OGH 10ObS344/89

OGH10ObS344/8921.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspäsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Josef Fellner (AG) und Günter Eberhard (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Vlado M***, Landarbeiter, Sitnica, selo Orahovljani, Jugoslawien, vertreten durch Dr.Otto Dietrich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

1092 Wien, Roßauer Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31.März 1989, GZ 34 Rs 25/89-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.Juli 1988, GZ 22 Cgs 85/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Urteil des Berufungsgerichtes wurde dem Rechtsanwalt, der dem Kläger im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegeben worden war, am 28. April 1989 zugestellt.

Am 29.Mai 1989 langte bei der beklagten Partei ein an diese gerichtetes, in serbo-kroatischer Sprache verfaßtes und vom Kläger unterschriebenes Schreiben ein, in dem der "Antrag auf eine Revision" gestellt und näher begründet wird. Die beklagte Partei veranlaßte die Übersetzung dieses Schreibens und übersandte es an das Erstgericht, wo es am 28.Juli 1989 einlangte.

Das Erstgericht "ersuchte" hierauf am 31.7.1989 den Vertreter des Klägers in Form eines Schreibens bis zum 31.8.1989 um Präzisierung, ob es sich um einen neuen Antrag bei der beklagten Partei oder um eine Revision handle, und um Beachtung der "Formvorschrift (Anwaltsunterschrift, Rechtzeitigkeit)". Der Vertreter des Klägers stellte das ihm zugleich übersandte Schreiben des Klägers mit dem Bemerken zurück, daß seine Tätigkeit als Verfahrenshelfer mit der Einbringung der Berufung beendet gewesen sei. Das Erstgericht teilte dem Vertreter des Klägers hierauf mit, daß es seine Auffassung über die Beendigung seiner Tätigkeit nicht teile und "ersuchte" ihn um "Beantwortung der im Schreiben vom 31. Juli 1989 gestellten Fragen und allenfalls um Beifügung der Anwaltsunterschrift unter die 'Revision' des Klägers", wobei es eine Frist von 14 Tagen setzte. Der Vertreter des Klägers legte innerhalb der ihm gesetzten Frist die Übersetzung des Schreibens des Klägers, die er mit seiner Unterschrift versehen hatte, zugleich mit einem Schriftsatz vor. Dieser Schriftsatz enthält die Erklärung, daß es sich bei dem Schreiben des Klägers um eine Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes handelt. Ferner wird darin der Antrag gestellt, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinn des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung (an das nicht näher bezeichnete Gericht) zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist verspätet.

Gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 505 Abs 1 ZPO wird die Revision durch Überreichung eines Schriftsatzes bei dem Prozeßgericht erster Instanz erhoben. Gemäß dem nachfolgenden Abs 2 beträgt die Revisionfrist vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnis an.

Gemäß § 89 Abs 1 GOG werden in die für ein Rechtsmittel offenstehende Frist die Tage des Postenlaufs nicht eingerechnet. Dies gilt aber nach ständiger Rechtsprechung nur, wenn das Rechtsmittel an das zuständige Gericht gerichtet war (SZ 52/155; EvBl 1987/204 ua). Die angeführte Bestimmung wäre allerdings auch anzuwenden, wenn im Gesetz vorgesehen wäre, daß der Kläger die Revision bei der beklagten Partei einbringen darf. Dies ist aber nicht der Fall. Wohl sieht § 84 ASGG vor, daß in einer Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1, 2 und 4 bis 8 ASGG der Versicherte die Klage bei demjenigen Versicherungsträger einbringen kann, der den Bescheid erlassen hat, wobei die Klage als bei dem zuständigen Gericht eingebracht gilt. Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Rechtsmittel besteht jedoch keine Grundlage, zumal kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, die Voraussetzung für die analoge Anwendung wäre (SZ 57/194 ua), vorliegt.

Für den Kläger ist auch nichts daraus zu gewinnen, daß gemäß Art 41 des AbkSozSi-Jugoslawien Anträge, Erklärungen oder Rechtsmittel, die in Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates innerhalb einer bestimmten Frist bei einer Behörde oder einem Versicherungsträger dieses Vertragsstaates einzureichen sind, innerhalb der gleichen Frist bei der entsprechenden Stelle des anderen Vertragsstaates eingereicht werden können. Die Revision wurde nämlich nicht bei einer jugoslawischen Stelle eingebracht, weshalb auch nicht erörtert werden muß, ob die angeführte Bestimmung auch auf Rechtsmittel anzuwenden wäre, die in einem gerichtlichen Verfahren eingebracht werden.

Die Revision des Klägers gilt daher unabhängig vom Tag der Postaufgabe erst an dem Tag als eingebracht, an dem sie beim Erstgericht einlangte, und somit am 28.Juli 1989. Die Schreiben des Erstgerichtes an den Vertreter des Klägers, die inhaltlich Verbesserungsaufträge im Sinn des § 2 Abs 1 ASGG iVm § 84 ZPO enthielten, sind ohne Bedeutung. Die fristgerechte Befolgung der Aufträge hatte nämlich gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 85 Abs 2 ZPO nur zur Folge, daß die - verbesserte - Revision als am Tag des ersten Einlangens und somit als am 28.Juli 1989 überreicht anzusehen ist. Es muß unter diesen Umständen hier nicht geprüft werden, welche Bedeutung es hat, daß der zweite Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes § 2 Abs 1 ASGG iVm § 85 Abs 2 Satz 2 ZPO widersprach, weil er seinem Inhalt nach eine Verlängerung der im ersten Auftrag gesetzten Verbesserungsfrist darstellte. Die Revision ist jedenfalls als erst am 28.Juli 1989 eingebracht anzusehen. An diesem Tag war jedoch die Revisionfrist bereits abgelaufen.

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