OGH 12Os84/93

OGH12Os84/9312.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hatvagner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mita A* wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Mordes nach den §§ 75, 15 Abs. 2, 12, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 17.März 1993, GZ 20 x Vr 9413/92‑81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Angeklagten, des Verteidigers Dr.Bernhauser, und der Dolmetscherin Mag.Mikula zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0120OS00084.9300000.0812.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.November 1966 geborene Mita A* des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Mordes nach §§ 75, 15 Abs. 2, 12, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des auf dem einstimmigen Verdikt der Geschwornen beruhenden Schuldspruches hat er am 10.August 1992 durch Versetzen von einundzwanzig Messerstichen mit einem Feldmesser Goran S* vorsätzlich getötet (I.) und im Sommer 1992 getrachtet, Mohamed N* und Goran S* durch die Aufforderung, seine Ehegattin Alena A* gegen Entlohnung zu töten, sowie letzteren überdies durch Übergabe von Geld und Verschaffung einer Pistole, zu bestimmen, Alena A* zu töten (II.).

 

Rechtliche Beurteilung

Die aus § 345 Abs. 1 Z 1, 5, 6, 8 und 10 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Mit der Rüge nach Z 1 des § 345 Abs. 1 StPO releviert der Angeklagte, ihm gegenüber sei nicht klargestellt worden, welche Laienrichter als Haupt‑ und welche als Ersatzgeschworne an der Verhandlung teilnahmen, weil dies allein aus der Sitzordnung der Laienrichter nicht erkennbar gewesen sei.

Auszugehen ist bei der Erörterung dieses Einwands davon, daß schon vor Beginn der Hauptverhandlung klargestellt sein muß, wer von den Laienrichtern Haupt‑ und Ersatzgeschworner ist (SSt 54/51). Daß dies der Fall war, bestreitet der Beschwerdeführer ebensowenig wie die richtige Heranziehung der Haupt‑ und Ersatzgeschwornen nach den aufliegenden Dienstlisten; ein Verstoß dagegen würde im übrigen nur dann Nichtigkeit bewirken, wenn dadurch eine zur Ausübung des Geschwornenamtes unfähige Person teilgenommen hätte (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 7, 8 zu § 301). Nach außen hin wird die Stellung der Laienrichter ‑ entgegen dem Beschwerdevorbringen ausreichend ‑ durch die in § 304 StPO vorgeschriebene Sitzordnung kenntlich. Einen Verstoß gegen diese Vorschrift kann der Beschwerdeführer abermals nicht aufzeigen. Eine für ihn persönlich allenfalls verbliebene Unklarheit über die Stellung der Laienrichter hätte er im übrigen durch eine einfache Anfrage an den Vorsitzenden beseitigen können (vgl § 345 Abs. 2 StPO). Von einer nichtgehörigen Besetzung des Gerichtshofes, die den behaupteten Nichtigkeitsgrund verwirklicht, kann demzufolge keine Rede sein.

Unbegründet ist auch die Verfahrensrüge (Z 5) mit welcher sich der Angeklagte gegen die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages auf Vernehmung des am 12.Juli 1985 geborenen Ivan B* unter Beiziehung eines Kinderpsychologen "zum Beweis der Nichttäterschaft des Angeklagten" (S 425/II) wendet. Denn angesichts dessen, daß das Kind vor dem Untersuchungsrichter im Rahmen einer Wahlkonfrontation den Angeklagten als Täter bezeichnet hatte (ON 27), wäre der Antragsteller gehalten gewesen, Gründe dafür anzuführen, weshalb die Vernehmung des Unmündigen geeignet sein sollte, die Beweislage nunmehr zu Gunsten des Angeklagten zu verändern (Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 8 und 9 zu § 345 Z 5). Ist doch eine Beweisaufnahme auch vor dem Geschwornengericht nur dann geboten, wenn sie ein maßgebliches, den Wahrspruch allenfalls noch zu Gunsten des Angeklagten beeinflussendes Ergebnis erwarten läßt (Mayerhofer‑Rieder, aaO, ENr 12 und 13).

Des weiteren releviert die Beschwerde eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6), weil eine Eventualfrage zu der auf versuchte Bestimmungstäterschaft zum Mord gerichteten Hauptfrage B./ nach versuchter Bestimmung zum Totschlag unterblieben ist. Nach Ansicht der Beschwerde wäre diese wegen der tiefen Kränkung des Angeklagten über den Umstand, daß ihn seine Ehegattin verließ, indiziert gewesen.

Die dem zugrundeliegende Meinung, daß die während eines langen Zeitraums vorgenommenen Versuche, andere Personen zur Ermordung seiner Ehegattin zu bestimmen, wobei Goran S* mit einer Pistole ausgestattet sowie ihm eine Anzahlung übergeben wurde, auf eine allgemein begreifliche, tiefgreifende, heftige Gemütsbewegung, einen sogenannten Affektsturm zurückzuführen sein könnte, verkennt jedoch das Wesen des Totschlags. Denn wenn zwar auch ein solcher mit Überlegung begangen werden kann, stellt er doch stets eine spontane Affektentladung dar, die mit dem durch die Hauptfrage B./ erfaßten Tatgeschehen nicht vereinbar ist. Die den Geschwornen durch eine Eventualfrage nach Totschlag zum Faktum A./ eingeräumte Möglichkeit, die Tötung des S* durch einundzwanzig Messerstiche nach § 76 StGB zu beurteilen, bedeutet keineswegs die Notwendigkeit einer gleichartigen Eventualfrage im Zusammenhang mit dem völlig anders gelagerten Sachverhalt, der der Hauptfrage B./ zugrunde liegt. Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt daher auch in diesem Belang.

Nach den Ausführungen zur Instruktionsrüge (Z 8) soll Verfahrensnichtigkeit durch die Unterlassung einer Rechtsbelehrung über den freiwilligen Rücktritt vom Versuch nach § 16 StGB eingetreten sein. Die Beschwerde übersieht in diesem Zusammenhang, daß Gegenstand der Rechtsbelehrung nur in den gestellten Fragen enthaltene, erklärungsbedürftige Rechtsbegriffe sein können (Mayerhofer‑Rieder, aaO, ENr 20, 22, 23 a zu § 345 Z 8). Der Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch wäre durch eine Zusatzfrage (§ 313 StPO) festzustellen gewesen (Mayerhofer‑Rieder, aaO, ENr 2 zu § 313). Eine solche Frage wurde jedoch, vom Beschwerdeführer unbekämpft, nicht gestellt. Dies entzieht der Rechtsbelehrungsrüge von vornherein den Boden. Im übrigen war aber eine derartige Zusatzfrage in keiner Weise indiziert, weil sich der Beschwerdeführer niemals mit freiwilligem Rücktritt vom Versuch verantwortet hat. Daß er wegen der Haltung des Mohamed N* von weiteren Versuchen zu dessen Bestimmung Abstand nahm und in weiterer Folge Goran S* zu einem Mord zu bestimmen suchte und wegen der Annahme, dieser wolle ihn über die Durchführung des erteilten Auftrages täuschen, tötete, deutet nicht darauf hin, daß der Angeklagte freiwillig von der Verfolgung eines ihm noch erfolgversprechend scheinenden Planes Abstand nahm. Beim mißglückten Versuch (hier: Mohamed N* zur Mordtat zu bestimmen) scheidet freiwilliger Rücktritt aber von vornherein aus (Leukauf‑Steininger, StGB3, RN 9 f zu § 16).

Der nur hinsichtlich des Punktes II. des Schuldspruches erhobenen Tatsachenrüge (Z 10 a) genügt die Erwiderung, daß durch den Hinweis auf bloß scheinbar widersprüchliche Aussagen über die Beschaffung der Schußwaffe für Goran S* und die Wiederholung der Behauptung der angeblich freiwilligen Abstandnahme von weiteren Bestimmungshandlungen Mohamed N* gegenüber keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch getroffenen entscheidenden Feststellungen geweckt werden können.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte Mita A* nach §§ 2875 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe und wertete dabei die äußerst brutale Vorgangsweise, das Zusammentreffen zweier Verbrechen und die Wiederholung des Bestimmungsversuches als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Versuch der Bestimmung zum Mord.

Die dagegen erhobene, eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe anstrebende Berufung ist nicht im Recht.

Dem Widerspruch der Taten des Angeklagten zu seinem bisherigen Wohlverhalten wurde durch die Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Z 2 StGB entsprechend Rechnung getragen. Von einer nennenswerten Provokation zum Mord durch das Opfer hinwieder könnte selbst dann keine Rede sein, wenn Goran S* nur zum Schein und um die "Belohnung" zu erlangen, auf das Ansinnen des Angeklagten eingegangen wäre.

Da schließlich auch der Umstand, daß seine Frau ihn verließ, bei der gegebenen Sachlage keine ins Gewicht fallende zusätzliche Milderungswirkung zu entfalten vermag, bleibt in Anbetracht der im vorliegenden Fall auftretenden Häufung schwerster Verbrechen kein Raum für eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe. Auch die Berufung mußte demnach versagen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

 

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