European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00052.20M.0615.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde B***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I./), des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./) und „der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1, Abs 3 erster, zweiter, dritter und vierter Fall StGB“ (III./) [richtig: eines Vergehens der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB sowie jeweils mehrerer solcher Vergehen nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB und nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB] schuldig erkannt.
Danach hat er in R*****
I./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2017 außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung von der am ***** 2013 geborenen, sohin unmündigen M***** an sich vornehmen lassen, indem er diese dazu veranlasste, seinen erregten Penis zu massieren;
II./ durch die zu I./ beschriebene Tathandlung (US 4) von einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung dieser Stellung (eine) geschlechtliche Handlung(en) (an sich) vornehmen lassen;
III./ von 4. Mai 2013 bis 26. August 2019 pornographische Darstellungen unmündiger und mündiger Minderjähriger, und zwar wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend Minderjähriger, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, sowie „wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen an einer unmündigen bzw mündigen minderjährigen Person an sich selbst oder einer anderen Person“,
A./ hergestellt, indem er von der zu I./ beschriebenen Tat ein Foto anfertigte und die Bilddatei speicherte;
B./ sich verschafft und besessen, indem er 91 Video- und 1.168 Bilddateien aus dem Internet herunterlud und speicherte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) wurden die Angaben des Angeklagten – dessen Verantwortung im Übrigen als unglaubwürdig verworfen wurde (US 9 f; vgl RIS-Justiz RS0098642 [T1]) – zum „unbeschwerten“ Verhältnis zum Tatopfer wie auch seine Behauptung, auf dem Hintergrund des Fotos von der Tathandlung zu I./ und II./ nichts erkennen zu können, sehr wohl erörtert (US 6 f). Mit Blick auf das ohnehin festgestellte sehr gute Verhältnis zwischen dem Angeklagten und M***** (US 4) bedurfte die dies bestätigende Aussage der Zeugin U***** keiner gesonderten Erwähnung (RIS-Justiz RS0098646 [T8]). Dass aus diesen Verfahrensergebnissen nicht die vom Beschwerdeführer unter eigenständiger Beweiswürdigung begehrten Schlüsse gezogen wurden, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS-Justiz RS0114524).
Der Kritik unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider wurden laut Protokoll der Hauptverhandlung nicht ausschließlich die in der Beschwerde zitierten Aktenbestandteile gemäß § 252 Abs 2a StPO vorgetragen, sondern „insbesondere“ diese ausdrücklich genannten (ON 53 S 44). Dass das in dieser Auflistung nicht erwähnte Gutachten der gynäkologischen Sachverständigen nicht im Sinn des § 258 Abs 1 StPO Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen sein soll, ist aus dieser Formulierung nicht ableitbar (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 460, 462, 312 und 485). Im Übrigen stützte der Schöffensenat die Urteilsannahme, dass auf dem die (den Schuldsprüchen I./ und II./ zu Grunde liegende) geschlechtliche Handlung zeigenden Foto der Penis des Angeklagten ersichtlich ist (US 4), darauf, dass es sich augenscheinlich mit Sicherheit um den Penis eines Mannes– und nicht etwa einen Vibrator – handelt und auf dem Bild das Tatopfer im elterlichen Schlafzimmer abgebildet ist (US 10). Die bloß illustrative Erwähnung des betreffenden Sachverständigengutachtens (US 10) ist daher von vornherein nicht geeignet, Mangelhaftigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO zu begründen (RIS-Justiz RS0113209, RS0113210, RS0099507).
Mit dem weiteren, im Wesentlichen ebenfalls gegen die konstatierte Abbildung des Geschlechtsteils des Angeklagten auf dem erwähnten Foto (US 4) gerichteten Vorbringen verlässt die Beschwerde den durch die Mängelrüge eröffneten Anfechtungsrahmen (RIS‑Justiz RS0099419), indem sie die Angaben der Zeugin J***** und die Auswertung des Bildes durch das Landeskriminalamt in Zweifel zieht, Spekulationen zur Nutzung des Geräts, auf dem das Lichtbild aufgefunden wurde, durch andere Personen anstellt, das Aussageverhalten der M***** sowie das Foto einer eigenen Bewertung unterzieht und darauf basierend die Schlussfolgerungen des Erstgerichts als unschlüssig und unrichtig kritisiert.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu II./ legt nicht dar, weshalb die in der Beschwerde zitierte Feststellung, wonach sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt mit der damals etwa Vierjährigen alleine im Schlafzimmer befand (US 4), zusammen mit den unmittelbar folgenden, genau diesen Aspekt objektiv und subjektiv konstatierenden Passagen (US 4 f) kein Aufsichtsverhältnis im Sinn des § 212 Abs 1 Z 2 StGB zum Ausdruck bringen sollte (vgl RIS-Justiz RS0101075, RS0095216). Soweit der Nichtigkeitswerber auch das Fehlen von Konstatierungen zum Ausnützen dieser Stellung gegenüber der Minderjährigen releviert, übergeht er prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) die Urteilsannahmen, wonach er die Abwesenheit der Kindesmutter als Aufsichts- und Respektsperson ausnutzte (US 4 f, 11), ihm seine Aufsicht über das Mädchen und deren Respekt vor ihm bewusst war und er die sexuelle Handlung unter Ausnützung diese Stellung vornehmen wollte (US 4 f; vgl im Übrigen auch RIS-Justiz RS0095185 [T2]).
In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war daher die Nichtigkeitsbeschwerde – die trotz Antrags auf Totalaufhebung des Urteils kein Sachvorbringen zum Schuldspruch III./ enthält (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) – nach nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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