Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf S***** des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB (1) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 achter Fall und Abs 2 SMG (2), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (3) und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (4) schuldig erkannt.
Danach hat er in Leoben und anderen Orten
1) am 30. oder 31. Jänner 2010 Kevin So***** durch Injektion von morphinhältigem Substitol in beide Armbeugen vorsätzlich am Körper verletzt, was dessen Tod zur Folge hatte;
2) durch die zu 1) beschriebene Tat vorschriftswidrig Suchtgift einem anderen überlassen;
3) von Jänner 2010 bis 1. Februar 2010 eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt besessen;
4) am 6. Jänner 2010 Monika P***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Kennzeichentafeln mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die nur gegen die Schuldsprüche 1) und 2) aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Die Verteidigerin hatte in der Hauptverhandlung am 31. August 2010 „unter Hinweis auf den Aktenvermerk AS 73 in ON 28 die Auswertung der damals mittels Tupferabrieb gesicherten Blutspuren“ beantragt, „zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass dieses Blut von Kevin So***** stammt“ (ON 52 S 29). Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung dieses Antrags Verteidigungsrechte nicht verletzt, weil ein auf seine Relevanz überprüfbares konkretes Beweisthema nicht genannt wurde (RIS-Justiz RS0099301) und (demgemäß) auch nicht dargelegt wurde, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller (fallbezogen gar nicht) behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327). Das Begehren zielte somit auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis ab (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO). Das ergänzende Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).
Indem der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) unter Anführung einzelner (örtlicher und zeitlicher) Elemente der ausführlich erörterten (US 8 bis 16) Indizienkette den logisch und empirisch einwandfreien Überlegungen der Tatrichter für ihn günstigere Schlussfolgerungen aufgrund eigener Beweisthesen zu einem möglichen anderen Kausalverlauf (Suchtmittelinjektion durch das Tatopfer selbst oder eine andere Person) entgegenstellt, bekämpft er bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0116732 [T3]). Gleiches gilt für den - die gegenteiligen Urteilsannahmen vernachlässigenden - Einwand, dass auf Basis des Sachverständigengutachtens eine letale Selbstinjektion durch das Tatopfer nicht ausgeschlossen werden könne. Aus welchem Grund das Erstgericht eine angebliche, ein bis zwei Wochen vor seinem Tod gegenüber dem Angeklagten gefallene Äußerung des Kevin So*****, wonach er eine Injektion nicht zum ersten Mal sehe, feststellen hätte müssen, verschweigt die weitere Rüge (Z 5 zweiter Fall), die sich insoweit auch nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene erhebliche Verfahrensergebnisse bezieht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421). Schließlich kann eine tatrichterliche Feststellung (hier: dass sich Kevin So***** zuvor nie Suchtgift injiziert hat - US 12) mit dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit nicht bekämpft werden (RIS-Justiz RS0099492, RS0099431, RS0099524; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 393, 467).
Die gegen die Annahme der Qualifikation des § 86 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (nominell Z 9 lit a - der Sache nach jedoch Z 10) bestreitet das konstatierte Wissen des Angeklagten um die bestehende Beeinträchtigung des Kevin So***** durch suchtmittelhältige Medikamente (US 5, 10) und verfehlt damit den - striktes Festhalten am festgestellten Sachverhalt erfordernden - Anfechtungsrahmen des geltend gemachten (materiellen) Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099984, RS0118415).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Bleibt - wie auch das Erstgericht zutreffend ausführt (US 18 f) - anzumerken, dass durch ein in der Wegnahme bestehendes Unterdrücken von Kennzeichentafeln (§ 49 KFG) Diebstahl nicht begründet wird (13 Os 52/10m verst Senat = EvBl 2011/28, 181; zuletzt 14 Os 41/11b). Die tatrichterliche Beurteilung von Kennzeichentafeln als diebstahlstaugliche Objekte (Schuldspruch 4) bietet mangels dadurch bewirkten Nachteils für den Angeklagten (vgl dazu Ratz WK-StPO, § 290 Rz 21) jedoch keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.
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