Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - angefochtenen Urteil wurde Ogün A***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 22. Juni 1994 in Pians Elisabeth Sp***** durch Versetzen zahlreicher wuchtiger Messerstiche gegen die Brust und den Rumpf, was zur Eröffnung des Brustraums mit Durchstich von Herz und Lungenflügel führte und ein Verbluten nach innen zur Folge hatte, getötet.
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4, 5 und 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge nach Z 4 behauptet einen nichtigkeitsbegründenden Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 228 StPO), weil die ablehnende Entscheidung des Schwurgerichtshofs über den während des Moniturverfahrens gestellten Antrag des Verteidigers, den Geschworenen eine Wiederholung der Abstimmung (ohne Änderung der Fragestellung) aufzutragen, nicht in öffentlicher Hauptverhandlung, sondern im Beratungszimmer verkündet worden sei. Sie schlägt schon deshalb fehl, weil sich § 238 StPO nur auf "im Laufe der Hauptverhandlung", nicht aber nach Schluss derselben (§ 319 StPO), demnach auch nicht während des (nicht zur Hauptverhandlung zählenden) Moniturverfahrens (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 309) gestellte Anträge bezieht, und eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 332 Abs 5 StPO nur in den dort abschließend genannten Fällen (darunter jenem eines Antrags des Verteidigers auf Änderung oder Ergänzung der Fragen an die Geschworenen) vorgesehen ist. Die Verkündung des Beschlusses des Schwurgerichtshofs durfte daher zu Recht außerhalb der Hauptverhandlung und demnach ohne Volksöffentlichkeit erfolgen. Die Verfahrensrüge nach Z 5 kritisiert die Abweisung der - lediglich mit dem Fehlen eines Verteidigers beim Lokalaugenschein begründeten - Anträge auf Unterlassung von Vorhalten "aus der Übertragung der Videokonstruktion" an den Angeklagten, auf Unterlassung der Vorführung des Videobands über die Tatrekonstruktion, sowie auf Unterlassung der "Verwertung der bereits verlesenen Niederschrift vom 22. November 2001". Die Vorhalte und die Vorführung der - Aussagen des Angeklagten beinhaltenden - Videoaufnahme erfolgten dem zuwider schon deshalb zu Recht, weil der Angeklagte in der Hauptverhandlung in wesentlichen Punkten von seinen früher abgelegten Aussagen abwich (§ 245 Abs 1 StPO); die Rücksichtnahme auf die in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse bei Urteilsfällung war gemäß § 258 Abs 1 StPO zwingend geboten (15 Os 62/02). Verteidigerzwang bestand zur Zeit des (noch vor Verhängung der Untersuchungshaft durchgeführten) Lokalaugenscheins (wie auch der davor erfolgten Vernehmung des Angeklagten durch die Gendarmerie) nicht.
Soweit die Beschwerde nunmehr - aktenfremd (S 371) - behauptet, dem Angeklagten sei die Beiziehung eines Verteidigers verweigert worden, und weiters auch eine Verletzung der Belehrungspflicht nach § 179 Abs 1 StPO behauptet, stützt sie sich prozessordnungswidrig nicht auf die bei Antragstellung genannten Gründe (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41).
Die Fragestellungsrüge (Z 6) behauptet unter bloßem Verweis auf das Vorbringen zur Z 4 eine Verletzung des § 331 Abs 2 und 3 StPO, ohne jedoch darzutun, gegen welche der für die Verwirklichung des angeführten Nichtigkeitsgrundes allein maßgebenden Vorschriften über die Fragestellung an die Geschworenen (§§ 312 bis 317 StPO) verstoßen worden sei.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).
Weil zum Vorteil des Angeklagten wirkend, war nicht von Amts wegen aufzugreifen, dass das Geschworenengericht bei der Strafbemessung rechtsirrig auf insgesamt vier der Tat nachfolgende Verurteilungen Bedacht genommen hat, obwohl diese nicht ihrerseits im Verhältnis des § 31 StGB zueinander standen. Recte wäre nur auf die vom Bezirksgericht Imst zu AZ 6 U 122/95 am 5. März 1996 verhängte Strafe Bedacht zu nehmen gewesen (vgl Ratz in WK2 § 31 Rz 5; 14 Os 129/99, 12 Os 10/00, 13 Os 161/01, 15 Os 23/02, 14 Os 32/02).
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