OGH 10ObS230/91

OGH10ObS230/918.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner (Arbeitgeber) und Anton Korntheurer (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich R*****, Versicherungsangestellter, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei STEIERMÄRKISCHE GEBIETSKRANKENKASSE, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und Dr. Gerald Mader, Rechtsanwälte in Graz, wegen Rückersatzes von Krankengeld und Familiengeld (S 118.420,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Mai 1991, GZ 7 Rs 10/91-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 16. Mai 1990, GZ 32 Cgs 3/90-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.394,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 565,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat von der beklagen Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 1. September bis 31. Dezember 1988 und vom 1. Februar bis 31. Mai 1989 Kranken- und Familiengeld von insgesamt S 118.420,-- empfangen. Strittig ist, ob es sich dabei um zu Unrecht erbrachte Versicherungsleistungen handelt und ob die beklagte Partei berechtigt ist, diese Geldleistungen vom Kläger zurückzufordern.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 1989 stellte die beklagte Partei fest, daß der Kläger verpflichtet sei, ihr diesen Betrag binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides rückzuerstatten. Der Kläger habe sich vom 11. April 1988 bis 13. Juni 1989 arbeitsunfähig im Krankenstand befunden und gegenüber seinem Dienstgeber bis 19. Juni 1988 Anspruch auf Fortbezug der vollen und vom 20. Juni bis 17. Juli 1988 auf Fortbezug der halben Bezüge gehabt. Erst auf Grund eines mit März 1989 vom Dienstgeber des Klägers vorgelegten Beitragsgrundlagennachweises für das Jahr 1988 und einer dann angeforderten detaillierten Bestätigung habe die beklagte Partei erkannt, daß der Kläger während seiner Arbeitsunfähigkeit vom 1. September bis 31. Dezember 1988 und vom 1. Februar bis 31. Mai 1989 Folgeprovisionen in der Höhe von mehr als 50 % der vollen Geld- und Sachbezüge vor Eintritt des Versicherungsfalles erhalten habe. Gemäß § 143 Abs. 1 Z 3 ASVG ruhe daher für diese Zeiten der Krankengeldanspruch und der Versicherungsträger sei gemäß § 107 ASVG verpflichtet, die zu Unrecht erbrachten Geldleistungen rückzufordern, zumal der Kläger gemäß § 40 ASVG verpflichtet gewesen wäre, die für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnisse binnen 14 Tagen dem Versicherungsträger anzuzeigen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage mit dem Feststellungsbegehren, daß er nicht verpflichtet sei, den genannten Betrag rückzuerstatten, bestritt der Kläger die im angefochtenen Bescheid behaupteten Ruhens- und Rückforderungsgründe. Die ihm zugeflossenen Folgeprovisionen seien nicht als Einkommen während des Krankenstandes anzusehen. Auch habe der Kläger niemals Meldevorschriften verletzt, da sein gesamter Arbeitsverdienst mit Fixum, Abschluß- und Folgeprovisionen der beklagten Partei jeweils fristgerecht in der Höhe des tatsächlichen Bezuges gemeldet worden sei. Ihr sei insbesondere bekannt gewesen, daß ein wesentlicher Teil der Einkünfte aus Folgeprovisionen zu Versicherungsverträgen bestanden habe, die von ihm lange vor Beginn des Krankenstandes akquiriert worden seien. Die Auszahlung der Folgeprovisionen sei durch Kollektivvertrag geregelt, so daß der beklagten Partei auch aus diesem Grund der Bezug von Folgeprovisionen habe bekannt sein müssen.

Die beklagte Partei beantragte die Klage abzuweisen und dem Kläger den Rückersatz von S 118.420,-- binnen 14 Tagen aufzuerlegen. Sie wendete unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Entscheidung SSV-NF 1/59 = ZAS 1988/27 ein, daß der Kläger das Kranken- und Familiengeld in der rückgeforderten Höhe zu Unrecht bezogen habe, weil diese Leistungen wegen des Anspruches auf Folgeprovisionen zur Gänze geruht hätten. Nach § 40 ASVG wäre der Kläger verpflichtet gewesen, jede Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnissen binnen zwei Wochen dem zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen. Diese Anzeigeverpflichtung obliege dem Bezieher von Krankengeld auch bei einem nachträglichen Einsetzen des Fortbezuges des Entgeltes. Nur die persönlich erstattete Änderungsmeldung befreie ihn von seiner Meldepflicht. Der Kläger habe diese Meldepflicht zumindest fahrlässig verletzt. Geldleistungen seien auch zurückzufordern, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruches auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstelle, daß sie zu Unrecht erbracht worden seien.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf folgende Feststellungen:

Der Kläger war vom 11. April 1988 bis 13. Juni 1989 im Krankenstand. Sein Einkommen als Versicherungsangestellter bei der *****Versicherung bestand aus einem Fixum von

S 11.200,-- brutto 14mal jährlich zuzüglich Abschluß- und Folgeprovisionen. Die Folgeprovisionen wurden vom Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge monatlich berechnet und dem Kläger ausgezahlt. Die Folgeprovisionen (jeweils brutto) betrugen im Jahr 1988 für Mai

S 25.000,--, Juni S 8.000,--, Juli S 10.000,--, August

S 17.000,--, September S 18.000,--, Oktober S 20.000,--, November

S 15.000,--, und Dezember S 15.000,--, sowie im Jahr 1989 für Jänner S 8.000,--, Februar S 30.000,--, März S 20.000,--, April

S 15.000,--, Mai S 15.000,-- und Juni S 12.000,--. Laut der vom Arbeitgeber am 20. September 1988 ausgestellten und der beklagten Partei am 29. September 1988 vorgelegten Arbeits- und Entgeltbestätigung betrug das Entgelt im letzten Beitragszeitraum vom 1. bis 31. März 1988 S 11.200,-- (an Fixum) und

S 18.000,-- an Provisionen, also insgesamt S 29.200,--. Auf dieser Bestätigung findet sich der Vermerk: "Volles Entgelt wird weitergezahlt bis 19. Juni 1988. Teilentgelt-Prozentanteil des Gesamtentgeltes: 50 % vom 20. Juni bis 17. Juli 1988."

Die vom Kläger während des Krankenstandes bezogenen Folgeprovisionen haben ausschließlich Versicherungsabschlüsse betroffen, die vor dem Krankenstand gelegen waren. Der Kläger erhielt für diese Folgeprovisionen monatlich eine Abrechnung, aus der auch die Abrechnung und der Abzug der zu entrichtenden Sozialabgaben ersichtlich war. Er hielt daher eine zusätzliche Meldung des Bezuges der Folgeprovisionen an die beklagte Partei nicht für erforderlich. In welcher Weise vom Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge mit der beklagten Partei abgerechnet wurden, war dem Kläger nicht bekannt. Der Arbeitgeber des Klägers ermittelt und überweist als Großbetrieb die Sozialversicherungsbeiträge von der gesamten versicherungspflichtigen Lohnsumme. Dabei ist nicht ersichtlich, für welche Arbeitnehmer welche Beiträge entrichtet wurden. Die beklagte Partei erhielt erst durch den im März 1989 eingelangten Beitragsgrundlagennachweis Kenntnis über die Beitragsgrundlagen des Klägers im Jahr 1988. Die Auszahlung des Krankengeldes wurde dennoch deshalb nicht eingestellt, weil nicht bekannt war, ob und in welcher Höhe auch für 1989 Folgeprovisionen angefallen seien. Auf Grund weiterer Erhebungen ermittelte die beklagte Partei zunächst die vom Kläger bis einschließlich Mai 1989 bezogenen Folgeprovisionen und durch Schreiben vom 2. August 1989 auch die im Juni 1989 bezogene Provision.

In der rechtlichen Beurteilung folgte das Erstgericht nicht der Entscheidung SSV-NF 1/59 = ZAS 1988/27, sondern im wesentlichen der Kritik Jaborneggs an dieser Entscheidung (ZAS 1988, 202 ff) und gelangte zum Ergebnis, daß der Bezug der Folgeprovisionen im fraglichen Zeitraum nicht zum Ruhen des Krankengeldanspruches geführt habe. Der Rückforderungsanspruch sei aber auch nach den §§ 107 Abs. 1 und 40 ASVG nicht berechtigt. Irgendeine aus der Zeit des Krankenstandes sich ergebende Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Einkommensverhältnissen des Klägers im Sinne des § 40 ASVG liege nicht vor. Der Bezug von Folgeprovisionen für Versicherungsangestellte im Außendienst sei kollektivvertraglich geregelt und daher für die beklagte Partei als bekannt vorauszusetzen. Der Kläger habe während des Krankenstandes die Folgeprovisionen vom Dienstgeber monatlich unter Berücksichtigung der Sozialleistungen abgerechnet und ausbezahlt erhalten. Insbesondere unter Berücksichtigung der älteren Judikatur (zuletzt OLG Wien SSV 25/12) habe ihn keine Verpflichtung getroffen, die monatlich bezogenen Folgeprovisionen jeweils gesondert der beklagten Partei bekannt zu geben. Der Kläger habe daher den Bezug des Krankengeldes weder durch bewußt unwahre Angaben oder bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen noch durch Verletzung der Meldevorschriften im Sinn des § 40 ASVG herbeigeführt. Er habe aus dieser Sicht auch nicht erkennen müssen, daß ihm das ausbezahlte Krankengeld nicht oder nicht in dieser Höhe gebühre. Die beklagte Partei habe durch den Beitragsgrundlagennachweis im März 1989 jedenfalls genaue Kenntnis über die vom Kläger im Jahr 1988 bezogenen Folgeprovisionen erlangt und dennoch das gesamte Krankengeld bis zum Ende des Krankenstandes ausbezahlt. Der Kläger habe das Krankengeld durchaus gutgläubig verbrauchen können, wobei aber die Gutgläubigkeit von vornherein das Entstehen eines Rückforderungsanspruches nach § 107 Abs. 1 ASVG verhindere.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne einer Abweisung des Feststellungsbegehrens und Verpflichtung des Klägers zum Rückersatz von S 118.420,-- in monatlichen Teilbeträgen von S 5.921,-- ab. Das Krankengeld habe im fraglichen Zeitraum entsprechend der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofs in der mehrfach zitierten Entscheidung geruht. Der Ansicht des Klägers (und des Erstgerichtes), er habe seine Meldepflicht nicht verletzt, könne nicht gefolgt werden. Nach der der beklagten Partei vorgelegten Arbeits- und Entgeltbestätigung habe der Entgeltanspruch von 50 % am 17. Juli 1988 geendet. Die vom Kläger während des Kranken- und Familiengeldbezuges erhaltenen Folgeprovisionen machten in den Monaten September bis Dezember 1988 und Februar bis Mai 1989 erheblich mehr als 50 % seines Entgeltanspruches aus; lediglich im Jänner 1989 seien die Folgeprovisionen darunter gelegen. Der Kläger habe daher bewußt verschwiegen, daß er weiterhin einen Entgeltanspruch von erheblich mehr als 50 % habe. Er habe es in der Folge auch unterlassen, die für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebende Änderung ab Februar 1989 zu melden. Außerdem habe er mit Rücksicht auf die hohen Folgeprovisionszahlungen erkennen müssen, daß ihm die von der beklagten Partei erbrachten Leistungen nicht gebührten. Daran vermöge der Umstand nichts zu ändern, daß die beklagte Partei auch auf Grund kollektivvertraglicher Bestimmungen habe wissen müssen, daß Versicherungsangestellte im Außendienst Folgeprovisionen beziehen. Diese Kenntnis sage nichts darüber aus, ob der Fortzahlungsanspruch 50 % oder mehr oder weniger betrage; ein Verlust des Rückforderungsanspruchs nach § 107 Abs. 2 lit. a ASVG habe somit nicht eintreten können. Der Kläger könne sich auch nicht mit der geänderten Rechtsprechung entschuldigen. Die Beurteilung der Frage, ob Folgeprovisionen das gänzliche oder teilweise Ruhen des Krankengeldanspruches zur Folge hätten, sei der beklagten Partei zu überlassen gewesen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, das erstgerichtliche Urteil im klagsstattgebenden Sinne abzuändern oder allenfalls aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 Abs. 1 Z 2 ASGG zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Nach § 107 Abs. 1 ASVG hat der Versicherungsträger zu Unrecht

erbrachte Geldleistungen ...... zurückzufordern, wenn der

Zahlungsempfänger ...... den Bezug durch bewußt unwahre Angaben,

bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der

Meldevorschriften (§ 40 ASVG) herbeigeführt hat

oder ...... erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in

dieser Höhe gebührte (Satz 1). Geldleistungen sind ferner zurückzufordern, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruches auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, daß sie zu Unrecht erbracht wurden (Satz 2).

Nach § 40 Satz 1 ASVG sind die Zahlungsempfänger (§ 106 ASVG)

verpflichtet, jede Änderung in den für den Fortbestand der

Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnissen ...... binnen zwei

Wochen dem zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen. Eine Verletzung der Meldevorschriften liegt schon bei leichter Fahrlässigkeit vor. Dabei sind die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Verschuldensmaßstäbe der §§ 1294 und 1297 ABGB heranzuziehen (SSV-NF 1/69, 3/96, 4/37 und 91).

Dem Berufungsgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß es sich bei den rückgeforderten Beträgen um zu Unrecht erbrachte Geldleistungen im Sinne des § 107 Abs 1 ASVG handelt. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung

SSV-NF 1/59 = ZAS 1988, 201/27 = SozSi 1989, 24, auf die sich auch das Berufungsgericht bezog, ausführlich dargelegt, daß Folgeprovisionen eines Versicherungsangestellten im Außendienst bei der Prüfung, ob der Anspruch auf Krankengeld nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ruht, als Bezüge für den Auszahlungszeitraum zu berücksichtigen sind, auch wenn sie Geschäftsabschlüsse betreffen, die außerhalb dieses Zeitraumes liegen. An dieser Auffassung hat der erkennende Senat trotz der Kritik Jaborneggs (ZAS 1988, 202 ff) in der Entscheidung vom 12. März 1991, 10 Ob S 70/91, ausdrücklich festgehalten. Auf die Begründung dieser - soweit überblickbar bisher nicht

veröffentlichten - Entscheidung wird unter Hinweis auf den im § 15a OGHG idF BGBl 1991/20 festgelegten Anspruch, hievon Abdrucke zu erhalten, Bezug genommen. Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlaß, von der in den Entscheidungen SSV-NF 1/59 und 10 Ob S 70/91 vertretenen Meinung abzugehen.

Der Kläger hat aber auch, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, zumindest fahrlässig seine Meldepflicht verletzt. Nach der an die beklagte Partei übersendeten Arbeits- und Entgeltsbestätigung (Beil. 3), die ein Entgelt im letzten Beitragszeitraum 1. März bis 31. März 1988 von

S 11.200,-- zuzüglich Provisionen von S 18.000,--, insgesamt daher von S 29.200,-- auswies, endete der Entgeltanspruch am 17. Juli 1988. Im Gegensatz dazu machten die vom Kläger während des Kranken- und Familiengeldbezuges erhaltenen Folgeprovisionen in den Monaten September bis Dezember 1988 und Februar bis Mai 1989 erheblich mehr aus als 50 % seines Entgeltanspruches. Eine allfällige Kenntnis der beklagten Partei über kollektivvertragliche Ansprüche eines Versicherungsangestellten im Außendienst auf Folgeprovisionen ist schon deshalb unbeachtlich, weil damit nichts darüber ausgesagt ist, ob der Kläger im Einzelfall solche Ansprüche noch hatte. Die beklagte Partei mußte auf Grund der genannten Bestätigung vielmehr davon ausgehen, daß der Kläger ab 18. Juli 1988 kein Entgelt und damit auch keine Provisionen mehr bezog. Nur wenn ein Leistungsempfänger aus besonderen Gründen annehmen durfte, daß die Meldung auf das Vorgehen des Versicherungsträgers keinen Einfluß haben würde, weil dieser etwa schon zum Ausdruck gebracht hat, daß er die zu meldende Tatsache für nicht erheblich halte oder wenn er schon ergänzende Erhebungen zu dem zu meldenden, ihm aber schon bekannten Sachverhalt veranlaßt hat, liegt eine schuldhafte Meldepflichtverletzung nicht vor, weil dem Leistungsempfänger in solchen Ausnahmefällen zuzubilligen ist, daß er seine Meldung für völlig bedeutungslos hält und er davon ausgehen darf, hiezu nicht mehr verpflichtet zu sein. Das bloße Wissen oder gar nur Vermuten, daß der zu meldende Sachverhalt dem Versicherungsträger schon bekannt ist, wird aber im allgemeinen auf sein Verschulden ohne Einfluß sein (SSV-NF 4/91; 10 Ob S 62/91).

Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Es bestanden aus der Sicht des Klägers keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der beklagten Partei der Bezug von Folgeprovisionen in einer die Hälfte des bisherigen Entgelts übersteigenden Höhe bekannt war, daß sie zum Ausdruck gebracht hat, diese Provisionen bereits zu kennen (wie im Fall der E 10 Ob S 62/91) oder schon ergänzende Erhebungen darüber eingeleitet hatte. Daß dem Kläger die Art der Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge seitens seiner Dienstgeberin nicht bekannt war, kann ihn im Sinne der obigen Ausführungen nicht entschuldigen. Daher versagt auch der Hinweis auf die Gutgläubigkeit des Verbrauches dieser Beträge; wer schuldhaft Meldepflichten verletzt, kann sich nicht auf Gutgläubigkeit berufen. Vielmehr hätte der Kläger den Weiterbezug der Folgeprovisionen entgegen der Bestätigung, daß keine Bezüge mehr zu erwarten seien, der beklagten Partei melden müssen, wobei lediglich dahingestellt bleiben kann, ob der Weiterbezug von Folgeprovisionen schlechthin oder auch deren jeweilige Höhe monatlich zu melden gewesen wäre (in der E 10 Ob S 386/90 wurde die Meldung eines Ausgleichszulagenbeziehers, daß seine Einkünfte monatlichen Schwankungen unterliegen, für ausreichend angesehen, weil damit dem Versicherungsträger die Gelegenheit gegeben wurde, die Leistungen zunächst als Vorschüsse zu erbringen).

Der Kläger hat nach diesen Erwägungen den Überbezug an Kranken- und Familiengeld durch eine schuldhafte Verletzung der Meldevorschriften herbeigeführt, sodaß die beklagte Partei zur Rückforderung berechtigt ist, ohne daß weitere (andere) Rückforderungstatbestände geprüft werden müßten.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die Hälfte seiner Revisionskosten zuzusprechen (SSV-NF 4/19, 4/84 uva).

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