Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Als iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage macht die Revisionswerberin geltend, die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die zum Unfall führende Tätigkeit des Klägers für das Unternehmen seiner Gattin (Herabfahren des Baggers vom Tieflader, der die Zufahrt zur Baustelle verstellte) die Voraussetzungen des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG erfülle, weiche von den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 10 ObS 284/92 = SSV-NF 7/21 und 10 ObS 2111/96f = SSV-NF 10/52 ab, wonach es darauf ankomme, ob der Verunglückte zum Zeitpunkt des Unfalls in einen gewerbeberechtigten Betrieb eingegliedert gewesen und insofern dienstnehmerähnlich tätig geworden sei. Im vorliegenden Fall habe der Betrieb nur Dienstnehmer gehabt, die Baggerarbeiten gerade nicht durchführen hätten können, vielmehr habe sich der Betrieb für die entsprechenden Verrichtungen Fremdkräfte bedienen müssen. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Betrieb - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - keine Gewerbeberechtigung für Baggerarbeiten gehabt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG sind den Arbeitsunfällen Unfälle gleichgestellt, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit des Verunglückten ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübt, auch wenn dies nur vorübergehend geschieht.
Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine solche betriebliche Tätigkeit vor, wenn es sich um eine - wenn auch nur kurzfristige - ernstliche, dem Unternehmen dienende Tätigkeit handelt, die dem mutmaßlichen oder wirklichen Willen des Unternehmers entspricht, die ihrer Art nach üblicherweise von Personen verrichtet wird, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig sind (§ 4 ASVG) und durch die ein enger ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird. Unter einer ernstlichen Arbeit versteht man dabei Handlungen, die auch sonst in dem in Frage stehenden Betrieb anfallen und üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden (10 ObS 196/02z = SSV-NF 16/81 mwN). Dabei muss der Verunglückte in den fremden Betrieb eingegliedert sein, ohne dass ein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder Weisungsgebundenheit bestehen müsste (10 ObS 124/92 = SSV-NF 6/85 mwN; 10 ObS 34/89 = SSV-NF 3/28). Entscheidende Bedeutung kommt somit dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu, in dem im konkreten Fall die helfende Tätigkeit verrichtet wird. Es muss sich um eine arbeitnehmerähnliche, betriebliche spezifische Tätigkeit handeln, die als Ausübung der Erwerbstätigkeit erscheint, durch die ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird. Die Handlungstendenz muss auf Belange des Unternehmens gerichtet sein. Dabei sind die Gesamtumstände zu betrachten, weil es nicht ausreicht, dass die einzelne Verrichtung losgelöst von den sie tragenden Umständen im Unternehmen nützlich und ihrer Art nach dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist. Ob die geleistete Tätigkeit dem Unternehmen dienlich war, kann nicht aus einer nachträglichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, sondern muss aus dem Zweck der geleisteten Tätigkeit erschlossen werden (10 ObS 196/02z = SSV-NF 16/81 mwN).
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Der Helfende ist dann in das Unternehmen eingegliedert, wenn er mit ausdrücklichem oder stillschweigend zum Ausdruck kommendem oder nach Lage der Sache zu vermutendem Einverständnis des Unternehmers handelt (10 ObS 42/97t = SSV-NF 11/91). Dass der Kläger im vorliegenden Fall im Einverständnis der Unternehmerin handelte, steht fest.
Das Berufungsgericht führte aus, im Unternehmen der Gattin des Klägers seien zum Unfallszeitpunkt fünf Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Einem Helfer, der in einem solchen Unternehmen iSd § 176 Abs 1 Z 6 ASVG wie eine Dienstnehmer tätig werde, den Versicherungsschutz nach dieser Gesetzesstelle mit der Begründung zu versagen, es läge mangels Gewerbeberechtigung keine "betriebliche Tätigkeit" vor, wäre unter diesem Gesichtspunkt schon sachlich nicht gerechtfertigt. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden und steht auch nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen 10 ObS 284/92 = SSV-NF 7/21 und 10 ObS 2111/96f = SSV-NF 10/52. Die Anwendung des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG setzt voraus, dass die Person wie ein in einem Dienst-, Lehr- oder ähnlichem Verhältnis Vollversicherter tätig wird (10 ObS 196/02z = SSV-NF 16/81). Wenn § 176 Abs 1 Z 6 ASVG eine "betriebliche Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübt", verlangt, so bedeutet dies, dass die Arbeit in einem oder für einen Betrieb geleistet werden muss, ansonsten bleibt der Helfer (nach dieser Gesetzesstelle) ungeschützt (10 ObS 124/92 = SSV-NF 6/85 mwN). Vollversichert aufgrund des ASVG sind unter anderem die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer (§ 4 Abs 1 Z 1 ASVG). Als Dienstgeber iSd ASVG gilt unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, geführt wird (§ 35 Abs 1 ASVG). Für das Vorliegen eines Betriebs (der Dienstgebereigenschaft) kommt es nicht darauf an, dass eine entsprechende Gewerbeberechtigung desjenigen besteht, auf dessen Rechnung der Betrieb geführt wird (VwGH 3. 4. 2003, 2000/08/00/21). Deshalb ist es für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach § 175 Abs 1 ASVG nicht erheblich, dass der Betrieb, in dem der Verunglückte in dem die Versicherung begründenden Beschäftigungsverhältnis steht, eine erforderliche Gewerbeberechtigung nicht hat. Wenn § 176 Abs 1 Z 6 ASVG den Arbeitsunfällen Unfälle gleichstellt, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübt, dann kann für Unfälle nach dieser Gesetzesstelle nichts anderes gelten.
Die den Entscheidungen 10 ObS 284/92 = SSV-NF 7/21 und 10 ObS 2111/96f = SSV-NF 10/52 zugrunde liegenden Sachverhalte sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. In dem zuletzt genannten Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte eine Mieter im Einverständnis mit dem Hausverwalter Arbeiten an der Hausbeleuchtungsanlage vorgenommen und war dabei verunglückt. Der Oberste Gerichtshof sprach aus, der Mieter habe diese Tätigkeit nicht etwa unter Eingliederung in den "Betrieb" eines Hausverwalters (oder auch Hausbesorgers), sondern gleichsam als selbstständiger Unternehmer an Stelle eines vom Hauseigentümer oder Hausverwalters beauftragten befugten Elektroinstallationsunternehmen ausgeführt.
Im Fall der erstgenannten Entscheidung war ein freiwillig mithelfendes Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr beim Aufhängen der Weihnachtsbeleuchtung der Gemeinde verunglückt, die über Ersuchen des Fremdenverkehrsverbandes, des Wirtschaftsbundes und der Gemeinde von der Freiwilligen Feuerwehr unentgeltlich montiert wurde. Die geforderte Eingliederung des Verunglückten in einen Betrieb wurde vom Obersten Gerichtshof verneint, weil üblicherweise die zum Unfall führende Tätigkeit aus dem Gebiet der Elektrotechnik von Elektroinstallationsunternehmen oder vergleichbaren Unternehmen verrichtet werde, derartige Tätigkeiten aber weder im Fremdenverkehrsverein noch im Wirtschaftsbund oder in der Gemeinde anfielen und auch nicht üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zu diesen Vereinigungen bzw Körperschaften verrichtet wurden. Entscheidend sei, dass die Freiwillige Feuerwehr gleichsam als Unternehmer die Montage der Weihnachtsbeleuchtung ersucht worden sei, während ein solches Ersuchen nicht an den Verunglückten gegangen, vielmehr dieser nur als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr an den Arbeiten teilgenommen habe. Selbst wenn man die Freiwillige Feuerwehr, der der Verunglückte angehört habe, als Betrieb qualifizierte, habe er bei der Montage der Weihnachtsbeleuchtung deshalb keine betriebliche Tätigkeit, wie sie sonst ein Vollversicherter ausübe, verrichtet, weil er dann nicht als Betriebsfremder, sondern als freiwilliges und ehrenamtliches Mitglied tätig geworden sei.
Im vorliegenden Fall steht aber fest, dass der Bagger des Unternehmens der Ehefrau des Klägers im Rahmen der von diesem Unternehmen auszuführenden Arbeiten eingesetzt und von einem Baggerführer bedient werden sollte, der aufgrund einer Vereinbarung von einem Drittunternehmer beizustellen war. Dass das Herabfahren des Baggers vom Tieflader auf der Baustelle eine Tätigkeit im Rahmen des Betriebs der Ehegattin war, kann deshalb nicht zweifelhaft sein.
Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin wirft der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Unfalls des Klägers im Unternehmen seiner Ehefrau keine Dienstnehmer beschäftigt waren, die den Bagger des Unternehmens bedienen konnten, keine grundsätzliche Frage auf. Wie schon ausgeführt, erfordert nach ständiger Rechtsprechung § 176 Abs 1 Z 6 ASVG eine Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Damit ist die Auffassung, es komme auf die konkreten Verhältnisse in dem betreffenden Unternehmen also darauf an, ob die Tätigkeit in diesem Betrieb sonst üblicherweise gegen Entgelt ausgeführt wird oder ausgeübt werden müsste, nicht vereinbar. Es ist nicht vertretbar, den Versicherungsschutz davon abhängig zu machen, dass der Außenstehende, der für ein Unternehmen wie ein Dienstnehmer tätig wird, vor seinem Eingreifen Überlegungen anstellt, ob die Tätigkeit von den im Unternehmen Beschäftigten üblicherweise verrichtet wird (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung II 72. Nachtrag 476d).
Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
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