB liegt infolge der Vorstrafen wegen des Verbrechens nach dem § 81 StG. und wegen Diebstahls keinesfalls vor.

Mithin stellte das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig fest, unterzog sie einer zutreffenden Würdigung und verhängte auf der Basis der Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) eine angemessene Freiheitsstrafe. Der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.

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