OGH 11Os51/96 (RS0089977)

OGH11Os51/9623.4.1996

Rechtssatz

Der Gerichtshof zweiter Instanz ist zur umfassenden amtswegigen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses, allenfalls nach Einholung von Aufklärungen und Anordnung ergänzender Erhebungen verpflichtet (§ 114 Abs 2 und Abs 4 StPO) und kann demzufolge - auch unter Abweichung von der Begründung der überprüften Entscheidung - aus anderen Erwägungen zu deren Bestätigung gelangen.

Normen

StPO §88 Abs1 B
StPO §89 Abs2 B
StPO §114 Abs2
StPO §114 Abs4
StPO §295 Abs1

11 Os 51/96OGH23.04.1996
12 Os 78/00OGH14.09.2000

Beisatz: Die Beschwerdeentscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz auf Fortsetzung der Untersuchungshaft kann auf andere als die in erster Instanz bejahten oder auch auf zusätzliche Haftgründe gestützt werden, weil die der umfassenden amtswegigen Beurteilung - durch den Gerichtshof zweiter Instanz unterliegende - Frage, durch welchen Haftgrund die bekämpfte Haftverhängung fundiert ist, allein die Beschlussbegründung betrifft. (T1)

13 Os 76/02OGH26.06.2002

Auch; Beis ähnlich wie T1

13 Os 122/02OGH13.11.2002

Vgl; Beisatz: Anders als bei der Urteilsanfechtung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2, 467 Abs 2 erster Satz [zweiter Fall] StPO) oder im Grundrechtsbeschwerdeverfahren (§ 3 Abs 1 GRBG) - ähnlich auch im Fall einer Berufung - verlangt das Gesetz vom Beschwerdeführer nur die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung diese anzufechten, aber keine Begründung des solcherart ergriffenen Rechtsmittels. (T2); Beisatz: § 114 Abs 2 zweiter Satz StPO beschränkt die Pflicht des Beschwerdegerichtes zur Rücksichtnahme auf Neuerungen keineswegs auf solche, welche bereits dem Beschwerdeführer bekannt waren oder von diesem vorgebracht wurden. (T3)

13 Os 35/03OGH26.03.2003

Vgl; Beis wie T2 nur: Das Gesetz verlangt vom Beschwerdeführer keine Begründung des solcherart ergriffenen Rechtsmittels. (T4); Beis ähnlich T3

12 Os 28/03OGH08.05.2003

Vgl auch; Beisatz: Das Beschwerdegericht ist ohne Bindung an ein Beschwerdevorbringen zur umfassenden Prüfung der angefochtenen Entscheidung verpflichtet; hiebei hat es den Grundsatz der partiellen Rechtskraft zu beachten, weil es sich - von Ausnahmen (vgl insbesonders § 114 Abs 3 und 4 StPO) abgesehen - nicht über die vom Anfechtungswerber autonom erklärte Einschränkung des Anfechtungsgegenstandes hinwegsetzen darf. (T5)

13 Os 21/04OGH07.04.2004

Vgl; Beisatz: Das Berufungsgericht, ist an die in der Rechtsmittelschrift vorgetragenen Berufungsgründe nicht gebunden. (T6)

13 Os 7/04OGH07.04.2004

Vgl; Beis wie T6

14 Os 71/04OGH13.07.2004

Vgl; Beis wie T6

15 Os 11/05iOGH17.02.2005

Auch

14 Os 131/04OGH08.03.2005

Vgl; Beisatz: In einem Beschwerdeverfahren wird der angefochtene Beschluss durch den des Beschwerdegerichtes ersetzt, weil das Rechtsmittelgericht über die Beschwerde umfassend, ohne an die geltend gemachten Einwände gebunden zu sein, zu entscheiden hat. (T7)

14 Os 76/05sOGH29.07.2005

Auch; Beis wie T1

15 Os 109/06bOGH29.03.2007

Auch; Beis wie T5 nur: Das Beschwerdegericht ist ohne Bindung an ein Beschwerdevorbringen zur umfassenden Prüfung der angefochtenen Entscheidung verpflichtet. (T8); Beisatz: Hier: Rechtswidriger Kostenbestimmungsbeschluss. (T9)

13 Os 125/07tOGH05.12.2007

Vgl auch; Beisatz: Grundsätzlich umfasst eine gemäß §114 StPO erhobene Beschwerde den angefochtenen Beschluss als Ganzes. Eine Beschwerdeausführung ist daher nicht nötig, in Offizialverfahren hat aber der Staatsanwalt auch die Richtung der Anfechtung anzugeben. Da der Beschwerdeführer somit nicht begründungspflichtig ist, kann eine allenfalls doch beigesetzte Begründung den Beschwerdegegenstand prinzipiell nicht beschränken. Anzunehmen ist eine solche Beschränkung nur dann, wenn der darauf gerichtete Wille eindeutig erkennbar ist (zum Ganzen WK-StPO § 114 Rz 13 bis 15). (T10)

13 Os 95/08gOGH27.08.2008

Vgl aber; Beisatz: Den Beschwerdeführer trifft zwar eine Begründungspflicht (§ 88 Abs 1 erster Satz StPO), jedoch nicht mit der Konsequenz, dass in Richtung des Beschwerdestandpunkts nicht vorgetragene Argumente unbeachtlich wären. § 89 Abs 2 dritter Satz (erster Fall) StPO beschreibt demnach keinen Fall der Amtswegigkeit, ist vielmehr Ausdruck fehlender Bezeichnungspflicht des Beschwerdeführers. Amtswegigkeit, nämlich ein Vorgehen nicht in Erledigung, vielmehr aus Anlass der Beschwerde, spricht erst der zweite Fall des § 89 Abs 2 dritter Satz StPO an. (T11)

15 Os 33/09fOGH18.03.2009

Beisatz: Zwar ist das Rechtsmittelgericht, das gemäß § 89 Abs 1 StPO „über die Beschwerde" zu entscheiden hat, zu einer umfassenden amtswegigen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses verpflichtet, doch hat es sich insofern auf jene Entscheidung zu beschränken, die von der Beschwerde betroffen ist. (T12)

16 Bkd 4/11OGH21.05.2012

Vgl; Beis wie T7

25 Os 8/14kOGH05.08.2014

Auch

14 Os 84/14fOGH28.10.2014

Auch; Beis wie T11; Beis wie T12

12 Os 128/15pOGH19.11.2015

Auch; Beis wie T5; Beis wie T12

24 Ds 2/18fOGH03.12.2018

Vgl

12 Os 37/19mOGH15.10.2020

Vgl

14 Os 52/21kOGH01.06.2021

Vgl

Dokumentnummer

JJR_19960423_OGH0002_0110OS00051_9600000_001

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