Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen - die die anklagekonformen Hauptfragen einstimmig bejaht hatten - beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Kurt H***** (richtig:) der Verbrechen des versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB (I.1) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB (I.2) sowie der Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB aF (II.1 und 2) und nach § 207 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB aF (II.3) schuldig erkannt.
Danach hat er
I. mit nachgenannten unmündigen Personen den Beischlaf unternommen bzw zu unternehmen versucht, und zwar
1) zu einem nicht bekannten Zeitpunkt kurz nach dem 20. September 1974 in Laakirchen mit der am 21. September 1965 geborenen Veronika B***** dadurch, dass er den Beischlaf zu vollziehen suchte, wobei es infolge Unvermögens, den Penis in die Scheide des Mädchens einzuführen, beim Versuch blieb;
2) im Sommer 1985 in Neukirchen mit der am 18. Oktober 1971 geborenen Jutta K***** durch Vollziehen des Beischlafs, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung in Form einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung zur Folge hatte;
II. nachgenannte unmündige Personen dadurch, dass er sie wiederholt dazu veranlasste, ihn mit dem Mund und mit der Hand bis zum Samenerguss zu befriedigen, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, und zwar
1) von einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 1972 oder 1973 bis etwa Februar 1976 in Laakirchen die am 21. September 1965 geborene Veronika B*****;
2) von einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in den Jahren 1974 oder 1975 bis 12. Februar 1980 in Laakirchen und anderen Orten die am 20. Juli 1969 geborene Claudia P*****;
3) in der Zeit von Juli 1983 bis 18. Oktober 1985 in Neukirchen die am 18. Oktober 1971 geborene Jutta K*****, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung in Form einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die auf die Gründe der Z 5, 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil versagt.
Mit seiner Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung (S 517 f/I) von insgesamt 13 in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen (S 508 bis 514/I). Vor Eingehen auf die einzelnen Beschwerdepunkte sei daran erinnert, dass ein Beweisantrag nicht nur das Beweismittel und das Beweisthema zu enthalten hat, sondern ihm darüber hinaus zu entnehmen sein muss, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lässt und inwieweit dieses für die Schuld- und die Subsumtionsfrage von Bedeutung sein soll (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19).
Das Verfahren vor dem Geschworenengericht ist dadurch gekennzeichnet, dass die Geschworenen die ihnen gestellten Fragen pflichtgemäß nur auf Grund der vorgebrachten Beweise beantworten dürfen (§ 305 StPO) und dass sie zwar - abgesehen von dem ihnen zustehenden Fragerecht - die Durchführung von Beweisen begehren können (§§ 309, 328 StPO), die Entscheidung über den Umfang des durchzuführenden Beweisverfahrens jedoch allein dem Schwurgerichtshof obliegt. Daraus ergibt sich, wie der Beschwerdeführer mit Recht geltend macht, dass der Schwurgerichtshof bei dieser wichtigen Entscheidung auf die Sicherung der Strafverfolgung wie auch der Verteidigung mit besonderer Sorgfalt bedacht sein und sich insbesondere stets vor Augen halten muss, dass die Lösung der Beweisfrage nicht ihm, sondern allein der Geschworenenbank zukommt, deren Entscheidung aber durch die Ablehnung von Beweisanträgen, die nicht schon aus objektiv an Hand der Akten überprüfbaren Gründen als unerheblich erkennbar sind, vorgegriffen werden könnte.
Hieraus kann jedoch entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden, dass der Schwurgerichtshof alle Beweise zulassen müsste, aus denen nur überhaupt auf irgendeine Art eine Schlussfolgerung in Ansehung der den Geschworenen vorzulegenden Fragen gezogen werden könnte. Vielmehr ist erforderlich, dass eine Beweisaufnahme ein in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht maßgebliches, den Wahrspruch nach der gesamten Verfahrenslage zu beeinflussen geeignetes Ergebnis erwarten lässt (vgl SSt 28/04i, 12 Os 84/93, 15 Os 75, 76/93).
Bei der Überprüfung der Beweisanträge auf ihre Berechtigung hat das Rechtsmittelgericht stets von deren Begründung in erster Instanz und der Verfahrenslage des diesbezüglichen Zwischenerkenntnisses auszugehen (Mayerhofer StPO4 E 40, 41). Darüber hinausgreifendes Vorbringen in der Rechtsmittelschrift kann im Hinblick auf das Neuerungsverbot keine Berücksichtigung finden.
Der Antrag auf Vernehmung der Gerlinde B*****, Veronika D*****, Margarethe O***** und Herta S***** zum Beweis dafür, dass weder Veronika B***** noch Claudia P*****, sondern vielmehr die erstgenannten Frauen selbst im Bedarfsfall die Kinder des Angeklagten beaufsichtigten (S 508/I), hätte - mangels aus sich selbst ableitbarer Einsichtigkeit - zur Bejahung der im Rechtsmittel angesprochenen Erheblichkeit eines ergänzenden Vorbringens bedurft, aus welchen Gründen die Zeugen über einen - zwecks Ausschlusses der verdachtsfördernden Gelegenheit des Angeklagten zum inkriminierten Verhalten notwendigen - derart umfassenden (zeitlichen) Beobachtungshorizont verfügen sollten, aus dem allein die erstrebten (angeblich entlastenden) Aussagen zu erwarten wären. Durch die Vernehmung des Zeugen Fritz H***** sollte nachgewiesen werden, dass der Angeklagte entgegen der Darstellung der Veronika B***** niemals mit seiner Arbeitskleidung von seiner Arbeit bei der S***** Laakirchen nach Hause kam, sondern sich immer umzog und die Arbeitsstelle nach einer Dusche mit Straßenkleidung verließ (S 509/I). Dieses Beweisthema hat dem Antragsvorbringen zuwider keine für die Schuldfrage erhebliche Bedeutung, weil sein Zutreffen ohne weiters mit der - ungeachtet des auf Vermutung gestützten Schlusses des Kommens unmittelbar von der Arbeitsstelle - allein maßgeblichen Tatsachenschilderung der Zeugin bestehen kann, der Angeklagte habe anlässlich der Übergriffe gegen sie Arbeitskleidung getragen und "nach Metall, Öl und Schweiß gestunken" (S 419/I).
Der Beweisantrag (S 509/I) auf Vernehmung der Herta W***** (einer älteren Schwester der Tatopfer) hätte für die Prüfung der Erheblichkeit dartun müssen, weshalb diese Zeugin ihre Geschwister durchgehend geradezu überwacht haben und daher ihre Aussage Missbrauchshandlungen des Angeklagten im gemeinsamen Elternhaus ebenso ausschließen können sollte wie eine Begleitung des Angeklagten durch Veronika B***** und Claudia P***** beim Vogelfang. Die Frage, ob im Haus ***** ein Wohnzimmer mit Fernseher oder (vor dem Haus) ein Vogelkäfig vorhanden war, ist mangels Zusammenhanges mit dem Tathergang (S 430/I) nicht geeignet, die entscheidungserhebliche Beweiswürdigung konkret zu beeinflussen, sodass eine Vernehmung der genannten Zeugin auch hiezu nicht erforderlich war. Der Antrag (S 510/I) auf Befragung der Manuela S***** und Doris T***** (der Töchter des Angeklagten) lässt ebenso die gebotene Begründung vermissen, auf Grund welcher konkreter Umstände - entgegen dem notorischen empirischen Befund zur Fähigkeit der Erinnerung an frühkindliche Erlebnisse - die beiden Zeugen, die während des Deliktszeitraumes 1 bis 6 bzw 1 bis 4 Jahre alt waren, überhaupt in der Lage sein sollten, über das Beweisthema - nämlich niemals von ihrer Tante Claudia P***** beaufsichtigt worden zu sein - Auskunft zu geben.
Die Frage, ob Silvia Ha***** (eine weitere Schwester der Tatopfer) den gerade genannten Zeugen gegenüber sie selbst betreffende Missbrauchshandlungen des Angeklagten in Abrede stellte, betrifft - wurden derartige Taten doch gar nicht angeklagt und wird selbst durch deren Fehlen der Angeklagte hinsichtlich der inkriminierten Tathandlungen nicht entlastet - ebenso wenig eine für die Lösung der Schuldfrage entscheidende Tatsache wie jene, im Ergebnis gleichfalls auf eine bloße Erkundung hinauslaufende, ob sich Manuela S***** gegenüber Claudia P***** am Thema "Kindesmissbrauch" interessiert zeigte und sich ein Buch darüber ausborgte.
Der zum Beweis, dass Jutta K***** - entgegen ihrer Aussage - vom Angeklagten nicht zum Herbeischaffen von Vogelwasser herangezogen wurde, gestellte Antrag auf Vernehmung der Manuela S***** enthält schon kein Vorbringen, weshalb diese Zeugin in der Lage sein sollte, die Vornahme solcher (alltäglicher) Tätigkeit des Tatopfers für den Angeklagten schlechthin auszuschließen, umso weniger einen Hinweis, inwiefern derart die dem Angeklagten angelastete Delinquenz in Frage gestellt werden sollte.
Die Vernehmung der Zeugen Silvia Ha*****, Rosemarie G***** und Manfred Z***** wurde zum Beweis dafür beantragt (S 511/I), dass es - entgegen der Aussage der Claudia P***** - zu keinem gemeinsamen sexuellen Missbrauch gegenüber Silvia Ha***** und Claudia P***** durch den Angeklagten gekommen sei.
Silvia Ha***** hat jedoch bei ihrer Vernehmung durch den Untersuchungsrichter zulässig von ihrem Recht gemäß § 152 Abs 1 Z 2 StPO Gebrauch gemacht (ON 23). Der Beweisantrag hätte daher Umstände darlegen müssen, aus denen die Tatrichter in freier Beweiswürdigung schließen hätten können (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 40), sie sei nunmehr zu einer Aussage vor Gericht bereit (12 Os 52/03 ua). Das Neuerungsverbot schließt die Berücksichtigung von erst im Nichtigkeitsverfahren beigebrachten Umständen aus.
Aus welchen Gründen die Zeugen Rosemarie G***** und Manfred Z***** im Stande sein sollten, über das Beweisthema zweckdienlich Auskunft zu geben, legte der Beweisantrag nicht dar.
Auch durch die Ablehnung des Antrages (S 511/I) auf Vernehmung des Zeugen Helmut B***** (des Halbbruders der Tatopfer) wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt. Der Genannte wurde zum Beweis dafür geführt, dass es weder durch ihn selbst noch durch den Angeklagten zu sexuellen Übergriffen gegenüber Claudia P***** gekommen ist. Missbrauchshandlungen des Helmut B***** waren jedoch nicht Gegenstand des Strafverfahrens, sodass diesbezüglich auch keine Beweise aufzunehmen waren. Im Übrigen lässt dieser Beweisantrag einmal mehr die gebotene Begründung vermissen, auf Grund welcher konkreten Umstände der Zeuge in der Lage sein sollte, Missbrauchshandlungen des Angeklagten insgesamt auszuschließen, zumal er selbst nach den von der Verteidigung ins Treffen geführten Angaben der Claudia P***** bloß einmal "mitbekommen haben soll, was Kurt mit uns macht" (S 213/I).
Zum Beweisthema der Nichtanmeldung eines PKW (für den Angeklagten und seine Frau zwischen März 1973 und Oktober 1976) bleibt der (allein relevante) in der Hauptverhandlung gestellte Antrag (S 512/I) auf Einholung einer Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die Darlegung schuldig, warum dies mit mangelnder Verfügbarkeit über ein Auto und Entlastung des Angeklagten bezüglich der ihm vorgeworfenen Delinquenz gegenüber Veronika B***** und Claudia P***** anlässlich gemeinsamer Ausflüge zum Vogelfangen verknüpft sein muss. Die weiteren Beweisthemen, Jutta K***** habe weder Anzeichen sexuellen Missbrauchs gezeigt noch darüber berichtet, betreffen keine für die Lösung der Schuldfrage erheblichen Tatsachen, weil das Fehlen dieser Umstände keinesfalls die angeklagte Delinquenz auszuschließen vermag, sodass auch die hiezu gestellten Beweisanträge (S 512, 513/I) auf Vernehmung der Zeugen Sabine N*****, Josefine P***** und Dr. N. F***** (Psychologin des Amtes der Österreichischen Landesregierung) vom Schwurgerichtshof zu Recht abgelehnt wurden.
Nichtigkeit des Urteils nach Z 6 macht der Angeklagte geltend, weil durch die in den Hauptfragen I und II vorgenommene Verbindung von mehreren, unterschiedliche Tatzeitpunkte bzw -zeiträume, Tatorte und Geschädigte betreffenden Fakten in jeweils einer Frage den Geschworenen eine eindeutige und erschöpfende Antwort nicht ermöglicht worden sei.
Nach jeder echt (also auch und besonders real-)konkurrierenden strafbaren Handlung ist grundsätzlich eine eigene Schuldfrage zu stellen (Schindler, WK-StPO § 312 Rz 54 mwN). Allerdings räumt § 317 Abs 2 StPO dem Schwurgerichtshof ein Ermessen hinsichtlich der Zusammenfassung auch von Hauptfragen ein. Unter dem Gesichtspunkt der Befugnis der Geschworenen nach § 330 Abs 2 StPO zu einschränkender Bejahung ist dies nur bei verschiedenen Tätern untersagt. Unbedenklich ist es hingegen, (wie gegenständlich) mehrere dieselbe strafbare Handlung begründende, nach Ort, Zeit und Geschädigten (sowie Entwicklungsstufe) differierende Taten (eines einzigen Täters) in einer Schuldfrage zusammenzufassen (Schindler, WK-StPO § 317 Rz 11 bis 13), sofern den Geschworenen eine vollständige Prüfung der Sachverhalte samt eindeutigen und erschöpfenden Antworten ermöglicht wird und die Gefahr einer pauschalierten Beurteilung der zusammengefassten Fragen ohne sorgfältige Trennung der Einzelfälle nicht besteht (vgl Mayerhofer StPO4 § 317 E 6a, 23, 24a; § 345 E 18). Dass die - entsprechend belehrten (siehe S 39 ff/II) - Geschworenen vorliegend tatsächlich in der Lage waren, über jedes einzelne der in den Kumulativfragen I und II zusammengefassten Fakten (des jeweils gleichen Delikts) gesondert zu urteilen, zeigt allein die Tatsache, dass sie die beiden Hauptfragen nicht pauschal, sondern im Sinne der Gliederung des Schuldspruches gesondert zu den einzelnen Punkten bejahten (ON 42).
Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen bestand ebensowenig im Zusammenhang mit Punkt b der Hauptfrage 1 bzw Punkt c der Hauptfrage II ein Anlass für eine gesonderte Fragestellung nach den Grundtatbeständen des § 206 Abs 1 StGB oder des § 207 Abs 1 StGB. Gemäß § 317 Abs 2 StPO ist es nämlich dem Schwurgerichtshof anheim gestellt, entweder den Geschworenen eine auch strafsatzändernde Tatumstände enthaltende einheitliche Hauptfrage vorzulegen oder in die Hauptfrage nur die gesetzlichen Merkmale des Grundtatbestandes aufzunehmen, die Qualifiktationsumstände jedoch einer selbständigen (uneigentlichen) Zusatzfrage (§ 316 StPO) vorzubehalten (vgl Schindler, WK-StPO § 314 Rz 39, § 316 Rz 4). Wird ein qualifizierendes Moment, das nach dem Gesetz die Anwendung eines anderen Strafsatzes bedingt, in die Hauptfrage aufgenommen, müssen die Geschworenen in der Rechtsbelehrung auf die in § 330 StPO vorgesehene Möglichkeit einer teilweisen Bejahung unter Beifügung von Beschränkungen hingewiesen werden (Schindler, WK-StPO Rz 4; Mayerhofer StPO4 E 8; Fabrizy StPO9 Rz 2 - alle zu § 316). Dies ist im konkreten Fall sowohl durch den Hinweis auf die allgemeine Rechtsbelehrung (§ 325 Abs 2 StPO) als auch durch entsprechende Instruktion in der gemäß § 321 StPO schriftlich erteilten Rechtsbelehrung (S 39 bis 41/II) sowie durch einen Vermerk auf der ersten Seite der Fragen an die Geschworenen (S 3/II) ausreichend erfolgt.
Ein Hindernis zur Verbindung mehrerer Fakten in einer einzigen Hauptfrage kann sich im Übrigen nur aus dem Entscheidungsgegenstand und dem Frageprogramm selbst ergeben, niemals jedoch aus der gemäß § 331 Abs 3 StPO abgefassten Niederschrift (Mayerhofer StPO4 § 317 E 6). Auf die vom Beschwerdeführer versuchte inhaltliche Auslegung der dort angegebenen Erwägungen der Geschworenen war daher mangels Relevanz für das Rechtsmittelverfahren nicht einzugehen. Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider entspricht die im Zusammenhang mit der Zurechnung der Qualifikation der schweren Körperverletzung (§ 206 Abs 3 erster Fall StGB bzw § 207 Abs 2 erster Fall aF StGB) zur Frage der Kausalität erteilte Rechtsbelehrung (S 35/II: "Für einen eingetretenen strafgesetzwidrigen Erfolg ist jedes Tun kausal, das eine seiner Bedingungen hervorgerufen hat und nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der Erfolg in seiner konkreten Gestalt weggedacht werden müsste. Ein ursächlicher Zusammenhang besteht auch dann, wenn der Erfolg von zwei oder mehreren gleichzeitig und unabhängig wirkenden Bedingungen herbeigeführt wurde, von denen jede denselben Erfolg auch für sich allein nach sich gezogen hätte") gar wohl der herrschenden Lehre und Rechtsprechung dazu:
Mit dem ersten Satz der kritisierten Passage wird - in unmaßgeblich bloß sprachlich veränderter Form und keineswegs (durch die Verwendung der Wortfolge "nicht weggedacht" sowohl für die Ursache als auch für den Erfolg) als zur Irreführung der Geschworenen geeigneter logischer Zirkelschluss (wie der Rechtsmittelwerber ohne denkgesetzkonforme Begründung vermeint) - die conditio sine qua non Formel der Äquivalenztheorie dargestellt, im zweiten Satz deren Überbrückung für die (durch sie nicht ummittelbar lösbaren) Fälle der Doppelkausalität angesprochen (durch wörtliches Zitat aus Leukauf/Steininger Komm3 Vorbem § 1 RN 24; vgl zur Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung überdies etwa Fuchs AT I5 Rz 13/5, 14; Burgstaller in WK2 § 80 Rz 67; Mayerhofer StGB5 Vorbem E 9, 11a; SSt 53/43, 61/1 [17] und vertiefend Burgstaller Fahrlässigkeitsdelikt 90 ff; prozessual Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 28a).
Jeder Umstand, der nur das geringste dazu beigetragen hat, dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt eintritt, ist demnach für diesen kausal; alle Ursachen (= Bedingungen) sind als gleichwertig (= äquivalent) anzusehen (vgl Kienapfel/Höpfel AT10 Z 10 RN 5, 6, 12). Auch der Vorwurf der Undeutlichkeit ist nicht berechtigt, da der zitierten Formulierung grammatikalisch zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass sich die Wortfolge "seiner Bedingungen" auf den Erfolg bezieht. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Erfolgsqualifikation des § 207 Abs 2 erster Fall StGB aF (Punkt B.4 der Rechtsbelehrung) Ausführungen zur Kausalitätsproblematik vermisst, übersieht er den Verweis auf die gerade erörterte Passage zu Punkt B.2 der Instruktion (S 38/II).
Bezüglich der Zurechenbarkeit der Erfolgsqualifikation der schweren Körperverletzung erblickt der Angeklagte eine einer Urteilsnichtigkeit gleichkommende Unvollständigkeit darin, dass Hinweise auf den Zweifelsgrundsatz sowie die fallspezifische Problematik einer einzigen Beischlafshandlung mit Jutta K***** als mögliche Ursache für den strafsatzändernden Umstand des § 206 Abs 3 erster Fall StGB fehlten. Mit diesem Einwand orientiert sich der Nichtigkeitswerber nicht an § 321 StPO, wonach Gegenstand der Rechtsbelehrung nur Rechtsfragen sein können (Ratz, WK-StPO § 245 Rz 53). Auf Tatfragen ist in der Rechtsbelehrung gerade nicht einzugehen, insbesondere hat sie keine Beweisgrundsätze, wie etwa den Hinweis, dass im Zweifel mit einem Freispruch vorzugehen sei, zu enthalten (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 15).
In seiner Tatsachenrüge verkennt der Beschwerdeführer das Wesen des (formellen) Nichtigkeitsgrundes der Z 10a, der in seiner prozessualen Reichweite durch Art 91 Abs 2 B-VG - wonach über die Schuld die Geschworenen allein (§ 329 StPO) zu entscheiden haben - beschränkt wird und dessen Wirkungsbereich erst dort beginnt, wo die Ermessensgrenze der freien Beweiswürdigung überschritten wird, dh sobald ein objektiver Beobachter auf Grund aktenkundiger Beweisergebnisse die Lösung der Schuldfrage vernünftigerweise zu teilen nicht imstande wäre (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 470). Da die Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) nicht zu deren Wahrspruch gehört, kann sie - der Beschwerde zuwider - überhaupt nicht Anknüpfungspunkt einer Tatsachenrüge sein (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 10a E 1 bis 1b; § 331 E 10 ff; auch 13 Os 36/01 = JBl 2002, 129). Der Rechtsmittelwerber versucht nur, durch eigenständige Interpretation einzelner Verfahrensergebnisse (insbesondere der handschriftlichen Aufzeichnungen der Jutta K*****, der Meldebestätigungen der Marktgemeinde Laakirchen zu den Wohnsitzen sowie der Bestätigungen der S***** Laakirchen und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Nachtschichttätigkeit des Angeklagten und des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. August 1989, aus dem sich die Zulässigkeit des Vogelfanges nur für die Zeit vom 15. September bis 30. November ergibt) die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen (wie schon in seiner Verfahrensrüge) vor allem durch Betonen von Widersprüchen zu Tatzeiten, Tatorten und Tatmodalitäten herabzusetzen und unter Erörterung des neuropsychologischen Sachverständigengutachtens sowie der bezughabenden Akten des Kinderheimes S***** und der Jugendwohlfahrt Gmunden verbunden mit eigenen beweiswertenden Überlegungen den Ursachenzusammenhang zwischen allfälligen Missbrauchshandlungen des Angeklagten und der schweren psychischen Beeinträchtigung der Jutta K***** in Frage zu stellen und solcherart die Richtigkeit der Erwägungen der Geschworenen zu bestreiten. Damit unternimmt er indes - wie der Hinweis auf den Zweifelsgrundsatz zeigt - lediglich einen zur Darlegung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ungeeigneten Angriff auf die Lösung von Tatfragen nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld. Sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Wahrspruch zu Grunde liegenden Feststellungen vermag er so nicht aufzuzeigen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 206 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 10 Jahren. Bei der Strafbemessung waren erschwerend die Angriffe gegen drei Opfer, der lange Tatzeitraum, die Tatwiederholungen sowie das Zusammentreffen von zwei (richtig: zahlreichen) Verbrechen, mildernd die bisherige Unbescholtenheit (gemeint: der bisher ordentliche Lebenswandel - § 34 Abs 1 Z 2 StGB), das teilweise Verbleiben beim Versuch und das lange Zurückliegen der Taten.
Die Sanktionsherabsetzung und (teil-)bedingte Nachsicht der Unrechtsfolge anstrebende Berufung wegen Strafe ist nicht berechtigt. Weil § 33 Z 1 StGB mehrere Erschwerungsumstände aufzählt, die verschiedene Kriterien gesteigerter Strafbemessungsschuld demonstrativ aufzeigen, können dem Rechtsmittelstandpunkt zuwider langer Deliktszeitraum und Tatwiederholung sehr wohl neben dem Zusammentreffen von strafbaren Handlungen erschwerend angenommen werden (Ebner in WK2 § 33 Rz 4). Überdies wäre selbst bei anderer Sicht (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 5a) für den Berufungswerber nichts gewonnen, da sich - wie er selbst einräumt - am Gewicht der Erhöhung des Schuldvorwurfes nichts änderte.
Zutreffend schränkte das Erstgericht mit dem Hinweis auf den langen Deliktszeitraum auch den Wert des Milderungsgrundes des bisher ordentlichen Lebenswandels ein. Die Strafbemessung bei einem hypothetischen Urteil bereits im Jahr 1972 hat keinerlei Bedeutung für die jetzige Sanktionsfindung.
Den Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 18 StGB schließlich hat das Erstgericht in das fallbezogen richtige Verhältnis zu den übrigen Strafbemessungskriterien gesetzt; sein Gewicht wird nicht zuletzt auch durch die bis in die Gegenwart reichenden Folgen für die Lebensqualität zumindest eines Opfers (Jutta K*****) relativiert. Von einem beträchtlichen Übergewicht der Milderungsgründe ist somit keine Rede und es kommt daher außerordentliche Strafmilderung nicht in Betracht.
Vielmehr sah sich der Oberste Gerichtshof auf der Grundlage des Schuldspruches und in Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 Abs 2, Abs 3 StGB) nicht veranlasst, die Unrechtsfolge für die aus niederen Motiven begangenen, jahrelangen, rücksichtslosen, groben Verletzungen vitaler Interessen schutzloser Kinder zu verringern.
Überlegungen zu §§ 43, 43a StGB ist damit der Boden entzogen. Das Erstgericht erkannte den Angeklagten gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig, an die Privatbeteiligte Jutta K***** einen Teilschmerzengeldbetrag in der Höhe von 360 Euro zu bezahlen und stützte dies auf die aus der einschlägigen Expertise abgeleitete massive psychische Beeinträchtigung dieses Tatopfers (US 6). Die einmal mehr den Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten des Angeklagten und der Verletzung der Jutta K***** negierende Berufung wegen des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche verlässt prozessordnungswidrig (§ 295 Abs 1 StPO) den durch den Schuldspruch gezogenen Anfechtungsrahmen. Es trifft zwar zu, dass die Privatbeteiligte am Schluss der Hauptverhandlung lediglich "den Zuspruch des Schmerzengeldbetrages" begehrte (S 525/I), dessen ziffernmäßige Bestimmung ergibt sich jedoch aus dem verlesenen (S 523/I) Antrag auf Zuerkennung von 360 Euro (S 210/I). Da auch die Höhe des Schadenersatzes fallbezogen keinen Bedenken begegnet (vgl etwa 12 Os 62/03), war der Berufung insgesamt der Erfolg zu versagen.
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