OGH 10ObS143/00b

OGH10ObS143/00b27.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und DDr. Wolfgang Massl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Rosa P*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Februar 2000, GZ 7 Rs 28/00t-18, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. November 1999, GZ 38 Cgs 112/99z-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines angelernten Berufes zutreffend verneint, sodass auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Es kommt lediglich darauf an, dass die Versicherte über die Kenntnisse und Fähigkeiten des Berufes verfügt, die üblcherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in den auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppe) unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden (RIS-Justiz RS0084585; SSV-NF 9/96; 10 ObS 103/99s ua). Das Fehlen nichtzentraler Kenntnisse und Fähigkeiten steht der Annahme des Berufsschutzes nicht entgegen (SSV-NF 7/108; 9/96; 10 ObS 301/97f; 10 ObS 71/99k).

In der Entscheidung SSV-NF 2/78 wurde der Berufsschutz eines in Niederösterreich tätigen Landarbeiters bejaht, der bezogen auf den Betrieb, in dem er tätig war, wohl über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten landwirtschaftlichen Facharbeiters verfügte, dessen Kenntnisse auf diesem Gebiet teilweise sogar darüber hinausgingen, der aber zufolge der regionalen Lage sowie der Art der Betriebe, in denen er tätig war, mit anderen, sonst zum Aufgabengebiet eines landwirtschaftlichen Facharbeiters gehörenden Agenden nicht vertraut war; so verfügte er nicht über entsprechende Kenntnisse auf dem Gebiet der Rinderhaltung und der Waldwirtschaft. Dieses Ergebnis wurde vor allem daraus abgeleitet, dass nach dem zu dieser Zeit für Niederösterreich maßgeblichen Ausbildungsplan die im Einzelnen genannten Fähigkeiten und Kenntnisse in den Arbeitsgebieten der Landwirtschaft "unter Berücksichtigung des Produktionsgebiets des Prüfungswerbers" zu vermitteln und zu prüfen waren. Die Ausbildungsvorschriften sahen danach ausdrücklich die Vermittlung von schwerpunktmäßig auf die regionalen Erfordernisse abgestellten Kenntnissen vor. Danach war davon auszugehen, dass auch die Absolventen eines Lehrberufes im Wesentlichen über keinen über diese Bedürfnisse hinausgehenden Ausbildungsstand verfügen; da Voraussetzung für die Annahme einer angelernten Tätigkeit die an den Absolventen des Lehrberufes zu messenden Kenntnisse und Fähigkeiten seien, sei es ausreichend, dass der Kläger über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, die im Hinblick auf die regionale Lage des Betriebes erforderlich seien.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus dem Ausbildungs- und Prüfungsplan für die Ausbildung zum Forstgarten- und Forstpflegefacharbeiter für Steiermark (Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark - Lehrlingsstelle) eine Einschränkung auf die Vermittlung der nach der regionalen Lage des Betriebes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht. Gegenstand der Lehrausbildung ist danach die Vermittlung eines umfassenden Ausbildungsstandes, der die weitgehend selbständige Tätigkeit nicht nur in einem eng begrenzten regionalen Gebiet, sondern allgemein in allen Forstgärten und Forstbetrieben (zumindest im gesamten Bundesland) ermöglicht.

Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin jedoch nicht. Sie hat nur bezogen auf ihre unmittelbare Umgebung, auf das Waldgebiet, in dem sie tätig war und die dortige Vegetation, Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die denen eines gelernten Facharbeiters gleichgehalten werden können. Sie kennt nur die dort vorkommenden, zahlenmäßig nach eng umgrenzten Arten von Forstpflanzen und die für diese erforderlichen Pflegemaßnahmen sowie dementsprechend auch nur die ganz geringe Zahl von in diesem Bereich vorkommenden Waldschädlingen und nur die für diese vorgesehenen Bekämpfungsmaßnahmen. Sie war daher nur bezogen auf die spezifischen Erfordernisse des konkreten Betriebes, in dem sie beschäftigt war, in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, wie sie sonst von gelernten Forstgarten- und Forstpflegefacharbeitern verrichtet werden; darüber hinaus fehlten ihr aber die sonst im Rahmen dieser Lehrausbildung vermittelten Kenntnisse. Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten beschränkten sich daher nur auf einen Teilbereich des in Frage stehenden Lehrberufes, der von ausgebildeten Facharbeitern in viel weitergehenderem Umfang beherrscht wird. So verfügt sie über keine Fertigkeiten und Kenntnisse im Umgang mit zur Behandlung von Forsten in anderen Lagen erforderlichen Herbiziden, Düngemitteln und sonstigen Chemikalien, hat keinerlei Erfahrung im Umgang mit den zahlreichen Forstschädlingen und Befallserscheinungen, die in ihrem Bereich nicht vorkamen und dementsprechend auch keine Kenntnisse in der Bekämpfung von drohenden Schäden auf diesem Gebiet. Auch fehlte ihr die umfassende Kenntnis von Bäumen und Sträuchern; auch hier hielten sich ihre Fähigkeiten in dem durch das konkret von ihr betreute Gebiet bedingten Rahmen. Diese hinter den eines gelernten Facharbeiters weit zurückbleibenden Teilkenntnisse rechtfertigen die Annahme eines Berufsschutzes nicht.

Die Revision ist daher nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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