OGH 10ObS80/04v

OGH10ObS80/04v18.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Robert R*****, vertreten durch Dr. Johannes Hübner, Dr. Gerhard Steiner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 2004, GZ 9 Rs 199/03f-56, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Hat ein Versicherter Versicherungsmonate in mehreren Zweigen der Pensionsversicherung nach dem ASVG (nämlich der Arbeiter und der Angestellten) erworben, so kommen für ihn gemäß § 245 Abs 1 ASVG die Leistungen des Zweiges der Pensionsversicherung in Betracht, dem er leistungszugehörig ist. Im vorliegenden Fall steht die Leistungszugehörigkeit des Klägers zur Pensionsversicherung der Angestellten fest.

Auch wenn die Leistungszugehörigkeit zur Pensionsversicherung der Angestellten gegeben ist, kann sich in einem Sonderfall die Lösung der Frage, ob der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist, nach § 255 ASVG richten, nämlich dann, wenn die in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag erworbenen Beitragsmonate überwiegend auf Beschäftigungen zurückgehen, die ihrem Inhalt nach gemäß § 13 ASVG die Zugehörigkeit des Klägers zur Pensionsversicherung der Arbeiter begründet hätten.

Nach den vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen liegen bei dem am 31. 5. 1949 geborenen Kläger in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1. 7. 2000 73 Beitragsmonate vor und zwar:

- von Juli 1985 bis Juni 1986 (12 Beitragsmonate) als Autobuslenker im Linienverkehr,

- von Mai 1987 bis Oktober 1987 und von Mai 1988 bis Oktober 1988 (12 Beitragsmonate) als Buslenker, auch im grenzüberschreitenden Verkehr,

- von Juni 1989 bis Oktober 1989 als Autobuslenker im grenzüberschreitenden Verkehr,

- von April 1990 bis Juni 1990 (3 Beitragsmonate) AMS-Schulung, mit am 19. 6. 1990 bestandener Lehrabschlussprüfung als Berufskraftfahrer,

- von April 1991 bis November 1992 (20 Beitragsmonate) als Disponent bei einer Spedition,

- von März 1993 bis Dezember 1993 (10 Beitragsmonate) als Technischer Angestellter in der Materialwirtschaft eines Müllsystem-Unternehmens, in dem er mit Übernahme, Ausgabe, Manipulation, diverse Kundendienstaufgaben beschäftigt war,

- von Oktober 1994 bis April 1995 (7 Beitragsmonate) als Technischer Angestellter in einer Hausverwaltung und

- von Juli 1995 bis September 1995 (3 Beitragsmonate) als Technischer Angestellter/Disponent, der auch für den Fuhrpark zuständig war und dem der Einkauf von Ersatzteilen, die Besichtigung von durchzuführenden Arbeiten, das Erstellen von Offerten, die Personalkontrolle und diverse Büroarbeiten oblagen.

Daraus ergibt sich, dass der Kläger in den 73 Beitragsmonaten überwiegend Angestelltentätigkeiten verrichtet hat. Damit ist der Anspruch auf eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nicht - wie offenbar der Kläger in der Zulassungsbeschwerde (mit den Hinweisen auf den Berufsschutz als Berufskraftfahrer) meint - nach § 255 ASVG, sondern nach § 273 ASVG zu beurteilen.

Gemäß § 273 Abs 1 ASVG gilt der Versicherte als berufsunfähig, dessen Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen und geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Die Pensionsversicherung der Angestellten stellt eine Berufs(gruppen)versicherung dar, deren Leistungen einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann; dabei ist von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat. Für den Fall, dass dieser Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, bestimmt er das Verweisungsfeld, die aus der Summe aller Berufe besteht, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 2/92; RIS-Justiz RS0084867, RS0084904). In diesem Rahmen muss sich ein Versicherter grundsätzlich auch auf andere, geringere Anforderungen stellende und geringer entlohnte Berufe verweisen lassen, sofern damit nicht ein unzumutbarer sozialer Abstieg verbunden ist (SSV-NF 9/29 uva). Ein Branchenschutz oder gar Tätigkeitsschutz kommt dem Versicherten nicht zu (zuletzt etwa 10 ObS 19/04y).

Die Frage der Verweisung stellt sich im vorliegenden Fall allerdings nicht, war doch der Kläger zuletzt wiederum als Disponent tätig, also in einem Beruf, den er schon zuvor durch längere Zeit ausgeübt hatte. Wann diese Tätigkeit ausgeübt wurde ist ohne Belang (SSV-NF 3/108 = SZ 62/156; SSV-NF 6/135; SSV-NF 9/10 = SZ 68/30; RIS-Justiz RS0084954); von § 273 ASVG wird nicht einmal gefordert, dass die zuletzt ausgeübte Angestelltentätigkeit in einem 15-Jahres-Zeitraum vor dem Stichtag gelegen sein müsste (10 ObS 2308/96a = RIS-Justiz RS0106498).

Die Tätigkeit eines Disponenten auszuüben ist der Kläger nach dem medizinischen Leistungskalkül nach wie vor in der Lage. Der Umstand, dass er aufgrund längerer Abwesenheit aus diesem Beruf und der zwischenzeitig eingetretenen technologischen Veränderungen geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung und nicht der Pensionsversicherung.

Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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