OGH 10ObS27/24d

OGH10ObS27/24d14.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Deimbacher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Sylvia Zechmeister (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. (FH) E*, Liechtenstein, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, 1080 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 2023, GZ 25 Rs 61/23 s‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:010OBS00027.24D.0514.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch der in Liechtenstein wohnhaften und in Österreich beschäftigten Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für ihre * 2023 geborene Tochter L*. Im Revisionsverfahren ist nur zu klären, ob der Anspruch besteht, obwohl die Klägerin die Voraussetzung des § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 24 Abs 1 Z 1 KBGG, wonach der Elternteil und das Kind den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben müssen, nicht erfüllt.

[2] 2. Diese Frage wird vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung bejaht: Aus Art 7 VO (EG) 883/2004 („Aufhebung der Wohnortklauseln“) folgt, dass ein Anspruch auf Leistungen weder dem Grunde noch der Höhe nach von einem Wohnsitz im Inland abhängig gemacht werden darf (10 ObS 26/24g Rz 17; 10 ObS 2/22z Rz 22 ua). Die Voraussetzung des § 2 Abs 1 Z 4 iVm § 24 Abs 1 Z 1 KBGG wird im Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 (zur Anwendung im Verhältnis zu Liechtenstein vgl 10 ObS 160/19f [ErwGr 1.]) insoweit überlagert (10 ObS 123/23w Rz 16; 10 ObS 45/19v [ErwGr 1.2.]; 10 ObS 41/19f [ErwGr 2.2.] ua).

[3] 3. Aus diesem Grund hat der Oberste Gerichtshof zu 10 ObS 26/24g in einer vergleichbaren Konstellation (Wohnsitz in der Schweiz) die außerordentliche Revision der (auch dort) Beklagten mit Beschluss vom 16. April 2024 zurückgewiesen. Dabei wurde betont, dass aus der jüngeren Rechtsprechung (10 ObS 12/23x und 10 ObS 133/22i) nicht abgeleitet werden kann, die VO (EG) 883/2004 sei nicht anzuwenden, wenn einander (wie im Verhältnis zu Liechtenstein [vgl 10 ObS 12/23x Rz 23]) keine gleichartigen Leistungen gegenüberstehen. Entgegen dem Verständnis der Beklagten ist lediglich die Anwendung der Prioritätsregeln des Art 68 VO (EG) 883/2004 , nicht aber die Anwendung der VO (EG) 883/2004 an sich und vor allem nicht der Regelung über die Exportpflicht nach ihrem Art 67 vom Zusammentreffen gleichartiger Leistungen abhängig. Ebenso wenig ist eine Inländerdiskriminierung ersichtlich.

[4] 4. Die im Wesentlichen wortgleiche außerordentliche Revision im vorliegenden Verfahren gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

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