OGH 10ObS234/98d

OGH10ObS234/98d15.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Degen (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. März 1998, GZ 23 Rs 18/98p-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. September 1997, GZ 43 Cgs 8/97v-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß hierauf verwiesen werden kann (§ 510 Satz 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist dem Revisionswerber entgegenzuhalten:

Richtig ist, daß nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 6/70, 6/82, 6/104 ua) mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen jährlich und darüber den Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen und bewirken, daß der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Daß beim Kläger leidensbedingte Krankenstände in dieser Dauer mit der nötigen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, steht jedoch nicht fest. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit leidensbedingte Krankenstände von 7 Wochen und darüber zu erwarten hätte. Das Sozialgericht ist nicht verpflichtet, sein Verfahren auf alle denkbaren gesundheitlichen Einschränkungen des Pensionswerbers (wie hier etwa zur Frage überdurchschnittlicher Krankenstände) zu erstrecken, für deren Vorliegen keine ausreichenden Hinweise bestehen (SSV-NF 7/4; 10 ObS 280/97t, 10 ObS 321/97x ua). Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang sohin nicht vor.

Die Beurteilung ob Invalidität im Sinne des § 255 ASVG vorliegt, ist eine Rechtsfrage (SSV-NF 10/14). Daß dabei die Voraussetzungen für die Gewährung der Invaliditätspension beim Kläger, der laut überstimmendem Vorbringen der Parteien in der Klage und in der Klagebeantwortung in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag als Hilfsarbeiter gearbeitet hat, nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen sind, wie dies auch von den Vorinstanzen geschehen ist, wird in der Revision nicht in Frage gestellt. In diesem Fall ist aber das Verweisungsfeld mit dem gesamten Arbeitsmarkt ident (SSV-NF 1/4, 2/109, 6/56 ua). Kann ein Versicherter eine Verweisungstätigkeit jedenfalls noch ohne Einschränkung ausüben, ist eine Prüfung, ob weitere Verweisungstätigkeiten möglich sind, nicht mehr erforderlich. Grundsätzlich ist ein einziger Verweisungsberuf bereits für die Verneinung der Invaliditätspension ausreichend (RIS-Justiz RS0084983, RS0108306). Der Kläger zieht zwar in der Revision in Zweifel, daß er noch als Kassier arbeiten könne oder für industrielle Tischarbeiten in Frage käme; daß er aber laut Ersturteil auch noch als Portier arbeiten kann, wird in der Revision nicht substantiiert in Frage gestellt. Feststellungen über den genauen Tätigkeitsinhalt dieses Verweisungsberufes waren nicht erforderlich. Der Tätigkeitsinhalt des Portiers und die Anforderungen sind allgemein bekannt und können als offenkundig im Sinne des § 269 ZPO gelten, sodaß es weiterer Feststellungen hiezu nicht bedurfte (vgl SSV-NF 5/96 ua). Angesichts des medizinischen Leistungskalküls des Klägers, wonach leichte und mittelschwere Arbeiten in allen Körperhaltungen unter Berücksichtigung eines Haltungswechsels nach zwei Stunden für fünf bis zehn Minuten im wesentlichen lediglich unter Ausschluß von länger als zwei Stunden dauernden Zwangshaltungen, häufigem Bücken bzw Vorbeugen sowie exponierten Stellen und Überkopfarbeiten, gefährlichen Maschinen und unter andauernder Verwendung der linken Hand möglich sind, ist offenkundig, daß der Kläger zumindest den Verweisungsberuf eines Portiers ausüben kann, bei dem auch nicht zweifelhaft ist, daß wesentlich mehr als 100 Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen (10 ObS 61/94, 10 ObS 2107/97t ua).

Die Zumutbarkeitsregelung des § 255 Abs 3 ASVG soll nur in Ausnahmsfällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der schon ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müßte (SSV-NF 2/34, 5/45, 6/12 ua). Ein solcher Fall liegt beim Kläger, der bisher als Hilfsarbeiter tätig war, im Fall der Verweisung auf den Beruf eines Portiers nicht vor. Damit sind aber die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension nach § 255 Abs 3 ASVG nicht gegeben.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit liegen nicht vor.

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