OGH 11Os167/11k

OGH11Os167/11k19.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten MMag. Krasa als Schriftführer, in der Strafsache gegen Renate D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 14. Juli 2011, GZ 11 Hv 42/11y-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch vom Vorwurf betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen enthält, wurde Renate D***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie (zusammengefasst wiedergegeben)

von 1. April bis 30. Juni 2010 in S***** in acht Fällen gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Mitarbeiter der Arbeitsmarktservice-Geschäftsstellen St***** und A***** durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, die den Bund in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten und schädigen sollten, indem sie als Geschäftsführerin und Gesellschafterin der B***** GmbH die im Urteil bezeichneten Arbeitnehmer dazu bestimmte, mit ihr die Inanspruchnahme von Bildungskarenz nach § 11 AVRAG zu vereinbaren sowie die Vereinbarung zu treffen, dass sie über die gesetzlich gestattete Geringfügigkeit hinausgehend Arbeitsleistungen im genannten Unternehmen erbringen und einen Antrag auf Weiterbildungsgeld (§ 26 AlVG) stellen werden, und sie es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 26 Abs 7 iVm § 50 Abs 1 AlVG unterließ, die Aufnahme einer (zu ergänzen:) Tätigkeit gemäß § 12 Abs 3 AlVG und die für das Fortbestehen oder das Ausmaß des Anspruchs maßgebenden Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse, nämlich die über die Geringfügigkeit iSd § 5 Abs 2 ASVG hinausgehende Beschäftigung der im Urteil bezeichneten Arbeitnehmer bei der B***** GmbH unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices anzuzeigen, wobei die Tatvollendung in Ansehung des Monats Juni 2010 infolge ihrer Betretung anlässlich einer am 23. Juni 2010 durchgeführten Kontrolle durch die KiAB unterblieb.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Erledigung der gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 70 StGB) gerichteten Subsumtionsrüge (Z 10) ist vorauszuschicken, dass die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung hat (RIS-Justiz RS0099810). Mit Kritik an den Rechtsausführungen des Erstgerichts in den Entscheidungsgründen wird im Übrigen Nichtigkeit nicht geltend gemacht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 413 f; vgl RIS-Justiz RS0100877), was die Beschwerde mehrfach ignoriert.

Im Einzelnen ist ihr Folgendes zu erwidern:

Die Forderung nach zusätzlichen Feststellungen zur Frage der Existenz und der Voraussetzungen eines ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns sowie der Wertsteigerung des Geschäftsanteils der Angeklagten leitet die Beschwerdeführerin angesichts bloß beabsichtigter Einnahmegewinnung als maßgebliches Kriterium der Gewerbsmäßigkeit (Jerabek in WK2 § 70 Rz 13) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab.

Im Übrigen ist anzumerken, dass auch derjenige gewerbsmäßig handelt, der infolge Fehlkalkulation oder aus anderen Gründen seine Absicht, ein Einkommen zu erzielen, nicht verwirklicht und allenfalls sogar einen Verlust erleidet (RIS-Justiz RS0086627; Jerabek aaO).

Das Vorbringen, die Ersparnis von Lohn- und Lohnnebenkosten für die B***** GmbH sei keine der Angeklagten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Gesellschafterin zuzurechnende Vermögensvermehrung, erschöpft sich in einer unsubstantiierten Rechtsbehauptung (arg: „anderes muss gelten“) und entzieht sich daher inhaltlicher Erwiderung.

Nicht am Verfahrensrecht ausgerichtet, sondern konträr zu den Urteilskonstatierungen ist der mit der Behauptung, der Abschluss von gesonderten Scheinverträgen mit acht verschiedenen Arbeitnehmern stelle lediglich eine Tat dar, verknüpfte Einwand des Fehlens der Absicht wiederkehrender Tatbegehung (vgl dagegen US 9 vorletzter Absatz).

Die gegen die Verwendung der verba legalia hinsichtlich der Urteilsannahmen zur „Absichtlichkeit iSd § 70 StGB“ gerichtete (auf Z 5 und 10, der Sache nach jedoch nur auf Z 10 gestützte) Rüge geht schon deshalb ins Leere, weil das Erstgericht insoweit die Gesetzessprache gar nicht verwendet hat (US 9: „sie hatte es …. darauf abgesehen“). Im Übrigen beeinträchtigt allein die Verwendung von Gesetzesbegriffen die Wirksamkeit von Tatsachenfeststellungen nicht, sofern diese - wie hier (vgl US 18) - den notwendigen Sachverhaltsbezug aufweisen (RIS-Justiz RS0119090; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8).

Die Beschwerdehypothese, dass es der Angeklagten „überwiegend bzw nahezu ausschließlich darum ging, das in die Krise geratene Unternehmen zu retten“, weshalb es an der Absicht fortlaufender Einnahmenverschaffung fehle, ignoriert neuerlich die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (vgl erneut US 9).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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