Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Cristian P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 130 dritter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
1./ am 8. Juni 1996 der Adelheid B***** im Reisezug Richtung Salzburg eine Zugfahrkarte, eine Markensonnenbrille, eine Telefonwertkarte, „eine Kundenkarte der Firma K*****, eine Kundenkarte der Firma T*****“, eine Packung Zigaretten sowie ein Feuerzeug im Gesamtwert von 1.100 ATS (= 79,94 Euro),
2./ am 10. Oktober 2011 in der Pfarrkirche S*****, sohin in einem der Religionsausübung dienenden Raum, dortigen Gewahrsamsträgern einen Geldbetrag von 30 bis 60 Euro, indem er das Bargeld mittels Klebeband präparierten Drahtschlingen aus dem dort befindlichen Opferstock „fischte“, wobei er die Tat in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Diebstähle (vgl US 9) eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von Cristian P***** aus Z 4, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Entgegen der gegen den Schuldspruchpunkt 2./ gerichteten Verfahrensrüge (Z 4) erfolgte die Abweisung der Beweisanträge des Angeklagten ohne Verletzung von Verteidigungsrechten.
Aus welchem Grund die vom Antragsteller behauptete Suche nach einem günstigen Urlaubsquartier und eine zu diesem Zweck erfolgte Reise nach Österreich zu einem Zeitmangel geführt hätte, welcher der Annahme der Täterschaft des Angeklagten entgegen stehe, ließ der auf Ladung und Vernehmung der Zeugin Andra A***** gerichtete Antrag nicht erkennen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).
Bereits unter Berücksichtigung der in unmittelbarer Nähe des Tatorts und im zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbegehung erfolgten Festnahme des Beschwerdeführers (ON 4 S 25) konnte eine Auswertung seiner SIM-Karten zum Nachweis dafür, dass er sich nicht an jenen Orten aufgehalten habe, an denen die Straftaten begangen wurden, unterbleiben (siehe zur unzulässigen Erkundungsbeweisführung RIS-Justiz RS0099353, RS0107040; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f). Im Übrigen findet sich eine ohne zweckdienliches Ergebnis erfolgte Auswertung von Standortdaten im Akt (ON 32 S 87).
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Aspekt der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ergänzend auch die mit Beschluss erfolgte Abweisung des Enthaftungsantrags des Angeklagten kritisiert und dazu vorbringt, ein Beschuldigter, für den die Unschuldsvermutung gelte, müsse das Recht haben, in Freiheit vor Gericht zu erscheinen, verfehlt er den Gegenstand der Anfechtung. Für die Bekämpfung eines Haftbeschlusses ist in der Strafprozessordnung nur das Rechtsmittel der Beschwerde vorgesehen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) dient dazu, geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) zu verhindern (RIS-Justiz RS0118780).
Mit ihrem bloßen Verweis auf die von den Tatrichtern als widerlegt erachtete leugnende Verantwortung des Angeklagten (vgl US 7 ff) vermag die Beschwerde (Z 5a) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes zu wecken.
Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).
Diesen Anforderungen wird die Subsumtionsrüge (Z 10), soweit sie eine Unterstellung unter § 141 Abs 1 StGB anstrebt, nicht gerecht.
Zum Faktum 1./ wird lediglich auf den Umstand der bei der Beförderung unterlassenen Entrichtung des festgesetzten Entgelts durch Erwerb einer Fahrkarte verwiesen, damit aber weder ein Umstand aufgezeigt, der Feststellungen im Sinne einer Notlage indiziert hätte, noch aus dem Gesetz abgeleitet, aus welchem Grund ein Streben nach nicht lebensnotwendigen Bedarfsgegenständen (Zigaretten, Feuerzeug, Telefonwertkarte, Markensonnenbrille) privilegiert wäre (RIS-Justiz RS0094530).
Zum Faktum 2./ wird - entgegen der Verfahrensordnung - die von den Tatrichtern ausdrücklich festgestellte und aus der Verwendung eines präparierten Werkzeugs abgeleitete Absicht einer fortlaufenden Begehung von Opferstockdiebstählen übergangen (US 5 f und 9) und eine Feststellung zum Handeln aus Unbesonnenheit begehrt, ohne sich dabei auf ein solches indizierendes Verfahrensergebnis stützen zu können.
Zum Schuldspruch 1./ ist festzuhalten, dass es sich bei bloßen Gebrauchswert aufweisenden Kundenkarten um keine diebstahlsfähigen Objekte handelt (vgl Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 127 Rz 19 ff). Da die Wegnahme aber auch Güter mit wirtschaftlichen Wert (etwa Zigaretten) umfasste, besteht kein Anlass für eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO.
Mit Blick auf die vom Schöffengericht trotz Beachtung des Zusammenrechnungsgrundsatzes des § 29 StGB vorgenommene Wertung des Zusammentreffens von einem Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend (US 11) zeigt sich, dass dem Sanktionsausspruch der nicht geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO anhaftet. Dessen Behebung wird dem Berufungsgericht überlassen (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29; RIS-Justiz RS0109969).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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